Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2016, Az. I ZR 163/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1875

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Ausloben und Gewähren von Zuwendungen für den Bezug von Arzneimitteln als produktbezogene Werbung durch eine Versandapotheke; Vereinbarkeit der arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften mit dem primären Unionsrecht - Freunde werben Freunde


Leitsatz

Freunde werben Freunde

1. Das Ausloben und Gewähren von Zuwendungen für den Bezug von Arzneimitteln kann eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG produktbezogene Werbung auch dann darstellen, wenn die Gewährung der Prämien für das gesamte Sortiment der werbenden Apotheke angekündigt wird (Festhaltung an BGH, Urteil vom 26. März 2009, I ZR 99/07, GRUR 2009, 1082 - DeguSmiles & more).

2. Zur Vereinbarkeit der arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften mit dem primären Unionsrecht.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und der Klägerin wird das Teilurteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juli 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die Berufsvertretung der Apotheker im [X.]. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in den [X.]. Sie betreibt dort eine Versandapotheke und beliefert Kunden in [X.].

2

Im April 2013 warb die Beklagte mit einer als Vergütung für die Mitwirkung des Kunden bei einem von ihr durchgeführten [X.] ausgelobten Prämie in Höhe von 2,50 € bis zu 20 € bei der Einlösung von Kassen- oder Privatrezepten. Die Klägerin nahm die Beklagte wegen eines nach ihrer Ansicht darin liegenden Verstoßes gegen das Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige und zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen abgegebene Arzneimittel einheitliche Abgabepreise der Apotheken vorsieht, im Wege einstweiligen Rechtsschutzes erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch. Die vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 2.118,44 € nebst Zinsen sowie ein Pauschalbetrag von 30 € an vorgerichtlichen Kosten sind Gegenstand des Klageantrags zu [X.] Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Klageantrags ausgesetzt.

3

Im April 2014 wurde die Klägerin darauf aufmerksam, dass die Beklagte im [X.] unter dem Titel "Freunde werben Freunde" und "Das lohnt sich jetzt besonders" eine "10 Euro-Sofort-Prämie" für den Fall auslobte, dass ein Kunde einen Freund als Kunden für sie warb, der ein Rezept einreichte oder rezeptfreie Produkte im Gesamtwert von mindestens 25 € bestellte. Darüber hinaus versprach die Beklagte dem werbenden Kunden für den Fall der Werbung eines zweiten Freundes - zusätzlich zu der Prämie von 10 € - einen Rabatt von 10% auf jeden Einkauf rezeptfreier Medikamente, Gesundheits- und Pflegeprodukte. Die Klägerin sieht in dieser Werbung einen Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht sowie das Heilmittelwerberecht und damit auch gegen das Wettbewerbsrecht.

4

Die Klägerin hat - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - beantragt,

[X.] …

I[X.] die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

1. ihren Kunden in [X.] eine Bankgutschrift von 10 € zu versprechen und/oder zu gewähren für die Werbung eines neuen Kunden, der ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel erwirbt,

und/oder

2. ihren Kunden in [X.] einen Rabatt von 10% auf ihren nächsten Einkauf zu versprechen und/oder zu gewähren für die Werbung eines neuen Kunden, der ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel erwirbt,

insbesondere wenn dies erfolgt wie nachstehend wiedergegeben:

Abbildung

5

Mit dem Klageantrag zu [X.] beansprucht die Klägerin wegen der mit dem Klageantrag zu [X.] beanstandeten Handlungen der Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 2.348,94 € nebst Zinsen.

6

Das [X.] hat der Klage bis auf die von der Klägerin mit dem Klageantrag zu I geltend gemachte Kostenpauschale stattgegeben. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil die Berufung der Beklagten im Hinblick auf die Verurteilung nach dem Klageantrag zu [X.] zurückgewiesen und hinsichtlich ihrer Verurteilung nach dem Klageantrag zu [X.] das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die mit dem Klageantrag zu [X.] beanspruchten Abmahnkosten hat es zur Hälfte als erstattungsfähig angesehen ([X.], Urteil vom 17. Juli 2015 - 6 U 189/14, juris).

