Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.07.2014, Az. 6 AZR 993/12

6. Senat | REWIS RS 2014, 3653

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Gegenstand

Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich - Einstellung der Zahlung bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses von 21 Stunden oder weniger


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. August 2012 - 3 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Anspruch des [X.] auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur [X.] [X.]icherung der Arbeitnehmer bei den [X.]tationierungsstreitkräften im Gebiet der [X.] vom 31. August 1971 ([X.]) über die Vollendung des 63. Lebensjahres hinaus fortbestand bzw. ob dem Kläger wegen Untergang dieses Anspruchs [X.]chadenersatz zusteht.

2

Der am 15. Oktober 1943 geborene Kläger war von 1977 bis 30. November 2001 in Vollzeit bei den [X.] beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der [X.] Anwendung. Die Beklagte zahlte dem Kläger seit dem 1. Dezember 2001 Überbrückungsbeihilfe nach diesem Tarifvertrag. [X.]eit dem 1. Juli 2004 erfolgte die Zahlung als Ergänzung des monatlichen Entgelts von 813,00 Euro brutto, das der Kläger in einem Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] erzielte. In diesem Arbeitsverhältnis war eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 22,5 [X.]tunden vereinbart. Die Überbrückungsbeihilfe betrug zuletzt 3.328,13 Euro brutto monatlich.

3

Die maßgeblichen Bestimmungen des [X.] lauten:

        

§ 3   

        

Eingliederung

        

1.    

Der entlassene Arbeitnehmer soll möglichst sofort in den Arbeitsprozess wieder eingegliedert werden.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat sich nach der Kündigung beim Arbeitsamt arbeitsuchend und nach der Entlassung arbeitslos zu melden.

                 

Er hat, soweit zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess erforderlich, an beruflichen Bildungsmaßnahmen … teilzunehmen.

        

…       

        
        

§ 4     

        

Überbrückungsbeihilfe

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

                 

a)    

zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der [X.]tationierungsstreitkräfte,

                 

b)    

zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit …

        

Protokollnotiz zu Ziffer 1a

        

Eine ‚anderweitige Beschäftigung‘ liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 [X.]tunden beträgt.

        

       

        

§ 8     

        

Ausschluss der Zahlung und Rückforderung überzahlter Überbrückungsbeihilfen und Beitragszuschüsse

        

1.    

Überbrückungsbeihilfe und Beitragszuschuss werden nicht gezahlt für Zeiten,

                 

…       

        
                 

c)    

nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen [X.] … aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt …“

4

Mit [X.]chreiben vom 27. Juni 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Überbrückungsbeihilfe sei ab dem 1. November 2006 möglicherweise einzustellen, weil er mit Vollendung des 63. Lebensjahres eine Altersrente beziehen könne. Wörtlich hieß es ua.:

       

„…    

        

nach § 8 Abs. 1c, d Ta[X.][X.] muss die Zahlung von Leistungen eingestellt werden, wenn die materiellen Voraussetzungen zum Bezug der Altersrente … gegeben sind.

        

Dies könnte in Ihrem Fall eintreten, da [X.]ie am 15.10.2006 das 63. Lebensjahr vollenden werden.

        

[X.]ollten bei Ihnen die Voraussetzungen nach dem 31.10.2006 nicht eintreten, so bitte ich [X.]ie, [X.] dies durch entsprechenden Nachweis des Rentenversicherungsträgers … anzuzeigen.

        

Wenn [X.] keine entsprechenden Nachweise vorgelegt werden, wird die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe zum 01.11.2006 eingestellt.“

5

Ab 1. November 2006 stellte die Beklagte die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe ein. Der Kläger hatte das Arbeitsverhältnis zur Firma [X.] bereits mit [X.]chreiben vom 26. Oktober 2006 zum 31. Oktober 2006 gekündigt und zum 1. November 2006 ein Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] (künftig: Parkhotel) mit einer monatlichen Bruttovergütung von 410,00 Euro bei einer monatlichen Arbeitszeit von 40 [X.]tunden begründet. Er beantragte zur Vermeidung einer Rentenkürzung erst nach Vollendung seines 65. Lebensjahres Altersrente, die er seit dem 1. November 2008 bezieht.

