Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.05.2019, Az. VI R 28/17

6. Senat | REWIS RS 2019, 7457

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Gegenstand

Übernahme von Steuerberatungskosten bei Nettolohnvereinbarung und Abtretung der Steuererstattungsansprüche kein Arbeitslohn


Leitsatz

Übernimmt der Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer unter Abtretung der Steuererstattungsansprüche eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen hat, die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen des Arbeitnehmers, wendet er damit keinen Arbeitslohn zu (Aufgabe des BFH-Urteils vom 21.01.2010 - VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639) .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21.12.2016 - 1 K 1605/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist in der [X.] tätig. [X.]ie ist ein Tochterunternehmen der [X.]., eines weltweit tätigen Unternehmens der [X.] mit Hauptsitz in Y. Der [X.] beschäftigt in 60 Ländern ca. 26 000 Arbeitnehmer. Im Inland ist er durch die Klägerin vertreten, die an zwei [X.]tandorten ca. 1 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

2

Der [X.] fördert den weltweiten Austausch von Mitarbeitern. Die [X.] wird für den [X.] von der [X.] mit [X.]itz in [X.] koordiniert. Die Einzelheiten sind konzernweit in „Assignment Policies“ (Entsenderichtlinien) geregelt. Hiernach unterstützt der [X.] seine Arbeitnehmer auch bei der Erledigung ihrer steuerlichen Pflichten sowohl im Herkunfts- als auch im [X.]. Den Arbeitnehmern wird im Vorfeld der Entsendung eine [X.]teuerberatung durch einen [X.]teuerberater in ihrem jeweiligen Herkunftsland angeboten (Pre-Assignment Tax Consultation). Außerdem trägt der [X.] für die Jahre des Wechsels zwischen Herkunfts- und [X.] die Aufwendungen für die Erstellung der [X.]teuererklärungen in beiden Ländern. Für die Jahre, in denen die Mitarbeiter nur im [X.] tätig sind, übernimmt der [X.] auch die Kosten für die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärungen der Mitarbeiter im Gastland.

3

Diese Unterstützung gewährt der [X.] nur, wenn die Arbeitnehmer die vom [X.] benannte [X.]teuerberatungsgesellschaft in Anspruch nehmen. [X.]ollten die Arbeitnehmer andere steuerliche Berater beauftragen, leistet der [X.] weder Unterstützung noch erstattet er entsprechende Beratungskosten. [X.]oweit die entsendeten Arbeitnehmer neben den bei der Klägerin bzw. im [X.] erzielten Einkünften weitere Einkünfte beziehen, trägt die Klägerin die darauf entfallenden Deklarationskosten ebenfalls nicht.

4

Die Arbeitnehmer des [X.]s, die zur Klägerin entsendet und für diese tätig werden, schliessen mit der [X.], die eine Nettolohnvereinbarung enthalten. In den Arbeitsverträgen ist die Geltung der jeweils einschlägigen Entsenderichtlinie vereinbart. Die Klägerin erstattet der [X.] sämtliche Aufwendungen in [X.]usammenhang mit der Beschäftigung der zu ihr entsendeten Arbeitnehmer. [X.]teuererstattungsansprüche treten die Arbeitnehmer an die Klägerin ab.

5

Im [X.]treitzeitraum (Januar 2009 bis Dezember 2010) nahmen alle zur Klägerin entsandten Arbeitnehmer die vom [X.] gewährten Leistungen in [X.]usammenhang mit der Erstellung der Einkommensteuererklärungen in Anspruch. Diese als Paket angebotenen Leistungen beinhalteten die Erstellung der [X.]teuererklärungen, die Prüfung der [X.]teuerbescheide und die Einlegung von [X.]tandardeinsprüchen. Die Klägerin zahlte hierfür an die beauftragte [X.]teuerberatungsgesellschaft pro Arbeitnehmer eine pauschale Vergütung. Lohnsteuer führte die Klägerin wegen der [X.]ahlungen an die [X.]teuerberatungsgesellschaft nicht ab.

6

Im Rahmen einer bei der Klägerin für den [X.]treitzeitraum durchgeführten [X.] vertrat der Prüfer die Auffassung, die Übernahme der [X.]teuerberatungskosten führe bei den Arbeitnehmern zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Die Klägerin beantragte daraufhin die Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 2, [X.]atz 2 des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG).

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Auffassung des Prüfers und forderte entsprechend von der Klägerin Lohnsteuer nach. Mit der Einspruchsentscheidung setzte das [X.] die Lohnsteuer-Nachforderungsbeträge aus hier nicht im [X.]treit stehenden Gründen herab.

8

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 1205 veröffentlichten Gründen statt. Die Übernahme der [X.]teuerberatungskosten sei kein Arbeitslohn, da die Klägerin diese Kosten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getragen habe.