7

Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung die jeweils andere [X.] beantragt, verfolgen die [X.]en ihre im Berufungsverfahren im Hinblick auf die Klageanträge zu [X.] und [X.] gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nur wegen der Werbung mit der 10 €-Prämie und nicht bezüglich der Werbung mit dem 10%-Rabatt zu. Der Antrag auf Erstattung der Abmahnkosten sei dementsprechend nur zur Hälfte begründet. Zur Begründung hat es ausgeführt:

9

Der Unterlassungsanspruch bezüglich der 10 €-Prämie folge aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG (aF) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Bei der Werbung der [X.] handele es sich um eine produktbezogene Werbung, die sich auf bestimmte Heilmittel beziehe und deshalb grundsätzlich unzulässig sei. Es liege keine reine Imagewerbung vor, auch wenn die Werbung sich auf das gesamte Sortiment der von der [X.] betriebenen [X.] beziehe. Der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] sei nicht erfüllt. Die Zuwendung in Form eines bestimmten Geldbetrages sei für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt würden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gälten.

Der Klägerin stehe dagegen wegen der Werbung mit einem 10%igen Rabatt auf vom Werber bezogene rezeptfreie Arzneimittel kein Anspruch gemäß den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG (aF) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu. Die Arzneimittelpreisvorschriften sähen für rezeptfreie Medikamente keine Preisbindung vor. Der Rabatt werde nicht mittelbar auf ein verschreibungspflichtiges Medikament gewährt.

[X.]. Das angefochtene Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht über die Klageanträge zu [X.] und [X.]I nicht durch Teilurteil (§ 301 ZPO) entscheiden durfte. Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen ist (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 11. Mai 2011 - V[X.]I ZR 42/10, [X.]Z 189, 356 Rn. 19 und 26 ff.; Urteil vom 13. Juli 2011 - V[X.]I ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 31; Urteil vom 23. September 2015 - [X.], [X.], 1201 Rn. 25 = [X.], 1487 - [X.]/[X.], [X.]). Er führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse nicht besteht. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen [X.] aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Ein Teilurteil darf deshalb nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann ([X.], [X.], 1201 Rn. 26 - [X.]/[X.], [X.]).

2. Nach diesen Maßstäben durfte das Berufungsgericht nicht durch Teilurteil über die Klageanträge zu [X.] und [X.]I entscheiden und den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu I aussetzen.

a) Der vom Berufungsgericht als maßgeblich angesehene Umstand, dass der Klageantrag zu I einen anderen Streitgegenstand betrifft als die Klageanträge zu [X.] und [X.]I, ist für die Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils ohne Belang. Entscheidend ist vielmehr, dass bei allen Klageanträgen dieselbe Rechtsfrage von Bedeutung sein kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht. Nicht nur beim Klageantrag zu I, sondern auch bei den Klageanträgen zu [X.] und [X.]I kann die Frage entscheidungsrelevant werden, ob die [X.] Regelungen des Arzneimittelpreisrechts mit dem [X.]srecht vereinbar sind, soweit sie Geltung für in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] ansässige [X.]n beanspruchen, die Arzneimittel an Kunden in [X.] liefern.

b) Die Revision der [X.] verweist zu Recht darauf, dass nach der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung diese Frage auch für seine Entscheidung über den Klageantrag zu [X.] 1 und den darauf bezogenen Teil des Klageantrags zu [X.]I entscheidungserheblich ist. Ohne Bedeutung ist der Umstand, dass das Berufungsgericht die Verurteilung der [X.] nicht auf einen Verstoß gegen § 78 Abs. 1 [X.], sondern auf einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestützt hat.

aa) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind allerdings neben § 7 [X.] anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf. Der Zweck der in § 7 [X.] enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und [X.] unsachlich beeinflusst werden sollen. Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 [X.], § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dagegen dazu bestimmt, den ([X.] unter den Apotheken zu regeln ([X.], Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 193/07, [X.], 1136 Rn. 21 f. = WRP 2010, 1482 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE, [X.]).

bb) Jedoch sind sowohl geringwertige Kleinigkeiten im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] als auch [X.] nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten, § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 und Nr. 2 Halbs. 2 [X.]. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.] können bei einer Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel deshalb nur bejaht werden, wenn festgestellt wird, dass ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht vorliegt.

