Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.02.2018, Az. X S 1/18

10. Senat | REWIS RS 2018, 13193

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anhörungsrüge im Erinnerungsverfahren


Leitsatz

1. NV: Über die Anhörungsrüge nach § 69a GKG entscheidet wie im Erinnerungsverfahren der Einzelrichter .

2. NV: Im Verfahren betreffend die Anhörungsrüge ist die Verletzung rechtlichen Gehörs darzulegen .

3. NV: Bei unzulässigem Rechtsbehelf ist im Allgemeinen keine Akteneinsicht zu gewähren .

Tenor

Die Anhörungsrüge des Rügeführers gegen den Beschluss des [X.] vom 30. November 2017 [X.] wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 26. Oktober 2017 [X.] 1495/17 ([X.]/17) anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand

I.

1

Mit Beschluss vom 25. September 2017 [X.] hatte der Senat zum einen eine Beschwerde des Kostenschuldners, [X.] und [X.] ([X.]) gegen die Verwerfung einer Anhörungsrüge durch das [X.] als unzulässig seinerseits als unzulässig verworfen, zum anderen eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht als unbegründet zurückgewiesen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem [X.] auferlegt. Mit Kostenrechnung vom 26. Oktober 2017 [X.] 1495/17 ([X.]) hatte die Kostenstelle des [X.] ([X.]) dem [X.] insgesamt 120 € in Rechnung gestellt (zweimaliger Ansatz der [X.] € nach Nr. 6502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes --GKG--).

2

Dagegen legte der [X.] Erinnerung ein und begründete diese (wörtlich) zunächst wie folgt:
"1. Im Hinblick auf die unabhängig von der Erhebung der Erinnerung im Grundsatz bestehende Zahlungspflicht wird unter Bezugnahme auf die vor dem [X.] anhängigen Verfahren unter den Aktenzeichen [X.]53/17, [X.]54/17, [X.]55/17 und [X.] die Aussetzung der Vollziehung beantragt.
2. Vorsorglich wird deshalb beantragt, von einer Vollziehung der angefochtenen Kostenentscheidung einstweilen abzusehen."

3

Bei den genannten Verfahren [X.]53/17, [X.]54/17 und [X.]55/17 handelt es sich um Beschwerden des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbeträgen betreffend die Jahre 2007 bis 2013, bei dem Verfahren [X.] um einen auf das Verfahren [X.]53/17 (Streitjahre 2007 bis 2009) bezogenen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). In diesen Verfahren war noch nicht entschieden.

4

In einem weiteren Schriftsatz führte der [X.] aus:
"Die Erinnerung und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 01.11.2017 werden vollumfänglich aufrechterhalten. Die Aussetzung der Vollziehung wurde unabhängig von der im Grundsatz bestehende[n] Zahlungspflicht vorsorglich bis zum Abschluss der unter den Aktenzeichen [X.]53/17, [X.]54/17, [X.]55/17 und [X.] bei dem [X.] anhängigen Verfahren beantragt.
Vor diesem Hintergrund wird deshalb beantragt, von einer Vollziehung der angefochtenen Kostenentscheidung einstweilen abzusehen."

5

Einwände, die ihren Grund im Kostenrecht hätten, hatte der [X.] nicht vorgebracht.

6

Mit Beschluss vom 30. November 2017 [X.] hat der Senat durch die Einzelrichterin nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG die Erinnerung zurückgewiesen, da die Kostenrechnung, insbesondere der zweifache Ansatz der Gebühr von 60 €, inhaltlich zutreffend sei. Im Rahmen dieses Beschlusses wurde festgestellt, dass der Antrag, nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen, sich erledigt habe.

7

Gegen den nach seiner Angabe am 5. Januar 2018 zugegangenen Beschluss hat der [X.] am 18. Januar 2018 Anhörungsrüge erhoben, die einstweilige AdV der angefochtenen Entscheidung nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG sowie Akteneinsicht beantragt. Das Gericht habe seinen Tatsachen- und [X.] nicht zur Kenntnis genommen und seine Würdigung auf vereinzelte Teile der Erinnerungsbegründung unter Außerachtlassung der Beweismittel beschränkt. Damit habe das Gericht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. An seinem Tatsachen- und [X.] nebst Beweisantritten zu [X.] halte er fest.