6

Mit [X.]chreiben vom 12. Juli 2011 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Nachzahlung der Überbrückungsbeihilfe für die Zeit vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2008 auf.

7

Der Kläger hat mit seiner am 15. [X.]eptember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, er habe noch bis zum 31. Oktober 2008 Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe gehabt. Unerheblich sei, dass er für das Parkhotel weniger als 21 Wochenstunden gearbeitet habe. Die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a [X.] sei wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 [X.] nichtig. Diese Bestimmung gelte auch für Ansprüche, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstünden.

8

Hilfsweise hat der Kläger die begehrte Überbrückungsbeihilfe unter dem Gesichtspunkt des [X.]chadenersatzes begehrt. Dabei lässt er sich fiktiv das bei der Firma [X.] erzielte Entgelt anrechnen. Die Beklagte habe ihm die Rechtslage, wonach die Überbrückungsbeihilfe über die Vollendung des 63. Lebensjahres hinaus weiterbezogen werden könne, die ihr aufgrund der Entscheidung des [X.] vom 10. März 2005 (- 6 [X.] 1013/04 -) bekannt gewesen sei, im [X.]chreiben vom 27. Juni 2006 sowie in einem daraufhin mit dem zuständigen [X.]achbearbeiter geführten Gespräch wissentlich unzutreffend dargestellt. Hätte er das Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] über den 31. Oktober 2006 hinaus fortgesetzt, hätte er keinen Anspruch auf vorgezogene Altersrente gehabt, weil das Entgelt die Hinzuverdienstgrenze überstiegen hätte. Das Arbeitsverhältnis zu der Firma [X.] er nur beendet, weil er aufgrund der fehlerhaften Information keine Notwendigkeit mehr gesehen habe, im bisherigen Umfang weiterzuarbeiten.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

an ihn 79.875,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 21. Oktober 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a [X.] sei wirksam. § 4 Abs. 1 [X.] erfasse früher in Vollzeit tätige, ausgeschiedene Arbeitnehmer wie den Kläger nicht.

Ein [X.]chadenersatzanspruch bestehe nicht. Das [X.]chreiben vom 27. Juni 2006 sei inhaltlich nicht falsch gewesen. Jedenfalls habe sie den Kläger nicht wissentlich falsch informiert. Im Übrigen bestehe der erforderliche Zurechnungszusammenhang nicht. [X.]chließlich sei die Forderung verjährt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 33.281,30 Euro brutto stattgegeben. Es hat angenommen, die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a [X.] verstoße gegen § 4 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2008 sei der Anspruch jedoch verjährt. Gegen dieses Urteil haben die Parteien im Umfang ihres wechselseitigen Unterliegens Berufung eingelegt. Das [X.] hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Beklagte macht im Revisionsverfahren erstmals geltend, der Kläger sei entgegen seinem Vortrag ab dem 1. November 2006 tatsächlich rentenberechtigt gewesen, so dass auch aus diesem Grund keine Falschinformation vorgelegen habe. Von § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV [X.]oz[X.]ich werde auch eine Teilrente i[X.]d. § 42 Abs. 1 [X.]GB VI erfasst. Mit einem Entgelt von 813,00 Euro hätte der Kläger die Mindesthinzuverdienstgrenze für eine Drittelrente nach § 42 Abs. 2 [X.]GB VI iVm. § 34 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a [X.]GB VI im streitbefangenen Zeitraum nicht überschritten.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist auch in [X.]ezug auf den hilfsweise erhobenen [X.]chadenersatzanspruch zulässig. Entgegen der Auffassung der [X.]n setzt sich die Revision mit der dazu erfolgten [X.]egründung des [X.] in einer den gesetzlichen Anforderungen noch genügenden Weise (vgl. dazu [X.] 19. Dezember 2013 - 6 [X.] - Rn. 51) auseinander. Das [X.] hat insoweit angenommen, es fehle an dem für eine [X.]chadenersatzpflicht erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Die Ausführungen des [X.] lassen erkennen, dass er entgegen der Ansicht des [X.] den Wechsel des Arbeitsverhältnisses unter Reduzierung der Arbeitszeit für eine naheliegende und adäquate Reaktion auf die Auskünfte der [X.]n ansieht und deshalb den Kausalzusammenhang nicht durch seinen eigenen Willensentschluss für unterbrochen hält. Eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils war im Hinblick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, nicht erforderlich (vgl. [X.] 19. April 2012 - 6 [X.] - Rn. 15). Ob die Ansicht des [X.] zutrifft, ist eine Frage der [X.]egründetheit der Revision.

