Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, Az. 7 AZR 527/12

7. Senat | REWIS RS 2014, 6994

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Gegenstand

Sachgrundlose Befristung - Anschlussverbot - Rechtsmissbrauch


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. März 2012 - 4 [X.] 1184/11 - aufgehoben.

Die [X.]che wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2010 geendet hat.

2

Die [X.]lägerin schloss am 26. Juli 2007 mit der [X.] einen für die [X.] vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2008 befristeten Arbeitsvertrag, wonach sie mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden teilzeitbeschäftigt war. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. In § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrags war eine Eingruppierung in „der [X.] (§ 14 Abs. 1 TV-BA)“ dokumentiert. Die [X.]lägerin war in der [X.] im [X.] eingesetzt. Bei der [X.] (nunmehr: [X.]) handelt es sich um eine von der [X.] und der [X.] - [X.] - gebildete gemeinsame Einrichtung iSv. § 44b [X.] zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

3

Im Mai 2008 vereinbarten die [X.] und die [X.]lägerin einen (neuen) Arbeitsvertrag, wonach die [X.]lägerin ab 1. August 2008 als Teilzeitbeschäftigte mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden eingestellt und das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Juli 2009 befristet worden ist. Nach § 2 Satz 1 dieses Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach den Regelungen des TV-BA; § 4 Satz 1 des Vertrags weist eine Eingruppierung der [X.]lägerin in der [X.] (§ 14 Abs. 1 TV-BA) aus. Etwa fünf Wochen vor Ende dieses Vertrags fand in den Räumen des [X.] eine Betriebsversammlung statt. Die [X.]lägerin hat hierzu vorgetragen, die damalige Standortleiterin Frau C habe sämtlichen befristet beschäftigten Mitarbeitern der [X.] neue Arbeitsverträge mit der beklagten [X.] in Aussicht gestellt. Die beklagte [X.] hat behauptet, in der Betriebsversammlung sei allenfalls bekannt gegeben worden, dass eine Weiterbeschäftigung bei der [X.] wegen einer Erschöpfung des [X.] nicht möglich sei, allerdings eine von der Eignung des jeweiligen Mitarbeiters abhängig zu machende „Übernahme“ der befristet Beschäftigten durch die Beklagte erfolgen könne.

4

Mit Arbeitsvertrag vom 14./27. Juli 2009 wurde die [X.]lägerin bei der Beklagten eingestellt. Der Arbeitsvertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„§ 1   

        

Frau [X.] wird ab 01.08.2009 in der Tätigkeit als Verwaltungsangestellte in der [X.] (Arbeitsgemeinschaft gem. § 44 b [X.] zwischen der Agentur für Arbeit in [X.] und der [X.]) unter Eingruppierung in die [X.] 6 (§ 17 TVÜ-V[X.]A) eingestellt, und zwar ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ([X.]) vom 21. Dezember 2000 ([X.] I S. 1966) in der jeweils geltenden Fassung bis zum 31.12.2010.

        

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 51,28 % der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten [X.]raft, zurzeit 20,00 Stunden.

        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (V[X.]A) jeweils geltenden Fassung einschließlich des [X.] zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVÖD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-V[X.]A). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 4     

        

Die Beschäftigung erfolgt in [X.].

        

Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung, Zuweisung und Personalgestellung bleiben unberührt. Insbesondere ist der Arbeitgeberin unbenommen, der Beschäftigten aus dienstlichen bzw. betrieblichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der [X.] zuzuweisen.“

5

Der Arbeitsplatz und das Aufgabengebiet der [X.]lägerin änderten sich nicht; sie war weiterhin im Servicecenter im selben Büro und am selben [X.] tätig. Nach den Feststellungen des [X.] wurde in weiteren Fällen „umgekehrt“ verfahren: Arbeitnehmer erhielten zunächst einen befristeten Vertrag mit der Beklagten und wechselten später zur [X.], wo sie wiederum befristet angestellt wurden.

6

Mit ihrer am 20. Januar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 2. Februar 2011 zugestellten [X.]lage hat sich die [X.]lägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2010 gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, die mit der Beklagten vereinbarte sachgrundlose Befristung sei unwirksam. Bei dem die Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung ausschließenden Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] sei es im Falle rechtlich und tatsächlich verbundener Arbeitgeber bereits aus unionsrechtlichen Gründen geboten, als „denselben Arbeitgeber“ nicht nur den [X.] zu verstehen. Im Übrigen sei die Befristung rechtsmissbräuchlich.

