Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2015, Az. 7 AZR 474/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 9228

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. März 2013 - 7 Sa 59/12 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung zum 31. Dezember 2011.

2

Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 20. Februar 2007 sowie einer Verlängerungsvereinbarung vom 18. Oktober 2007 in der [X.] vom 26. Februar 2007 bis zum 31. Dezember 2008 bei der [X.] befristet beschäftigt. Bei diesem Unternehmen handelte es sich um eine Tochtergesellschaft der [X.], die bis zum 31. Dezember 2008 für das „t“ Langzeitarbeitslose an Beschäftigungsträger vermittelte. Der zunächst als sozialpädagogischer Mitarbeiter eingestellte Kläger wurde im März 2007 mit dem Aufbau und der Inbetriebnahme eines [X.] für Arbeitsgelegenheiten nach dem [X.] sowie mit Aufgaben eines Administrators betraut. Im [X.] an dieses Arbeitsverhältnis beschäftigte die [X.] den Kläger aufgrund eines im Dezember 2008 geschlossenen Arbeitsvertrags in der [X.] vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010. Er nahm auf dem unveränderten Arbeitsplatz weiterhin die Aufgaben eines Administrators wahr. Diese Tätigkeit setzte er seit dem 1. Januar 2011 bei der [X.] auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags vom 25. November 2010 bis zum 31. Dezember 2011 fort. Nach § 1 des Arbeitsvertrags vom 25. November 2010 beruht die Befristung gemäß § 30 TV-L iVm. dem [X.] in der jeweils geltenden Fassung auf folgendem Grund:

„Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch Bundesmittel und ist nur für den [X.]raum der Befristung des Arbeitsverhältnisses gesichert.“

3

Mit der am 23. Januar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der [X.] am 30. Januar 2012 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsvertrags. Er hat die Auffassung vertreten, zum Abschluss des Vertrags mit der [X.] sei es nur aufgrund der Weigerung der [X.] gekommen, das zuvor auf zwei Jahre befristete Arbeitsverhältnis trotz weiter bestehenden [X.] als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortzuführen. Damit sei das [X.]beschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 [X.] in rechtsmissbräuchlicher Weise umgangen worden.

4

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung mit dem 31. Dezember 2011 geendet hat, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, die [X.] bei der [X.] und bei der [X.] seien nicht auf die Beschäftigungszeit bei der [X.] anzurechnen, da es sich nicht um dieselben Vertragsarbeitgeber handele. Der befristete [X.]vertrag mit der [X.] beruhe auch nicht auf einer rechtsmissbräuchlichen Absprache der Arbeitgeber. Zudem sei der Sachgrund der haushaltsrechtlichen Befristung gegeben.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] hat Erfolg. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2011 geendet hat.

8

I. Die Klage ist zulässig. Die vom [X.] vorgenommene, unter Hinzuziehung der Klagebegründung zutreffende Auslegung des Klageantrags ergibt, dass der Kläger ausschließlich eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 [X.] verfolgt. Er wendet sich gegen die im Arbeitsvertrag vom 25. November 2010 zum 31. Dezember 2011 vereinbarte Befristung. Dem Antragswortlaut „sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht“ kommt neben dem Befristungskontrollantrag keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu. Andere Beendigungstatbestände befinden sich zwischen den Parteien nicht im Streit.

9

II. Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die Befristung nicht bereits nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam gilt. Mit seiner am 23. Januar 2012 bei der [X.] erhobenen und der Beklagten am 30. Januar 2012 zugestellten Klage hat der Kläger die Klagefrist des § 17 Satz 1 [X.] gewahrt. Der letzte Tag der Klagefrist fiel auf Samstag, den 21. Januar 2012. Damit endete die Klagefrist nach § 193 BGB mit dem folgenden Werktag (vgl. APS/[X.] 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 51). Dies war Montag, der 23. Januar 2012. Die Zustellung erfolgte am 30. Januar 2012 „demnächst“ iSd. § 167 ZPO.

III. Die Annahme des [X.]s, dass die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Dezember 2011 zulässig war, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar liegen die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 [X.] vor. Das [X.] hat jedoch bei der Prüfung, ob es der Beklagten wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt ist, sich auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu berufen, die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast nicht zutreffend berücksichtigt. Es wird daher diese Prüfung erneut durchzuführen haben.

1. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 [X.] vorliegen.

a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Voraussetzungen sind mit der vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer eines Jahres vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 eingehalten.

b) Zutreffend hat das [X.] festgestellt, dass die Vorbeschäftigung des [X.] bei der [X.] sowie bei der [X.] der Zulässigkeit der streitbefangenen Befristung nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] entgegensteht.

aa) Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

(1) „Arbeitgeber“ iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist der [X.]. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist. Das [X.]verbot ist nicht mit dem [X.] oder dem Arbeitsplatz verknüpft. Der Gesetzgeber hat für die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung auf den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem [X.] abgestellt, nicht auf eine Beschäftigung für den Betriebsinhaber oder -träger ([X.] 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 18 mwN).

(2) Der [X.] ist aus unionsrechtlichen Gründen nicht gehindert, an dieser Rechtsprechung festzuhalten ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 19 ff., [X.]E 146, 371; 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 20 ff. mwN).

(a) Die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Befristung von Arbeitsverträgen sind in der [X.] insbesondere im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geregelt, das der Umsetzung des § 5 Nr. 1 der [X.] über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 1999/70/[X.] vom 28. Juni 1999 (Richtlinie 1999/70) dient. Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer dieser Maßnahmen oder zu mehreren, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten. Wie der [X.] ([X.], [X.]) in mehreren Entscheidungen ausgeführt und geklärt hat, ist es Aufgabe der nationalen Gerichte, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen (vgl. [X.] 23. April 2009 - [X.]/07 ua. - [[X.]] Rn. 106, Slg. 2009, [X.]). Es obliegt den Stellen des Mitgliedstaates, stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen ([X.] 26. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 40 mwN).

(b) Der unionsrechtlich vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der bereits nach nationalem Recht gebotenen Rechtsmissbrauchs-, [X.] oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) Rechnung getragen (vgl. [X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 38 ff., [X.]E 142, 308; 15. Mai 2013 - 7 [X.] - [X.]E 145, 128; 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 21, [X.]E 146, 371). Bei der Prüfung, ob die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten rechtsmissbräuchlich ist, sind die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 21). Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeit, missbräuchliche Gestaltungen zu prüfen und zu verhindern, widerspricht es nicht dem Ziel der Rahmenvereinbarung, unter „demselben Arbeitgeber“ iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur den [X.] zu verstehen ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 21, aaO; 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 21).

(c) Der in der Rechtsprechung des [X.]s verankerte [X.] zwingt zu keiner anderen Interpretation des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Die Mitgliedstaaten sind für den wirksamen Schutz der aus dem Unionsrecht folgenden Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich. Dabei dürfen die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Gleichwertigkeit, auch: Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität, vgl. mit Bezug auf die Rahmenvereinbarung im Anhang der [X.] [X.] 15. April 2008 - [X.]/06 - [Impact] Rn. 46 mwN, Slg. 2008, [X.]). Hinsichtlich des [X.]es hat der [X.] mehrfach ausgeführt, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des [X.] und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie zB der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens ([X.] 5. Dezember 2013 - [X.]/12 - [Asociación de Consumidores Independientes de [X.]] Rn. 34 mwN; [X.] 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 23 mwN). Dem Gebot des effet utile ist bei der Verhinderung eines missbräuchlichen Einsatzes aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge im nationalen Recht durch die Möglichkeit, missbräuchliche Gestaltungen zu prüfen und zu verhindern, genügt. Im Zusammenhang mit dieser Prüfung gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 26, [X.]E 146, 371; 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 24 ff. mwN).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall keine Vorbeschäftigung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorliegt. Der Kläger war vom 20. Februar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 zunächst bei der [X.] und anschließend bei der [X.] beschäftigt. Beide sind andere juristische Personen und damit nicht derselbe Arbeitgeber iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Dies gilt auch bezogen auf die Beklagte nach den Änderungen des [X.] zum 1. Januar 2011 aufgrund der Vorgaben des [X.] im Urteil vom 20. Dezember 2007 (- 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - [X.] 119, 331). Nach § 44b [X.] ließ sich die vormalige Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften ([X.]), die von der [X.] gemeinsam mit Kommunen gebildet werden konnten, mit den Anforderungen der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 iVm. Art. 83 GG nicht vereinbaren. Nachdem die Grundsicherung für Arbeitsuchende auf der Grundlage des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) vom 21. Juli 2010 ([X.]) und des Gesetzes zur Weiterentwicklung der [X.] vom 3. August 2010 ([X.] 1112) neu organisiert wurde, dürfen die Aufgaben nach dem [X.] nunmehr auf der Grundlage des Art. 91e GG und des § 44b Abs. 1 Satz 1 [X.] wahrgenommen werden. Die gemeinsamen Einrichtungen verfügen dadurch aber weiterhin über keinen eigenen Personalkörper. Sie sind nicht [X.]. Das notwendige Personal wird vielmehr von den Trägern im Wege der Zuweisung gestellt (§ 44b Abs. 1 Satz 4, § 44g [X.]). Selbst wenn der Grad der Eigenständigkeit der gemeinsamen Einrichtung gegenüber vormals der [X.] aufgrund der Neuorganisation des [X.] stärker ausgeprägt sein mag, ändert dieser Umstand nichts daran, dass der Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung nach § 44d Abs. 4 Halbs. 2 [X.] nicht über die Befugnisse eines [X.]s zur Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen verfügt. Die grundsätzliche Beibehaltung der Arbeitgeberstellung bei den Trägern und die differenzierenden Regelungen in den §§ 6 - 6d, §§ 44b - 44k [X.] zur Wahrnehmung einzelner Arbeitgeberfunktionen durch die Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung bestätigt vielmehr, dass die Träger weiterhin Dienstherren oder Arbeitgeber sind (vgl. [X.] 15. Oktober 2014 - 7 [X.] - Rn. 32).

