Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.09.2014, Az. 9 AZR 1025/12

9. Senat | REWIS RS 2014, 2758

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Gegenstand

Befristung - Arbeitnehmerüberlassung - Rechtsmissbrauch


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. September 2012 - 6 [X.]/12 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. März 2012 - 10 Ca 201/12 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. September 2012 - 6 [X.]/12 - wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung beantragt, dass die Beklagte sie ab dem 1. Januar 2012 als Fachassistentin im Leistungsbereich [X.] nach der [X.] 8, Stufe 3 [X.] zu bezahlen hat. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin als unzulässig verworfen.

4. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht sowie über die Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin war vom 2. Mai 2006 bis zum 30. April 2008 bei der [X.] befristet beschäftigt und im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft ([X.]) [X.] C in Vollzeit tätig. Aufgrund einer Ausschreibung durch die Beklagte, die neben der [X.] Trägerin der [X.] war, schloss sich ein befristeter Arbeitsvertrag mit der [X.] für die [X.] ab 1. Mai 2008 an, der bis zum 30. April 2010 insgesamt dreimal verlängert wurde. Diese war eine 100 %ige Tochtergesellschaft der [X.], die wiederum eine 100 %ige Tochtergesellschaft der [X.] war.

3

Nach einem weiteren Vergabeverfahren der [X.] schloss die Klägerin auf Anforderung der Sachbearbeiterin Bereich Personal der [X.] am 26. April 2010 einen neuen befristeten Arbeitsvertrag für die [X.] vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2010 mit der [X.] - einem Leiharbeitsunternehmen - ab, der am 22. Dezember 2010 bis zum 31. Dezember 2011 verlängert wurde. Während der gesamten Dauer ihrer Beschäftigung vom 2. Mai 2006 bis zum 31. Dezember 2011 war die Klägerin nach den Feststellungen des [X.] als „Fachassistentin Leistung im Bereich [X.]“ der [X.] C tätig.

4

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Zwischenschaltung der [X.] und der [X.] im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung stelle einen Rechtsmissbrauch formaler Gestaltungsmöglichkeiten dar. Hierdurch würden das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG und die [X.] des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG treuwidrig umgangen. Entsprechend ihrer Tätigkeit und Betriebszugehörigkeit sei sie in dem zur [X.] entstandenen Arbeitsverhältnis nach der [X.] 8, Stufe 3 [X.] zu vergüten.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen ihr und der [X.] ein Arbeitsverhältnis als Fachassistentin im Leistungsbereich SGB II mit Bezahlung nach der [X.] 8, Stufe 3 TVöD über den 31. Dezember 2011 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Rechtsmissbrauch liege nicht vor. Sie sei niemals Arbeitgeberin gewesen. Die Ausschreibungen hätten den Hintergrund gehabt, dass die Träger der [X.] aus verschiedenen Gründen einen erhöhten Arbeitskräftebedarf festgestellt hätten und sie daraufhin im ersten Quartal 2008 beschlossen habe, einen Teil dieses [X.] zu übernehmen und durch Leiharbeitnehmer zu decken. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Rahmen des [X.] sei nicht rechtsmissbräuchlich. Die [X.] und die [X.] seien bei den Ausschreibungen zum Zuge gekommen, Absprachen zugunsten der [X.] habe es dabei nicht gegeben.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat das Urteil teilweise aufgehoben und der Klage stattgegeben, soweit die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses begehrt. Hinsichtlich der Eingruppierung in [X.] 8, Stufe 3 [X.] hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Eingruppierungsfeststellungsklage weiter. Hilfsweise begehrt sie nunmehr die Feststellung der Vergütungspflicht der [X.] nach der [X.] 5, Stufe 3 [X.]. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

9

I. Die Klage ist zulässig.

1. Nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags begehrt die Klägerin im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten festgestellt wird. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung eines „unbefristeten“ Arbeitsverhältnisses. Hierbei handelt es sich um einen separaten Befristungskontrollantrag (vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 10 ff., [X.]E 145, 128).