cc) Nach der Beurteilung des [X.] kommt es bei der Entscheidung über den Klageantrag zu [X.] 1 darauf an, ob den arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften das [X.]srecht entgegensteht, soweit sie ausländische [X.]n in ihren Anwendungsbereich einbeziehen. Es hat angenommen, der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 [X.] sei bei der Werbung der [X.] mit einer Prämie von 10 € für den Kunden, der einen Freund als Kunden der [X.] werbe, eröffnet. Es liege kein Ausnahmefall nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] vor, weil Zuwendungen in Form eines bestimmten Geldbetrags für Arzneimittel unzulässig seien, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt würden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gälten.

c) Das gilt für die Entscheidung über den Klageantrag zu [X.] 2 und den darauf bezogenen Teil des Klageantrags zu [X.]I entsprechend. Zwar war die Vereinbarkeit der Geltung des [X.] Arzneimittelpreisrechts für ausländische [X.]n mit dem [X.]srecht für die Entscheidung des [X.] nicht entscheidungserheblich. Es ist davon ausgegangen, dass die Werbung mit einem Rabatt von 10% auf rezeptfreie Arzneimittel nicht zu beanstanden sei, weil die [X.] Arzneimittelpreisvorschriften insoweit keine Preisbindung vorsähen. Jedoch ist ein Teilurteil unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Rechtsmittelgericht die in Rede stehende Rechtsfrage abweichend beurteilt. Dies kommt hier in Betracht. Die Revision der Klägerin macht geltend, der von der [X.] versprochene Rabatt auf den Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch den Altkunden verstoße gegen das Arzneimittelpreisrecht für verschreibungspflichtige Medikamente, weil er mittelbar dem Neukunden zugutekomme, der ein Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel einlöse. Wenn diese Ansicht zuträfe, setzte die Verurteilung der [X.] voraus, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente mit dem [X.]srecht in Einklang steht.

[X.]I. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist bereits wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1 ZPO).

IV. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob das Berufungsgericht die Beklagte zu Recht nach dem Klageantrag zu [X.] 1 und dem hierauf bezogenen Klageantrag zu [X.]I verurteilt hat.

a) Mit der Begründung des [X.] kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 [X.] nicht bejaht werden.

aa) Da die Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist ihre Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der [X.] sowohl zum [X.]punkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum [X.]punkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, [X.], 1240 Rn. 31 = [X.], 1464 - [X.]; Urteil vom 4. Februar 2016 - [X.], [X.], 954 Rn. 10 = [X.], 1100 - Energieeffizienzklasse).

In der [X.] zwischen der Veröffentlichung der beanstandeten Werbung im April 2014 und der Verkündung des vorliegenden Revisionsurteils am 24. November 2016 ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das [X.] zur Änderung des [X.] ([X.] I 2015, S. 2158) mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht.

Der seit dem 10. Dezember 2015 geltende § 3a UWG entspricht der bis dahin in § 4 Nr. 11 UWG aF enthaltenen Regelung des wettbewerbsrechtlichen [X.]. Das zuvor in § 3 Abs. 1 UWG aF bestimmte Spürbarkeitserfordernis ist nunmehr im Tatbestand des § 3a UWG unmittelbar enthalten. Damit führt diese Vorschrift die zuvor an unterschiedlichen Stellen im Gesetz geregelten Voraussetzungen des [X.] an einer Stelle zusammen. Dies dient allein der einfacheren Rechtsanwendung (vgl. [X.], Urteil vom 4. Januar 2016 - [X.], [X.], 516 Rn. 11 = [X.], 581 - Wir helfen im Trauerfall, [X.]).

bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, das in § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] geregelte grundsätzliche Verbot von [X.] stelle eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) dar, weil es dem Gesundheitsschutz von Verbrauchern diene (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 25 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden; Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.], 1082 Rn. 21 = [X.], 1385 - [X.]). Mit der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] soll durch die weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnet werden, dass Verbraucher bei der Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf [X.] unsachlich beeinflusst werden ([X.], Urteil vom 6. November 2014 - [X.], [X.], 504 Rn. 9 = [X.], 565 - Kostenlose Zweitbrille, [X.]; Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 213/13, [X.], 813 Rn. 10 = [X.], 966 - Fahrdienst zur Augenklinik).

cc) Der Umstand, dass die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken, die keinen mit der Bestimmung des § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt, in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des [X.] geführt hat (Art. 4 der Richtlinie; vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juli 2012 - [X.], [X.], 1056 Rn. 12 = [X.], 1219 - [X.], [X.]), steht der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Streitfall nicht entgegen. Die sich aus dieser Vorschrift ergebende Beschränkung der Möglichkeit, mit [X.] zu werben, stellt, soweit sie die in § 1 Abs. 1 [X.] aufgeführten Produkte betrifft, eine unionsrechtskonforme nationale Regelung in Bezug auf die Gesundheitsaspekte von Produkten dar, die deshalb gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/[X.] von dieser unberührt bleibt ([X.], [X.], 813 Rn. 11 - Fahrdienst zur Augenklinik).

dd) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die in Rede stehende Werbung der [X.] produktbezogen ist und deshalb hierauf die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes grundsätzlich anzuwenden sind.

