Bundessozialgericht, Urteil vom 16.06.2015, Az. B 13 R 23/14 R

13. Senat | REWIS RS 2015, 9692

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Zuordnung einer nichtknappschaftlichen Tätigkeit in einem Bergbausanierungsbetrieb zur knappschaftlichen Rentenversicherung - Bergaufsicht - Leitungs- und Managementfunktionen - zulässige Klageart nach Eintritt des Leistungsfalles bei ursprünglicher Anfechtung eines Vormerkungsbescheides


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Altersrente (AlR) unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Zeitraum vom 1.1.2000 bis [X.] in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

2

Der 1946 geborene Kläger ist promovierter Ingenieur für angewandte Mechanik. Bis 1990 arbeitete er als Fachschullehrer an der [X.] ; danach war er bis 1995 [X.] im [X.]. Vom [X.] bis [X.] war er als "Leiter Stabsstelle neue Geschäftsfelder" bei der [X.] ([X.]) tätig, über die in 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Beschluss Amtsgericht Dresden vom [X.]). Der Beigeladene ist zum Insolvenzverwalter bestimmt worden (§ 75 Abs 1 SGG, Beschluss [X.] vom 4.7.2012).

3

Von Beginn seiner Tätigkeit bei der [X.] an war der Kläger bei der beklagten [X.] pflichtversichert und es sind Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Nach Überprüfung des Versicherungsverhältnisses war die Beklagte jedoch der Ansicht, dass sie den Kläger zu Unrecht zur knappschaftlichen Versicherung herangezogen habe, weil er als Stabstellenleiter nicht überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichtet habe. Die daraufhin erfolgte "Umstellung des [X.] nach § 201 Abs. 2 [X.]" (Bescheid vom 21.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.]) ist mangels Ermächtigungsgrundlage im anschließenden Gerichtsverfahren aufgehoben worden (Urteil des [X.] vom 10.3.2009 - [X.] R 566/06 KN; die Berufung der Beklagten ist am [X.] zurückgenommen worden).

4

Die Beklagte stellte die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten des [X.], die länger als sechs Jahre zurücklagen (bis 31.12.2003) verbindlich nach § 149 Abs 5 [X.] fest ([X.] vom [X.]). Die streitigen Beschäftigungszeiten (vom 1.1.2000 bis [X.]) ordnete sie der allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten zu. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos. Da die [X.] weder ein knappschaftlicher Betrieb sei noch der Kläger knappschaftliche Tätigkeiten verrichtet habe, komme eine Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht in Betracht (Widerspruchsbescheid vom 4.11.2010).

5

Nach Klageerhebung ist dem Kläger auf seinen im Oktober 2011 gestellten Antrag Regelaltersrente ab 1.1.2012 gewährt worden ([X.] vom 15.11.2011, Änderungsbescheid vom 1.2.2012). Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Mit Urteil vom 25.10.2012 hat das [X.] unter Aufhebung des Vormerkungs- und des [X.]s die Beklagte verpflichtet, den streitigen Zeitraum der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen und entsprechende AlR zu gewähren. Es hat ausgeführt, dass der Kläger zwar nicht selbst Sanierungs- bzw Aufräumungsarbeiten durchgeführt habe; die ingenieurtechnische Vorbereitung solcher Arbeiten sei jedoch als knappschaftliche Tätigkeit einzuordnen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der [X.] sei zu Recht ergangen. Die [X.] sei kein knappschaftlicher Betrieb gewesen, weil der Gegenstand des Unternehmens auf reine Sanierungsarbeiten, auf landschaftsgestalterische Maßnahmen, auch außerhalb des Bergbaus, sowie auf Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet der Umwelt ausgerichtet gewesen sei. Solche Betriebe erfüllten nicht den eng auszulegenden Begriff des knappschaftlichen Betriebs unter Berücksichtigung des Versicherungszwecks der im Bergbau Beschäftigten. Es habe sich auch nicht um einen überwiegend unterirdisch betriebenen Betrieb der Industrie der Steine und Erden und auch nicht um einen Nebenbetrieb eines knappschaftlichen Betriebs gehandelt. Der Kläger habe auch keine knappschaftlichen Arbeiten verrichtet. Als "Leiter Stabsstelle neue Geschäftsfelder" habe er nach eigenen Angaben selbst keine Sanierungsarbeiten ausgeführt. Er habe für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen gesorgt und nicht rein körperliche Sanierungsarbeiten durchgeführt.