2. Beide Anträge sind zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Für den Befristungskontrollantrag ergibt sich dies bereits aus § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 KSchG. Aber auch für die begehrte allgemeine Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin (vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 11, [X.]E 145, 128).

3. Der Befristungskontrollantrag ist nach der gebotenen Auslegung bestimmt genug im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es kann ihm zwar nicht unmittelbar entnommen werden, welche Befristung angegriffen wird. Die Klägerin hat in der Begründung ihres Begehrens jedoch mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie im Wege einer gegen die Beklagte gerichteten Befristungskontrollklage die zuletzt mit der [X.] vereinbarte Befristung vom 22. Dezember 2010 zum 31. Dezember 2011 angreifen will. Damit ist diese Befristung Gegenstand des (auch) als Befristungskontrollklage zu verstehenden Antrags, nicht aber die vorangegangenen Befristungen (zu einer entsprechenden Auslegung: vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] 525/11 - Rn. 12, [X.]E 145, 128).

II. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob - wie das [X.] angenommen hat - eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung vorliegt. Denn entgegen der Ansicht des [X.]s führt ein solcher Gestaltungsmissbrauch im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] nicht nach § 242 BGB zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen als dem [X.].

1. Ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien ist nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] iVm. § 242 BGB zustande gekommen.

a) Ein sich aus dem bewussten und gewollten Zusammenwirken mehrerer Personen bei den Vertragsgestaltungen ergebender Rechtsmissbrauch kann zur Folge haben, dass sich Rechte - die etwa durch die Zwischenschaltung eines „Strohmanns“ umgangen werden sollen - gegen einen [X.] richten können. Zwingend ist ein solcher „Durchgriff“ auf den [X.] aber nicht. Entscheidend sind der Schutzzweck der umgangenen Norm und die Frage, ob die Umgehung gerade in der Verhinderung der gesetzlich an sich vorgesehenen Begründung eines Rechtsverhältnisses zu einem [X.] insgesamt oder lediglich in der Vermeidung oder Verkürzung einzelner Ansprüche liegt. Bei der hier von der Klägerin geltend gemachten rechtsmissbräuchlichen Umgehung des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] besteht die mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Rechtsfolge nicht in dem Vertragsschluss „an sich“, sondern in der Rechtfertigung der in dem Vertrag vereinbarten Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der unredliche Vertragspartner kann sich auf eine solche Befristung nicht berufen ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] 290/12 - Rn. 25; 15. Mai 2013 - 7 [X.] 525/11 - Rn. 26, [X.]E 145, 128).

b) Hiervon ausgehend führt die vermeintlich unredliche Vertragsgestaltung unter Ausnutzung der im [X.] vorgesehenen Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung jedenfalls nicht zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten, also zu einem „Wechsel des Vertragspartners“ der Klägerin.

aa) Das [X.] hat sich mit dem Zweck der vermeintlich umgangenen Norm nicht auseinandergesetzt. Zweck der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist es zu verhindern, dass die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehene Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu „Befristungsketten“ missbraucht wird. Selbst wenn ein solcher, von der Beklagten gesteuerter Missbrauch vorliegen sollte, würde die Beklagte hierdurch nicht [X.]in. Dem Schutzweck der Norm würde in diesem Fall allein dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die letzte Befristung mit der [X.] treuwidrig und somit unwirksam wäre. Die Fiktion eines Vertragsverhältnisses zur Beklagten verlangt der Schutzzweck hingegen nicht (vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] -Rn. 27, [X.]E 145, 128).