(1) Nicht jede Werbung für Arzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unterfällt den Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes. Einbezogen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung) und nicht die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), durch die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein geworben wird (vgl. [X.], Urteil vom 31. Oktober 2002 - [X.], [X.], 353, 355 f. = WRP 2003, 505 - Klinik mit [X.]). Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht. Diese Grundsätze gelten auch für die in § 7 [X.] geregelte Werbung mit [X.]. Die Bestimmung des § 7 [X.] ist daher nur anwendbar, wenn gewährte [X.] sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen ([X.], [X.], 1082 Rn. 15 - [X.]).

(2) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der in Rede stehenden Werbung nicht um eine reine Imagewerbung der [X.] handelt, auch wenn sie sich auf das gesamte Sortiment der [X.] bezieht. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass der erforderliche Produktbezug darin besteht, dass die Beklagte die Zuwendung eines Geldbetrags von 10 € davon abhängig gemacht hat, dass ein Kunde einen Freund als Kunden für sie wirbt, der ein Rezept einreicht oder rezeptfreie Produkte im Gesamtwert von mindestens 25 € bestellt. Der Zweck der Regelung des § 7 [X.] besteht vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit unentgeltlichen Zuwendungen ausgehen kann (vgl. [X.], [X.], 1082 Rn. 16 - [X.]). Es gibt keinen überzeugenden Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird. Die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels durch einen unsachlichen Einfluss auf den Kunden zu steigern, hängt nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Arzneimittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Arzneimitteln oder sogar für das gesamte Sortiment angekündigt und gewährt wird ([X.], [X.], 1082 Rn. 16 - [X.]).

(3) Nichts anderes ergibt sich aus den Urteilen des Senats vom 9. September 2010 ([X.], 1136 Rn. 24 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; [X.], [X.] 2010, 201 Rn. 21; [X.], [X.] 2010, 206 Rn. 22; [X.], [X.] 2010, 204 Rn. 20). Soweit im Schrifttum die Ansicht vertreten wird, der Senat sei in diesen Entscheidungen von der [X.]-Entscheidung abgerückt ([X.] in Bülow/Ring/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 7 Rn. 15), trifft dies nicht zu.

Zwar hat der Senat in diesen Entscheidungen eine auf das gesamte Sortiment verschreibungspflichtiger Arzneimittel einer Apotheke bezogene Zuwendung als "Imagewerbung" bezeichnet. Er hat damit jedoch nicht in Abkehr von den Maßstäben der "[X.]"-Entscheidung zum Ausdruck gebracht, eine Werbung mit Zuwendungen oder [X.], die sich auf das gesamte Sortiment erstrecke, stehe ihrer Bewertung als Absatzwerbung stets entgegen.

(4) Der Produktbezug der in Rede stehenden Werbung ist im vorliegenden Fall nicht deshalb zu verneinen, weil die ausgelobte [X.] nicht dem Erwerber des Arzneimittels selbst zukommen soll, sondern einem Dritten, der gegen Gewährung einer Werbeprämie einen neuen Kunden der [X.] für Arzneimittel wirbt. Die Revision der [X.] erhebt insoweit keine Rügen.

ee) Das Berufungsgericht hat - vorbehaltlich der Frage der Übereinstimmung der [X.] arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften mit dem [X.]srecht (dazu sogleich [X.] ff, Rn. 38 ff.) - zu Recht angenommen, dass die Beklagte durch das Versprechen einer Werbeprämie von 10 € gegen § 7 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] verstoßen hat. Die Vorschrift des § 7 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 und Nr. 2 Halbs. 2 [X.] verbietet Zuwendungen und [X.] für Arzneimittel, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten.

