Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 256/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1497

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 14. Oktober 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Interviews einer Person des öffentlic[X.] Interesses können ohne ihre Einwilligung nur ausnahmsweise die [X.] eines [X.]s zur Bebilderung eines Presse-artikels über ihre Erkrankung rechtfertigen. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - [X.] - [X.] LG Hamburg
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseati-sc[X.] Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten [X.] eines [X.]s, welches einen Beitrag mit der Überschrift "[X.]" in der von der [X.] verlegten Tageszeitung [X.] vom 13. April 2005 bebildert hat. Das am 17. Februar 2004 in den Ferien des [X.] auf der Terrasse eines Hotels in [X.] aufgenommene Bild zeigt den Kopf und einen Teil des Oberkörpers des [X.], während dieser ein Glas zum Mund führt. Die mit der beanstandeten Aufnahme bebilderte [X.] befasst sich mit einem Artikel in der französisc[X.] Zeitung "[X.]" über die Einweisung des [X.] in eine Klinik in [X.] wegen einer Entzün-dung der Bauchspeicheldrüse und gibt eine ärztliche Äußerung zu dieser [X.] wieder. Als eine der häufigsten Ursac[X.] dieser Erkrankung wird [X.] genannt. Der Artikel endet mit dem Hinweis, dass sich der [X.] - 3 - stand des [X.] bessere und seine Ehefrau, die ebenfalls mit einer Aufnahme gezeigt wird, ihn für fast fünf Stunden besucht habe. 2 Die Klage hatte in beiden Tatsac[X.]instanzen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer [X.] weiter. Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentli-c[X.] ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprec[X.]d in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es kön-ne unterstellt werden, dass der Kläger die [X.] eines neutralen oder kontextkonformen Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine schwere Erkrankung, die Anlass für die [X.] gewesen sei, als [X.] Ereignis anzuse[X.] sei. Die [X.] verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre des [X.] (§ 23 Abs. 2 KUG). Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit ste[X.]den Person Schutz vor der [X.] von Bildnissen zuzubilligen sei, müsse zwisc[X.] dem Persön-lichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite abgewogen wer-den. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 [X.] in der Be-stimmung durch die Entscheidung des Europäisc[X.] Gerichtshofs für Men-sc[X.]rechte (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszuge[X.], dass sich der Kläger nicht an einem belebten Ort unter [X.] Mensc[X.] aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen [X.] - 4 - den sei. Ob sich seinerzeit noch weitere Personen in der Nähe und [X.] auf der Terrasse aufgehalten hätten, sei streitig. Die Anwesenheit von Freunden oder Bekannten könne nicht zum Verlust des Privatsphärenschutzes führen. Dass sich weitere Personen auf der Terrasse aufgehalten hätten, habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. 4 Bei Beachtung der vom [X.] in der genannten Entscheidung aufge-stellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlic[X.] Interessen greife die [X.] der Aufnahme rechtswidrig in das Recht des [X.] am eige-nen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser von [X.] an Leben, Ferien-gestaltung und Konsumverhalten des [X.] und seiner Ehefrau rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung des [X.], wenn er in offensichtlich priva-ten Lebensbereic[X.] abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und [X.] von [X.]s ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes er-gebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährli-c[X.] Erkrankung des [X.] befasse, so dass das [X.] die Bebilderung eines besonderen zeitgeschichtlic[X.] Ereignisses darstelle. Die Wortberichterstattung sei möglicherweise mit Rücksicht auf ein vom Kläger am 22. April 2005 gegebenes Interview zu seinem Alkoholkonsum ge-rechtfertigt. Das schließe jedoch nicht zugleich die beanstandete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der wider-streitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärenschutzes. Das Interview, welches der Kläger der in [X.] erscheinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem Trinkverhalten gegeben habe, führe nicht dazu, dass er den Schutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Berichterstat-tung über in der Vergangenheit liegende private Treffen zum Trinken verloren, in entsprec[X.]de [X.] eingewilligt oder der Öffentlichkeit ei-nen weiteren Einblick in sein Privatleben eröffnet habe. 5 - 5 - I[X.] 6 Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nach-prüfung im Ergebnis stand. 7 1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehre-ren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei [X.] von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Recht-sprechung des [X.] und des [X.] Stellung genommen (vgl. Senat, [X.] 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 13/06 - [X.], 697, 698 f. und - [X.] ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - [X.] ZR 12/06 - [X.], 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.; vom 13. November 2007 - [X.] ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - [X.] ZR 156/06 - [X.], 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - [X.], 1367 ff. und - [X.] ZR 243/06 - [X.], 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlic[X.] Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnis-ses dulden müssten, ist die Verbreitung einer A[X.]ildung aber dann nicht [X.] - 6 - sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 9 Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgesche[X.]s. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitgesche[X.], also alle Fragen von allge-meinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffent-lichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstat-tung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu zie[X.] ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlic[X.] Grenzen einen ausreic[X.]den Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistisc[X.] Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlic[X.] Interesses für wert hält, und dass sich im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392). Auch der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demo-kratisc[X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse [X.] - 7 - zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in [X.]. 