Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2010, Az. VI ZR 327/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8156

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 23. März 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 116 Abs. 1 Satz 1; [X.] §§ 401 Abs. 1, 412; [X.] § 294a a) Liegt eine Einwilligung des Heimbewohners oder seines gesetzlichen Be-treuers vor, kann dem Krankenversicherer aus übergegangenem Recht ge-mäß § 116 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation gegen Kostenerstattung zustehen (vgl. Senatsurteil vom 23. März 2010 - [X.], zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). b) § 294a [X.] ist nicht entsprechend auf die Einsicht in [X.] anwendbar. [X.], Urteil vom 23. März 2010 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 15. Zivilkammer des [X.] vom 28. Oktober 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin nimmt als gesetzlicher Krankenversicherer den Beklagten zum Zweck der Prüfung von Schadensersatzansprüchen auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin in Anspruch. 1 Die Versicherte erhält seit Jahren vollstationäre Pflegeleistungen in ei-nem Seniorenzentrum, dessen Träger der Beklagte ist. Sie ist schwerstpflege-bedürftig und kann insbesondere Lageveränderungen im Bett nur mit personel-ler Hilfe vornehmen. 2 - 3 - Die Versicherte wurde am 21. November 2006 wegen eines [X.] stationär in eine Klinik aufgenommen und operiert. Die infolge des Durch-liegegeschwürs entstandenen Aufwendungen hat die Klägerin getragen. [X.] haben der Beklagte und sein Haftpflichtversicherer die Übermittlung der Pflegedokumentation abgelehnt. 3 Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, die (im [X.] aufgelistete) Pflegedokumentation betreffend den Aufenthalt der [X.] im [X.] vom 1. August 2006 bis einschließlich 30. November 2006 zur Einsichtnahme in Kopie zu übermitteln. Auf die Beru-fung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Übermittlung einer Kopie der Pflegedokumentation für die [X.] vom 1. August 2006 bis einschließlich 30. November 2006 weiter. 4 Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Versicherte den [X.] ausdrücklich von der Schweigepflicht entbunden habe, bedeute nicht, dass sie ihn ermächtigt habe, das ihr zustehende Einsichtsrecht auszuüben. An der Wirksamkeit einer solchen Ermächtigung bestünden auch Zweifel, weil die [X.] unwidersprochen hinsichtlich Ort, [X.] und Person desorientiert sei. 5 Ein Einsichtsrecht der Klägerin ergebe sich nicht aus § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401, 412 [X.]. Nach diesen Vorschriften gingen Auskunftsansprüche zu einem eventuell übergegangenen [X.] der Versicherten wegen schlechter Pflegeleistungen zwar [X.] - 4 - sätzlich als [X.] mit über, soweit sie zur Durchsetzung der Forderung benötigt würden. Das sei hier indes nicht der Fall, weil es sich bei dem Ein-sichtsrecht des [X.] in die Pflegedokumentation um einen aus dem Selbstbestimmungsrecht und der personalen Würde des Betroffenen [X.] persönlichen Anspruch handle, für den ein Übergang nach § 399 [X.] ausgeschlossen sei. § 294a [X.] scheide als unmittelbare Anspruchsgrundlage für ein Ein-sichtsrecht der Klägerin in die Pflegedokumentation aus, weil diese Vorschrift nicht für das Seniorenzentrum gelte. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Pflegeheime komme nicht in Betracht. Krankenkassen hätten zwar gegen-über den Pflegeeinrichtungen anders als gegenüber ärztlichen Einrichtungen keinen Einsichtsanspruch; insoweit sei aber nicht von einer dem Gesetzgeber unbewussten oder versteckten Gesetzeslücke auszugehen. 7 I[X.] Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 8 1. Wie der erkennende Senat in dem Parallelurteil vom heutigen Tag - [X.], vorgesehen zur Veröffentlichung in [X.] - entschieden hat, steht dem Krankenversicherer entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts grundsätzlich ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der [X.] aus übergegangenem Recht gemäß § 116 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] wegen eines möglichen Schadensersatzan-spruchs der Versicherten aus einer Verletzung des [X.] bzw. § 823 Abs. 1 [X.] zu. 9 - 5 - a) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf den [X.] über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses [X.] zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben [X.]raum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Nach dieser Vorschrift ist auch beim Forderungs-übergang auf den Sozialversicherungsträger Gegenstand der Ersatzpflicht nur der Schaden des Verletzten. Der Sozialversicherungsträger nimmt den [X.] nicht auf Ersatz eines eigenen "Schadens" in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgelösten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungs-pflichten in Anspruch, sondern verlangt eine Erstattung seiner Aufwendungen insoweit, als ein Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen einen [X.] besteht. 10 b) Im Streitfall stellen das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung nicht in Frage, dass der geschädigten Heimbewohnerin ein Schadensersatzan-spruch wegen schlechter Pflegeleistungen zustehen kann, der auf die Klägerin nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] übergegangen wäre. Das Berufungsgericht geht auch davon aus, dass dem Heimbewohner grundsätzlich ein eigenes Ein-sichtsrecht in die über ihn geführte Pflegedokumentation entsprechend dem Einsichtsrecht des Patienten in die Krankenunterlagen als Nebenanspruch aus dem Behandlungs- bzw. Heimvertrag zusteht (vgl. [X.] 1999, 252 ff.). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des [X.] hat der Patient gegenüber Arzt und Krankenhaus auch außerhalb eines Rechtsstreits als Ausfluss seines Rechts auf Selbstbestimmung und personale Würde grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden [X.], ohne dafür ein besonderes rechtliches Interesse darlegen zu müssen (vgl. Senat, [X.] 85, 327, 332; 106, 146, 148; Urteil vom 31. Mai 11 - 6 - 1983 - [X.] ZR 259/81 - [X.], 834, 835; [X.] NJW 1999, 1777; 2006, 1116, 1117). Die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte gelten auch für das Recht des Heimbewohners auf Einsichtnahme in seine Pflegedokumentationen. Auch diese enthalten höchstpersönliche Angaben über den Bewohner und [X.] in starkem Maße dessen Selbstbestimmungs- und Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG). Die Pflegedokumentation ist eine unverzichtbare Informationsquelle für alle am Pflegeprozess Beteiligten und dient auch dem Nachweis, dass der Heimbewohner die ihm nach dem In-halt des [X.] zustehenden Leistungen vom [X.] erhalten und letzterer seinen Verpflichtungen ihm gegenüber nachgekommen ist. Inso-weit hat sie dem Heimbewohner gegenüber auch eine wichtige Schutzfunktion (vgl. [X.] 1999, 252 f.; [X.]/Krahmer-[X.], [X.], 3. Aufl., § 113 Rn. 7a). Soweit für eine Einsichtnahme in die Pflegedokumentationen die [X.] eines sachlichen Interesses gefordert wird (so [X.], [X.]O, 253, 256), gibt der Streitfall keinen Anlass, dies abschließend zu klären. Ein sachliches Interesse der geschädigten Versicherten für eine Einsichtnahme in die über sie geführte Pflegedokumentation ist nämlich schon wegen des erlitte-nen Sakraldekubitus mit der deshalb notwendigen Krankenhausbehandlung gegeben. 12 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte das [X.] der Geschädigten bzw. deren Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation im Streitfall grundsätzlich auch auf die Klägerin überge-hen. Ein solcher Übergang auf den gesetzlichen Krankenversicherer ist grund-sätzlich gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] möglich. 