(1) Die Werbung der [X.] bezieht sich auf rezeptpflichtige Arzneimittel, die nach § 78 Abs. 1 [X.] und § 1 Abs. 1 und 4 AMPreisV der in [X.] geltenden Arzneimittelpreisbindung unterliegen. Die Gewährung der versprochenen Prämie von 10 € wird an die Voraussetzung geknüpft, dass der geworbene Neukunde ein Rezept für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel einreicht.

(2) Die Beklagte hat gegen die Preisvorschriften verstoßen. Zwar wird vom Neukunden für rezeptpflichtige Medikamente der volle Preis verlangt. Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt jedoch nicht nur vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen ([X.], [X.], 1136 Rn. 17 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE). So verhält es sich im Streitfall. Der Neukunde entrichtet den korrekten Preis für das verschreibungspflichtige Arzneimittel mit der Aussicht, seinem ihn werbenden Freund die ausgelobte Werbeprämie zu verschaffen (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 24 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden; vgl. für die Buchpreisbindung [X.], Urteil vom 21. Juli 2016 - [X.], [X.], 199 Rn. 18 = [X.], 169 - Förderverein). Dies lässt den Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen als in einer anderen Apotheke, die keine entsprechende Werbeprämie gewährt.

ff) Mit Erfolg wendet sich die Revision der [X.] dagegen, dass das Berufungsgericht das an die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel gekoppelte Zuwendungsverbot des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Verhältnis zur [X.] angewendet hat. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die es rechtfertigen, die Beklagte als eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen [X.] ansässige ausländische [X.] dem [X.] Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen, sofern sie solche Arzneimittel an Kunden in [X.] liefert.

(1) Zwar hat der Gesetzgeber in § 78 Abs. 1 Satz 4 [X.] die Geltung der Arzneimittelpreisverordnung auf Arzneimittel erstreckt, die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a [X.] von einer Apotheke eines Mitgliedstaats der Europäischen [X.] nach [X.] versandt werden. Nach den bislang im vorliegenden Verfahren getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 [X.] mit dem Primärrecht der Europäischen [X.] in Einklang steht.

(2) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] ist bei der Prüfung, ob die Mitgliedstaaten die Bestimmungen des [X.]srechts über die [X.] im Rahmen der Zuständigkeit nach Art. 168 Abs. 7 AEUV über die Festlegung der Gesundheitspolitik und die [X.] - wie des [X.] - beachtet haben, zu berücksichtigen, dass die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und die Mitgliedstaaten zu bestimmen haben, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dies erreicht werden soll. Da sich das Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, steht den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zu (vgl. [X.], Urteile vom 19. Mai 2009 - [X.] und 172/07, [X.]. 2009, [X.] = NJW 2009, 2112 Rn. 19 - Apothekerkammer u.a./Saarland).

(3) [X.] hat entschieden, dass das [X.] Arzneimittelpreisrecht auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen [X.] im Wege des Versandhandels nach [X.] an Endverbraucher abgeben, und dass seine Anwendung auf diesen grenzüberschreitenden Versandhandel mit dem Primärrecht der [X.] in Einklang steht ([X.], Beschluss vom 22. August 2012 - [X.] 1/10, [X.]Z 194, 354 Rn. 21 ff., 34 ff.). [X.] hat darin keinen Verstoß gegen die [X.] im Sinne des Art. 34 AEUV gesehen. Er ist außerdem davon ausgegangen, dass die Regelung, wonach [X.]s Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach [X.] eingeführte Arzneimittel gilt, jedenfalls nach Art. 36 AEUV (Art. 30 [X.]) zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt wäre. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt der nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] mit Wirkung vom 26. Oktober 2012 in [X.] getretenen Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 [X.], wonach die aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a [X.] in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Arzneimittel gilt, allein klarstellende Bedeutung zu ([X.], Urteil vom 26. Februar 2014 - [X.], [X.], 593 Rn. 16 = [X.], 692 - Sofort-Bonus).

(4) Die Bedeutung dieser Rechtsprechung ist angesichts des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen [X.] vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, [X.], 1312 = [X.], 36 - [X.]) zweifelhaft. Der Gerichtshof der Europäischen [X.] hat entschieden, dass sich die im [X.] Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Abgabepreise auf in einem anderen Mitgliedstaat als der [X.]republik [X.] ansässige Apotheken stärker auswirkt als auf im [X.] Hoheitsgebiet ansässige Apotheken und dass dadurch der Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse. Eine solche Regelung stelle eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar ([X.], [X.], 1312 Rn. 26 f. - [X.]). Außerdem hat er angenommen, dass das [X.] Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festsetzt, nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden könne, da es nicht geeignet sei, die angestrebten Ziele zu erreichen ([X.], [X.], 1312 Rn. 46 - [X.]).

