Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.09.2021, Az. 1 WNB 3/21

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2021, 2814

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Gegenstand

Unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde aufgrund fehlender Postulationsfähigkeit


Leitsatz

In Rechtsbeschwerdeverfahren und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung ist eine Selbstvertretung regelmäßig nicht zulässig.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 18. November 2020 wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Der Antragsteller hat gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des [X.] vom 18. November 2020, ihm zugestellt am 23. November 2020, mit einem am 12. Januar 2021 beim [X.] eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Die Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil der Antragsteller bei ihrer Einlegung nicht ordnungsgemäß vertreten war. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde darüber hinaus verspätet eingelegt worden ist (§ 22b Abs. 2 Satz 1 [X.]) oder sich der Antragsteller wegen einer behördlich angeordneten häuslichen Absonderung im Zeitraum vom 15. bis 29. Dezember 2020 auf einen - die Frist bis zum 12. Januar 2021 verlängernden - unabwendbaren Zufall (§ 7 Abs. 1 [X.]) berufen kann.

2

1. Gemäß § 22b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 22a Abs. 5 Satz 1 [X.] muss sich der Beschwerdeführer im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder durch eine Person vertreten lassen, welche die Befähigung zum Richteramt nach dem [X.] hat oder die Voraussetzungen des § 110 des [X.]es erfüllt. Das [X.] beschränkt sich nicht auf die Stellung eines förmlichen Sachantrags, sondern erfasst alle den Prozessablauf gestaltenden oder bestimmenden Prozesshandlungen, wie insbesondere auch die fristwahrende Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl. zuletzt [X.], Beschlüsse vom 2. Dezember 2019 - 1 [X.] 8.19 - juris Rn. 3 und vom 18. Mai 2021 - 1 [X.] 1.21 - juris Rn. 2).

3

Die vom Antragsteller selbst - und nicht von einem bevollmächtigten Vertreter - abgefasste und unterzeichnete Beschwerde genügt diesen Anforderungen nicht. Es liegt auch im Hinblick auf das [X.] kein Grund im Sinne des § 7 (hier: Abs. 2) [X.] vor, der den Fristablauf hemmen und dem Antragsteller ermöglichen könnte, die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde in ordnungsgemäßer Form nachzuholen. Die Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Beschluss ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht auch hinsichtlich des [X.]ses der gesetzlichen Regelung. Das [X.] war nicht verpflichtet, den Antragsteller - über den Gesetzeswortlaut hinaus - auf Einzelheiten des Inhalts und der Reichweite des Vertretungszwangs hinzuweisen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Dezember 2019 - 1 [X.] 8.19 - juris Rn. 4 und vom 18. Mai 2021 - 1 [X.] 1.21 - juris Rn. 3).

4

2. Der Antragsteller war auch nicht befugt, sich selbst zu vertreten.

5

Der Antragsteller besitzt zwar die Befähigung zum Richteramt nach dem [X.], die ihn zur Vertretung eines anderen Soldaten berechtigt. Die [X.] sieht in § 22a Abs. 5 Satz 1 und § 22b Abs. 1 Satz 2 [X.] jedoch nicht die Möglichkeit der Selbstvertretung vor.

6

Mit dem [X.] (in dem Nichtabhilfebeschluss vom 13. Juli 2021) ist davon auszugehen, dass die Bestimmungen der § 22a Abs. 5 Satz 1 und § 22b Abs. 1 Satz 2 [X.] eine abschließende Regelung der Vertretung und das Fehlen einer Vorschrift zur Selbstvertretung eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung darstellt. Die Bestimmungen der § 22a Abs. 5 Satz 1 und § 22b Abs. 1 Satz 2 [X.] wurden durch das Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2008) vom 31. Juli 2008 ([X.] 1629) - im Zuge der Einführung des dem verwaltungsgerichtlichen Revisionsverfahren nachgebildeten Rechtsbeschwerdeverfahrens - zum 1. Februar 2009 in die [X.] eingefügt. Zu diesem Zeitpunkt enthielt die Verwaltungsgerichtsordnung bereits eine im Wesentlichen der heutigen Rechtslage entsprechende Regelung der Vertretung vor dem [X.], die die Möglichkeit der Selbstvertretung für bestimmte Personen vorsah (§ 67 Abs. 4 Satz 6 VwGO i.d.F. vom 12. Dezember 2007, [X.] 2840). Dem Gesetzgeber standen damit bei der Regelung der Vertretung im [X.] und im [X.] das [X.] und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung als Muster, von dem er keinen Gebrauch gemacht hat, vor Augen.

7

Es kann dahingestellt bleiben, ob gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] in den Verfahren nach den §§ 22a und 22b [X.] eine ergänzende Anwendung der Vorschriften der Verwaltungsordnung über die Vertretung vor dem [X.] in Betracht kommt, weil hinsichtlich der Möglichkeit der Selbstvertretung ein geringer Anwendungsbereich hierfür ersichtlich ist und der Antragsteller unstreitig nicht zu dem dort angeführten Personenkreis gehört. Denn nach § 67 Abs. 4 Satz 8 i.V.m. § 67 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 VwGO wären nur Rechtsanwälte sowie Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule mit der Befähigung zum Richteramt, nicht aber andere Personen mit der Befähigung zum Richteramt - wie der Antragsteller - berechtigt, sich selbst zu vertreten.

8

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

1 WNB 3/21

07.09.2021

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WNB

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 18. November 2020, Az: S 4 BLa 1/20 und S 4 RL 1/21, Beschluss

§ 22a Abs 5 S 1 WBO, § 22b Abs 1 S 2 WBO, § 67 Abs 4 S 8 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.09.2021, Az. 1 WNB 3/21 (REWIS RS 2021, 2814)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2814

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