Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.10.2021, Az. 1 BvR 838/19

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2021, 1702

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahme einer mangels Fristwahrung unzulässigen Verfassungsbeschwerde - versehentlicher Telefax-Versand der Beschwerdebegründung an BGH statt BVerfG - keine Weiterreichung im ordentlichen Geschäftsgang möglich, da Telefaxversand am Nachmittag des letzten Tags der Frist erfolgte


Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil sie unzulässig ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat.

2

Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie die angegriffenen Entscheidungen in der Hauptsache betrifft, verfristet, da die Beschwerdeführerin sie nicht ordnungsgemäß innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 [X.] begründet hat (1). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war der Beschwerdeführerin nicht zu gewähren (2).

3

1. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 [X.] beginnt die Einlegungs- und Begründungsfrist mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, hier also am 7. Februar 2019. Die Monatsfrist endete damit am 7. März 2019 um 24 Uhr, so dass der Eingang der Verfassungsbeschwerdebegründung am 18. März 2019 nicht mehr fristgerecht erfolgte.

4

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 [X.] war der Beschwerdeführerin nicht zu gewähren, da sie die Frist zur Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht unverschuldet versäumt hat.

5

a) Dass sie die Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde per Fax versehentlich an den [X.] anstelle des [X.] schickte, hätte der Beschwerdeführerin bei der gebotenen sorgfältigen Überprüfung des [X.], das die Nummer des Empfängergeräts wiedergibt, auffallen können und müssen. Indem die Beschwerdeführerin es unterlassen hat, das Sendeprotokoll auch auf die richtige Empfängernummer zu kontrollieren, handelte sie sorgfaltswidrig, da sie so die zu diesem Zeitpunkt noch innerhalb der Frist mögliche Wiederholung der Übermittlung vereitelt hat (vgl. zur fehlenden Ausgangskontrolle bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde per Fax: [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 756/07 -, Rn. 3; Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. Oktober 2008 - 1 BvR 2147/08 -, Rn. 3).

6

b) Das Verschulden der Beschwerdeführerin wirkt sich auch noch aus, obwohl die Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] bei dem [X.] eingegangen ist und der Schriftsatz nicht weitergeleitet wurde. Zwar besteht jedenfalls im fachgerichtlichen Verfahren für ein Gericht, das mit dem Verfahren zuvor befasst war, eine nachwirkende Fürsorgepflicht, zu der regelmäßig auch gehört, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren, die bei dem Gericht eingereicht werden, im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (vgl. [X.]E 93, 99 <114 f.>). Geht der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf die [X.] nicht nur darauf vertrauen, dass der Schriftsatz überhaupt weitergeleitet wird, sondern auch darauf, dass er noch fristgerecht beim Rechtsmittelgericht eingeht (vgl. [X.]E 93, 99 <115>). Ob diese Grundsätze auch dann zur Anwendung gelangen, wenn bei dem letztinstanzlich entscheidenden Gericht eine Verfassungsbeschwerde eingeht, bedurfte hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls war eine Weiterreichung im ordentlichen Geschäftsgang nicht mehr fristwahrend möglich. Der aus zwölf Seiten bestehende zweite Teil der Beschwerdebegründung ging erst am Nachmittag des 7. März 2019 und damit am letzten [X.] bei dem [X.] ein. Selbst bei einer Weiterleitung noch am selben Tag wäre mit einem Eingang beim [X.] frühestens am folgenden Tag und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu rechnen gewesen (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 3. März 2003 - 1 BvR 310/03 -, Rn. 9).

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 838/19

21.10.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 6. Februar 2019, Az: IV ZR 171/18, Beschluss

§ 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 2 S 1 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.10.2021, Az. 1 BvR 838/19 (REWIS RS 2021, 1702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1702


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZR 171/18

Bundesgerichtshof, IV ZR 171/18, 09.10.2019.


Az. 1 BvR 838/19

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 838/19, 21.10.2021.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZB 208/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

1 BvR 2349/22

2 UF 16/22

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