(5) Entscheidet der Gerichtshof der Europäischen [X.] auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens, dass nationale Rechtsvorschriften mit dem [X.]srecht unvereinbar sind, sind die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats verpflichtet, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Beachtung des [X.]srechts in ihrem Hoheitsgebiet zu sichern ([X.], Urteil vom 21. Juni 2007 - [X.]/06 bis [X.]/06, [X.]. 2007, [X.], [X.], 3625 Rn. 38, 41). Hiervon ausgehend kann die Klägerin mit ihrer Klage nur Erfolg haben, wenn sich im vorliegenden Verfahren Gesichtspunkte ergeben, die ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen [X.] nahelegen. Ob Veranlassung besteht, im vorliegenden Rechtsstreit ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen [X.] zu richten, steht noch nicht fest. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen.

(6) Der Gerichtshof der Europäischen [X.] hat in seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 angenommen, ein nationales Gericht müsse, wenn es eine nationale Regelung darauf prüfe, ob sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt ist, mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderer Mittel objektiv prüfen, ob die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlauben, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet sind, und ob es möglich ist, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränken ([X.], [X.], 1312 Rn. 35 f. - [X.] unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 23. Dezember 2015 - [X.]/14, [X.], 621 - Scotch Whisky Association, [X.]). Nach der zuletzt genannten Entscheidung haben die nationalen Behörden darzutun, ob eine Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs gerechtfertigt ist und dass sie erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und dass sich das angestrebte Ziel nicht durch Verbote oder Beschränkungen erreichen ließe, die weniger weit gehen oder den Handel innerhalb der [X.] weniger beeinträchtigen würden. Insoweit müssen die Rechtfertigungsgründe, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, von geeigneten Beweisen oder einer Untersuchung zur Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Mitgliedstaat erlassenen beschränkenden Maßnahme sowie von genauen Angaben zur Stützung seines Vorbringens begleitet sein ([X.], [X.], 621 Rn. 54 - Scotch Whisky Association). Diese Beweislast darf allerdings nicht so weit gehen, dass die nationalen Behörden, wenn sie eine nationale Regelung, mit der eine Maßnahme vorgegeben wird, positiv belegen müssten, dass sich dieses Ziel mit keiner anderen vorstellbaren Maßnahme unter den gleichen Bedingungen erreichen ließe ([X.], [X.], 621 Rn. 55 - Scotch Whisky Association).

In der Entscheidung "[X.]" hat der Gerichtshof der Europäischen [X.] sich für seinen Standpunkt auf das Urteil "Scotch Whisky Association" berufen. Der Entscheidung und den weiteren in dieser Entscheidung in Bezug genommenen Urteilen ([X.], [X.], 621 Rn. 54) lagen Rechtsstreitigkeiten zugrunde, in denen entweder die Mitgliedstaaten - etwa in einem Vertragsverletzungsverfahren - selbst Partei waren oder staatliche Stellen dieser Mitgliedstaaten ([X.], Urteil vom 13. November 2003 - [X.]/02, [X.] 2003, [X.], [X.] 2003, 853 Rn. 25 - [X.]; Urteil vom 13. März 2008 - [X.]/06, [X.]. 62006CJ0227 - Rn. 63 - [X.]/[X.]; Urteil vom 26. April 2012 - [X.]/10, [X.] 2012, 508 Rn. 50 - [X.]; [X.], [X.], 621 Rn. 54 - Scotch Whisky Association).

(7) Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich jedoch - ebenso wie bei dem Verfahren, das dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen [X.] vom 19. Oktober 2016 ([X.], 1312 - [X.]) zugrunde lag - um ein zivilrechtliches Verfahren, bei dem entweder ein Wettbewerber oder wie im Streitfall die Klägerin als rechtsfähiger Verband im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend macht. Die [X.]republik [X.] ist als betroffener Mitgliedstaat an einem solchen Rechtsstreit weder direkt noch mittelbar durch seine Behörden beteiligt.

