Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2014, Az. 5 AZR 506/12

5. Senat | REWIS RS 2014, 2643

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Gegenstand

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") - arbeitsvertragliche Ausschlussfrist


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18. April 2012 - 3 Sa 1598/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 23. September 2008 bei der [X.], die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Helfer beschäftigt und war im Streitzeitraum September 2008 bis Dezember 2009 mit Unterbrechungen der [X.] überlassen.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag damals ein [X.]ormulararbeitsvertrag vom 23. September 2008 (im [X.]olgenden: Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1.     

Vertragsgegenstand

        

…       

        
        

(2)     

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach dem zwischen dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e.V. ([X.]) und der [X.] und [X.] ([X.]) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelttarifvertrag West, Entgelttarifvertrag Ost und Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen [X.]assung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Mitgliedsgewerkschaft der in Satz 1 genannten [X.] ist. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus.

                 

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 [X.], insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Abs. 2 entsprechend.

                 

Sollten die vorbezeichneten Tarifverträge gekündigt oder in sonstiger Weise ihre Wirksamkeit verlieren, ohne dass neue Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages jeweils nach der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten [X.]assung.

                 

…       

        

6.    

Entgelt

        

…       

        
        

(5)     

Die Vergütung ist bis spätestens zum 15. des [X.]olgemonats auf ein von dem Mitarbeiter [X.] Konto zu überweisen.

        

…       

        
        

15.     

Ausschlussfristen

        

(1)     

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach [X.]älligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn der in Ziff. 1 Abs. 2 genannte Manteltarifvertrag eine abweichende Regelung enthält; ggf. gilt diese tarifvertragliche Regelung. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Satz 1 gilt ferner nicht, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dort genannte [X.]rist einzuhalten.

        

(2)     

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder [X.]ristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn der in Ziff. 1 Abs. 2 genannte Manteltarifvertrag eine abweichende Regelung enthält; ggf. gilt die tarifvertragliche Regelung.“

4

Der in Bezug genommene Manteltarifvertrag zwischen der [X.] und [X.] ([X.]) und dem [X.] ([X.]) vom 29. November 2004 enthielt in Nr. 19.2 bis 19.4 eine Ausschlussfristenregelung, die eine zweimonatige [X.]rist zur schriftlichen Geltendmachung vorsah und im Übrigen inhaltlich der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung entsprach. Durch Änderungstarifvertrag vom 9. Juli 2008 wurde die [X.]rist zur schriftlichen Geltendmachung auf drei Monate verlängert.

5

Am 25. Januar 2010 schlossen die Parteien einen von der [X.] vorformulierten Aufhebungsvertrag, der auszugsweise lautet:

        

„1. Aufhebung

        

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Basis des Arbeitsvertrages vom 23.09.2008 einschließlich aller Neben- und/oder Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag vom 23.09.2008 mit Wirkung zum 31. Dezember 2009 enden wird.

        

2. Weiterbeschäftigung

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich mit Wirkung vom 1. Januar 2010 an ausschließlich aus den Regelungen des am 21.01. 2010 unterzeichneten Arbeitsvertrages.

        

Ungeachtet dessen wird die Betriebszugehörigkeit vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an ab dem 23.09.2008 gerechnet.“

6

Unter dem 21. Januar 2010 hatten die Parteien einen [X.]ormulararbeitsvertrag (im [X.]olgenden: Arbeitsvertrag 2010) geschlossen, in dem es ua. heißt:

        

„1. Vertragsgegenstand

        

…       

        

(2) Auf das Arbeitsverhältnis finden im Sinne einer dynamischen Verweisung folgende von der Tarifgemeinschaft des [X.] ([X.]) mit dem [X.], Personal-Dienstleistungen e.V. ([X.]) geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen [X.]assung Anwendung:

        

-       

Manteltarifvertrag ([X.]) vom 22.07.2003

        

-       

Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) vom 22.07.2003

        

-       

Entgelttarifvertrag vom 22.07.2003

        

-       

Protokollerklärung Zeitarbeit zur Beschäftigungssicherung vom 22.07.2003

        

Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Mitgliedsgewerkschaft der in Satz 1 genannten [X.] des [X.] ist. Die jeweils maßgeblichen Tarifverträge liegen in den einzelnen Geschäftsräumen der [X.] aus.