II. Die Revision ist unbegründet. Die [X.] hat die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe rechtswirksam mit dem 31. Oktober 2006 eingestellt. [X.]ie ist dem Kläger auch nicht zum [X.]chadenersatz verpflichtet.

1. Das [X.] hat zutreffend das Weiterbestehen eines Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe über den 31. Oktober 2006 hinaus verneint. Der Anspruch ist dadurch erloschen, dass der Kläger zu diesem [X.]punkt die Arbeitszeit auf weniger als 21 [X.]tunden wöchentlich reduziert hat.

a) [X.]eit dem 1. November 2006 erzielte der Kläger kein Entgelt mehr, das gemäß § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.]. der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] durch die Überbrückungsbeihilfe ergänzt werden konnte, weil er seine Arbeitszeit auf weniger als 21 [X.]tunden reduziert hatte. Darauf, ob die Reduzierung im bestehenden Arbeitsverhältnis geschieht oder - wie vorliegend - mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbunden ist, kommt es nach dem eindeutigen Tarifwortlaut, der allein auf das Arbeitsentgelt „aus anderweitiger [X.]eschäftigung“ außerhalb des [X.]ereichs der [X.]tationierungsstreitkräfte abstellt, nicht an.

b) Die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] legt wirksam eine Mindestbeschäftigungsdauer von mehr als 21 [X.]tunden für ein nach § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] berücksichtigungsfähiges Arbeitsverhältnis fest (vgl. ohne nähere Problematisierung [X.] 27. [X.]eptember 2001 - 6 [X.] I 2 der Gründe; 22. Dezember 1994 - 6 [X.] -). Dabei kann die von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob § 4 Abs. 1 [X.] auch Fälle wie den vorliegenden erfasst, dahinstehen (vgl. zur grundsätzlich möglichen Geltung dieser [X.]estimmung bei unterschiedlicher [X.]ehandlung von Teilzeitbeschäftigten untereinander [X.] 28. Mai 2013 - 3 [X.] - Rn. 37). Die Differenzierung, die die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] zwischen Arbeitnehmern, die mehr als 21 [X.]tunden arbeiten, und solchen, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 21 [X.]tunden oder weniger beträgt, zur Folge hat, ist gemäß § 4 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] sowie Art. 3 Abs. 1 GG, der durch § 4 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] konkretisiert wird ([X.] 25. April 2007 - 6 [X.] - Rn. 23, [X.]E 122, 215), gerechtfertigt. Das hat das [X.] mit zutreffenden Erwägungen angenommen.

aa) § 4 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] setzt [X.] 4 des Anhangs der Richtlinie 97/81/[X.] vom 15. Dezember 1997 zu der von [X.], [X.] und [X.] geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ([X.]. [X.] vom 20. Januar 1998 [X.]. 9) um. Für die Rechtfertigung der unterschiedlichen [X.]ehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten reicht es danach nicht aus, dass sie in einer allgemeinen und abstrakten Norm vorgesehen ist. Auch bloße [X.] genügen nicht. Vielmehr muss die Ungleichbehandlung einem echten [X.]edarf entsprechen und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sein ([X.] 1. März 2012 - [X.]/10 - [O‘[X.]rien] Rn. 64, 66). Dementsprechend verlangt das [X.], dass sich die Prüfung, ob die unterschiedliche [X.]ehandlung gerechtfertigt ist, am Zweck der Leistung zu orientieren hat ([X.] 5. August 2009 - 10 [X.] - Rn. 32; vgl. aus der älteren Rechtsprechung [X.] 26. [X.]eptember 2001 - 10 [X.] II 2 b der Gründe, [X.]E 99, 140). Erforderlich ist, dass die Grenzziehung zwischen [X.]egünstigten und [X.]enachteiligten unmittelbar an den sachlichen Grund anknüpft ([X.] in [X.]/[X.]chlachter [X.] 2. Aufl. § 4 Rn. 61).

bb) Die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] soll einen Anreiz zur Wiedereingliederung der von den [X.]tationierungsstreitkräften entlassenen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt schaffen. Zur Erreichung dieses Zwecks ist sie geeignet und erforderlich.