9

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Zahlung der [X.]teuerberatungskosten durch die Klägerin nicht zu Arbeitslohn geführt hat.

1. Nach § 38 Abs. 3 [X.]atz 1 E[X.]tG hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten, den [X.] bei unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern durchzuführen (§ 39b E[X.]tG), die Lohnsteuer anzumelden (§ 41a Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG) und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG). Dies gilt auch --wie im [X.] bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung ([X.]/[X.], E[X.]tG, 38. Aufl., § 38 Rz 10).

Gemäß § 38 Abs. 1 [X.]atz 2 E[X.]tG ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in [X.] ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Zwischen den Beteiligten steht nicht in [X.]treit, dass die Klägerin nach § 38 Abs. 1 [X.]atz 2 E[X.]tG wirtschaftlicher Arbeitgeber der bei der [X.] zivilrechtlich angestellten, in das Inland entsandten Arbeitnehmer war. Der [X.]enat sieht daher insoweit von einer weiteren Begründung ab.

2. [X.]at der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht zutreffend angemeldet, kann das Betriebsstättenfinanzamt die Lohnsteuer ihm gegenüber durch [X.]teuerbescheid festsetzen (§ 155 Abs. 1 [X.]atz 1 der Abgabenordnung). Ist Lohnsteuer in einer größeren Zahl von Fällen nachzuerheben, kann das Betriebsstättenfinanzamt --wie im [X.] auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a E[X.]tG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird (§ 40 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG).

Allerdings setzt auch die Entstehung der pauschalen Lohnsteuer, die der Arbeitgeber zu übernehmen hat (§ 40 Abs. 3 [X.]atz 1 E[X.]tG) voraus, dass dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zufließt ([X.]enatsurteil vom 6. Mai 1994 - VI R 47/93, [X.], 363, B[X.]tBl II 1994, 715, m.w.N.).

3. a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG --neben Gehältern und [X.] auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 [X.]atz 2 E[X.]tG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten [X.]inne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]enatsurteile vom 7. Mai 2014 - VI R 73/12, [X.], 230, B[X.]tBl II 2014, 904, Rz 15, und vom 19. November 2015 - VI R 74/14, [X.], 129, B[X.]tBl II 2016, 303, Rz 10).

b) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und [X.]öhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit [X.] eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]enatsurteile vom 14. November 2013 - VI R 36/12, [X.], 520, B[X.]tBl II 2014, 278, Rz 10, und vom 10. März 2016 - VI R 58/14, [X.], 243, B[X.]tBl II 2016, 621, Rz 17).

Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene [X.]achzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ergibt die Würdigung, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung darstellt und daher im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt wird, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist ([X.]enatsurteile vom 21. November 2018 - VI R 10/17, [X.], 196, Rz 14, und vom 11. März 2010 - VI R 7/08, [X.], 505, B[X.]tBl II 2010, 763, Rz 14).

Liegt ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht vor und ist die Zuwendung nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das Dienstverhältnis und nicht durch ein [X.]onderrechtsverhältnis veranlasst, ist der geldwerte Vorteil hingegen regelmäßig in vollem Umfang Arbeitslohn (vgl. [X.]enatsurteile vom 25. April 2018 - VI R 34/16, [X.], 313, B[X.]tBl II 2018, 600, Rz 14, und vom 1. [X.]eptember 2016 - VI R 67/14, [X.], 125, B[X.]tBl II 2017, 69, Rz 21, jeweils m.w.N.).

Etwas anderes gilt nur, wenn eine gemischt veranlasste Zuwendung vorliegt, die nach objektiven Kriterien aufteilbar ist, weil sie sowohl abgrenzbare Elemente beinhaltet, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers ganz im Vordergrund steht, als auch solche, die mangels überwiegend eigenbetrieblicher Interessen des Arbeitgebers Arbeitslohn darstellen. In diesem Fall ist der Vorteil entsprechend letzterer Zuordnung in Arbeitslohn und eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse aufzuteilen (grundlegend [X.]enatsurteil vom 18. August 2005 - VI R 32/03, [X.], 420, B[X.]tBl II 2006, 30, sowie [X.]enatsurteil vom 30. April 2009 - VI R 55/07, [X.], 58, B[X.]tBl II 2009, 726).

4. Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des [X.], die Übernahme der [X.]teuerberatungskosten durch die Klägerin stelle keinen Arbeitslohn der entsandten Arbeitnehmer dar, nicht zu beanstanden. Denn diese Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar ([X.]enatsurteil vom 21. Januar 2010 - VI R 2/08, [X.], 80, B[X.]tBl II 2010, 639, Rz 11, m.w.N.). [X.]ie ist unter den im [X.]treitfall vorliegenden Umständen nicht nur möglich, sondern naheliegend und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

a) Das [X.] hat alle für die Beurteilung maßgeblichen Umstände in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dies gilt --entgegen der Ansicht der [X.] insbesondere auch hinsichtlich der Nettolohnvereinbarung.

