Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.12.2020, Az. 2 BvC 64/19

2. Senat | REWIS RS 2020, 3129

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Verwerfung (a-limine-Abweisung) einer Wahlprüfungsbeschwerde unter Hinweis auf das Berichterstatterschreiben - Zurückweisung eines offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchs


Tenor

1. Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] wird als unzulässig verworfen.

2. Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe

1

1. Das sinngemäß gestellte Ablehnungsgesuch gegen die [X.]innen [X.] und [X.] sowie den [X.] Müller ist offensichtlich unzulässig.

2

a) Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten [X.]; diese sind auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. [X.] 131, 239 <252 f.>; 133, 377 <405 Rn. 69>; 142, 1 <4 Rn. 12>; [X.]K 8, 59 <60>).

3

b) Gemessen hieran ist das gegen die genannten [X.] gerichtete Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig.

4

aa) Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die bloße Mitwirkung der genannten [X.] in einem vorangehenden, von einer politischen Partei angestrengten Verfassungsbeschwerdeverfahren ist zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet.

5

Dabei ist von der gesetzlichen Wertung des hinsichtlich der richterlichen Vorbefassung abschließenden § 18 Abs. 1 [X.] auszugehen (vgl. [X.] 131, 239 <253>; 133, 377 <406 Rn. 71>). Ist ein Verfassungsrichter, der in einem Parallelverfahren über rechtlich gleich gelagerte Streitfragen entschieden hat, nicht nach § 18 Abs. 1 [X.] von Gesetzes wegen ausgeschlossen, vermag allein eine Beteiligung an einem solchen Verfahren die Besorgnis der Befangenheit nach § 19 [X.] ebenfalls nicht zu begründen (vgl. [X.] 131, 239 <253>). Nicht ausgeschlossen gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist ein [X.], der sich bereits - in anderen Verfahren - zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage in bestimmter Weise geäußert hat. Selbst wenn er eine bestimmte Rechtsauffassung ständig vertritt, ist er in einem Verfahren nicht ausgeschlossen, das gerade auf die Änderung dieser Rechtsauffassung abzielt (vgl. [X.] 131, 239 <253>; 133, 377 <406 Rn. 71>). Die bloße richterliche Vorbefassung mit einer im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage ist daher nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen der [X.] an einer unbefangenen Entscheidung der an ihn herangetragenen Rechtsfragen nicht gehindert ist (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 22. Juli 2020 - 2 [X.] -, Rn. 29).

6

Lediglich eine solche, zur Unzulässigkeit des Befangenheitsgesuchs führende Vorbefassung der abgelehnten [X.] mit vermeintlich ähnlichen Rechtsfragen in einem anderen verfassungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer geltend, wenn er die Besorgnis der Befangenheit auf ihre Mitwirkung an einer Entscheidung in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren eines anderen Beschwerdeführers stützt.

7

bb) Auch der Rekurs des Beschwerdeführers auf die Ausführungen des [X.]s Müller in seinem Berichterstatterschreiben ist zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet.

8

Der Beschwerdeführer verkennt, dass es sich bei dem Berichterstatterschreiben nur um rechtliche Hinweise handelt, die im Hinblick auf § 26 Abs. 3 Satz 3 [X.] in Verbindung mit § 24 Satz 2 [X.] im Interesse einer sachgerechten Verfahrensgestaltung erfolgt sind (vgl. [X.] 4, 143 <144>; 42, 88 <89 f.>; [X.], Beschluss des [X.] vom 29. September 2016 - 2 BvC 52/14 -, Rn. 3). Die inhaltlichen Einwände des Beschwerdeführers gegen die im Berichterstatterschreiben geäußerte Rechtsauffassung lassen von vornherein nicht erkennen, weshalb der Berichterstatter nicht unvoreingenommen entscheiden könnte. Der Beschwerdeführer bringt lediglich seine vom Berichterstatterschreiben abweichende Rechtsansicht zur vermeintlichen Zulässigkeit seiner Wahlprüfungsbeschwerde vor. Dass der Berichterstatter erhebliches Vorbringen der Wahlprüfungsbeschwerde übergangen hat, ist nicht dargetan.

9

Soweit der Beschwerdeführer auf seine Anregung verweist, Akten eines von einer politischen Partei erfolglos angestrengten Verfassungsbeschwerdeverfahrens beizuziehen, verkennt er, dass für eine ausreichende Begründung nach § 26 Abs. 3 Satz 3 [X.], § 48 Abs. 1 Halbsatz 2, § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht genügt, pauschal auf die Begründung einer anderen Verfassungsbeschwerde zu verweisen (vgl. [X.] 21, 359 <361>). Ungeachtet dessen war die Anregung im Hinblick auf die Prüfung erfolgt, ob sich die [X.]innen [X.] und [X.] sowie der [X.] Müller wegen ihrer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde einer politischen Partei für befangen erklären müssten. Jenes Vorbringen war jedoch zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit, wie gesehen, von vornherein gänzlich ungeeignet.

cc) Soweit der Beschwerdeführer pauschal auf die frühere politische Tätigkeit des Berichterstatters verweist, kann aus der bloßen vorhergehenden amtlichen Tätigkeit eines [X.]s eine Besorgnis der Befangenheit gerade nicht abgeleitet werden (vgl. [X.] 42, 88 <90>). Weitere Umstände, die vorliegend zu einer anderen Bewertung führen könnten, ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht.

2. Der Wahlprüfungsbeschwerde bleibt aus den in dem Schreiben des Berichterstatters vom 24. September 2020 genannten Gründen der Erfolg versagt. Gemäß § 26 Abs. 3 Satz 3 [X.], § 24 Satz 2 [X.] wird von einer weiteren Begründung abgesehen.

Meta

2 BvC 64/19

08.12.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvC

§ 18 Abs 1 Nr 2 BVerfGG, § 19 Abs 1 BVerfGG, § 19 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 24 S 2 BVerfGG, § 48 Abs 1 Halbs 2 BVerfGG, § 93d Abs 1 S 3 BVerfGG, § 26 Abs 3 S 3 EuWG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.12.2020, Az. 2 BvC 64/19 (REWIS RS 2020, 3129)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3129

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2 BvC 61/19

Zitiert

2 BvE 3/19

2 BvC 52/14

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