6

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften über die knappschaftliche Rentenversicherung (§ 138 [X.] aF und § 134 [X.]). [X.] habe das [X.] die [X.] nicht als knappschaftlichen Betrieb eingeordnet. Der ursprüngliche Gründungszweck der Gesellschaft sei die Durchführung der Sanierung des [X.] in der [X.] und in [X.] gewesen. Damit stehe die [X.] in "gerader Funktionsnachfolge" eines - zweifelsfrei - ehemaligen knappschaftlichen Betriebs, dem Braunkohletagebau in der ehemaligen [X.]. Unerheblich sei, dass sich die [X.] für andere Geschäftsfelder auch außerhalb des [X.] geöffnet habe. Der weit überwiegende Anteil des Umsatzes der [X.] sei im Bereich der Bergbausanierung erzielt worden. Im Übrigen habe der Kläger zumindest überwiegend knappschaftliche Arbeiten iS von § 133 [X.], § 134 Abs 4 Nr 11 [X.] verrichtet. Dafür spreche der räumliche und betriebliche Zusammenhang zum Braunkohletagebau, der durch den Unternehmensgegenstand der Bergbausanierung bestanden habe. Zu den Sanierungsarbeiten iS von § 134 Abs 4 Nr 11 [X.] zählten planende wie nachsorgende, sog "Ingenieur-know-how"-Tätigkeiten. Vom Anwendungsbereich der Vorschrift seien daher die Aufgaben des [X.] als Stabstellenleiter erfasst. Ohne Wahrnehmung von Leitungsaufgaben könnten körperkraftzehrende Arbeiten im Bergbau nicht verrichtet werden. Schwere körperliche Arbeiten setze die Vorschrift hingegen nicht zwingend voraus.

7

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. Juni 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2012 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

Der Beigeladene schließt sich der Rechtsansicht der Beklagten an und stellt keinen eigenen Antrag.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Das [X.] hat das angefochtene Urteil des [X.] zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen.

A. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des [X.] auf höhere [X.]. Es handelt sich um eine zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 [X.]G, vgl B[X.] [X.] 4-2600 § 256b [X.] Rd[X.]9). Zwar hatte der Kläger ursprünglich gegen den [X.] vom [X.] (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.11.2010) eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.] [X.]G, vgl B[X.] aaO) erhoben, soweit dort die streitigen Beschäftigungszeiten nicht der knappschaftlichen, sondern der allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten zugeordnet waren. Dieses Begehren ist aber nach Eintritt des Leistungsfalls der [X.] (hier zum 1.1.2012) nicht mehr durch eine gesonderte Korrektur des [X.]s, sondern im Rahmen der Überprüfung des [X.]s zu verfolgen (vgl § 149 Abs 5 S 2 [X.]B VI; vgl ausführlich Senatsurteil vom [X.] - B 13 R 118/08 R - Rd[X.]6; B[X.] [X.] 4-2600 § 248 [X.] Rd[X.]2). Nach Erlass eines solchen [X.]s liegt kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für die Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens in Bezug auf den [X.] vor (vgl dazu Senatsurteil, aaO, unter Hinweis auf B[X.] - [X.] 1500 § 53 [X.]; vgl auch [X.] 4-2600 § 256b [X.] Rd[X.] 8 ff; B[X.] vom [X.] - [X.]b 2006, 429 Rd[X.] 41).

Das anhängige Klageverfahren findet seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung der bis dahin angefochtene [X.] gedient hatte. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs 1 [X.]G (hier idF vom [X.] - [X.] 444) unmittelbare Anwendung mit der Folge, dass der [X.] als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit er auf den ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (vgl B[X.] [X.] 4-2600 § 248 [X.] Rd[X.]2). Eines gesonderten Widerspruchsverfahrens gegen den einbezogenen [X.] bedarf es nicht (vgl B[X.]E 47, 168 = [X.] 1500 § 96 [X.]3; B[X.] [X.] 1500 § 96 [X.]8; anders hingegen die Konstellation im Senatsurteil vom [X.] - B 13 R 118/08 R).

