Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2002, Az. III ZR 97/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 3727

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:11. April 2002F i t t e r e rJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB § 839 [X.] Vertrauensschutz bei einer unrichtigen gemeindlichen [X.] überdie [X.]qualität eines Außenbereichsgrundstücks.[X.], Urteil vom 11. April 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] LG Potsdam- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] 11. April 2002 durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des7. Zivilsenats des [X.]ischen Oberlandesgerichts vom21. Mrz 2001 aufgehoben und - unter Zurckweisung der Beru-fung der [X.] - das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 19. Januar 2000 teilweisrt.Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.Die [X.] hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Von Rechts [X.] [X.] kaufte mit notariellem Vertrag vom 14. Januar 1991 [X.], ca. 3.385 m² große Teilflche des Flurstcks 143 derFlur 2 im Außenbereich der beklagten Gemeinde. Bei der Beurkundung lageine Besttigung vor, die die Überschrift "Rat der Gemeinde [X.]", das [X.] -vom 1. November 1990, die Unterschrift der seinerzeitigen [X.]sowie den Stempel "Gemeindeamt [X.] " trug und folgenden Wort-laut hatte:"Das Gemeindeamt [X.] besttigt, [X.] die [X.] in[X.] Flur 2 Flurstck 141-143 als unerschlossenes [X.]verkauft werden kann.Die Gemeinde [X.] rnimmt die [X.] [X.] diese Bescheinigung wurde im Kaufvertrag ausdrcklich Bezug ge-nommen. An [X.] sie adressiert war und wie sie in den Besitz der [X.], ih-res Ehemanns oder des Notars gelangt ist, ist streitig.Der Ehemann der [X.] hatte zuvor bereits weitere Teilflchen ausdem hier in Rede stehenden [X.] sowie aus den [X.]n 142 und144 erworben. Bei dem von ihm geschlossenen Kaufvertrag vom [X.] hatte die Bescheinigung vom 1. November, bei dem weiteren Vertrag vom29. November 1990 eine inhaltsgleiche Bescheinigung vom 28. [X.] vorgelegen.Die Eheleute beabsichtigten, auf den erworbenen [X.] insgesamt 22Einfamiliser zu errichten. Eine diesbezliche Bauvoranfrage der Kle-rin und ihres Ehemanns vom 28. Januar 1994 wurde mit Bescheid vom [X.] abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe (Widerspruch undverwaltungsgerichtliche Klage) blieben erfolglos.Die [X.] nimmt nunmehr die Beklagte auf Schadensersatz aus Amts-pflichtverletzung wegen der [X.] vom 1. November 1990 in Anspruch. [X.] 4 -macht geltend, sie habe das [X.] nur im Vertrauen auf dessen durch dieBescheinigung besttigte [X.] erworben und einen weit rhöhtenKaufpreis bezahlt.Das [X.] hat der auf Zahlung von 130.429,94 DM nebst [X.] Klage zur Hlfte, das Berufungsgericht hat ihr in vollem Umfang(bis auf einen Teil der Zinsforderung) stattgegeben (NVwZ-RR 2001, 704). [X.] Revision verfolgt die beklagte Gemeinde ihren [X.].[X.] Revision ist [X.]. Sie [X.] zur Abweisung der [X.] kann zugunsten der [X.] davon ausgegangen werden,[X.] die Bescheinigung vom 1. November 1990 so nicht tte erteilt werdenrfen. Sie legtmlich zumindest das Miûverstis nahe, [X.] die Flchebereits [X.] besaû, obwohl dies tatschlich nicht der Fall war. [X.] der Beklagten hatte damit jedenfalls gegen ihre Amtspflichtverstoûen, eine unmiûverstliche [X.] zu erteilen. Diese Amtspflicht warzugunsten der [X.] auch dann drittgerichtet, [X.]n diese selbst nicht un-mittelbar Empfrin der [X.] gewesen sein sollte. Die [X.] warmlich hinsichtlich der [X.] 141 bis 143 objektbezogen und sctzteinsoweit jeden, der im berechtigten Vertrauen auf ihre Richtigkeit Rechtsge-- 5 -scftr die darin bezeichneten [X.] ttigte (vgl. Senatsurteil vom3. Mai 2001 - [X.]