(1) Der TV [X.] dient in der Gesamtschau mit dem Abkommen zur Änderung des [X.] vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der [X.] stationierten ausländischen Truppen vom 21. Oktober 1971 ([X.]II 1973 [X.]. 143) einer Verbesserung der Rechtslage der bei den ausländischen [X.] beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere deren [X.] [X.]icherung ([X.]. 7/361 [X.]. 2). Das Regelungskonzept des TV [X.] zielt auf eine schnelle Wiedereingliederung der entlassenen Arbeitnehmer in den Arbeitsprozess. Das bringen § 3 Ziff. 1 und Ziff. 2 TV [X.] zum Ausdruck. Die im Zuge der Wiedereingliederung auftretenden Härten sollen durch die Überbrückungsbeihilfe gemindert werden ([X.]. 7/119 [X.]. 11). Diese [X.]eihilfe soll grundsätzlich nicht die einzige Leistung an den Arbeitnehmer sein, sondern nur die Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt bei den [X.]tationierungsstreitkräften und den anderen Einkünften des Arbeitnehmers ausgleichen. Verschafft sich der Arbeitnehmer derartige Einkünfte nicht, erhält er auch keine Überbrückungsbeihilfe. Daraus wird deutlich, dass § 4 Ziff. 1 und Ziff. 2 TV [X.] bis zur Absicherung durch eine gesetzliche Altersrente einen Anreiz schaffen sollen, damit der Arbeitnehmer entweder durch ein neues Arbeitsverhältnis im Arbeitsprozess verbleibt oder zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, um auf diesem Weg wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden (vgl. [X.] 10. Juli 2003 - 6 [X.] - zu 1 b aa und 2 der Gründe; 22. Dezember 1994 - 6 [X.] - zu II 2 der Gründe).

(2) Die [X.] des § 4 TV [X.] entfaltet sich vor allem durch die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.]. [X.]ie hält den Arbeitnehmer dazu an, in einem zeitlich bestimmten Mindestumfang zu arbeiten. Die Tarifvertragsparteien haben sich dabei bewusst für eine [X.]egrenzung auf eine Mindestarbeitszeit, nicht aber für eine Mindesthöhe des anderweitig erzielten Entgelts entschieden (vgl. [X.] 22. Dezember 1994 - 6 [X.] - zu II 2 der Gründe). [X.]ie haben die Grenze von 21 [X.]tunden nicht willkürlich gegriffen, sondern sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der [X.]n an der im [X.]punkt des Abschlusses des Tarifvertrags geltenden Regelarbeitszeit von 42 [X.]tunden orientiert. Zugleich haben sie berücksichtigt, dass nach der bei Abschluss des TV [X.] geltenden Rechtslage ein Arbeitnehmer als arbeitslos galt, der geringfügig beschäftigt war. Geringfügig war eine [X.]eschäftigung von nicht mehr als 20 [X.]tunden (§§ 101, 102 Abs. 1 [X.] idF vom 25. Juni 1969, [X.]I [X.]. 582). Arbeitnehmer, die 20 oder weniger [X.]tunden arbeiteten und daneben Leistungen der Arbeitsverwaltung erhielten, hatten demnach grundsätzlich bereits Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. b TV [X.]. Mit der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] haben die Tarifvertragsparteien die beiden unterschiedlichen Tatbestände der Ergänzung von Arbeitsentgelt aus anderweitiger [X.]eschäftigung und der Ergänzung von Leistungen aus Anlass der Arbeitslosigkeit in § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a und b TV [X.] voneinander abgegrenzt und dabei zugleich einen angemessenen Abstand zur Arbeitslosigkeit i[X.]d. §§ 101, 102 Abs. 1 [X.] in der bei Abschluss des TV [X.] geltenden Fassung vorgesehen.