2. Die Annahme des [X.]s, es sei der Beklagten nach [X.] (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf die Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu berufen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Der Grundsatz von [X.] beschränkt als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung sowohl subjektive Rechte als auch die Inanspruchnahme von Rechtsinstituten und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit § 242 BGB unvereinbaren Ergebnis führen.

aa) Dies ist ua. der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit [X.] unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des [X.] nicht vorgesehen sind. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene [X.] in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 25, [X.]E 146, 371; 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 25 mwN). Besteht der Zweck des [X.] allein darin, dass sich die verbundenen Arbeitgeber auf diese Weise eine nach § 14 Abs. 2 [X.] nicht mehr mögliche sachgrundlose Befristung mit demselben Arbeitnehmer erschließen wollen, kommt es nicht darauf an, ob der vormalige Arbeitgeber die „Höchstgrenzen“ für eine sachgrundlose Befristung des Vertrags nach § 14 Abs. 2 [X.] bereits überschritten und ob für die vormalige Befristung ein rechtfertigender Sachgrund bestanden hat. Bei einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit sachgrundlos befristete Arbeitsverträge nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] abzuschließen - konkret: bei einer Umgehung des [X.]verbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] - besteht die mit [X.] nicht zu vereinbarende Rechtsfolge nicht in dem Vertragsschluss „an sich“, sondern in der Rechtfertigung der in dem Vertrag vereinbarten Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der unredliche Vertragspartner kann sich auf eine solche Befristung nicht berufen (ausf. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.]E 145, 128; 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 25 mwN).