Vorliegend hat der [X.]-Bescheid vom 15.11.2011 die Feststellungen des [X.]s vom [X.] in Bezug auf die Zuordnung der streitigen Beschäftigungszeiten zur allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten ersetzt (§ 96 Abs 1 [X.]G). Dies ergibt sich aus den kompletten Anlagen des [X.]-Bescheids, die die Beklagte im Revisionsverfahren vorgelegt hat.

Anderslautende Regelungen sind dem [X.] vom 15.11.2011 nicht zu entnehmen. Selbst wenn ein [X.], der während eines Rechtsstreits um die Feststellung von Versicherungszeiten erlassen wird idR streitgegenständlich wird, sind Ausnahmen hiervon je nach Inhalt des [X.]s anerkannt worden, wenn es sich zB nicht um einen endgültigen [X.] gehandelt hat (vgl B[X.]E 99, 122 = [X.] 4-2600 § 201 [X.]) oder der [X.] "Vorbehalte" dergestalt enthielt, den [X.] bei ungünstigem Ausgang des Vormerkungsstreits zu korrigieren (vgl B[X.]E 48, 100 = [X.] 2200 § 1259 [X.]). Solche Regelungen sind dem angefochtenen [X.]-Bescheid aber nicht zu entnehmen.

B. Dem Kläger steht kein Anspruch auf höhere [X.] zu. Die Prüfung der für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten hat auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Rentenbewilligung maßgeblichen Rechts (vgl § 300 Abs 1 und 2 [X.]B VI) zu erfolgen. Dies sind die Vorschriften der §§ 133 [X.]B VI (in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des [X.], [X.]) bzw 134 Abs 4 bis 6 [X.]B VI (in der ab 1.1.2008 gültigen Fassung des [X.], [X.] 3024).

Die [X.] ist seit 1.1.2005 zuständig (bis 31.12.2004 die [X.]), wenn die Versicherten in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt sind (§ 133 [X.] [X.]B VI), ausschließlich oder überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichten (§ 133 [X.] 2 [X.]B VI) oder bei einer - hier nicht relevanten - Arbeitnehmer- bzw [X.] bzw einer anderen Stelle mit entsprechenden Beiträgen zur knappschaftlichen Versicherung beschäftigt sind (§ 133 [X.] 3 [X.]B VI). Die [X.] ist nach den Feststellungen des [X.] weder ein knappschaftlicher Betrieb (1.) bzw Nebenbetrieb oder Betriebsteil gewesen (2.) noch hat der Kläger mindestens überwiegend knappschaftliche Tätigkeiten im maßgeblichen Zeitraum verrichtet (3.) Er kann sich nicht auf Regelungen zum [X.] (4.) und auch nicht auf eine verfahrensrechtlich geschützte Position berufen (5.).

1. [X.] Betriebe sind Betriebe, in denen Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen werden, Betriebe der Industrie der Steine und Erden jedoch nur dann, wenn sie überwiegend unterirdisch betrieben werden (§ 134 Abs 1 [X.]B VI) oder es sich um [X.] des Bergbaus handelt (§ 134 Abs 2 [X.]B VI). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) hat die [X.] keine Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen. Sie hat weder als Betrieb der Industrie der Steine und Erden überwiegend unterirdisch gearbeitet (vgl B[X.]E 37, 245 = [X.] 2600 § 2 [X.]; B[X.] [X.] 4-2600 § 134 [X.] 2) noch war sie eine Versuchsgrube des Bergbaus. Das [X.] hat sich hierfür auf den Handelsregisterauszug ([X.] ) bezogen und den Unternehmensgegenstand der [X.] im maßgeblichen Zeitraum als reinen Sanierungsbetrieb wie folgt festgestellt:

"Gegenstand des Unternehmens war zunächst die Planung und Durchführung von Maßnahmen der Landschaftsgestaltung, insbesondere im Zusammenhang mit der Schaffung einer Bergbaufolgelandschaft, Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet der Umwelt, insbesondere der Schaffung von Deponien und Industriebrachen und sonstigen Altlastenflächen, sowie das Erbringen von Dienstleistungen. Zum 15.3.2000 wurde der Gegenstand erweitert auf die Sanierung, Beräumung und Umsetzung von Deponien, und Industriebrachen und sonstigen Altlastenflächen, den Abriss und die Entkernung ober- und unterirdischer Bauwerke, den schweren Erdbau, [X.] nach allen Techniken, Spezialbohrungen, Sprengarbeiten, Anlage, Pflege und Bewirtschaftung forstwirtschaftlicher Flächen, mechanische Wartung und Instandhaltung sowie Lieferung von Geräten und Anlagen, Instandhaltung und Lieferung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, die Anlage und der Betrieb von Einrichtungen zur Hebung und Reinigung von Wasser." (so [X.]-Urteil S 2, vgl auch [X.]).

