Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.08.2020, Az. VI R 1/17

6. Senat | REWIS RS 2020, 3340

STEUERRECHT STEUERN UNTERNEHMEN BUNDESFINANZHOF (BFH) LOHNSTEUER

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Gegenstand

Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern


Leitsatz

Der Arbeitgeber als Halter eines Kfz leistet die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer ihm gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führt daher nicht zu Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 04.11.2016 - 1 K 2470/14 L aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Unternehmen der im Logistikbereich tätigen [X.]. Als Tochterunternehmen der [X.] betreibt sie in der [X.] einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet.

2

Die von der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigten Fahrer haben die Aufgabe, Pakete unmittelbar bei den Kunden der Klägerin abzuholen oder den Kunden Pakete zuzustellen. Um eine möglichst schnelle Zustellung zu gewährleisten, halten die Fahrer mit ihren Fahrzeugen in unmittelbarer Nähe zu den Kunden. Insbesondere in Innenstädten ist dies jedoch mit den zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten in straßenverkehrsrechtlich zulässiger Weise nicht immer möglich.

3

In mehreren Städten hat die Klägerin daher bei den zuständigen Behörden Ausnahmegenehmigungen nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung ([X.]) beantragt, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen unter bestimmten Auflagen (beispielsweise Abstand von 10 m zu Signalanlagen, keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer) gestatten. Die Genehmigungen sind kostenpflichtig, gelten nur für ein bestimmtes Fahrzeug und werden für ein Jahr erteilt.

4

Ist eine Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten und hierfür gemäß § 56 des [X.] (OWiG) dann gegebenenfalls [X.] erhoben werden.

5

Die [X.] werden teilweise direkt von der Klägerin als Halterin der Fahrzeuge erhoben (ihr gegenüber "festgesetzt"). Zum Begleichen  des [X.] ist in diesem Fall ein Überweisungsvordruck beigefügt und ein Zahlungsziel von einer Woche bestimmt. In anderen Fällen werden der Klägerin als Halterin ein Zeugenfragebogen und ein Überweisungsvordruck übersandt, mit der Aufforderung zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Personalien des Fahrers mitzuteilen oder das Verwarnungsgeld innerhalb von einer Woche zu entrichten. In beiden Varianten leistet die Klägerin die [X.] innerhalb der gesetzten Wochenfrist.

6

Die Klägerin entrichtet aber nur die [X.], die auf den vorgenannten Verkehrsverstößen ihrer Fahrer beruhen. [X.] oder Bußgelder für andere Verstöße ihrer Fahrer gegen die [X.] (wie etwa überhöhte Geschwindigkeit) trägt sie nicht. Mitarbeiter, die einen Firmenwagen nutzen und nicht im Zustelldienst tätig sind, müssen [X.] und Bußgelder für alle Verkehrsverstöße selbst tragen.

7

Auf der Grundlage des [X.] vom 07.07.2004 - VI R 29/00 ([X.], 104, BStBl II 2005, 367) zog die Klägerin in der Vergangenheit aus der Zahlung der [X.] keine lohnsteuerlichen Konsequenzen.

8

Nach Ergehen des [X.] vom 14.11.2013 - VI R 36/12 ([X.], 520, BStBl II 2014, 278) gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) zu der Auffassung, die Zahlung der auf den Parkverstößen der Fahrer beruhenden [X.] führe bei diesen nunmehr zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn. Die Klägerin meldete daher in der [X.] für April 2014 für diesen Sachverhalt Lohnsteuer in Höhe von 1.925,96 € sowie darauf entfallende Annexsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) in Höhe von 240,72 € an.

9

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Der im [X.] erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) aus den in Entscheidungen der [X.]e 2017, 315 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der erkennende Senat nicht abschließend prüfen, ob das [X.] zu Recht davon ausgegangen ist, es fehle am Zufluss eines geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern der Klägerin.

1. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit von dem Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt werden.

Die pauschale Lohnsteuer ist eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer, die dem Grunde nach durch eine Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entsteht (Senatsurteil vom 06.05.1994 - VI R 47/93, [X.], 363, BStBl II 1994, 715). Die Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitgeber setzt mithin voraus, dass für den Arbeitnehmer eine in Geldeswert bestehende Einnahme i.S. des § 19 EStG vorliegt (Senatsurteil vom 03.07.2019 - VI R 36/17, [X.], 239, Rz 12).

2. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG --neben Gehältern und [X.] auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

a) Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zuwendungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, die Einnahmen dem Empfänger also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile in [X.], 104, BStBl II 2005, 367; vom 07.05.2014 - VI R 73/12, [X.], 230, BStBl II 2014, 904, Rz 15; vom 19.11.2015 - VI R 74/14, [X.], 129, BStBl II 2016, 303, Rz 10, und in [X.], 239, Rz 14).