7

Die [X.]lägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2010 geendet hat, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2010 hinaus fortbesteht.

8

Die Beklagte hat beantragt, die [X.]lage abzuweisen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Befristung bedürfe nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] keiner sachlichen Rechtfertigung und sei damit zulässig. Die Befristung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich verabredet worden. Sie - die Beklagte - greife selbstverständlich bei der Einstellung neuer Mitarbeiter für eine Tätigkeit im Jobcenter auf Personen zurück, die dort zuvor schon tätig gewesen seien und demnach über hinreichende Berufserfahrung verfügten. Die Vertragsgestaltung sei im Übrigen den gesetzlichen Rahmenbedingungen des [X.] geschuldet. Die nur befristete Einstellung der [X.]lägerin finde ihre Erklärung darin, dass die Entwicklung der Fallzahlen und des damit einhergehenden [X.] nicht sicher habe prognostiziert werden können. Damit bestünden Gründe, die belegten, dass die Beklagte nicht zum Nachteil der [X.]lägerin mit der [X.] planmäßig zusammengewirkt habe.

9

Das Arbeitsgericht hat der [X.]lage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren [X.]lageabweisungsantrag weiter. Die [X.]lägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]n hat Erfolg. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2010 geendet hat.

I. Der Antrag ist zulässig. Mit ihm verfolgt die Klägerin ausschließlich eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 [X.]. Dem Antragswortlaut „… sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2010 hinaus fortbesteht“ (dessen Formulierung im Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils übernommen ist) kommt keine eigenständige Bedeutung im Sinn einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu. Dies ergibt die Auslegung des Klageantrags unter Hinzuziehung der Klagebegründung. Streitgegenstand ist (allein) die Kontrolle der im Arbeitsvertrag vom 14./27. Juli 2009 vereinbarten fristbestimmten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010. Andere Beendigungstatbestände sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Der [X.] nach § 17 Satz 1 [X.] ist ferner hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die angegriffene Befristung ist konkret bezeichnet.

II. Ob die kalendermäßige Befristung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 15 Abs. 1 [X.]) wirksam oder unwirksam ist, kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

1. Die Befristung gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] als wirksam, denn die Klägerin hat deren Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Mit ihrer am 20. Januar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der [X.]n alsbald zugestellten Klage hat sie die Klagefrist des § 17 Satz 1 [X.] eingehalten.

2. Zu Unrecht hat das [X.] angenommen, dass der Zulässigkeit der streitbefangenen Befristung das sog. [X.] des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] entgegensteht.

a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Voraussetzungen sind bei der im Arbeitsvertrag vom 14./27. Juli 2009 vereinbarten Befristung eingehalten. Die Klägerin und die [X.] haben ein befristetes Arbeitsverhältnis für die [X.] vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2010 vereinbart.

b) Die sachgrundlose Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] unzulässig. Entgegen der Ansicht des [X.]s steht die Vorbeschäftigung der Klägerin bei der [X.] der Zulässigkeit der streitbefangenen Befristung nicht entgegen.

aa) Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

(1) „Arbeitgeber“ iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist der [X.]. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist (st. Rspr. des [X.]s vgl. zuletzt [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 17 f.; 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 18 mwN; 18. Oktober 2006 - 7 [X.]/06 - Rn. 13 mwN, [X.]E 120, 34). Das [X.] ist nicht mit dem [X.] oder dem Arbeitsplatz verknüpft (vgl. hierzu [X.] 16. Juli 2008 - 7 [X.] - Rn. 13, [X.]E 127, 140; 17. Januar 2007 - 7 [X.] - Rn. 30, [X.]E 121, 18). Der Gesetzgeber hat für die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung auf den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem [X.] abgestellt, nicht auf eine Beschäftigung für den Betriebsinhaber oder -träger (ausf. [X.] 18. Oktober 2006 - 7 [X.]/06 - Rn. 26, aaO). Anders als von der Klägerin in der Revisionserwiderung ausgeführt, gebietet auch der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] kein anderes Verständnis. Es ist richtig, dass der bei dem [X.] des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] verwandte Ausdruck „Arbeitsverhältnis“ ein anderer ist als der bei der Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] verwandte Begriff eines „Arbeitsvertrages“. Bei dem [X.] ist aber auch der sprachliche Ausdruck „mit demselben Arbeitgeber“ verwandt. In der Wortbedeutung drückt diese Formulierung („demselben“) gerade aus, dass ein zuvor bestandenes „Arbeitsverhältnis“ mit einem anderen Arbeitgeber der Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nicht entgegenstehen soll.