(3) Mit dieser rechtlichen Ausgestaltung haben die Tarifvertragsparteien entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die mehr als 21 [X.]tunden arbeiten, und solchen die diese [X.]tundenzahl unterschreiten, getroffen, ohne ihren Gestaltungsspielraum zu überschreiten. Allerdings trifft der Hinweis des Arbeitsgerichts zu, dass ein [X.] im Einzelfall aus einer Tätigkeit von 21 [X.]tunden oder weniger eine höhere Vergütung erzielen kann als ein anderer [X.] in einem Arbeitsverhältnis mit mehr als 21 [X.]tunden. Den Tarifvertragsparteien kam es aber ausgehend vom Regelungszweck des TV [X.] offenkundig nicht auf ein Mindestmaß an Einkommen und damit eine Minderung der Leistungen des [X.] an. Vielmehr wollten sie sicherstellen, dass Arbeitnehmer mit Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe durch die [X.]egründung eines Arbeitsverhältnisses mit ursprünglich mehr als 50 % des Arbeitsvolumens eines Vollzeitbeschäftigten überhaupt eine Erwerbstätigkeit in mehr als geringfügigem Umfang i[X.]d. bei Abschluss des TV [X.] geltenden § 102 [X.] ausüben und sich so wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern (vgl. [X.][X.]G 8. Oktober 1981 - 7 [X.]/80 -). Diese Grenzziehung knüpft damit unmittelbar an den sachlichen Grund, eine [X.] zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu schaffen, an. Die ihr zugrunde liegenden Annahmen halten sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zukommenden [X.] (vgl. dazu [X.] 27. Februar 2014 - 6 [X.] - Rn. 27; 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 34).

(4) Die Regelung ist auch geeignet und erforderlich, den gewünschten Anreiz zu setzen. Das zeigen der Vortrag des [X.], der einräumt, das Arbeitsverhältnis bei der Firma [X.] an den Vorgaben des TV [X.] ausgerichtet zu haben und das Verhalten des [X.] im Verfahren - 6 [X.] -, der ebenfalls versucht hatte, das Arbeitsverhältnis nach den Vorgaben des TV [X.] zu gestalten.

(5) Die Rechtfertigung der unterschiedlichen [X.]ehandlung von Teilzeitbeschäftigten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von mehr als 21 [X.]tunden bzw. 21 [X.]tunden oder weniger ist nicht durch die zwischenzeitlichen Änderungen des [X.]ozialversicherungsrechts entfallen. Die Höchstgrenze für geringfügige bzw. kurzzeitige [X.]eschäftigungen i[X.]d. § 102 [X.] ist zwar nachfolgend auf 18 [X.]tunden und später durch § 119 Abs. 3 [X.]G[X.] III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung bzw. § 138 Abs. 3 [X.]G[X.] III auf 15 [X.]tunden abgesenkt worden (vgl. [X.] in [X.]/Noftz [X.]G[X.] III 2. Aufl. [X.]tand Mai 2012 K § 138 Rn. 24). Dadurch ist zwar der Abstand zwischen einer [X.]eschäftigungslosigkeit i[X.]d. [X.]G[X.] III, die einen Anspruch nach § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. b TV [X.] begründen kann, und einem berücksichtigungsfähigen Arbeitsverhältnis i[X.]d. § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] vergrößert worden. Zugleich ist damit aber auch die von den Tarifvertragsparteien verfolgte [X.] verstärkt worden. Der Arbeitnehmer soll eine Tätigkeit ausüben, die zu einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt führt. Das ist bei einer Tätigkeit mit mehr als 21 [X.]tunden in größerem Maß zu bejahen als bei einer solchen mit 15 [X.]tunden oder weniger.