Dieser Unternehmensgegenstand hatte nicht die bergmännische Gewinnung von Mineralien oder ähnlichen Stoffen zum Inhalt. Der Unternehmenszweck war mithin nicht auf die originäre bergmännische Tätigkeit ausgerichtet, sondern auf die Eröffnung neuer Geschäftsfelder in den Bereichen Sanierung, Rekultivierung, Landschaftsgestaltung, Umwelt, etc.

Dieser weit gefasste Unternehmenszweck und die hieraus resultierenden vielfältigen Aufgaben stehen dem eng abzugrenzenden, zentralen Begriff der "bergmännischen Gewinnung" (iS von § 2 [X.] als Vorläuferregelung von § 138 Abs 1 [X.]B VI aF und § 134 Abs 1 [X.]B VI) gerade im Hinblick auf den mit der Knappschaftsversicherung erstrebten speziellen Schutzzweck der Bergleute entgegen (vgl dazu B[X.]E 66, 75, 80 = [X.] 1500 § 55 [X.] S 47). Hiernach sollen in einem Bergwerksbetrieb - dh in einem Betrieb, der sich unmittelbar mit der Förderung von Mineralien oder ähnlichen Stoffen befasst - Beschäftigte vor kräftezehrenden und gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten wie unter Tage geschützt werden (vgl B[X.] [X.] 3-8110 Kap VIII H III [X.] [X.] 2, [X.]; B[X.] [X.] [X.] zu § 1 [X.]).

Entgegen der Ansicht des [X.] ist es nicht von entscheidender Relevanz, ob die [X.] unter staatlicher Bergaufsicht gestanden hat. Das B[X.] hat bereits zur unterschiedlichen Zielsetzung des Bundesberggesetzes (BBergG) und der Knappschaftsversicherung entschieden. Aus der Unterstellung knappschaftlicher Betriebe unter die Aufsicht der [X.] kann nicht gefolgert werden, dass ihre Betriebstätigkeit allein deshalb auch eine Form der bergmännischen Gewinnung von Mineralien oder ähnlicher Stoffe ist (vgl B[X.]E 66, 75, 80 = [X.] 1500 § 55 [X.] S 47).

Wenn sich der Kläger gleichwohl auf das BBergG beruft, wonach zum Gewinnen von Bodenschätzen auch die damit zusammenhängenden nachfolgenden Tätigkeiten (vgl § 4 Abs 2 BBergG) - wie Sanierungsarbeiten - zählen, führt dies zu keinem günstigeren Ergebnis. Nach den Feststellungen des [X.] fehlt dem Unternehmenszweck gerade das vorangegangene bergmännische Gewinnen von Mineralien oder ähnlichen Stoffen. Dies aber wird als zentrale Begrifflichkeit für die Beurteilung eines knappschaftlichen Betriebs in § 134 Abs 1 [X.]B VI vorausgesetzt.

Unergiebig ist auch der Einwand des [X.], dass die [X.] "in gerader Funktionsnachfolge" eines dem ursprünglichen Braunkohletagebau in der ehemaligen [X.] zugehörigen Unternehmens stehe. Die [X.] ist aus dem Braunkohletagebau in der ehemaligen [X.] als eigenständige, rechtsfähige Gesellschaft (vgl § 13 GmbHG) im Jahr 1994 hervorgegangen. Sie entstand aus einem mehrjährigen [X.] der ehemaligen Kombinate der [X.] Braunkohlenindustrie in Kapitalgesellschaften. Die als Treuhandunternehmen gegründete [X.] ([X.]) wurde Anfang 1994 in einen weiter zu betreibenden - hier nicht relevanten - aktiven Teil und in einen auslaufenden, nach und nach [X.] sowie zu sanierenden Teil aufgespalten (L. mbh <[X.]>). Nach Verschmelzung der [X.] mit der M. mbh ([X.]) entstand die L[X.], die als langfristige Plattform für die [X.] diente. Die [X.] agierte als ein am Sanierungsprozess beteiligter Partner der L[X.] (vgl [X.] und [X.] - [X.] - (Hrsg): Zwei Jahrzehnte Braunkohlesanierung - Eine Zwischenbilanz, [X.] 2010, [X.], 27 ff, 34 ff, 84).