(2) Entgegen der Ansicht des [X.]s ist der [X.] nicht aus unionsrechtlichen Gründen gehindert, an dieser Rechtsprechung festzuhalten.

(a) Die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Befristung von Arbeitsverträgen sind in der [X.] insbesondere im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geregelt, das der Umsetzung des § 5 Nr. 1 der [X.] über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 1999/70/[X.] vom 28. Juni 1999 (Richtlinie 1999/70) dient. Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer dieser Maßnahmen oder zu mehreren, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten (vgl. [X.] 23. April 2009 - [X.]/07 ua. - [[X.]] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, [X.]). Wie der [X.] - Gerichtshof ([X.]) - in mehreren Entscheidungen ausgeführt und geklärt hat, ist es Aufgabe der nationalen Gerichte, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen (vgl. [X.] 23. April 2009 - [X.]/07 ua. - [[X.]] Rn. 106, aaO; 7. September 2006 - [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 56, Slg. 2006, [X.]; 7. September 2006 - [X.]/04 - [[X.]] Rn. 41, Slg. 2006, [X.]). Es obliegt den Stellen des Mitgliedstaates, stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen ([X.] 26. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 40 mwN).

(b) Der unionsrechtlich vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der - bereits nach nationalem Recht gebotenen - Rechtsmissbrauchs-, [X.] oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) Rechnung getragen ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 21; vgl. zur Missbrauchskontrolle einer sachgrundlosen Befristung - ohne unionsrechtlichen Bezug - [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] -; vgl. zum institutionellen Rechtsmissbrauch bei Kettenbefristungen [X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 38 ff., [X.]E 142, 308). Bei der Prüfung, ob die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten rechtsmissbräuchlich ist, sind die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 21). Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeit, missbräuchliche Gestaltungen zu prüfen und zu verhindern, widerspricht es nicht dem Ziel der Rahmenvereinbarung im Anhang zur Richtlinie 1999/70 - den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern (vgl. ua. den 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/70) -, unter „demselben Arbeitgeber“ iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur den [X.] zu verstehen (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 21).

(c) Anders als es das [X.] angenommen hat, zwingt der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] (Gerichtshof) verankerte Effektivitätsgrundsatz - Gebot des effet utile - zu keiner anderen Interpretation des § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.].

(aa) Die Mitgliedstaaten sind für den wirksamen Schutz der aus dem Unionsrecht folgenden Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich. Dabei dürfen die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Gleichwertigkeit, auch: Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität, vgl. - mit Bezug auf die Rahmenvereinbarung im Anhang der [X.] - [X.] 15. April 2008 - [X.]/06 - [Impact] Rn. 46 mwN, Slg. 2008, [X.]). Hinsichtlich des Effektivitätsgrundsatzes hat der Gerichtshof mehrfach ausgeführt, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des [X.] und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie zB der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens ([X.] 5. Dezember 2013 - [X.]/12 - [Asociación de Consumidores Independientes de [X.]] Rn. 34 mwN; 15. April 2008 - [X.]/06 - [Impact] Rn. 46, aaO; 13. März 2007 - [X.]/05 - [Unibet] Rn. 43, Slg. 2007, [X.]; 16. Dezember 1976 - 33/76 - [[X.]finanz und [X.]] Rn. 5; vgl. zur Auslegung von § 3 Abs. 2 AGG entsprechend dem unionsrechtlichen Gebot des effet utile [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 27, [X.]E 137, 80).

([X.]) Dem Gebot des effet utile ist bei der Verhinderung eines missbräuchlichen Einsatzes aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge im nationalen Recht durch die Möglichkeit, abusive, also missbräuchliche Gestaltungen zu prüfen und zu verhindern, genügt. Im Zusammenhang mit dieser Prüfung gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (hierzu [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 26).