bb) Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Arbeitnehmer mit dem Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zum Verleiher als Folge eines Rechtmissbrauchs „Steine statt Brot“ bekomme, da über diesem Arbeitsverhältnis mit dem [X.] immer das „Damoklesschwert des Auftragsverlustes“ mit dem Risiko einer betriebsbedingten Kündigung schwebe (so [X.] NZA 2014, 284, 286 f.). Wie der vorliegende Fall zeigt, kann schon nicht unterstellt werden, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher im Bestand regelmäßig risikobehaftet sei. Denn der Arbeitsvertrag der Klägerin mit dem Leiharbeitsunternehmen [X.] sah keinesfalls nur einen Einsatz in dieser einen [X.] mit dieser bestimmten Tätigkeit vor, sondern beinhaltete vielmehr eine allgemeine [X.] in fachlicher und örtlicher Hinsicht. Von einer bestandschutzrechtlich gefährlichen „vertraglich vereinbarten Verengung der Einsatzmöglichkeit“ (so [X.] NZA 2014, 284, 286) kann jedenfalls hier keine Rede sein.

cc) Einer Vorlage an den [X.] gemäß Art. 267 A[X.]V bedarf es nicht.

(1) Eine Pflicht zur Vorlage an den [X.] mit der Frage, ob die Richtlinie 1999/70/[X.] vom 28. Juni 1999 zu der [X.] über befristete Arbeitsverträge es gebietet, im Falle des Missbrauchs von [X.] ein Arbeitsverhältnis zu einem den Missbrauch steuernden [X.] zu fingieren, wenn die ansonsten angenommene „bloße“ Unwirksamkeit der Befristungsabrede mit dem [X.] sich nicht als eine wirkungsvolle Sanktion erweist, wurde im Nachgang zur Entscheidung des Siebten Senats des [X.] vom 15. Mai 2013 (- 7 [X.] -) teilweise angenommen ([X.] NZA 2014, 284, 287; vgl. auch Hjort [X.] 2013, 524).

(2) Eine solche Vorlagepflicht besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] findet die Richtlinie 1999/70/[X.] weder auf das befristete Arbeitsverhältnis zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Leiharbeitsunternehmen noch auf das befristete Arbeitsverhältnis zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem entleihenden Unternehmen Anwendung ([X.] 11. April 2013 - [X.]/12 - [[X.]] Tenor und Rn. 35 bis 44). Hierauf hatte bereits der Siebte Senat des [X.] hingewiesen ([X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 19, [X.]E 145, 128). Das [X.], das auch für Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern gilt, stellt insoweit eine „überschießende“ Umsetzung der Richtlinie 1999/70/[X.] dar.

(a) Soweit der nationale Gesetzgeber eine Richtlinie jedoch über ihren Anwendungsbereich hinaus und damit „überschießend“ umgesetzt hat, besteht nach der zutreffenden herrschenden Ansicht keine Vorlagepflicht ([X.] Die überschießende Umsetzung von [X.]; [X.] DStR 2001, 692, 694 f.; [X.] BGB/Faust Stand 1. August 2014 § 433 Rn. 10 mwN; [X.] Anm. DStR 2003, 67, 69; bereits gegen ein Vorlagerecht: MünchKommAktG/[X.] 3. Aufl. [X.]. Rn. 113; ders./Mayer [X.] 1999, 913, 919 ff.; für eine Vorlagepflicht: [X.] Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht S. 228 ff.; [X.] 1999, 890; [X.] in [X.]/[X.] Zivilrecht unter [X.] Einfluss [X.]. 3 [X.]. 90; [X.] 2001, 654, 699; für eine Vorlagepflicht in Ausnahmefällen: [X.] in [X.]/[X.] Zivilrecht unter [X.] Einfluss [X.]. 9 Rn. 32). Europarecht ist hinsichtlich des überschießendes Teils nicht tangiert (vgl. [X.]/[X.]. EzA [X.] § 14 Nr. 93 S. 19: „Die Reichweite des Befristungsschutzes der Leiharbeitnehmer lässt sich also nur nationalrechtlich ausloten.“). Dem steht insbesondere auch nicht entgegen, dass der [X.] eine dennoch vorgelegte Frage beantworten würde. Denn dies folgt allein aus dem vom [X.] entwickelten eingeschränkten Prüfungsmaßstab der „offensichtlichen Unanwendbarkeit“ des Unionsrechts bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Vorlage (vgl. bereits [X.] 8. November 1990 - [X.]/89 - Rn. 19 ff., Slg. 1990, [X.]). Es besteht deshalb auch kein Vorlagerecht des nationalen Gerichts im Falle einer überschießenden Umsetzung. Im Übrigen würde auch ein Vorlagerecht nicht automatisch mit einer Vorlagepflicht korrespondieren ([X.] aaO S. 135; anderer Auffassung: [X.] aaO S. 228). Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass die Auslegung des Unionsrechts durch den [X.] für die Anwendung nationalen Rechts in diesem Fall nicht bindend sein kann ([X.]/[X.] 73. Aufl. [X.]. Rn. 44). [X.] des vom Unionsgesetzgeber geregelten Bereichs besteht keine europarechtliche Anwendungspflicht (vgl. bereits [X.] 2002, 470, 487). „Das aus dem Umsetzungsgebot des Art. 288 Abs. 3 A[X.]V und dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 [X.] folgende Gebot richtlinienkonformer Auslegung greift hier nicht ein“ ([X.] 17. Oktober 2012 - [X.]/11 - Rn. 18, [X.]Z 195, 135).

