Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.03.2010, Az. V S 20/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 8543

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

(Anhörungsrüge nach § 69a GKG - Eigenhändige Unterschrift des Urteils - Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit und Entscheidung über dieses Gesuch)


Leitsatz

1. NV: Zu den Voraussetzungen für eine Anhörungsrüge nach § 69a GKG .

2. NV: Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des BFH über eine Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht statthaft .

3. NV: Nur die in den Akten befindliche Urschrift, nicht aber die Ausfertigung oder der Abdruck einer Entscheidung müssen vom Richter unterschrieben werden .

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 16. Juni 2009 wies der Senat im Verfahren [X.] die [X.]rinnerung des [X.], [X.]rinnerungsführers, Beschwerdeführers und [X.] (Beschwerdeführer) gegen die Kostenrechnung des [X.] ([X.]) --Kostenstelle-- vom 11. [X.]ezember 2008 zurück. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer. Unter dem Briefkopf "[X.]" legte [X.] unter Vorlage einer ihm vom Kläger erteilten [X.] in dessen Namen "... das geeignete Rechtsmittel und sofortige Beschwerde, sowie Anhörungsrüge ..." ein.

2

Gleichzeitig lehnte der Beschwerdeführer die Mitwirkung der am Beschluss vom 16. Juni 2009 [X.] beteiligten Vorsitzenden Richterin am [X.] sowie [X.] am [X.] [X.] und [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit im Wesentlichen mit der Begründung ab, "mit der illegalen Aufhebung des § 15 GVG, der besagt, dass alle Gerichte Staatsgerichte sind, ist auch der [X.] nur noch ein illegales grundgesetzwidriges Privatgericht", dessen [X.]ntscheidungen er sich nicht unterwerfe. Auch fehle es wegen der personellen und sachlichen Abhängigkeit der Justizbehörden von der Verwaltung der jeweiligen Landesregierung an der Unabhängigkeit der Gerichte.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Anhörungsrüge und die Beschwerde werden als unzulässig verworfen.

4

1. Der Senat entscheidet in seiner nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung unter Mitwirkung der Vorsitzenden [X.]in C sowie der [X.] und F. Der Ablehnungsantrag ist missbräuchlich und deshalb unzulässig. Soweit er sich für das vorliegende Verfahren gegen den [X.] am [X.] richtet, geht er im Übrigen schon deshalb ins Leere, weil dieser dem Senat nicht mehr angehört.

5

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines [X.]s wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten [X.] zu befürchten (vgl. z.B. [X.] vom 11. Februar 2003 [X.]/02, [X.], [X.], 483, [X.] 2003, 422). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ablehnungsgesuch gegen einen ganzen Spruchkörper wegen der Mitwirkung an einer vorherigen Entscheidung unzulässig, wenn keine konkreten Anhaltspunkte vorgebracht werden, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des [X.] gegenüber dem [X.] hindeuten können (vgl. z.B. Beschluss des [X.] vom 20. Juli 2007  1 BvR 2228/06, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 3771; [X.] vom 26. September 2007 [X.], [X.], 27, [X.] 2008, 60; vom 11. Februar 2003 [X.], [X.] 2003, 714; in [X.], 483, [X.] 2003, 422). So liegt die Sache hier. Der Beschwerdeführer verweist insoweit im Wesentlichen auf die "Nicht-Staatlichkeit der [X.]", die fehlende Selbstverwaltung der Justiz sowie darauf, der [X.] sei ein "illegales grundgesetzwidriges Privatgericht" und der angegriffene Beschluss sei ein "Nichtbeschluss oder ein Scheinbeschluss", ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der einzelnen Mitglieder des [X.] ihm gegenüber deuten könnten.

6

Über ein rechtsmissbräuchliches und damit offensichtlich unzulässiges Gesuch auf Ablehnung der [X.] eines Senats kann, ohne dass es einer dienstlichen Äußerung der betroffenen [X.] bedarf, zusammen mit der Sachentscheidung entschieden werden (z.B. [X.] in [X.] 2003, 714, m.w.N.).

7

2. Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Anhörungsrüge gegen den Beschluss des angerufenen Senats im Verfahren über die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des [X.] [X.]. Der Senat wertet daher das Rechtsmittel als Anhörungsrüge nach § 69a des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach dieser Vorschrift ist auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (1.) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (2.) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

8

a) Es kann dahinstehen, ob für die Anhörungsrüge gegen eine Entscheidung, mit der die Erinnerung gegen eine Kostenrechnung zurückgewiesen wurde, seit der Neugestaltung des [X.]s vor dem [X.] durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 ([X.], 2840) [X.] besteht (vgl. hierzu z.B. [X.], Der Betrieb 2008, 1283; [X.] vom 25. Juni 2009 [X.], juris). Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge erfordert jedenfalls schlüssige und substantiierte Darlegungen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen in dem vorausgegangenen Verfahren, auf das sich die Anhörungsrüge bezieht (hier [X.]), sich der [X.] nicht hat äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe und dass die Entscheidung ohne die behauptete Gehörsverletzung anders ausgefallen wäre (vgl. zur Anhörungsrüge nach § 133a FGO z.B. [X.] vom 11. März 2009 VI S 2/09, [X.] 2009, 1131; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 133a Rz 12; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 133a FGO Rz 20, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es.

9

b) Neben der Ansicht, beim [X.] handele es sich um ein "illegales grundgesetzwidriges Privatgericht" und der angegriffene Beschluss sei ein "Nichtbeschluss oder ein Scheinbeschluss" rügt der Beschwerdeführer zwar auch die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Begründung lässt sich jedoch nicht entnehmen, welchen konkreten und für das Erinnerungsverfahren gegen die Kostenrechnung des [X.] ([X.]) entscheidungserheblichen Vortrag der Senat bei seiner Entscheidung über die Erinnerung nicht berücksichtigt haben könnte und in welcher Weise der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in diesem Verfahren verletzt worden sein soll. Mit der Anhörungsrüge kann im Übrigen nur die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht jedoch eine fehlerhafte Besetzung der [X.]bank oder eine fehlerhafte Sachentscheidung gerügt werden (z.B. [X.] vom 12. März 2009 [X.]-21/08, Zeitschrift für Steuer und Recht --ZSteu-- 2009, [X.], m.w.N.).

3. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung des [X.] über eine Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht statthaft ([X.] vom 23. Juli 2009 [X.], ZSteu 2009, R 968).

4. Im Übrigen weist der angerufene Senat auf Folgendes hin: Es fehlt nicht an der Unterschrift der beteiligten [X.]. Eine Ausfertigung oder ein beglaubigter Abdruck eines Urteils oder eines Beschlusses muss nicht vom [X.] unterschrieben werden. Es genügt, wenn die in den Akten befindliche Urschrift des Urteils oder des Beschlusses ordnungsgemäß unterzeichnet wird und die Ausfertigung bzw. der Abdruck erkennen lässt, dass das Original die Unterschrift des [X.]s trägt. Dies wird durch die abschriftliche Wiedergabe der Namen der [X.] unter der Entscheidung kenntlich gemacht (vgl. z.B. [X.] vom 8. November 2000 [X.], [X.] 2001, 614).

5. Für das Verfahren nach § 69a GKG entstehen keine Gerichtsgebühren, da das Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG keinen Kostentatbestand vorsieht. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

V S 20/09

11.03.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 16. Juni 2009, Az: V E 1/09, Beschluss

§ 69a GKG, § 105 FGO, § 128 FGO, § 51 Abs 1 S 1 FGO, § 42 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.03.2010, Az. V S 20/09 (REWIS RS 2010, 8543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8543

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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