In dem dem Urteil "[X.]" zugrunde liegenden Vorabentscheidungsersuchen hatte das vorlegende Gericht die Fragen (Fragen 2 und 3) gestellt, ob die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gemäß Art. 36 AEUV zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt wäre, wenn nur durch sie eine gleichmäßige und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in ganz [X.], insbesondere in den ländlichen Gebieten, gewährleistet wird, und welche Anforderungen an die gerichtliche Feststellung dieser Rechtfertigungsgründe gestellt werden ([X.], Beschluss vom 24. März 2015 - 20 U 149/13, [X.]. 2015, 1054 = [X.], 1018). Feststellungen zu einer gleichmäßigen und flächendeckenden Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in [X.] einschließlich der ländlichen Gebiete und zur Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften in diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht nicht getroffen.

Dagegen hat der Gerichtshof der Europäischen [X.] die Fragen 2 und 3 des Vorabentscheidungsersuchens im Urteil "[X.]" zusammengefasst und angenommen, die Geeignetheit der nationalen Regelung sei nicht in einer Weise untermauert, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs genüge. Im Gegenteil sprächen einige Unterlagen, auf die sich die [X.] stütze, dafür, dass mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken die gleichmäßige Versorgung mit Arzneimitteln dadurch fördern würde, dass Anreize zur Niederlassung in Gegenden gesetzt würden, in denen wegen der geringeren Zahl an Apotheken höhere Preise verlangt werden könnten ([X.], [X.], 1312 Rn. 33 ff.). Damit beruht die fragliche Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] maßgeblich auf ungenügenden Feststellungen in jenem Verfahren. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Feststellungen nachgeholt werden können, müssen die Parteien im vorliegenden Verfahren Gelegenheit erhalten, zur Geeignetheit der [X.] Regelung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung für eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung vorzutragen. Sollte dies in schlüssiger Weise geschehen, wird das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, ohne die sich die Geeignetheit der [X.] Regelung für das erstrebte Ziel nicht abschließend beurteilen lässt. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass die [X.] nach Art. 168 Abs. 7 Satz 1 AEUV bei ihrer Tätigkeit die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die [X.] zu wahren hat und diese Aufgabenverteilung von allen Organen der [X.] zu beachten ist, die Mitgliedstaaten zu bestimmen haben, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit gewährleisten wollen und wie dies erreicht werden soll, und den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zukommt. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese Zuständigkeit der Mitgliedstaaten von der [X.] nicht nur formal, sondern auch im Geist einer loyalen Zusammenarbeit zu beachten ist.

(8) In der [X.] höchstrichterlichen Rechtsprechung war bisher anerkannt, dass das [X.] Arzneimittelpreisrecht dazu dient, die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern ([X.]Z 194, 354 Rn. 25). Das Berufungsgericht ist hiervon ausgegangen und hat deshalb keine Veranlassung gesehen, dem streitigen Vortrag der Parteien hierzu nachzugehen. Es hat dementsprechend keine weiteren Feststellungen zu Tatsachen getroffen, die eine Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die von einer im Gebiet der [X.] ansässigen [X.] an [X.] Kunden geliefert werden, rechtfertigen könnten. Im Rahmen des weiteren Verfahrens kommt in Betracht, gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Frage der Notwendigkeit von einheitlichen Apothekenabgabepreisen für verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Wahrung der Belange der Gesundheit der Bevölkerung eine amtliche Auskunft staatlicher Stellen, insbesondere der [X.]regierung, einzuholen.

(9) Sollte das Berufungsgericht - unter Beachtung des Beurteilungs- und [X.] [X.]s bei der Gestaltung der Gesundheitspolitik - nicht feststellen können, dass einheitliche Apothekenabgabepreise durch den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden können, verstieße im Streitfall die Erstreckung der Arzneimittelpreisbindung auf die Beklagte gegen die in Art. 34 AEUV garantierte [X.]. Die Gerichte der Mitgliedstaaten sind gehalten, für die volle Wirksamkeit des [X.]srechts Sorge zu tragen, indem sie mit der Freiheit des Warenverkehrs unvereinbare Bestimmungen des nationalen Rechts unangewendet lassen ([X.], Urteil vom 9. März 1978 - 106/77, [X.]. 1978, 629 Rn. 21/23 = NJW 1978, 1741 - Simmenthal; Urteil vom 13. März 1997 - [X.]/95, [X.]. 1997, [X.] Rn. 18 = [X.] 1997, 574 - [X.]; Urteil vom 18. September 2003 - [X.]/00, [X.]. 2003, [X.] Rn. 43 ff. = [X.], 48 - Morellato [X.]). Das [X.] Arzneimittelpreisrecht wäre in diesem Fall auf die Beklagte nicht anzuwenden.