13 - 7 - a) Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] wären etwaige Schadensersatzan-sprüche der Geschädigten auf die Klägerin übergegangen. Mit dem Übergang der Hauptforderung gehen nach §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] auch solche Nebenrechte auf den neuen Gläubiger über, die zwar nicht in § 401 [X.] aus-drücklich genannt sind, aber gleichwohl der Verwirklichung und Sicherung einer Forderung dienen. Die Vorschrift des § 401 [X.] ist nämlich ihrem Zweck ent-sprechend auf alle der Verstärkung der Forderung dienenden Nebenrechte auszudehnen, soweit nicht besondere Rechtsgrundsätze dem entgegen stehen. Dies gilt insbesondere auch für [X.], die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind oder der leichteren Verwirklichung des [X.]s die-nen, wie Ansprüche auf Auskunftserteilung oder Einsichtnahme. Solche Rechte können nicht selbständig abgetreten werden, sondern gehen grundsätzlich mit dem [X.] auf den neuen Gläubiger über (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Juni 2000 - [X.] - [X.], 1444; vom 18. Juli 2003 - [X.] 148/03 - NJW-RR 2003, 1555, 1556; [X.], 142 Rn. 14; [X.] VersR 1985, 846; [X.]/[X.], § 401 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 401 Rn. 4; [X.]/Busche, [X.], Neubearbeitung 2005, § 401 Rn. 28, 34 m.w.[X.]; [X.] ZfS 2002, 461 f.). Dieser Übergang der ver-stärkenden Nebenrechte erfolgt gemäß § 412 [X.] auch bei einem Übergang der Hauptforderung kraft Gesetzes (vgl. [X.] 19, 177, 179; 46, 14 f.; [X.]/Kater, [X.], § 116 Rn. 141). 14 b) Ein solcher Übergang konnte entgegen der Auffassung des [X.] auch im Streitfall erfolgen. 15 [X.]) Zwar wird die grundsätzlich bestehende Nebenpflicht, Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen oder Pflegedokumentationen zu gewähren, aus dem Selbstbestimmungsrecht und der personalen Würde des Patienten oder Heimbewohners abgeleitet. Das besagt aber noch nicht, dass dieser [X.] - 8 - tragsanspruch damit in vollem Umfang ein "höchstpersönlicher" sei, der gemäß §§ 399, 412 [X.] nicht ganz oder teilweise auf andere übergehen könnte. [X.] darf der vertragliche Nebenanspruch auch legitimen wirtschaftlichen Be-langen dienstbar gemacht werden, wie etwa der Klärung von [X.] sowohl gegen andere Ärzte als auch gegen den auf Einsichtsge-währung in Anspruch genommenen Arzt selbst. Jedenfalls insoweit hat der [X.] auch eine vermögensrechtliche Komponente, so dass sein Ü-bergang auf die Erben als möglich angesehen wurde (§ 1922 [X.]), soweit nicht das Wesen des Anspruchs aus besonderen Gründen einem [X.] entgegen steht (vgl. Senat, Urteil vom 31. Mai 1983 - [X.] ZR 259/81 - [X.]O; [X.] VersR 2009, 982; [X.], 1050 ff.). Solche Gründe wurden bei der Prüfung eines auf die Erben übergegangenen Einsichtsanspruchs in dem [X.], die grundsätzlich nur durch Entbindung seitens des Geheimhaltungsbe-rechtigten gelöst werden dürfe. Die Pflicht des Arztes zur Verschwiegenheit gel-te im Grundsatz auch im Verhältnis zu nahen Angehörigen des Patienten und dürfe ihnen gegenüber nur ausnahmsweise und nur im vermuteten Einver-ständnis des Patienten gebrochen werden, soweit einer ausdrücklichen Befrei-ung Hindernisse entgegen stünden (vgl. Senat, Urteil vom 31. Mai 1983 - [X.] ZR 259/81 - [X.]O; [X.], [X.]O, 983). In diesem Zusammenhang ist bei der Einsicht in eine [X.] das Grundrecht des Heimbewohners auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten, das die Befugnis des Einzelnen gewährleistet, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst zu bestimmen (vgl. [X.]E 65, 1, 43; 78, 77, 84; 80, 367, 373; [X.] NJW 2006, 1116, 1117), also auch die Freiheit, persönliche Daten zu offenbaren (vgl. [X.] VersR 2006, 1669, 1671). Hieraus folgt, dass das Einsichtsrecht in eine [X.] nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.], §§ 401 Abs. 1 analog, 412 17 - 9 - [X.] nur dann auf den gesetzlichen Krankenversicherer übergehen kann, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners vorliegt oder zumindest von seinem ver-muteten Einverständnis auszugehen ist, soweit einer ausdrücklichen Befreiung Hindernisse entgegen stehen (vgl. [X.], [X.]O, 1051 ff.). [X.]) Das Berufungsgericht hat die vorstehend geschilderte [X.] zur Prüfung eines auf die Erben übergegangenen Einsichtsanspruchs gesehen, jedoch gemeint, diese sei auf das begehrte Einsichtsrecht einer Kran-kenkasse nicht übertragbar. Für dieses Einsichtsrecht bedürfe es vielmehr einer gesetzlichen Regelung. Dies trifft indes bei Beachtung der vorstehend dargeleg-ten Voraussetzungen für einen Übergang des Einsichtsrechts in Krankenunter-lagen oder Pflegedokumentationen auf den gesetzlichen Krankenversicherer nicht zu. 18 Soweit gegen die Übergangsfähigkeit des [X.] auf Einsicht bei einer begehrten Einsicht in Krankenunterlagen eingewendet wird, die Rechte der Krankenkassen auf Information und Auskunft zur Prüfung der [X.] nach § 116 [X.] seien im [X.], insbesondere in § 294a, genau-estens geregelt und eine Umgehung dieser datenschutzrechtlich ausgerichteten Bestimmungen durch zivilrechtliche Regelungen würde die gesamte Systematik des Sozialrechts konterkarieren (so [X.], 825, 830), beachtet diese Argumentation nicht den grundsätzlichen Unterschied zwischen den sozi-alrechtlichen und den zivilrechtlichen Bestimmungen. 19 Die sozialrechtliche Regelung in § 294a [X.] dient dazu, durch Schaf-fung einer gesetzlichen Übermittlungs- und Offenbarungsbefugnis den gesetzli-chen Krankenkassen einen eigenen Anspruch auf Mitteilung von Krankheitsur-sachen und drittverursachten Gesundheitsschäden zu geben und den damit verbundenen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Patienten 20 - 10 - und die korrespondierende ärztliche Schweigepflicht zu rechtfertigen. Sie [X.] u.a. Vertragsärzte, unaufgefordert den Krankenkassen Angaben über Ursachen und mögliche Verursacher mitzuteilen, wenn aus ihrer Sicht Hinweise auf drittverursachte Gesundheitsschäden vorliegen. Der verpflichtete Leis-tungserbringer muss also von sich aus oder gegebenenfalls auf Anforderung der Krankenkassen die erforderlichen Daten mitteilen, ohne dass eine Zustim-mung oder Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten erforderlich ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], Stand: März 2007, § 294a Rn. 1 f.; [X.], Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: [X.] 2009, § 294a [X.] Rn. 2 f., 8 f., 12; [X.], [X.]O, 1053). Diese sozialrechtliche Mitteilungspflicht ist von dem nach § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.], §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] übergehenden zivilrechtlichen Einsichtsrecht zu unterscheiden, bei dem es sich nicht um ein eigenes Recht der Krankenkassen handelt, sondern um ein Einsichtsrecht, das nur dem Zweck dient, als Hilfsrecht eine Prüfung des eventuellen, auf die Krankenkassen übergegangenen Scha-densersatzanspruchs des Geschädigten zu ermöglichen. Insoweit wird das in-formationelle Selbstbestimmungsrecht durch die nach den vorstehenden [X.] erforderliche tatsächliche oder mutmaßliche Einwilligung des [X.] gewahrt. Die bei § 294a [X.] maßgebliche Erwägung des Gesetzge-bers, für die Verpflichtung zur Übermittlung personenbezogener Daten eine ge-setzliche Grundlage zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 15/1525, [X.]), gilt hier nicht. 3. Nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht allerdings nicht fest, dass eine wirksame Entbindung von der Schweige-pflicht und Einwilligung in die Einsicht in die Pflegedokumentationen durch die Klägerin vorliegt. Für das Berufungsgericht ist nämlich zweifelhaft, ob die Ent-bindung der Beklagten von der Schweigepflicht durch die bei der Klägerin versi-cherte Heimbewohnerin wirksam ist, weil diese hinsichtlich Ort, [X.] und Person 21 - 11 - desorientiert ist. Von seiner Rechtsauffassung her folgerichtig hat es darüber hinaus keine weiteren Feststellungen hinsichtlich der für eine wirksame Entbin-dung von der Schweigepflicht und Einwilligung in die Einsichtnahme erforderli-chen Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Versicherten (vgl. Münch-KommStGB/Ciernak, § 203 Rn. 57; [X.]