Die Vorinstanz hat der Frage, in wessen Interesse der Abschluss der Nettolohnvereinbarung lag, für die im [X.]treitfall vorzunehmende Beurteilung der Übernahme der [X.]teuerberatungskosten als Arbeitslohn bei seiner Gesamtwürdigung allerdings nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen, wie es das [X.] Düsseldorf in seinem Urteil vom 5. Dezember 2007 - 7 K 1743/07 [X.](L) (E[X.] 2008, 545) getan hat. Zwar hat der [X.]enat die Würdigung des [X.] Düsseldorf seinerzeit revisionsrechtlich nicht beanstandet ([X.]enatsurteil in [X.], 80, B[X.]tBl II 2010, 639). Er hält an der in seinem Urteil in [X.], 80, B[X.]tBl II 2010, 639 vertretenen Auffassung aber nicht länger fest.

Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der Abschluss der [X.] mit den entsandten Arbeitnehmern als solche nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin lag. Diese Würdigung hält der [X.]enat weiterhin für zutreffend. Er tritt aber ebenfalls der Ansicht der Vorinstanz bei, dass aus dem beiderseitigen Interesse am Abschluss der [X.] (und am Entsendesystem insgesamt) noch nicht geschlossen werden kann, dass auch die Übernahme der [X.]teuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit zusammenhängenden Folgeleistungen (Prüfung der Einkommensteuerbescheide und Einlegung von [X.]tandardeinsprüchen), um deren Beurteilung es im [X.]treitfall geht, zu Arbeitslohn führte. Denn eine solche, die Nettolohnvereinbarung einseitig in den Vordergrund stellende Betrachtung würde nicht alle in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Gesichtspunkte entsprechend ihrer rechtlichen Bedeutung in den Blick nehmen, sondern die Bewertung im Wesentlichen auf einen Aspekt verengen.

b) Die Übernahme der [X.]teuerberatungskosten durch die Klägerin lag insofern im Interesse der entsandten Arbeitnehmer, als sie nach dem E[X.]tG zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen im Inland und/oder in ihren jeweiligen [X.]eimatländern nach dem dort geltenden [X.]teuerrecht verpflichtet waren.

Übernimmt der Arbeitgeber die Aufwendungen für die Erfüllung einer öffentlich- oder privatrechtlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers, liegt hierin ein Vorteil, dem Entlohnungscharakter zukommen kann. Nichts anderes gilt im Ergebnis in den Fällen der Antragsveranlagung, zumal die Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag und den dort vereinbarten Entsenderichtlinien des [X.] in diesen Fällen ebenfalls [X.]teuererklärungen abzugeben hatten. Zudem kann selbst in der Übernahme freiwilliger Aufwendungen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber die Zuwendung eines Vorteils liegen, der bei Veranlassung durch das Dienstverhältnis Arbeitslohn darstellt.

c) Das [X.] hat aber in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Klägerin den entsandten Arbeitnehmern diese Vorteile nicht als Entlohnung, sondern in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zuwandte.

Die Vorinstanz hat diesbezüglich insbesondere darauf abgestellt, dass die Klägerin durch die Gestellung der [X.]teuerberatung eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten erzielen wollte, da allein ihr die sich durch die Veranlagungen der Arbeitnehmer ergebenden [X.]teuererstattungen zustanden. Denn die entsandten Arbeitnehmer hatten ihre [X.]teuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten; sie konnten daher von dem wirtschaftlichen Ergebnis der [X.]teuerberatung aufgrund der [X.] und der Abtretung der Erstattungsansprüche nicht profitieren. Die wirtschaftlichen Vorteile aus der Erstellung der Einkommensteuererklärungen, der Prüfung der [X.]teuerbescheide und der Einlegung etwaiger [X.]tandardeinsprüche waren für sie nicht privat verfügbar. Bei der Übernahme der [X.]teuerberatungskosten handelte es sich letztlich um einen Reflex des von der Klägerin in erster Linie verfolgten Ziels, möglichst hohe [X.]teuererstattungen --und damit wirtschaftliche Vorteile für sich-- zu erlangen.