bb) Nach allgemeinen Grundsätzen ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung derjenige, der eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also regelmäßig der Arbeitnehmer. Allerdings ist insoweit den Schwierigkeiten, die sich aus den fehlenden Kenntnismöglichkeiten des Arbeitnehmers ergeben, durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen. Es genügt zunächst, dass der Arbeitnehmer - soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu der Befristung geführt haben, nicht kennt - einen Sachverhalt vorträgt, der die Missbräuchlichkeit der Befristung nach § 242 BGB indiziert. Entsprechende Indizien sind neben den Umständen, aus denen sich die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen dem vormaligen und dem letzten [X.] ergibt, insbesondere der nahtlose [X.] des mit dem neuen [X.] geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags an den befristeten Vertrag mit dem vormaligen [X.], eine ununterbrochene Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich (vor allem, wenn sie vertraglich zugesichert ist) zu auch im Übrigen - im Wesentlichen - unveränderten oder gleichen Arbeitsbedingungen, die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen [X.] oder eine ohnehin gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts, die „Vermittlung“ des Arbeitnehmers an den letzten [X.] durch den vormaligen [X.] und ein erkennbar systematisches Zusammenwirken von bisherigem und neuem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen. Er kann einzelne Tatsachen konkret bestreiten oder Umstände vortragen, welche den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere kann er dabei auch die - für den Arbeitnehmer häufig nicht ohne weiteres erkennbaren - Gründe für den Arbeitgeberwechsel darlegen. Trägt der Arbeitgeber nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Gelingt es dem Arbeitgeber, die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Indizien für ein missbräuchliches Vorgehen zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitnehmer darlegen und beweisen muss, der letzte [X.] habe die Befristung in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem vormaligen [X.] nur deshalb vereinbart, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 [X.] vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 26, [X.]E 146, 371). Diese abgestufte Darlegungs- und Beweislast trägt (auch) dem Gebot des effet utile Rechnung. Angesichts der Darlegungserleichterungen für den Arbeitnehmer ist die Ausübung des durch die Rahmenvereinbarung vorgegebenen Rechtsziels nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ([X.] 19. März 2014 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN).

b) Das [X.] konnte diese Rechtsgrundsätze zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast bei seiner Rechtsmissbrauchsprüfung noch nicht berücksichtigen. Der [X.] hat sich in seiner früheren Rechtsprechung zur Umgehung des [X.]verbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.], von der das [X.] bei seiner Entscheidung ausgegangen ist, nicht - jedenfalls nicht deutlich - zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast verhalten ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 34, [X.]E 146, 371). Das [X.] hat bei seiner Beurteilung, der Wechsel der [X.]in sei nicht ausschließlich erfolgt, um das [X.]verbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu umgehen, die Anforderungen an die Darlegung des Rechtsmissbrauchs dadurch zu hoch angesetzt und außerdem einzelne Gesichtspunkte, die für bzw. gegen einen Rechtsmissbrauch sprechen, nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt. Es hat daher nicht erkannt, dass die bisher vorgetragenen Umstände zumindest indiziell für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken sprechen.

aa) Zutreffend hat das [X.] die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit der Träger des Jobcenters t als Indiz für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der gegenüber dem Kläger getroffenen Personalentscheidung gewürdigt. Auf der Grundlage des § 44b [X.] (zuletzt idF vom 13. Mai 2011) führen die [X.] und die Beklagte die Grundsicherung für Arbeitsuchende einheitlich durch (vgl. auch [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 29, [X.]E 146, 371).

bb) Nicht hinreichend gewürdigt hat das [X.] aber, dass sich die Arbeitsverträge nahtlos aneinander anschlossen. Auf die Beschäftigung bei der [X.] vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010 folgte nahtlos die Beschäftigung bei der Beklagten vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011. Der Umstand, dass die Beschäftigungsdauer bei der [X.] und der Beklagten insgesamt weniger als vier Jahre betragen hat, spricht nicht gegen eine missbräuchliche Vertragsgestaltung. Soweit der [X.] bei einem Fremdpersonaleinsatz nach dem [X.] in der Vergangenheit unter Bezugnahme auf die gesetzgeberische Wertung in § 14 Abs. 2a [X.] angenommen hat, dass jedenfalls bis zu der dort genannten zeitlichen Grenze von vier Jahren die Ausnutzung der durch § 14 Abs. 2 [X.] eröffneten Gestaltungsmöglichkeit regelmäßig nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könne (so [X.] 18. Oktober 2006 - 7 [X.]/06 - Rn. 26, [X.]E 120, 34), hat er hieran nicht festgehalten ([X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 21, [X.]E 145, 128; 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 28, [X.]E 146, 371).

cc) Auch die unveränderte Beschäftigung des [X.] auf demselben Arbeitsplatz sowie die Umstände des Vertragsschlusses sprechen indiziell für einen Rechtsmissbrauch (vgl. auch [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 32, [X.]E 146, 371). Vom Kläger wurden die Aufgaben eines Administrators für ein EDV-Abrechnungssystem nach dem [X.], die ihm ursprünglich bei der [X.] übertragen wurden, sowohl in seinem Beschäftigungsverhältnis bei der [X.] als auch bei der Beklagten weiter wahrgenommen.