(b) Zwar ließe sich gegebenenfalls erwägen, aus nationalem Recht, das heißt aus einem entsprechenden Willen des nationalen Gesetzgebers, eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auch im Falle der überschießenden Umsetzung zu folgern ([X.] 17. Oktober 2012 - [X.]/11 - Rn. 20, [X.]Z 195, 135). Diese Pflicht kann aber nur dann bestehen, wenn aus der überschießenden Umsetzung selbst oder aufgrund sonstiger Anhaltspunkte auf den Willen des [X.] Gesetzgebers geschlossen werden kann, eine gespaltene Auslegung in jedem Fall zu vermeiden (zur Annahme einer gespaltenen Auslegung bei der [X.] im Kaufrecht: vgl. [X.] 17. Oktober 2012 - [X.]/11 - Rn. 22, aaO).

(c) Dies ist vorliegend nicht der Fall. § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] liegt erkennbar das Regelungsprinzip der Unzulässigkeit von Befristungsketten mit dem formalen [X.] zugrunde (st. Rspr., vgl. zuletzt [X.] 19. März 2014 - 7 [X.] 527/12 - Rn. 18; 4. Dezember 2013 - 7 [X.] 290/12 - Rn. 17 f.; 9. März 2011 - 7 [X.] 657/09 - Rn. 18; zur Entstehungsgeschichte: [X.] 18. Oktober 2006 - 7 [X.] 145/06 - Rn. 13 und 26, [X.]E 120, 34). Der Wille des Gesetzgebers, dieses grundsätzliche Prinzip im Falle des Missbrauchs von Befristungsketten ohne einen europarechtlichen Zwang hierzu aufzugeben, kann nicht angenommen werden. Da somit eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bezüglich des überschießenden Teils mit Sicherheit nicht in Betracht kommt, kann eine Vorlagepflicht erst recht nicht bestehen. Denn eine prozessuale Vorlagepflicht ohne eine nachfolgende materielle Anwendungspflicht wäre schlicht sinnwidrig.

(3) Des Weiteren widerspräche es auch nicht dem Ziel der [X.] - namentlich der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge -, unter „demselben Arbeitgeber“ iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur den [X.] zu verstehen (ausf. vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] 290/12 - Rn. 20 f.). Der unionsrechtlich im Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der - bereits nach nationalem Recht gebotenen - Rechtsmissbrauchs-, [X.] oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) hinreichend Rechnung getragen ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] 290/12 - Rn. 21). Auch aus dem Gebot des effet utile folgt nichts anderes ([X.] 19. März 2014 - 7 [X.] 527/12 - Rn. 24).