8

Zum einen habe das Gericht den Vortrag des [X.] zu den bei dem [X.] anhängigen Verfahren [X.]53/17, [X.]54/17, [X.]55/17 und [X.] nicht zur Kenntnis genommen. Die Gebühr von 60 € für die Verwerfung oder Zurückweisung einer Beschwerde habe er gar nicht bestritten. Er zitiert in diesem Zusammenhang wörtlich die Aussage des angefochtenen Beschlusses, im Falle der Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde werde eine Gebühr von 60 € erhoben, und führt sodann aus: "Dies wurde von dem Erinnerungsführer in seinem Schriftsatz vom 01.11.2017 nicht in Abrede gestellt und war auch nicht Gegenstand vorliegender Erinnerungsverfahren."

9

Zum anderen habe sich das Gericht zu der beantragten AdV nicht geäußert.

Ferner hat der [X.] Akteneinsicht beantragt und sich hierzu auf den [X.]-Beschluss vom 11. März 2009 VI S 2/09 ([X.]/NV 2009, 1131) berufen.

Entscheidungsgründe

II.

Über die Anträge entscheidet die Einzelrichterin entsprechend § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG. In den [X.] verschiedener Prozessordnungen ist anerkannt, dass jeweils der Spruchkörper in der jeweils aktuellen geschäftsplanmäßigen Besetzung tätig wird, der auch im Ausgangsverfahren zuständig ist; Personenidentität ist nicht erforderlich (vgl. zu § 133a der Finanzgerichtsordnung --FGO--, [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 133a FGO Rz 23; zu § 321a der Zivilprozessordnung, [X.]/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 321a Rz 15a, sowie Beschluss des [X.] vom 28. Juli 2005 III ZR 443/04, Monatsschrift für Deutsches Recht 2006, 168, unter II.1.).

III.

Die Anhörungsrüge ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

1. § 69a GKG regelt die Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Erinnerungsverfahren. Nach § 69a Abs. 1 GKG ist auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (Nr. 1.) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (Nr. 2.) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge ist innerhalb bestimmter Frist bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (§ 69a Abs. 2 Satz 1 bis 4 GKG). Sie muss nach § 69a Abs. 2 Satz 5 GKG die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen darlegen. Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist erhoben, so ist sie nach § 69a Abs. 4 Satz 1, 2 GKG als unzulässig zu verwerfen, und zwar durch unanfechtbaren Beschluss, der kurz begründet werden soll (§ 69a Abs. 4 Satz 4, 5 GKG).

2. Der [X.] hat entgegen § 69a Abs. 2 Satz 5 GKG nicht dargelegt, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe.

a) Er meint, das Gericht habe fehlerhaft das Beschwerde- bzw. Antragsvorbringen in den Verfahren X B 53/17, [X.], [X.] und [X.] im Erinnerungsverfahren nicht berücksichtigt. Sein Vorbringen im Erinnerungsverfahren hatte sich in der Bezugnahme auf diese Verfahren erschöpft. Nach § 69a Abs. 2 Satz 5 GKG i.V.m. § 69a Abs. 1 Nr. 2 GKG müsste er nunmehr darlegen, dass das Gericht zum einen seinen Vortrag nicht berücksichtigt habe, dass dies zum anderen einen Einfluss auf die Entscheidung gehabt habe ("in entscheidungserheblicher Weise"). Daran fehlt es.

Es ist schon nicht ohne Weiteres ersichtlich, inwiefern das Gericht diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen haben soll. Er ist zwar in dem gerügten Beschluss nicht ausdrücklich zitiert. Allerdings hat das Gericht mit der Aussage, dass die Kostengrundentscheidung des [X.] vom 25. September 2017 X B 79/17 bindend sei (unter [X.]), deutlich seine Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, dass jegliche Sach- und Rechtsfragen, die ihren Grund nicht im Kostenrecht haben, für die Kostenrechnung und damit auch im Erinnerungsverfahren unerheblich sind. Damit sind ersichtlich sowohl Streitigkeiten in anderen Verfahren als auch das vorgängige Beschwerdeverfahren X B 79/17 gemeint.

Im Übrigen fehlt jede Darlegung dazu, worin trotz dieser Rechtsgrundsätze die Entscheidungserheblichkeit seines in diesen Verfahren angebrachten Sach- und Rechtsvortrags für die angefochtene Kostenrechnung liegen soll, inwiefern also mit Rücksicht auf welchen konkreten Teil dieses Vortrags auf Grundlage der Kostengrundentscheidung in dem Beschluss vom 25. September 2017 X B 79/17 eine andere Kostenrechnung auch nur in Betracht gekommen wäre.