([X.]) Der Grundsatz von [X.] (§ 242 BGB) beschränkt als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung sowohl subjektive Rechte als auch die Inanspruchnahme von Rechtsinstituten und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit [X.] unvereinbaren Ergebnis führen. Dies ist ua. der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit [X.] unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des [X.] nicht vorgesehen sind. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene [X.] in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 17 mwN; zum Beschäftigungsförderungsgesetz vgl. [X.] 25. April 2001 - 7 [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 97, 317). Bei einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der Zulässigkeit sachgrundloser Befristungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] - konkret: bei einer Umgehung des [X.]s nach § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] - besteht die mit [X.] nicht zu vereinbarende Rechtsfolge nicht in dem Vertragsschluss „an sich“, sondern in der Rechtfertigung der in dem Vertrag vereinbarten Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der unredliche Vertragspartner kann sich auf eine solche Befristung nicht berufen (ausf. [X.] 15. Mai 2013 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN).

([X.]b) Nach allgemeinen Grundsätzen ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung derjenige, der eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also regelmäßig der Arbeitnehmer. Allerdings ist insoweit den Schwierigkeiten, die sich aus den fehlenden Kenntnismöglichkeiten des Arbeitnehmers ergeben, durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen. Es genügt zunächst, dass der Arbeitnehmer - soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu der Befristung geführt haben, nicht kennt - einen Sachverhalt vorträgt, der die Missbräuchlichkeit der Befristung nach § 242 BGB indiziert. Entsprechende Indizien sind neben den Umständen, aus denen sich die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen dem vormaligen und dem letzten [X.] ergibt, insbesondere der nahtlose [X.] des mit dem neuen [X.] geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags an den befristeten Vertrag mit dem vormaligen [X.], eine ununterbrochene Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich (vor allem, wenn sie vertraglich zugesichert ist) zu auch im Übrigen - im Wesentlichen - unveränderten oder gleichen Arbeitsbedingungen, die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen [X.] oder eine ohnehin gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts, die „Vermittlung“ des Arbeitnehmers an den letzten [X.] durch den vormaligen [X.] und ein erkennbar systematisches Zusammenwirken von bisherigem und neuem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen. Er kann einzelne Tatsachen konkret bestreiten oder Umstände vortragen, welche den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere kann er dabei auch die - für den Arbeitnehmer häufig nicht ohne weiteres erkennbaren - Gründe für den Arbeitgeberwechsel darlegen. Trägt der Arbeitgeber nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Gelingt es dem Arbeitgeber, die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Indizien für ein missbräuchliches Vorgehen zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitnehmer darlegen und beweisen muss, der letzte [X.] habe die Befristung in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem vormaligen [X.] nur deshalb vereinbart, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 [X.] vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 26). Diese abgestufte Darlegungs- und Beweislast trägt (auch) dem Gebot des effet utile Rechnung. Angesichts der Darlegungserleichterungen für den Arbeitnehmer ist die Ausübung des durch die Rahmenvereinbarung im Anhang zur Richtlinie 1999/70 vorgegebenen Rechtsziels nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert.

[X.]) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das [X.] unzutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Zuvorbeschäftigung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorliegt. Die Klägerin war vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2009 bei der [X.] beschäftigt. Die [X.] ist eine andere juristische Person und nicht iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] derselbe Arbeitgeber.

c) Der Rechtsfehler des [X.]s bedingt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das [X.] hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht geprüft, ob es der [X.]n nach [X.] (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf die Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu berufen. Demzufolge hat es auch die einer Missbrauchsprüfung zugrunde liegenden Tatsachen zumindest nicht abschließend festgestellt. Dies wird es - unter Berücksichtigung vor allem der in der Entscheidung des [X.]s vom 4. Dezember 2013 (- 7 [X.] -) aufgestellten Grundsätze - nachzuholen haben.

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Glock    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 AZR 527/12

19.03.2014

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 7. Juli 2011, Az: 17 Ca 502/11, Urteil

§ 14 Abs 2 S 1 TzBfG, § 14 Abs 2 S 2 TzBfG, § 242 BGB, Anh Rahmenvereinbarung § 5 Nr 1 EGRL 70/99, § 138 Abs 2 ZPO, § 138 Abs 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, Az. 7 AZR 527/12 (REWIS RS 2014, 6994)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6994

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