2. Aus § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] (analog) ergibt sich ebenfalls kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien.

a) Es ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass die [X.] oder die [X.] nicht über eine Erlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] zur Überlassung von Arbeitnehmern verfügten, falls die Überlassung erlaubnispflichtig gewesen wäre (zur Erlaubnispflicht: vgl. [X.] 23. Juli 2014 - 7 [X.] 853/12 - Rn. 27 ff.).

b) Im Übrigen führte auch ein - zugunsten der Klägerin unterstellter - Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des [X.] nicht zum Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten. Selbst bei nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung kann nach der Rechtsprechung des Senats ein Arbeitsverhältnis analog § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] zum Entleiher nicht zustande kommen ([X.] 10. Dezember 2013 - 9 [X.] 51/13 - Rn. 22 ff.; 3. Juni 2014 - 9 [X.] 111/13 - Rn. 10). Deshalb kann auch dahinstehen, ob die Beklagte selbst überhaupt Entleiherin war.

3. Aus §§ 134, 138 BGB, aus § 117 BGB oder aus § 1 Abs. 2 [X.] folgt ebenfalls nicht die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien (vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] 525/11 - Rn. 29 und 35 f., [X.]E 145, 128).

Damit kann weder die hierauf gerichtete allgemeine Feststellungsklage noch die punktuelle Befristungskontrollklage Erfolg haben. Denn Voraussetzung einer erfolgreichen Befristungskontrollklage ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zum streitigen Beendigungszeitpunkt (einhellige Meinung, etwa [X.]/[X.] 14. Aufl. § 17 [X.] Rn. 15; APS/[X.] 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 18 mwN).

B. Die Revision der Klägerin ist im Hauptantrag unbegründet und im Hilfsantrag unzulässig.

I. Soweit die Klägerin die Feststellung beantragt, dass die Beklagte sie ab dem 1. Januar 2012 als Fachassistentin im Leistungsbereich [X.] nach der [X.] 8, Stufe 3 [X.] zu vergüten hat, setzt dieser Anspruch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien voraus. Daran fehlt es.

II. Hinsichtlich des in der Revisionsinstanz erstmals gestellten [X.] der Klägerin auf Feststellung einer Vergütungspflicht der Beklagten nach der [X.] 5, Stufe 3 [X.] ist die Revision bereits unzulässig.

1. Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden. Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des [X.] unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Es gilt der Grundsatz, dass die [X.] mit dem Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen wird. Eine [X.], mit der anstelle des rechtshängigen Anspruchs oder daneben ein neuer Anspruch erhoben wird, ist deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht möglich. Die Entscheidung über einen solchen Antrag erfordert in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden. [X.] und [X.] werden in der Revisionsinstanz aus prozessökonomischen Gründen nur dann ausnahmsweise zugelassen, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom [X.] festgestellten Sachverhalt und den unstreitigen Parteivortrag stützt (st. Rspr., etwa [X.] 3. Mai 2006 - 10 [X.] 310/05 - Rn. 52 mwN).

2. An diesen Grundsätzen gemessen ist die mit der hilfsweise geltend gemachten Eingruppierung in [X.] 5, Stufe 3 [X.] verbundene [X.] nicht zulässig. Die [X.] stützt sich weder auf einen vom [X.] festgestellten Sachverhalt noch auf unstreitigen Parteivortrag.

C. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    [X.]    

        

    Pielenz    

                 

Meta

9 AZR 1025/12

23.09.2014

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Chemnitz, 21. März 2012, Az: 10 Ca 201/12, Urteil

Art 267 AEUV, Art 288 Abs 3 AEUV, § 559 Abs 1 ZPO, § 14 Abs 2 TzBfG, § 134 BGB, § 138 BGB, § 242 BGB, § 1 Abs 1 S 1 AÜG, § 1 Abs 2 AÜG, § 9 Nr 1 AÜG, § 10 Abs 1 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.09.2014, Az. 9 AZR 1025/12 (REWIS RS 2014, 2758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2758

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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