        

…       

        

8. Vergütung

        

…       

        

(5) Die Vergütung des Monatsentgeltes erfolgt auf der Basis der vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit und wird spätestens bis zum 15. Banktag des [X.]olgemonats unbar ausgezahlt (§ 13.1 [X.]). …

        

19. Ausschlussfristen

        

(1) Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach [X.]älligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

(2) Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder [X.]ristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung im Januar und April 2011 hat der Kläger mit der am 23. Mai 2011 eingereichten Klage für Überlassungen an die [X.] im Zeitraum September 2008 bis Dezember 2009 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 [X.] die Differenz zwischen der von der [X.] erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung sei intransparent, jedenfalls hätten Ausschlussfristen erst mit der Entscheidung des [X.] zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] ([X.] 14. Dezember 2010 - 1 [X.] - [X.]E 136, 302) zu laufen begonnen. Zur Höhe des Anspruchs hat der Kläger - zuletzt unter Berufung auf eine einem anderen Leiharbeitnehmer erteilte [X.] nach § 13 [X.] - vorgetragen, bei der Entleiherin fänden die Tarifverträge der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie [X.] Anwendung. Bis zur Einführung von [X.] am 1. Januar 2011 habe die Entleiherin das Lohnrahmenabkommen ([X.]) angewendet; danach wäre der Kläger in Lohngruppe 3 einzugruppieren gewesen. [X.]erner könne er nach dem [X.] eine Durchschnittsleistungszulage iHv. 16 % beanspruchen. Schließlich sehe der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teils eines 13. [X.] vom 11. Dezember 1996 eine Sonderzahlung vor, die beim Kläger 35 % eines Monatsentgelts betragen würde.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt im Streitzeitraum seien jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen. Außerdem habe der Kläger die Höhe seiner [X.]orderung nicht ausreichend dargelegt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

I. Der Kläger hat für die Dauer der Überlassungen an die [X.] im Zeitraum September 2008 bis Dezember 2009 jeweils Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.]. Eine nach § 9 Nr. 2 [X.] zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag 2008 verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der [X.] unwirksame Tarifverträge (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 12 ff., [X.]E 144, 306).

II. Der Anspruch des [X.] auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 verfallen.

Zwar war der Kläger nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der [X.], die auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sind (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 35, [X.]E 144, 306; 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1047/12 - Rn. 31 mwN), einzuhalten. Jedoch musste er die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in Nr. 15 Arbeitsvertrag 2008 beachten.

1. Diese Klausel enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung.

a) Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 40, [X.]E 144, 306). Belassen es nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht dabei, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifregime zu unterwerfen, sondern vereinbaren zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus im Arbeitsvertrag ausformulierte Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk jedenfalls auch die in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen ([X.] 25. September 2013 - 5 [X.] 778/12 - Rn. 14). Darüber hinaus verdeutlichen Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Halbs. 2 Arbeitsvertrag 2008 die Eigenständigkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung. Denn diese Bestimmungen wären überflüssig, wenn der Klausel eine lediglich „deklaratorische“, das in Bezug genommene Tarifwerk wiederholende oder ausformulierende Bedeutung zukäme.

b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus Nr. 1 Abs. 2 Unterabs. 2 Arbeitsvertrag 2008. Unabhängig davon, dass die [X.] in der Ausschlussfristenregelung als speziellere den allgemeinen [X.] in der Bezugnahmeklausel vorgehen, setzen letztere die Möglichkeit einer Kollision von in Bezug genommener tariflicher und ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommener Regelung voraus. Das ist vorliegend nicht der Fall. Wegen der Unwirksamkeit der [X.]-Tarifverträge geht die Bezugnahmeklausel insgesamt ins Leere: Die in Bezug genommenen Tarifverträge können auf [X.] keine Wirkung entfalten, damit sind die dazugehörigen [X.] hinfällig ([X.] 25. September 2013 - 5 [X.] 778/12 - Rn. 16).

2. Die Kollisionsregel in Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag 2008 greift nicht ein. Der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags in Bezug genommene „Manteltarifvertrag“ enthielt in der Fassung des [X.] vom 9. Juli 2008 keine abweichende Regelung zu dem Erfordernis, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen.

3. Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der AGB-Kontrolle stand.

a) [X.] ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben. Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ betitelten eigenen Paragraphen enthalten, dessen Überschrift durch Fettdruck hervorgehoben ist.

b) [X.] ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

aa) Der Arbeitnehmer kann aus Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis „ausgeschlossen“ sind, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 48 ff., [X.]E 144, 306).

Die Einschränkung der Rechtsfolge in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung einzuhalten (Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008), führt nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs eines Anspruchs zu unternehmen, sondern entlastet ihn, wenn er jene trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte ([X.] 25. September 2013 - 5 [X.] 778/12 - Rn. 20).

bb) Die Intransparenz folgt auch nicht aus dem Kontext zu Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag 2008. Der Arbeitnehmer kann bei Vertragsschluss erkennen, was „auf ihn zukommt“: Er muss entweder die Ausschlussfrist nach Satz 1 oder eine Ausschlussfrist aus dem in der Bezugnahmeklausel genannten Manteltarifvertrag einhalten, um einen „Ausschluss“ des Anspruchs zu verhindern. Ob letzterer eine „abweichende Regelung“ enthält, kann durch einen einmaligen, schlichten (Text-)Vergleich der Bestimmungen ermittelt werden. Auf nach Abschluss des Arbeitsvertrags möglicherweise erfolgende Änderungen stellt die Klausel nicht ab.

Entgegen der Auffassung der Revision ist auch das „ggf.“ nicht geeignet, Verwirrung zu stiften. Dieses bezieht sich - leicht erkennbar - auf das vorangehende „wenn“: Ist der „[X.]“ gegeben, soll nicht die arbeitsvertragliche, sondern die tarifvertragliche Ausschlussfristenregelung gelten.

c) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung ist nicht unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] „dem Grunde nach“ reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 50 ff., [X.]E 144, 306).

d) Die wegen ihrer Kürze nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksame zweite Stufe der Ausschlussfristenregelung berührt nach dem sog. [X.] die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 54 mwN, [X.]E 144, 306).

4. Der Kläger hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 nicht eingehalten. Er hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit jeder Überlassung für die jeweilige Dauer der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 42, [X.]E 144, 306), erstmals mit Schreiben vom 31. Januar 2011 dem Grunde nach geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 [X.] für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

a) Der Anspruchsverfall ist nicht nach Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008 unterblieben. Danach bestehen Ansprüche fort, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.

Der Kläger hat keine tatsächlichen Umstände vorgebracht, die eine rechtzeitige Geltendmachung hätten verhindern können. Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung der arbeitsvertraglichen Klausel, mit der der Verleiher von der nach § 9 Nr. 2 [X.] eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, reicht für eine Verhinderung iSv. Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008 nicht aus. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, so ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers ([X.] 25. September 2013 - 5 [X.] 778/12 - Rn. 25 f.; vgl. auch - zur Verjährung - [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] 424/12 - Rn. 25, [X.]E 144, 322).

b) Dem Verfall steht Nr. 15 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag 2008 nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 56, [X.]E 144, 306).

5. [X.] erfasst auch den auf den Monat Dezember 2009 entfallenden Anteil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, der erst im Januar 2010 fällig wurde (Nr. 6 Abs. 5 Arbeitsvertrag 2008), denn die Vertragsänderung vom 21. Januar 2010 konnte die Ausschlussfristenregelung nicht rückwirkend ändern (vgl. [X.] 19. Februar 2014 - 5 [X.] 920/12 - Rn. 19).

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 506/12

24.09.2014

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 22. Juli 2011, Az: 10 Ca 2200/11, Urteil

§ 10 Abs 4 AÜG, § 9 Nr 2 AÜG, § 307 Abs 1 BGB, § 305c Abs 1 BGB, § 1 TVG, § 611 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2014, Az. 5 AZR 506/12 (REWIS RS 2014, 2643)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2643


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 5 AZR 506/12

Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 506/12, 24.09.2014.


Az. 3 Sa 1598/11

Landesarbeitsgericht Hamm, 3 Sa 1598/11, 18.04.2012.


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