/00 = NVwZ 2002, 373, 374).2.Der hieraus hergeleitete [X.] (§ 839 BGB i.V.m.Art. 34 GG) scheitert jedoch daran, [X.] ein solches berechtigtes Vertrauendurch die [X.] jedenfalls bei der [X.] nicht [X.] worden [X.]) Auf einen wesentlichen Gesichtspunkt, der einer möglichen Bebau-barkeit des [X.]s entgegenstehen konnte, wird schon in der [X.] hingewiesen, indem dort hervorgehoben wird, [X.] es um "unerschlosse-nes [X.]" ging und [X.] die Beklagte die [X.] nicht r-nehme. Diesem Umstand wird vom Berufungsgericht nicht das ihm [X.] beigemessen. Zu Unrecht weist das Berufungsgericht insbesonderedarauf hin, [X.] das geltende Baurecht den Begriff des "Rohbaulandes" kenne,wobei es sich um grundstzlich fr eine bauliche Nutzung geeignete [X.]handele, die lediglich noch nicht hinreichend erschlossen seien. Der [X.] gilt mlich - wie im Ansatz auch das [X.] verkennt - nur fr [X.] im Geltungsbereich eines Bebauungsplans(§ 30 BauGB), fr Gebiete, fr die ein Beschluû r die Aufstellung eines [X.] ist (§ 33 BauGB), und fr den nichtbeplanten [X.] (§ 34 BauGB; vgl. zu alledem § 4 Abs. 3 [X.]). Gerade um solche Ge-biete ging es hier nicht; vielmehr um reine Auûenbereichsflchen, bei denendie gesicherte Erschlieûung Voraussetzung fr eine etwaige Bebaubarkeit ist(§ 35 Abs. 1 und 2 BauGB). Dies bedeutet, [X.] die [X.] schon nach ihremAussagegehalt nicht geeignet war, eine "Verlûlichkeitsgrundlage" fr auf siegesttzte weitreichende finanzielle Dispositionen in Erwartung der [X.] zu [X.]) Hinzu kommt folgendes: Nicht erst eine Frage des mitwirkenden [X.] im Sinne des § 254 BGB, sondern bereits eine solche der objektivenReichweite des dem Betroffenen durch das [X.] gewrten [X.] ist es, ob die in Rede stehende Maûnahme (etwa: [X.],Verwaltungsakt) ihrer Art nacrhaupt geeignet ist, eine "[X.]" im vorbezeichneten Sinne fr auf sie gesttzte Auf[X.]dungen, In-vestitionen oder dergleichen zu bilden. Diese - der Mitverschuldensprfungvorgeschaltete - Frage beurteilt sich vorrangig nach dem Schutzzweck der [X.] behördlichen Maûnahme (zur Abgrenzung von objektiver Reichweitedes Vertrauensschutzes und mitwirkendem Verschulden [dort: bei einerrechtswidrigen Baugenehmigung] s. Senatsurteil vom 11. Oktober 2001- [X.]/00 = NJW 2002, 432; fr [X.]Z 149, 50 vorgesehen). Als Gesichts-punkte, die der Annahme haftungsrechtlich schutzwrdigen Vertrauens auf ei-nen (rechtswidrigen) stigenden Verwaltungsakt (gleiches gilt fr eine[X.]) - in bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschlie-ûender Weise - entgegenstehen können, kommen nicht nur objektive [X.], sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrErkenntnis-möglichkeiten des [X.] in Betracht. Dies ist auch und gerade dann derFall, [X.]n der Empfr die Unrichtigkeit der [X.] kannte oder infolgegrober Fahrlssigkeit nicht kannte.aa) Im vorliegenden Fall waren diese subjektiven Voraussetzungen [X.] bei dem Ehemann der [X.] erfllt. Dies hat der 8. Zivilsenat [X.] im Urteil des Parallelprozesses, den der Ehemann der Kl-gerin wegen derselben [X.] gegen die Beklagte ge[X.] hat und in [X.] dieselben Prozeûbevollmchtigten ttig geworden sind, eingehend [X.] 7 -gelegt (Urteil vom 9. November 2000 - 8 U 41/00; besttigt durch nicht [X.] Nichtannahmebeschluû des Senats vom 20. September2001 - [X.]