/[X.]/Lenckner, StGB, 27. Auf., § 203 Rn. 24 und [X.]. §§ 32 ff. Rn. 39 ff. m.w.[X.]) getroffen. Eine abschließende Entscheidung ist dem erkennenden Senat somit hinsichtlich ei-nes möglicherweise auf die Klägerin übergegangenen Anspruchs auf Einsicht-nahme gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401 Abs. 1 a-nalog, 412 [X.] nicht möglich, weil das Berufungsgericht weitere Feststellungen zur Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Versicherten oder gegebenenfalls zu [X.] und Herausgabegenehmigung seitens eines gesetzlichen Betreuers nachholen muss. 4. Eine solche wirksame Einwilligung des betroffenen Heimbewohners oder seines gesetzlichen Betreuers ist nicht entbehrlich, weil entgegen der [X.] der Klägerin keine gesetzliche Grundlage für einen eigenen, originären Anspruch einer Krankenkasse auf Übermittlung der erforderlichen Unterlagen gegeben ist. § 294a [X.] scheidet als unmittelbare Anspruchsgrundlage aus, weil Pflegeeinrichtungen von dieser Vorschrift nicht erfasst sind. Eine im [X.] teilweise befürwortete analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die Ein-sicht in Pflegedokumentationen (vgl. zum [X.] 2008, 825; [X.] [X.] 2005, 128; [X.], 85; [X.], Die Leistungen 2007, 129; [X.]/[X.] VersR 2007, 467; [X.], 1050; [X.] VersR 2008, 465) kommt unabhängig von dem in erster Linie von den Sozialgerichten zu klärenden Ermächtigungsumfang dieser Vor-schrift nicht in Betracht. Auch bei der Prüfung einer analogen Anwendung des § 294a [X.] ist das Grundrecht des Heimbewohners auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten, das die Befugnis des Einzelnen gewährleistet, 22 - 12 - über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst zu bestimmen (vgl. [X.]E 65, 1, 43; 78, 77, 84; 80, 367, 373; [X.] NJW 2006, 1116, 1117). Dies erfordert eine gesetzliche Ermächtigung der Krankenkasse zur Einsicht in die in einer Pflegedokumentation vorhandenen, für den betroffenen Heimbewohner sensiblen Sozialdaten (vgl. § 67 Abs. 1 [X.]; [X.], 825, 826; [X.], 85, 86), wenn keine wirksa-me Einwilligung des Betroffenen oder seines gesetzlichen Betreuers vorliegt. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber durch das [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.] - [X.]) vom 14. November 2003 ([X.]l. I 2003, 2190) die Vorschrift des § 294a [X.] in das [X.] - Gesetzliche Krankenversicherung - eingefügt, um für die Verpflichtung zur Übermittlung personenbezogener Daten an den [X.] ohne Zustimmung des Patienten eine gesetzliche Grundlage zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 15/1525, [X.]). Eine entsprechende Mitteilungs-pflicht für Pflegeeinrichtungen wurde bisher nicht in das [X.], obwohl im Schrifttum auf die für Pflegeeinrichtungen bestehende Gesetzeslücke hingewiesen und dem Gesetzgeber zur Schließung dieser Lücke ein Gesetzesvorschlag unterbreitet worden ist (vgl. [X.]/[X.] VersR 2007, 467, 470). - 13 - Mithin kommt für die Klägerin nur ein möglicher Anspruch auf Einsicht in die Pflegedokumentation aus § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401 Abs. 1 analog, 412 [X.] in Betracht, für dessen Vorliegen weitere Fest-stellungen durch das Berufungsgericht erforderlich sind. 23 [X.][X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.04.2008 - 18 C 462/07 - [X.], Entscheidung vom 28.10.2008 - 15 S 120/08 -

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VI ZR 327/08

23.03.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2010, Az. VI ZR 327/08 (REWIS RS 2010, 8156)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8156

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