Die Arbeitnehmer waren in tatsächlicher [X.]insicht auch --jedenfalls faktisch-- gezwungen, die von der Klägerin beauftragte und auch bezahlte [X.]teuerberatung für die Erstellung ihrer [X.]teuererklärungen etc. in Anspruch zu nehmen. Denn nach den Entsenderichtlinien des [X.], die vertraglich zur Grundlage der [X.] gemacht wurden, wurde von den entsandten Arbeitnehmern erwartet, eng mit den arbeitgeberseits ausgewählten [X.]teuerberatern zusammenzuarbeiten und diesen zeitgerecht alle Informationen und Unterlagen zur Bearbeitung der [X.]teuererklärungen zur Verfügung zu stellen. Geschah dies nicht, machte sich der entsandte Arbeitnehmer nach den Entsenderichtlinien schadenersatzpflichtig. Diese sahen außerdem vor, dass die Zahlung von Beihilfen und Zulagen an die Arbeitnehmer, die in den Entsenderichtlinien vorgesehen waren, eingestellt werden konnte, falls sie notwendige Informationen zur Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen nicht an die [X.]teuerberatung weitergaben. Die zivilrechtliche (Un-)Wirksamkeit der entsprechenden Regelungen in den Entsenderichtlinien (s. dazu Urteil des [X.] vom 23. August 2012 - 8 [X.] 804/11, [X.], 62) ist für die vorliegend vorzunehmende steuerrechtliche Beurteilung dabei ohne Bedeutung. Denn nach den Feststellungen des [X.] kamen die entsandten Arbeitnehmer den sich aus den Entsenderichtlinien des [X.] ergebenden Verpflichtungen zur Inanspruchnahme der arbeitgeberseits ausgewählten [X.]teuerberatung tatsächlich nach.

Für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin spricht auch die besondere Eignung der Übernahme der [X.]teuerberatungskosten zur Erreichung der damit verfolgten wirtschaftlichen Zwecke. Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, durch die Beauftragung der vom [X.] ausgewählten, international erfahrenen [X.]teuerberatungsgesellschaft solle innerhalb des [X.] sichergestellt werden, dass die steuerlichen [X.] entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfüllt würden. Insbesondere sollten die Arbeitslöhne im Rahmen der bei [X.] vertraglich vereinbarten Nettolohnabreden --auch bei der mitunter schwierigen Abgrenzung der Einkünfte zwischen [X.]eimat- und [X.] zutreffend ermittelt werden, um größtmögliche finanzielle Vorteile durch [X.]teuererstattungen zu erlangen.

Für die Arbeitnehmer ergab sich durch die Einschaltung der arbeitgeberseits ausgewählten und beauftragten [X.]teuerberatungsgesellschaft demgegenüber der Nachteil, dass sie zu der [X.]teuerberatung keine eigenen Vertragsbeziehungen unterhielten. [X.]ie waren folglich den zwischen der [X.]teuerberatung und dem [X.] ausgehandelten Vertragsbedingungen unterworfen, ohne darauf Einfluss nehmen zu können. Die Arbeitnehmer konnten der [X.]teuerberatung dementsprechend auch keine Weisungen erteilen und hatten aus eigenem Recht keine [X.]chadenersatzansprüche gegen die [X.]teuerberatungsgesellschaft bei etwaigen Fehlleistungen.

Die Vorgehensweise innerhalb des [X.] griff zudem in das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle [X.]elbstbestimmung ein. Denn die Arbeitnehmer mussten einer von ihnen nicht ausgesuchten und nicht beauftragten [X.]teuerberatungsgesellschaft [X.]teuerdaten, und damit Daten hochsensiblen Inhalts, mitteilen, die weitreichende Einblicke in ihre persönliche Lebensführung ermöglichten.

Aufwendungen für von den entsandten Arbeitnehmern selbst ausgewählte und beauftragte [X.]teuerberater übernahm die Klägerin nicht. Gleiches galt nach den Feststellungen der Vorinstanz für die Kosten der arbeitgeberseits ausgewählten [X.]teuerberatung, die sich auf andere als die bei der Klägerin bzw. im [X.] erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine Auswahl unter den Arbeitnehmern traf, für die sie die Kosten zur Erstellung der Einkommensteuererklärungen übernahm. Nach den Feststellungen des [X.] waren vielmehr alle entsandten Arbeitnehmer berechtigt (und verpflichtet), die Leistungen der vom [X.] ausgewählten [X.]teuerberatung in Anspruch zu nehmen.

d) Bei dieser [X.]achlage konnte das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangen, dass die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit in Zusammenhang stehenden Folgeleistungen nicht zu Arbeitslohn führte. Die Klägerin entlohnte die zu ihr entsandten Arbeitnehmer mit der Übernahme der [X.]teuerberatungskosten nicht. [X.]ie wandte die [X.]teuerberatungskosten vielmehr im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse auf, um die erheblichen, ihr allein zustehenden [X.]teuererstattungen zu erlangen und ihren Verpflichtungen zur zutreffenden Berechnung der Arbeitslöhne im Rahmen der [X.] nachzukommen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 28/17

09.05.2019

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2016, Az: 1 K 1605/14, Urteil

§ 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 38 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 38 Abs 3 S 1 EStG 2009, § 39b EStG 2009, § 40 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 41a Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 41a Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.05.2019, Az. VI R 28/17 (REWIS RS 2019, 7457)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2958 REWIS RS 2019, 7457

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