b) Entsprechendes gilt für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 78 Abs. 1 [X.].

c) Ob ein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 8, 3, 4a UWG (§ 4 Nr. 1 UWG aF) gegeben ist, auf den sich die Revisionserwiderung beruft, kann ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.

aa) Das für diesen Anspruch maßgebliche Recht ist nach dem beanstandeten Verhalten im Jahr 2014 und vor der Entscheidung in der Revisionsinstanz am 24. November 2016 mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das [X.] zur Änderung des [X.] ([X.] I 2015, S. 2158) novelliert worden. Dadurch ist der in § 4 Nr. 1 UWG aF geregelte Tatbestand der unlauteren Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers und des sonstigen Marktteilnehmers in die neu geschaffene Bestimmung des § 4a UWG überführt und entsprechend den Regelungen über aggressive Geschäftspraktiken gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken neu gefasst worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats war bereits § 4 Nr. 1 UWG aF unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG aF nur dann vorliegt, wenn der Handelnde diese Freiheit gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/[X.] durch Belästigung, Nötigung oder durch unzulässige Beeinflussung im Sinne des Art. 2 Buchst. j der Richtlinie 2005/29/[X.] erheblich beeinträchtigt ([X.], [X.], 199 Rn. 32 - Förderverein, [X.]).

bb) Zwar ist die Laienwerbung für Waren, für die - wie bei rezeptpflichtigen Medikamenten - besondere Maßstäbe gelten, als wettbewerbswidrig anzusehen, weil sie als unangemessene unsachliche Einflussnahme gemäß § 4 Nr. 1 UWG aF zu qualifizieren ist (vgl. hierzu [X.], [X.], 949 Rn. 22 - Kunden werben Kunden). Besteht die beanstandete Einflussnahme jedoch in der Gewährung eines preisrechtlich unzulässigen Vorteils, kommt es wiederum darauf an, ob eine Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die von einer im Gebiet der [X.] ansässigen [X.] an [X.] Kunden geliefert werden, im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt ist.

2. Es kann ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden, ob das Berufungsgericht den Klageantrag zu [X.] 2 und den hierauf bezogenen mit dem Klageantrag zu [X.]I geltend gemachten Folgeanspruch im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.

a) Die Revision der Klägerin wendet sich allerdings zu Recht gegen die Annahme des [X.], der von der [X.] beworbene zusätzliche Rabatt von 10% auf rezeptfreie Produkte bei der Werbung eines zweiten Neukunden werde nicht von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] erfasst. Entgegen der Annahme des [X.] handelt es sich dabei ebenfalls um eine Zuwendung im Sinne dieser Vorschrift, die in einem auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht. Die Beklagte macht sowohl die Gewährung einer Werbeprämie von 10 € für die Werbung eines ersten Freundes als auch den versprochenen zusätzlichen Rabatt von 10% auf rezeptfreie Produkte für die Werbung eines weiteren Freundes davon abhängig, dass der Neukunde bei der [X.] ein Rezept einreicht oder rezeptfreie Produkte im Gesamtwert von mindestens 25 € bestellt.

b) Die Begründetheit des Klageantrags zu [X.] 2 hängt jedoch - ebenso wie diejenige des Klageantrags zu [X.] 1 - davon ab, ob das [X.] Arzneimittelpreisrecht mit dem Primärrecht der [X.] vereinbar ist, soweit es sich auf Arzneimittel erstreckt, die von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen [X.]n nach [X.] geliefert werden.

Büscher      

        

Schaffert      

        

Koch   

        

Schwonke      

        

Feddersen      

        

Meta

I ZR 163/15

24.11.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 17. Juli 2015, Az: I-6 U 189/14, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 HeilMWerbG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 HeilMWerbG, § 73 Abs 1 S 1 Nr 1a AMG, § 78 Abs 1 S 4 AMG, § 3a UWG, Art 34 AEUV, Art 36 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2016, Az. I ZR 163/15 (REWIS RS 2016, 1875)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1875


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 163/15

Bundesgerichtshof, I ZR 163/15, 24.11.2016.


Az. 6 U 189/14

Oberlandesgericht Köln, 6 U 189/14, 17.07.2015.


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