2. Der Kläger hatte für die [X.] seit dem 1. November 2006 auch keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. b TV [X.]. Er war zwar bei einer monatlichen Arbeitszeit von 40 [X.]tunden beschäftigungslos i[X.]d. § 138 Abs. 3 [X.]G[X.] III. Der Kläger hat jedoch nicht vorgetragen, Leistungen der [X.] bezogen zu haben, sondern offensichtlich von seinen Ersparnissen gelebt. Darum kann dahinstehen, ob einem Anspruch nach § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. b TV [X.] für die [X.] ab dem 1. November 2006 § 8 Ziff. 1 [X.]uchst. [X.][X.] entgegengestanden hätte, wie die [X.] in der Revisionsinstanz geltend gemacht hat. Ob der Kläger, wie von der [X.]n angenommen, zumindest eine Drittelrente hätte beziehen können, kann der [X.]enat ohnehin nicht feststellen. Maßgeblich dafür wäre zunächst die individuelle Hinzuverdienstgrenze des [X.] (vgl. [X.][X.]G 1. Februar 2005 - [X.] 8 KN 6/04 R - Rn. 29). Diese ist vom [X.] nicht festgestellt worden. Für deren Höhe sind auch keine unstreitigen Tatsachen in der Revisionsinstanz vorgetragen. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb auch, ob der Anspruch auf eine solche oder eine andere Teilrente überhaupt zum Erlöschen der Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 [X.]uchst. [X.][X.] führt.

3. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des [X.]chadenersatzes (§ 280 Abs. 1 [X.]G[X.] iVm. § 241 Abs. 2 [X.]G[X.]) zu.

a) Der Kläger macht nicht geltend, die [X.] habe Hinweis- und Aufklärungspflichten verletzt. Er beruft sich darauf, die [X.] habe ihm wider besseren Wissens unzutreffende Auskünfte über eine ab dem 1. November 2006 bestehende Rentenberechtigung und den daraus folgenden Fortfall der Überbrückungsbeihilfe erteilt. Dem Arbeitgeber obliegt zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen ([X.] 26. [X.]eptember 2012 - 10 [X.] - Rn. 63). Erteilt er aber Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein ([X.] 12. Dezember 2002 - 8 [X.] - zu II 2 a aa der Gründe; 23. Mai 1989 - 3 [X.] - zu 2 b der Gründe).

b) Die von der [X.]n mit [X.]chreiben vom 27. Juni 2006 erteilten Informationen waren nicht falsch. Mit diesem [X.]chreiben hat die [X.] nur auf die Regelung des § 8 Ziff. 1 [X.]uchst. [X.][X.] sowie darauf hingewiesen, dass diese Regelung ab dem 1. November 2006 Wirkung entfalten „könnte“, weil der Kläger berechtigt sein könnte, eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen. [X.]ie hat dem Kläger Gelegenheit gegeben, nachzuweisen, dass diese Voraussetzungen nicht vorlägen. [X.]ie hat gerade nicht auf die Hinzuverdienstgrenzen abgestellt, sondern erkennbar allein auf die Möglichkeit des § 36 [X.]atz 2 [X.]G[X.] VI, wonach eine Rente wegen Alters vorzeitig nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werden kann. [X.]ie hat dem Kläger insbesondere nicht mitgeteilt, er werde nach dem 31. Oktober 2006 unabhängig davon, ob er das Arbeitsverhältnis zur Firma [X.] beibehalte, keinen Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe mehr haben. Im [X.] handelt es sich bei diesem [X.]chreiben um keine Auskunft über die Rentenberechtigung des [X.], sondern um eine Anfrage nach einer solchen.

c) Es kann dahinstehen, ob der zuständige [X.]achbearbeiter nach Erhalt des [X.]chreibens vom 27. Juni 2006 im Hinblick auf die damals noch bestehende Weisungslage (vgl. 2.2.8 der Erläuterungen zu § 2 Ziff. 2 TV [X.] idF vom Mai 2006) bei einer mündlichen Auskunft über die Rentenberechtigung des [X.] § 34 Abs. 3 [X.]G[X.] VI rechtswidrig nicht berücksichtigt hat (zum Fortbestand des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe, wenn die Hinzuverdienstgrenzen überschritten sind, vgl. [X.] 19. Dezember 2013 - 6 [X.] - Rn. 13 ff.), und ob sich die [X.] dies zurechnen lassen müsste. Jedenfalls hat der Kläger, den insoweit die Darlegungs- und [X.]eweislast trifft (vgl. [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 65, [X.]E 134, 202), nicht dargelegt, dass diese von ihm behauptete Pflichtverletzung kausal für den geltend gemachten [X.]chaden gewesen wäre.