Mit dem Ziel der Sanierung der ehemaligen Tagebaue wurde die [X.] ([X.]) gegründet, aus der - nach Abspaltung in einen [X.] und in einen [X.] Teil - schließlich die [X.] hervorging, die Ende 1994 gegründet und in das Handelsregister eingetragen wurde. Aus diesem [X.] des [X.] der ehemaligen Kombinate der [X.] Braunkohlenindustrie ergibt sich aber nicht die Nachfolge in die "Funktion" eines knappschaftlichen Betriebs. Hieraus folgt vielmehr die klare - finanziell und gesellschaftsrechtlich vollzogene - Trennung der Unternehmen in aktiven Bergbau und Folgesanierung (vgl auch Steinhuber, Einhundert Jahre bergbauliche Rekultivierung in der [X.], Dissertation, [X.]/[X.] 2005, [X.] ff, 295 ff). Entsprechend dieser Trennung war die [X.] dem Bereich der Folgesanierung zuzuordnen.

2. Die [X.] war auch keine Betriebsanstalt oder Gewerbeanlage, die als Nebenbetrieb eines knappschaftlichen Betriebs mit diesem räumlich und betrieblich zusammenhängt (§ 134 Abs 3 [X.]B VI). Unter einem Betrieb wird danach die auf die Errichtung eines arbeitstechnischen Zwecks gerichtete organisatorische Zusammenfassung personeller, sächlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbständigen Einheit verstanden (stRspr, vgl nur B[X.]E 66, 75 = [X.] 1500 § 55 [X.] mwN). Um einen unselbständigen Betriebsteil handelt es sich hingegen, wenn eine Produktionsstätte in Bezug auf die Gesamtheit der eingesetzten Arbeitsmittel über keinen selbständigen Leitungsapparat verfügt (vgl B[X.]E 37, 245, 246 = [X.] 2600 § 2 [X.]) und zwischen der vorhandenen "Zentrale" und der Produktionsstätte auf dem Gebiet der Planung, der Entwicklung, der Produktion und des Vertriebs eine derartig starke organisatorische Verflechtung besteht, dass eine Verselbständigung nicht ohne grundlegende Umwandlung der Organisationsstruktur möglich wäre (vgl B[X.] [X.] 2200 § 245 [X.] 2 und 3). Die Entscheidung, ob ein selbständiger Betrieb oder ein unselbständiger Nebenbetrieb vorliegt, bedarf einer Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls (vgl nur B[X.]E 66, 75 = [X.] 1500 § 55 [X.]).

Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] war die [X.] weder räumlich noch betrieblich mit einem knappschaftlichen Hauptbetrieb des [X.] verflochten. Dafür ist es nicht ausreichend, dass sie die Sanierung des [X.] in [X.] durchgeführt hat. Vielmehr ist entscheidend, dass sie aus dem aufgezeigten [X.] als GmbH rechtliche Eigenständigkeit erlangt hatte und über eine klare wirtschaftliche Struktur und eine eigene Geschäftsleitung verfügte; diese Merkmale stehen einem unselbständigen Nebenbetrieb bzw Betriebsteil entgegen (vgl B[X.]E 66, 75 = [X.] 1500 § 55 [X.]; B[X.] [X.] 3-8110 Kap VIII H III [X.] [X.] 2; vgl auch [X.], Stand Einzelkommentierung Oktober 2008, § 134 [X.]B VI Rd[X.] 5).

3. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum auch nicht ausschließlich oder überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichtet (§ 133 [X.] 2 iVm § 134 Abs 4 [X.]B VI). [X.] Arbeiten sind die in § 134 Abs 4 [X.] bis 11 [X.]B VI genannten Arbeiten, wenn sie räumlich und betrieblich mit einem Bergwerksbetrieb zusammenhängen, aber von einem anderen Unternehmer ausgeführt werden (sog Unternehmerarbeiten).