/00): Der Ehemann war Architekt und nach eigenen Angaben"[X.]sprofi". Er hatte sich das betreffende Gelsehen undwuûte daher, [X.] es sich um [X.] bzw. Brachland handelte, das nicht einmalam "Ortsrand" (im Sinne etwa der Nachbarschaft zu einer im [X.] Ortslage) lag, sondern weit ab vom eigentlichen Dorfkern, am [X.] Rande des Gemeindegebiets und umgeben von weitrmigen anderenlandwirtschaftlichen [X.]. Dies entsprach einer krassen Auûenbereichsla-ge, bei der auch nicht im entferntesten ein Ansatz fr eine Bebaubarkeit nach§ 35 BauGB bestand. In der [X.] selbst war keinerlei Hinweis auf etwaigeplanerische Grundlagen der angeblichen Bebaubarkeit enthalten. Das bedeu-tet, [X.] die Unzullichkeit der [X.] fr jeden Architekten, der ein Bau-vorhaben in der Grûe von 22 Einfamilisern verwirklichen will und beidem deshalb zumindest elementare Kenntnisse der bauplanungsrechtlichenGegebenheiten vorausgesetzt werden mssen, offen zutage lag.bb) Dieses Wissen ihres Ehemanns muû sich die [X.] entgegen [X.] des Berufungsgerichts zurechnen lassen. Schon das [X.]hatte zutreffend ausge[X.], [X.] der Erwerb der hier in Rede [X.] durch die [X.] nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern indas gemeinsame Projekt beider Eheleute eingebettet war, auf dem Gesamtare-al eine Groûbaumaûnahme von 22 Einfamilisern zu verwirklichen. [X.] dieses Projekts war der Ehemann. Die [X.] selbst war [X.] im [X.] nicht beanstandeten Feststellungen des Landge-richts an der praktischen Durchfrung der Baumaûnahme und deren Vorbe-reitung nicht beteiligt. Mit der Verfolgung dieses gemeinschaftlichen Ziels [X.] 8 -stand zwischen den Ehegatten [X.] die eheliche Lebensgemeinschafthinausgehende [X.] in Form einer Innenge-sellschaft (§§ 705 ff BGB), und zwar schon beim Erwerb der tigten [X.]. So hat es mit Recht das [X.] gesehen; die Annahme [X.], es lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen,[X.] eine derartige Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs des von der[X.] gekauften [X.]s bestanden habe, beruht - wie die Revision [X.] geltend macht - auf einer lebensfremden Wrdigung des erdrckendengegenteiligen Prozeûstoffs. Insbesondere ft sich der hier in Rede stehendeErwerbsvorgang nahtlos in die zahlreichen weiteren, vom Ehemann der Kle-rin bei seiner Arung vor dem [X.] am 22. Dezember 1999 besttig-ten gemeinsamen [X.]sgescfte ein. Bei dieser Sachlage oblag esnicht der Beklagten, weitere Einzelheiten zur Entstehung einer Gesellschaftzwischen den Ehegatten vorzutragen, sondern umgekehrt der [X.], sub-stantiiert diese sich nach dem Sachverhalt [X.]. Dies ist jedoch - wie die Revision mit Recht hervorhebt - im [X.] nirgends geschehen.cc) Die durch dieses gemeinsame Projekt [X.]e "Wissenszurech-nung" hinsichtlich etwaiger Bebauungsmlichkeiten schlt auch bereits aufden von der [X.] gettigten [X.] durch. Dies hatdie Folge, [X.] die [X.] auch der [X.] bereits objektiv keine "Verlû-lichkeitsgrundlage" geboten hat, und zwar ig davon, welcher Graddes Verschuldens bei der [X.] vorgelegen hatte.[X.][X.][X.][X.]Drr

Meta

III ZR 97/01

11.04.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2002, Az. III ZR 97/01 (REWIS RS 2002, 3727)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3727

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