Auch der Erlass einer Forderung (§ 397 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, kann Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen (Senatsurteile vom 27.03.1992 - VI R 145/89, [X.], 99, BStBl II 1992, 837, und vom 24.05.2007 - VI R 73/05, [X.], 180, BStBl II 2007, 766).

b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist das [X.] zunächst zutreffend davon ausgegangen, den Arbeitnehmern der Klägerin sei nicht schon deshalb Arbeitslohn zugeflossen, weil die Klägerin die [X.] i.S. des § 56 OWiG an die zuständige Verwaltungsbehörde gezahlt hat.

aa) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) sind die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die streitgegenständlichen, von den Fahrern begangenen [X.] jeweils an die Klägerin als Halterin des maßgeblichen Zustellfahrzeugs herangetreten. Dabei wurde ihr entweder im Rahmen einer schriftlichen Verwarnung mit Verwarnungsgeld und Anhörung selbst vorgeworfen, als Halterin den betreffenden [X.] begangen zu haben, oder ihr wurde ein Zeugenfragebogen mit einem Überweisungsvordruck und der Aufforderung übersandt, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen oder das Verwarnungsgeld innerhalb einer Woche zu entrichten.

bb) Die darauf basierende Würdigung des [X.], die Klägerin habe mit den hierauf geleisteten Zahlungen eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) [X.] besteht darin, dass das Fehlverhalten bei einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit mit der Verwarnung nur vorgehalten wird, ohne darüber zu entscheiden ([X.] in [X.], OWiG, 17. Aufl., Vor § 56 Rz 4). Das Verfahren will die Durchführung eines Bußgeldverfahrens mit einer förmlichen Entscheidung "im äußersten Bagatellbereich" ersparen und eine geringfügige präventive Maßnahme genügen lassen, sofern der Betroffene sich einsichtig zeigt und von sich aus daran mitwirkt, d.h. die Verwarnung durch Zahlung wirksam werden lässt ([X.] in [X.], a.a.[X.], Vor § 56 Rz 5). Insoweit ist die Verwarnung mit Verwarnungsgeld ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt aus Anlass einer Ordnungswidrigkeit, die auf dem Einverständnis (d.h. der Selbstunterwerfung) des Betroffenen mit einer geringen präventiven Maßnahme in einem zusätzlichen Vorschaltverfahren beruht, das dann die Verfolgung und Entscheidung erübrigt ([X.] in [X.], a.a.[X.], Vor § 56 Rz 6). Dabei ist die Zahlung des [X.] eine freiwillige Leistung, die nicht erzwungen werden kann.

(2) Betroffener i.S. des OWiG ist ungeachtet eines Tatbeitrags auch der Halter des Fahrzeugs (z.B. Beschluss des [X.] vom 26.02.2020 - IV-2 RBs 1/20, und Beschluss des [X.] vom 01.06.1989 - 2 BvR 239/88 u.a., [X.] 80, 109), soweit ihm gegenüber ein Verwarnungsgeld erhoben wird.

(3) Ist der Halter nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit der Verwarnung einverstanden und zahlt das Verwarnungsgeld, wird die Verwarnung wirksam (§ 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG). Das Einverständnis bezieht sich nur auf die Art der verfahrensmäßigen Erledigung im Verwarnungsverfahren, nicht aber auf die Voraussetzungen sachlich-rechtlicher Art bzw. auf das Vorliegen des [X.]. Die Verwarnung kann nach erfolgter Zahlung nicht mehr wegen ihres materiellen Inhalts angefochten werden. Der Betroffene, hier der Halter, kann sich nach erklärtem Einverständnis daher auch nicht darauf berufen, eine Verwarnung hätte nicht erteilt werden dürfen, da eine Ordnungswidrigkeit nicht vorgelegen habe bzw. nicht von ihm begangen worden sei (Urteil des [X.] vom 25.03.1966 - VII C 157.64, BVerwGE 24, 8; Beschluss des [X.] für das [X.] vom 11.04.2011 - 8 A 589/10). Eine Entscheidung, wer für den Verkehrsverstoß verantwortlich ist, wird nicht (mehr) getroffen, eine Zuweisung von Schuld findet nicht statt. Mit der Wirksamkeit der Verwarnung entsteht gemäß § 56 Abs. 4 OWiG ein Verfolgungshindernis eigener Art. Die Tat darf nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden.

(4) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz im Streitfall zutreffend entschieden, dass die Zahlung des [X.] auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Die Klägerin als Betroffene hat die Verwarnung durch Zahlung des [X.] sich gegenüber wirksam werden lassen. Da ihr die Verwarnung ungeachtet ihres fehlenden Tatbeitrags erteilt wurde, war nur die Klägerin Beteiligte des Verwaltungsverfahrens und nicht der Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hatte. Unerheblich ist daher in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin durch die Zahlung des [X.] und die Nichtbenennung des Fahrzeugführers die Erteilung einer Verwarnung verbunden mit der Erhebung eines [X.] bzw. die Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen den Fahrzeugführer vermieden hat.