Wenn der [X.] stattdessen sinngemäß selbst vorträgt, die Gebühr von 60 € sei nicht Gegenstand des [X.] gewesen, ist schon nicht mehr verständlich, wogegen sich die Erinnerung überhaupt gerichtet haben soll und was er mit seinem Erinnerungsverfahren bezweckt hat. Nur um diese Gebühren geht es in der Kostenrechnung und im Erinnerungsverfahren. Über die anderen Rechtsstreitigkeiten, die der [X.] betreibt, ist damit weder ausdrücklich noch inzident entschieden.

b) Inwiefern dem Gericht eine Verletzung rechtlichen Gehörs in Bezug auf die beantragte [X.] unterlaufen sein soll, ist ebenfalls nicht dargelegt. Mit der Aussage des Beschlusses, der Antrag nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG habe sich mit der Entscheidung über die Erinnerung erledigt --was in der Sache zutrifft--, hat sich der [X.] nicht auseinandergesetzt. Da in der Sache der in dieser Vorschrift ausdrücklich als "Anordnung der aufschiebenden Wirkung" bezeichnete vorläufige Rechtsschutz der [X.] nach § 69 Abs. 3 FGO entspricht, hätte der [X.] näher darlegen müssen, worin in diesem Punkte die Verletzung rechtlichen Gehörs liegen soll.

c) Auch im Übrigen ist nicht konkret vorgetragen, inwiefern das Gericht rechtliches Gehör verletzt haben soll.

IV.

Die in der [X.] beantragte Akteneinsicht war nicht zu gewähren. Da der Rechtsbehelf unzulässig ist, besteht nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kein Anspruch auf Akteneinsicht. Denn die Akten sind in diesem Falle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, der Rechtsschutzgewährung des [X.]s zu dienen (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 27. Januar 2011 V S 31/10, [X.]/NV 2011, 838, unter [X.]; vom 26. April 2016 I B 12/16, [X.]/NV 2016, 1288). Anders kann es sich verhalten, wenn die Akteneinsicht erkennbar zur Prüfung der Zulässigkeitsfragen beantragt wird (vgl. dazu [X.]-Beschluss vom 15. Dezember 2008 VII B 24/08, [X.]/NV 2009, 1124, unter 1.). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Aus dem von dem [X.] selbst zitierten [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2009, 1131 ergibt sich ebenfalls nur, dass bei unzulässigem Rechtsbehelf keine Akteneinsicht zu gewähren ist (dort unter 5.).

V.

Der erneute Antrag, die Vollziehung einstweilen auszusetzen, kann nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG nur als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verstanden werden. Eine derartige Anordnung kommt nicht mehr in Betracht, da die Anhörungsrüge ohne Erfolg und das Erinnerungsverfahren deshalb nicht fortzusetzen, mithin abgeschlossen ist.

VI.

Eine Kostenentscheidung ergeht nicht, da das Verfahren über die Erinnerung und damit auch die darauf folgende Anhörungsrüge gerichtsgebührenfrei sind (vgl. [X.]-Beschluss vom 17. August 2012 VIII S 15/12, [X.]/NV 2012, 1822). Kosten werden nicht erstattet (§ 69a Abs. 6 GKG).

Meta

X S 1/18

28.02.2018

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 30. November 2017, Az: X E 12/17, Beschluss

§ 3 Abs 2 GKG, § 66 Abs 6 S 1 GKG, § 66 Abs 7 S 2 GKG, § 69a GKG, § 69 Abs 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.02.2018, Az. X S 1/18 (REWIS RS 2018, 13193)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13193


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X S 1/18

Bundesfinanzhof, X S 1/18, 28.02.2018.


Az. X E 12/17

Bundesfinanzhof, X E 12/17, 30.11.2017.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V S 23/12 (Bundesfinanzhof)

(Zur Zulässigkeit der Anhörungsrüge nach § 69a GKG)


V S 20/09 (Bundesfinanzhof)

(Anhörungsrüge nach § 69a GKG - Eigenhändige Unterschrift des Urteils - Ablehnung eines Richters wegen …


V S 24/12 (Bundesfinanzhof)

Fehlerhafte Besetzung der Richterbank und fehlende Originalunterschriften


X S 20-23/13, X S 20/13, X S 21/13, X S 22/13, X S 23/13 (Bundesfinanzhof)

Kostenvorschuss bei Entschädigungsklage - Entscheidung durch Berichterstatter


VIII S 15/12 (Bundesfinanzhof)

Streitwerterhöhung wegen Zinsen - Entscheidung des BFH über Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht anfechtbar


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.