Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2008, Az. IX ZB 208/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 980

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[X.][X.] vom 6. November 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 233 [X.] Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn die Frist zur Begründung der Berufung versäumt worden ist, weil der Antrag auf Verlän-gerung der Begründungsfrist beim erstinstanzlichen Gericht eingereicht und ohne besondere [X.]eunigung an das Berufungsgericht weitergeleitet worden ist. [X.], [X.]uss vom 6. November 2008 - [X.]/06 - [X.] - 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], Raebel, Prof. [X.]r. Gehrlein, [X.]r. Pape und [X.] am 6. November 2008 beschlossen: [X.]ie Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 10. Oktober 2006 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
[X.]er Gegenstandswert des [X.] wird auf 290.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] [X.]er Kläger hat gegen das ihm am 16. Mai 2006 zugestellte Urteil des [X.] durch am 14. Juni 2006 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit einem an das [X.] adressierten, dort vorab per Telefax am 12. Juli 2006 um 10.55 Uhr eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger beantragt, die Frist zur Be-rufungsbegründung wegen Arbeitsüberlastung um einen Monat zu verlängern. Aufgrund einer Weisung des [X.] vom 13. Juli 2006, versehen mit einem Erledigungsvermerk vom 14. Juli 2006, ist das am 13. Juli 2006 ein-gegangene [X.] dieses Schriftsatzes an das [X.] - 3 - tergeleitet worden, wo es am 18. Juli 2006 einging. [X.]ie Frist zur [X.] war am Montag, 17. Juli 2006 abgelaufen. 2 [X.]er vom [X.] über den Ablauf der Berufungsbegründungs-frist unterrichtete Kläger hat mit einem am 27. Juli 2006 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, da der Schriftsatz fünf Tage vor Ablauf der Frist beim [X.] eingegangen sei, wäre es ohne weiteres möglich gewesen, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang rechtzeitig an das [X.] weiterzuleiten.
[X.]as [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag des [X.] zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen. [X.]agegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.], mit der er die Aufhebung des [X.] [X.]usses begehrt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterver-folgt. 3 I[X.] [X.]ie Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. 4 1. [X.]ass die Berufung vom Kläger nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet wurde und deshalb unzulässig ist, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen. Sie beanstandet insoweit lediglich, dass der [X.] [X.]uss keine Feststellungen enthalte, anhand derer sich der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist errechnen lasse. [X.]er [X.]uss sei deshalb nicht 5 - 4 - mit den gesetzmäßigen Gründen versehen. [X.]ieser Einwand ist nicht berechtigt. Mit der Angabe des Zeitpunkts, zu dem die Frist zur Berufungsbegründung - unstreitig - ablief, hat das Berufungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt, ausreichend wiedergegeben. 6 2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsge-richt dem Kläger auch die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung mit Recht versagt. [X.]er Kläger war nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Er muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, der den Antrag auf Fristverlängerung beim unzuständigen Gericht einreichte, zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). a) Geht ein fristgebundener [X.] statt beim Rechtsmit-telgericht bei dem in erster Instanz befasst gewesenen Gericht ein, ist dieses allerdings verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. [X.]ies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtssuchenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht ein, dass die fristgerechte Wei-terleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne [X.] erwartet werden kann, darf die [X.] darauf vertrauen, dass der [X.] noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsäch-lich nicht, wirkt sich das Verschulden der [X.] oder ihres [X.] nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist ([X.] 93, 99, 115 f; [X.] NJW 2001, 1343; NJW 2005, 2137, 2138; [X.] 151, 42, 44 ständige Rechtsprechung). [X.]er [X.] begehrende Antragsteller hat darzulegen und glaubhaft zu machen, dass 7 - 5 - sein Schriftsatz im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsrang fristgemäß an das zuständige Berufungsgericht weitergeleitet werden konnte ([X.], [X.]. v. 6. Juni 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 1373; [X.]. v. 22. Oktober 1986 - [X.], NJW 1987, 440, 441). 8 b) [X.]ie Erwartung, dass der Antrag auf Verlängerung der [X.]sfrist bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig das Berufungsgericht erreichen würde, war im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. [X.]er Antrag ging an einem Mittwoch beim [X.] ein, die Frist zur Berufungsbegründung lief am folgenden Montag ab. Es entsprach dem ordentlichen Geschäftsgang, dass der in erster Instanz zuständig gewese-ne [X.] am Tag nach dem Eingang des Schreibens die Weiterleitung an das [X.] anordnete und wieder einen Tag später diese Weiterleitung von der Geschäftsstelle veranlasst wurde. Weil es inzwischen Freitag war, konnte wegen des bevorstehenden Wochenendes nicht erwartet werden, dass das Schreiben noch am selben Tag an das Postbeförderungsunternehmen zur Übermittlung an das [X.] gelangte. Nur in diesem Fall konnte das Schreiben noch rechtzeitig vor dem Fristablauf am folgenden Montag beim [X.] eingehen. Mit einem rechtzeitigen Eingang des Fristverlänge-rungsantrags beim Berufungsgericht konnte unter den gegebenen Umständen daher nur gerechnet werden, wenn das [X.] verpflichtet war, [X.] zur besonderen [X.]eunigung zu ergreifen, beispielsweise den Fristver-längerungsantrag per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln oder den Prozessbevollmächtigten des [X.] telefonisch davon zu unterrichten, dass er den Schriftsatz beim unzuständigen Gericht eingereicht hatte. Zu solchen besonderen Maßnahmen war das - zur Entgegennahme des Schriftsatzes un-zuständige (vgl. [X.] NJW 1995, 3173, 3175) - [X.] nicht verpflichtet ([X.] NJW 2001, 1343), auch nicht im Hinblick auf das bevorstehende - 6 - Wochenende. Andernfalls würde den [X.]en und ihren Prozessbevollmächtig-ten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien abgenommen und den unzuständigen Gerichten übertragen. [X.]amit würden die Anforderungen an die aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren abgeleitete richterliche Fürsorge-pflicht überspannt werden ([X.] aaO). Ob eine andere Beurteilung geboten sein kann, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit aus dem fehlgeleiteten [X.] selbst ersichtlich ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. [X.]enn aus dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist war nicht zu [X.], wann diese Frist ablief. [X.]er Umstand allein, dass der Schriftsatz vorab per Telefax übermittelt wurde, ließ angesichts der verbreiteten Praxis dieser Art der Übermittlung auch in nicht eiligen Fällen nicht auf eine besondere Eilbedürf-tigkeit schließen. [X.] Raebel Gehrlein Pape

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

IX ZB 208/06

06.11.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2008, Az. IX ZB 208/06 (REWIS RS 2008, 980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 980

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