dd) Gegen einen Rechtsmissbrauch spricht auch nicht, dass der Bildung der [X.] und später des Jobcenters t ein Gesetz zugrunde liegt (§ 44b [X.] in der jeweiligen Fassung) und diese somit nicht auf der gemeinsamen Entscheidung der Beklagten und der [X.] beruht. Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Träger eine gemeinsame Einrichtung mit dem Ziel bilden, die gesetzlichen Grenzen von Gestaltungsmöglichkeiten zu umgehen. Maßgeblich ist, ob die das Jobcenter t tragenden Körperschaften die gesetzliche Einrichtung in einer mit [X.] unvereinbaren Weise dazu verwendet haben, um unter Umgehung des [X.]beschäftigungsverbots nach § 14 Abs. 2 [X.] eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren zu können.

ee) Ein - vom [X.] nicht näher begründetes - Flexibilisierungsinteresse der Träger der Einrichtung t steht der Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht entgegen, wenn dadurch nur eine weitere sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses des [X.] eröffnet werden soll. Durch die gemeinsame Einrichtung nach § 44b [X.] wird ein Flexibilisierungsinteresse, das allein der Umgehung des § 14 Abs. 2 [X.] dient, nicht geschützt. Etwas anderes folgt deshalb auch nicht aus der weiteren Erwägung des [X.]s, für den Kläger sei „klar erkennbar“ gewesen, dass ihm auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner „zugeordnet“ worden sei. § 44b [X.] bezweckt es nicht, die im Jobcenter beschäftigten Arbeitnehmer einem „Vertragspartner zuzuordnen“, um einen bei dem vormaligen Trägerunternehmen nicht mehr möglichen sachgrundlosen Vertrag bei unveränderter Beschäftigung zu ermöglichen.

ff) Auch das weitere Argument des [X.]s, eine befristete Beschäftigung könne eine „Brücke in eine Dauerbeschäftigung“ darstellen, weil befristete Arbeitsverträge in unbefristete mündeten, spricht nicht gegen eine rechtsmissbräuchliche Umgehungsabsicht des § 14 Abs. 2 [X.].

gg) Dass auf die Arbeitsverhältnisse jeweils unterschiedliche Tarifverträge Anwendung fanden, ist entgegen der Auffassung des [X.]s ebenfalls nicht wesentlich. Bei dem in dem Arbeitsverhältnis mit der [X.] anwendbaren TV-BA und bei dem bei der Beklagten geltenden [X.] handelt es sich um einander nicht unähnliche tarifvertragliche (Entgelt-)Regime des öffentlichen Dienstes (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 31, [X.]E 146, 371).

c) Diese Rechtsfehler des [X.]s führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der [X.] kann nicht selbst in der Sache entscheiden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 563 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor. Das [X.] hat daher unter Berücksichtigung der rechtlichen Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist (§ 563 Abs. 2 ZPO) erneut zu beurteilen, ob die streitbefangene Befristung rechtsmissbräuchlich vereinbart worden ist. Beiden Parteien ist Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben. Insbesondere wird sich die Beklagte zu den objektiven Umständen des Zustandekommens des Vertrags erklären müssen. Auch hat sie bisher die Gründe für den Arbeitgeberwechsel nicht dargelegt.

IV. Eine Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Entscheidung trotz der Rechtsverletzung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Die Klage unterliegt nicht der Abweisung, weil die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Dies hat das [X.] - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft. Die Beklagte hat vorgetragen, die Befristung sei damit begründet worden, dass die Finanzierung überwiegend durch Bundesmittel erfolgt ist und nur für den Zeitraum der Befristung des Arbeitsverhältnisses gesichert gewesen sei und beruft sich damit auf den Sachgrund der [X.] nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 [X.]. Diesen Sachgrund wird das [X.] gegebenenfalls unter Berücksichtigung der ständigen [X.]srechtsprechung (vgl. zB [X.] 2. September 2009 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.]E 132, 45) zu prüfen haben.

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Hansen     

        

    R. Gmoser    

                 

Meta

7 AZR 474/13

24.06.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 9. Mai 2012, Az: 3 Ca 45/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2015, Az. 7 AZR 474/13 (REWIS RS 2015, 9228)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9228

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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