11 a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwä-gung zwisc[X.] den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 [X.] beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach nä-her ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - aaO und - [X.] ZR 243/06 - aaO). b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Ent-scheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be-stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen. 12 Wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei [X.] - 8 - genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits [X.], [X.]E 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen we-sentlic[X.] Bestandteil der [X.], der durch die Pressefreiheit ge-schützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprec[X.]de A[X.]ildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. [X.] gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds einschließlich ihnen naheste[X.]der Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Be-rücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen. Für die Abwägung zwisc[X.] der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlic[X.] Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfas-sungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im [X.] auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlic[X.] Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse-14 - 9 - [X.] und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. 15 c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu [X.] (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht [X.] darauf, lediglich einen Anlass für die A[X.]ildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlic[X.] Mei-nungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem [X.]sinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen. d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur [X.] ste[X.]den Umstände (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die [X.] entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicher-weise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Um-ständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Ge[X.]-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 16 - 10 - 2. a) Diese Grundsätze sind auf A[X.]ildungen des [X.] anzuwenden, da er als Person des öffentlic[X.] Interesses anzuse[X.] ist ("[X.] public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einer-seits und "[X.] / ordinary person" andererseits, vgl. [X.], [X.] vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, [X.] gegen [X.], §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bun-desverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreic[X.]den Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende [X.] hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer [X.] entgegenste[X.]. 17 b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung: 18 aa) Das von der [X.] veröffentlichte [X.] zeigt den Kläger, der aus einem Glas trinkt. Das Bild ist unstreitig auf der Hotelterrasse des "[X.]" in [X.] am Arlberg entstanden. Die Revision zeigt keinen Vortrag der [X.] vor dem Tatrichter dazu auf, dass der Kläger sich aus anderen als pri-vaten Gründen ("offiziellen" Gründen) dort aufgehalten hätte. Die beanstandete Aufnahme hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlic[X.] Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre des [X.], der ein Getränk zu sich nimmt. 19 Die begleitende Wortberichterstattung betrifft die schwere Erkrankung des [X.] an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch Alkoholgenuss verursacht sein kann. Auch die Wortberichter-stattung betrifft damit - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts und der 20 - 11 - Revision - die Privatsphäre des [X.], zu der - anders als etwa bei wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO) - nicht nur dessen Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - [X.] ZR 332/94 - [X.], 339; [X.]E 32, 373, 379 f.), sondern auch eine etwa erforderliche Behandlung gehört. 21 Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch [X.] ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwisc[X.] diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten [X.] das Interesse des [X.] am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das [X.] formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suc[X.] haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekannt-heitsgrad des [X.] nichts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglic[X.] Ausnahmen vgl. Senat, [X.] 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzei-tige Tod des damals regierenden Fürsten von [X.], des Schwiegervaters des [X.], ändert hieran nichts. Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts des [X.] (Art. 8 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten. 22 [X.]) Entgegen der Ansicht der Revision führt es zu keiner anderen Beur-teilung, dass sich der Kläger im April 2005, also geraume Zeit nach Entste[X.] 23 - 12 - der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels, in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat. 24 Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsac[X.] berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preis-gegeben hat (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnis-nahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich [X.] werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden ([X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Die be-anstandete Aufnahme stammt indes aus einer Zeit, in der der Kläger seine [X.] noch nicht preisgegeben hatte, so dass eine [X.] man-gels eines berechtigten Informationsinteresses rechtswidrig war. Nach allem kommt es nicht darauf an, ob bereits die beanstandete Aufnahme unter Verlet-zung der Privatsphäre entstanden ist, nämlich unter Umständen, die schon für sich genommen die [X.] unzulässig mac[X.] (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 394 f.; NJW 2008, 1793, 1797), ob also hier auch der Schutz vor heimlich gefertigten Aufnahmen eingreift, wobei es gegebenenfalls zur [X.] und Beweislast der [X.] stünde, unter welc[X.] Umständen die jeweilige Aufnahme entstanden ist (vgl. [X.] aaO 1797). - 13 - 25 3. Nach allem ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. [X.]

[X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 462/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 7 U 57/06 -

Meta

VI ZR 256/06

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 256/06 (REWIS RS 2008, 1497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1497

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