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem dem Senatsurteil in [X.], 104, BStBl II 2005, 367 zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort hatte das [X.] bindend festgestellt, dass die Klägerin die Zahlung von [X.]n übernommen hatte, die von den bei ihr beschäftigten Fahrern wegen Verletzungen des Halteverbots erhoben worden waren. Auch im Senatsurteil in [X.], 520, BStBl II 2014, 278 ging es um die Übernahme von gegen die Arbeitnehmer verhängten Bußgeldern.

c) Die Feststellungen des [X.] tragen indes nicht dessen weitere Würdigung, den Arbeitnehmern der Klägerin sei auch dadurch kein geldwerter Vorteil zugeflossen, weil die Klägerin ihnen keine realisierbare Forderung in Form eines vertraglichen oder gesetzlichen [X.] oder Schadensersatzanspruchs erlassen habe, da ein solcher nicht bestanden habe.

aa) Einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt es auch dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt (Senatsurteile in [X.], 99, BStBl II 1992, 837, und in [X.], 180, BStBl II 2007, 766). Der Arbeitslohn fließt in einem solchen Fall in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird (Senatsurteil in [X.], 99, BStBl II 1992, 837), und sich der Arbeitnehmer hiermit einverstanden erklärt.

bb) Die Feststellungen des [X.] tragen nicht dessen Würdigung, dass ein solcher Rückgriffsanspruch im Streitfall nicht vorliege.

(1) Einen vertraglichen Regressanspruch der Klägerin hat das [X.] verneint, weil eine Zusage des Arbeitgebers, eine dem Arbeitnehmer bei der [X.] auferlegte Geldstrafe oder -buße zu übernehmen, einen Verstoß gegen die guten Sitten i.S. des § 138 BGB begründe und eine derartige Vereinbarung daher nicht zur Disposition von Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehe.

Um eine derartige, dem Arbeitnehmer auferlegte Geldstrafe oder -buße geht es nach den vorstehenden Ausführungen vorliegend aber gerade nicht. Auf das Urteil des [X.] vom 25.01.2001 - 8 [X.] 465/00 kann das [X.] sich für seine Ansicht daher nicht stützen. Denn dort geht es um den Fall eines (nicht bestehenden) vertraglichen Erstattungsanspruchs des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber. Ebenso wenig kann das [X.] sich auf die Entscheidung des [X.] vom 01.12.2009 - B 12 R 8/08 R ([X.] 105, 66) berufen, da es auch dort --entgegen der eigenen Annahme des [X.] im [X.] um die Übernahme eines unmittelbar gegen den Arbeitnehmer verhängten Bußgeldes durch die Arbeitgeberin ging.

Die Klägerin selbst macht zudem geltend, ihre Fahrer seien angewiesen, sich auch in solchen Gebieten an die geltenden Verkehrsregeln zu halten, für die eine Ausnahmegenehmigung nicht zu erlangen sei. Dem widerspricht die Annahme des [X.], ein Anspruch der Klägerin wegen einer ([X.] des Arbeitnehmers sei zumindest konkludent ausgeschlossen.

(2) Das [X.] konnte einen gesetzlichen Anspruch der Klägerin aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) nicht gestützt auf das Vorbringen der Klägerin verneinen, die Übernahme der [X.] sei im ausschließlich eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Denn dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu ihrem weiteren Vortrag, ihre Fahrer seien angewiesen, sich auch in solchen Gebieten an die geltenden Verkehrsregeln zu halten, für die eine Ausnahmegenehmigung nicht zu erlangen sei.

cc) Das [X.] wird deshalb im zweiten Rechtsgang erneut zu prüfen haben, ob und wenn ja in welcher Höhe der Klägerin wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen [X.] ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht.

Sollte das [X.] im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin wegen der [X.] ein realisierbarer (einredefreier und fälliger) Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zustand, wird es der Frage nach dem Zeitpunkt des Erlasses gemäß § 397 BGB, d.h. dem Zufluss des damit einhergehenden geldwerten Vorteils, nachzugehen haben.

Abschließend weist der erkennende Senat zur Klarstellung für den Fall, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern eine realisierbare Schadensersatzforderung erlassen hat, darauf hin, dass das Vorliegen von Arbeitslohn entgegen der Ansicht des [X.] nicht unter dem Aspekt verneint werden könnte, die Zahlung der [X.] sei --anders als in dem dem Senatsurteil in [X.], 520, [X.], 278 zugrunde liegenden [X.] im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt. Denn der Senat hat in seinem Urteil in [X.], 520, BStBl II 2014, 278 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass [X.] (hier die von den Arbeitnehmern entgegen der geltenden [X.] begangenen [X.]) keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung sein kann, und in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht mehr an seiner im Urteil in [X.], 104, BStBl II 2005, 367 vertretenen Auffassung festgehalten. Dies gilt auch, soweit es sich --wie vorliegend-- bei den [X.]n regelmäßig um solche im absoluten Bagatellbereich handelt.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 1/17

13.08.2020

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 4. November 2016, Az: 1 K 2470/14 L, Urteil

§ 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 40 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 56 OWiG, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.08.2020, Az. VI R 1/17 (REWIS RS 2020, 3340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3340

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 207/23

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