Ursprünglich waren knappschaftliche Arbeiten in § 1 der Verordnung des Reichsarbeitsministers über knappschaftliche Arbeiten vom 11.2.1933 (<[X.]>, [X.] bzw [X.]II 1964, [X.] 822-3-1) definiert. Bis zum 31.12.2007 konnte diese vorkonstitutionelle Regelung zumindest als Auslegungshilfe herangezogen werden (vgl B[X.] [X.] 4-5050 § 22 [X.] 3 Rd[X.] 38; [X.] 2600 § 1 [X.] 3; [X.] [X.] zu § 1 [X.]; zur Problematik vgl [X.], [X.] 1996, 377). Mit der zum 1.1.2008 in [X.] getretenen Vorschrift des § 134 Abs 4 [X.]B VI (in der Fassung des [X.], [X.] 3024) ist der [X.] von § 1 [X.] aus Gründen der "Rechtsbereinigung" in das [X.]B VI überführt worden (vgl BT-Drucks 16/6540 Zu [X.] 7 <§ 134> [X.]). Bis auf geringfügige sprachliche Änderungen ist der Katalog der [X.] inhaltsgleich in § 134 Abs 4 [X.]B VI übernommen worden (vgl Pott in GK-[X.]B VI, Stand der Einzelkommentierung August 2014, § 123 Rd[X.] 2).

Nach der Rechtsprechung des B[X.] zu den Katalogarbeiten von [X.] bis [X.]1 (von § 134 Abs 4 [X.] bzw § 138 Abs 4 [X.] [X.]B VI aF iVm der [X.]) muss es sich um körperlich belastende und den spezifischen Gefahren des Bergbaus ausgesetzte Arbeiten handeln, die den besonderen Schutz der knappschaftlichen Rentenversicherung rechtfertigen (B[X.] [X.] 4-5050 § 22 [X.] 3 Rd[X.] 38 mwN). Selbst bei den im Katalog der [X.] 2 bis 11 genannten Arbeiten, die nicht unter Tage stattfinden, muss es sich um solche handeln, die ebenso kräftezehrend und gesundheitsgefährdend sind wie Tätigkeiten unter Tage (vgl B[X.] [X.] 3-8110 Kap VIII H III [X.] [X.] 2 [X.]). Nur solche Tätigkeiten entsprechen dem Grundzweck der knappschaftlichen Versicherung. Die Knappschaftsversicherung ist eine Berufsversicherung der Bergarbeiter, die ihren Ursprung in dem Gedanken hatte, dass den schwierigen Verhältnissen und Gefahren des Bergbaus und der stärkeren Abnutzung der Körperkräfte des [X.] im Vergleich zu anderen gewerblichen Arbeitern besonders Rechnung getragen werden musste. Tätigkeiten, die ebenso wie die der eigentlichen unter Tage Beschäftigten der Zeche den besonderen Gefahren und Abnutzungen des Bergbaus unterliegen, sollten daher unter dem erhöhtem Schutz der knappschaftlichen Versicherung stehen (vgl B[X.] [X.] [X.] zu § 1 [X.]). Diese Rechtfertigung für die berufsständische Versicherung der Bergleute und ihren Fortbestand gilt auch heute noch (vgl Pott in GK-[X.]B VI, Stand der Einzelkommentierung April 2008, § 134 [X.]B VI Rd[X.] 4 bzw August 2014, § 134 [X.]B VI Rd[X.] 21). Selbst wenn der technische Fortschritt und der Einsatz technischer Hilfsmittel kräftesparende Erleichterungen mit sich gebracht haben, bestehen die besonderen Risiken im Bergbau und die damit einhergehenden Gefahren für die Gesundheit nach wie vor. Solche knappschaftlichen Arbeiten stehen für die knappschaftliche Versicherung einem knappschaftlichen Betrieb gleich (§ 134 Abs 5 [X.]B VI).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger Arbeiten verrichtet hat, die räumlich und betrieblich mit einem Bergwerksbetrieb zusammenhängen (§ 134 Abs 4 Halbs 1 [X.]B VI). Jedenfalls liegt die hier einzige relevante Variante des enumerativen Katalogs nicht vor, die Sanierungsarbeiten wie beispielsweise Aufräumungs- und Ebnungsarbeiten sowie das Laden von Schutt und dergleichen voraussetzt, wenn diese Arbeiten regelmäßig innerhalb des [X.] ausgeführt werden (§ 134 Abs 4 [X.]1 [X.]B VI). Dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ergibt sich unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des [X.], die sein Prozessbevollmächtigter im Revisionsverfahren vor dem Senat bestätigt hat.

Demnach war die Funktion "Leiter der [X.]" bei der [X.] geschaffen worden, um Arbeitskräften längerfristige Arbeitsplätze im Sanierungsbau zu sichern. Nach eigenen Angaben hat der Kläger pro Monat ca 6000 km mit dem [X.] in der [X.] [X.]/[X.] zurückgelegt, um Arbeitsplätze in den Feldern Spezialtiefbau, Instandhaltung, Forstbaumschulen, Gruben zur Materialgewinnung, [X.], Sicherung des "Know how" etc zu schaffen (vgl [X.]-Urteil S 4, 14).

Aus diesem Aufgabenprofil, das im Wesentlichen Leitungs- und Managementfunktionen umfasst, ergibt sich, dass der Kläger nicht ebenso wie die unter Tage Beschäftigten einer Zeche den besonderen Gefahren und Abnutzungen des Bergbaus ausgesetzt war, und er daher nicht den erhöhten Schutz der knappschaftlichen Versicherung beanspruchen kann.

4. Der Kläger kann auch keine günstigere Rechtsfolge aus der [X.]regelung des § 273 [X.]B VI herleiten (vgl dazu B[X.] [X.] 3-8110 Kap VIII H III [X.] [X.] 2 [X.]). Er kann sich weder auf [X.] wegen einer vor dem [X.] bei der [X.] versicherten und noch andauernden Tätigkeit in einem nichtknappschaftlichen Betrieb berufen (§ 273 [X.] [X.]B VI) noch genießt er [X.] wegen Verschmelzung und Umwandlung eines Betriebs, für den die [X.] vor dem [X.] zuständig gewesen ist (§ 273 S 2 [X.]B VI). Im Zeitpunkt des Aufnahme der Tätigkeit bei der [X.] im Jahr 1995 war der aufgezeigte [X.] in Kapitalgesellschaften (so unter 1.) bereits vollzogen. [X.]regelungen aufgrund des [X.] ([X.] Sachgebiet H III [X.] Buchst s Doppelbuchst bb Abs 2) kommen dem Kläger von vornherein nicht zugute. Auf solche begünstigenden Regelungen hat er sich auch nicht berufen.

5. Schließlich kann sich der Kläger auf keine verfahrensrechtlich geschützte Position berufen. Feststellungen über das Versicherungsverhältnis hat die Beklagte gegenüber dem Kläger erstmals mit dem im anschließenden Gerichtsverfahren aufgehobenen Bescheid der Beklagten vom [X.] getroffen. Hieraus kann der Kläger kein günstigeres Ergebnis herleiten.

6. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 23/14 R

16.06.2015

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Chemnitz, 25. Oktober 2012, Az: S 19 KN 1751/10, Urteil

§ 133 SGB 6 vom 09.12.2004, § 134 Abs 1 SGB 6 vom 09.12.2004, § 134 Abs 2 SGB 6 vom 09.12.2004, § 134 Abs 3 SGB 6 vom 09.12.2004, § 134 Abs 4 SGB 6 vom 09.12.2004, § 134 Abs 4 Nr 11 SGB 6 vom 19.12.2007, § 134 Abs 5 SGB 6 vom 19.12.2007, § 138 Abs 1 SGB 6 vom 25.11.2003, § 138 Abs 4 SGB 6 vom 25.11.2003, § 149 Abs 5 S 2 SGB 6, § 273 Abs 1 SGB 6, § 273 Abs 2 SGB 6, § 300 Abs 1 SGB 6, § 300 Abs 2 SGB 6, § 2 RKG, § 1 KnArbV, § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG, § 96 Abs 1 SGG vom 26.03.2008, § 4 Abs 2 BBergG, § 13 GmbHG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 16.06.2015, Az. B 13 R 23/14 R (REWIS RS 2015, 9692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9692

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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