aa) Der Kläger hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass die behauptete Pflichtverletzung ursächlich für seine Entscheidung war, die Arbeitszeit auf weniger als 21 [X.]tunden zu reduzieren. Das macht die [X.] zu Recht geltend. Dem Kläger war nach seinem Vortrag die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.] bekannt. An ihr habe er das Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] ausgerichtet, weil er sich im Hinblick auf die zur Absicherung seiner wirtschaftlichen Existenz notwendige Überbrückungsbeihilfe gehalten gesehen habe, im tariflich verlangten Umfang zu arbeiten. Erst und nur wegen des Wegfalls dieser Zahlung habe er es sich erlauben können, seine Wochenarbeitszeit zu reduzieren. Dadurch hat der Kläger sein Monatseinkommen von mehr als 4.100,00 Euro brutto (rund 3.300,00 Euro Überbrückungsbeihilfe [X.] rund 800,00 Euro Entgelt) auf nur noch 410,00 Euro monatlich reduziert. Altersrente hat er unstreitig erst seit 1. November 2008 bezogen. Dies ist angesichts seines Vortrags, er sei gerade auf die Überbrückungsbeihilfe angewiesen gewesen, um seine wirtschaftliche Existenz zu sichern, nicht nachvollziehbar. Ausgehend davon wäre nachvollziehbar allein die Erhöhung der Arbeitszeit, die [X.]egründung eines zweiten, zusätzlichen Arbeitsverhältnisses oder jedenfalls das [X.]tellen eines Rentenantrags gewesen, um auf diese Weise Einkünfte in zumindest vergleichbarer Höhe zu erzielen. Die Tatsache, dass der Kläger keine dieser Handlungsmöglichkeiten gewählt hat, lässt den Rückschluss zu, dass er seine Arbeitszeit ohnehin reduzieren wollte. Angesichts dieser Umstände hätte es entgegen der Ansicht des [X.] näherer Darlegung bedurft, dass er das Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] unverändert fortgesetzt hätte, wenn er die Möglichkeit gekannt hätte, weiterhin Überbrückungsbeihilfe zu beziehen.

bb) Zudem fehlt der für einen [X.]chadenersatzanspruch erforderliche Zurechnungszusammenhang. Das hat das [X.] zutreffend angenommen.

(1) Der geltend gemachte [X.]chaden ist durch die auf dem freien Willensentschluss des [X.] beruhende Entscheidung, den Arbeitgeber zu wechseln und die Arbeitszeit zu reduzieren, entstanden. Dadurch sind die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 [X.]uchst. a TV [X.], wie ausgeführt, entfallen. [X.]ei derartigen Eingriffen des Geschädigten in den Kausalverlauf ist der dadurch ausgelöste [X.]chaden dem [X.]chädiger nur zuzurechnen, wenn für das schädigende Verhalten nach dem haftungsbegründenden Ereignis ein rechtfertigender Anlass bestand oder der Entschluss des Geschädigten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und keine ungewöhnliche oder unangemessene Reaktion auf die [X.]chädigung darstellt ([X.] 21. November 2000 - 3 [X.] [X.] 2 b dd der Gründe; [X.]GH 17. Oktober 2000 - [X.] - zu 2 d der Gründe). Die Haftung entfällt, wenn die Handlung des Verletzten völlig unsachgemäß und unvertretbar ist (vgl. [X.]GH 28. Januar 2010 - III ZR 75/09 - Rn. 6 mwN).

(2) Die Reaktion des [X.] auf die behauptete fehlerhafte Auskunft war nicht nachzuvollziehen. Ausgehend vom Vortrag des [X.], der annimmt, dass die [X.] um die fehlende Rentenberechtigung wusste, musste diese damit rechnen, dass der Kläger alles tun würde, um seinen bisherigen Lebensstandard beizubehalten. Angemessen wäre, wie ausgeführt, allenfalls die Reaktion gewesen, das Arbeitsverhältnis bei der Firma [X.] zu beenden und Altersrente in Anspruch zu nehmen oder die Arbeitszeit zu erhöhen, sei es im Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.], sei es durch [X.]egründung eines weiteren Arbeitsverhältnisses oder durch den Wechsel des Arbeitgebers unter Vereinbarung einer [X.]tundenzahl von mehr als 22,5. Die [X.] konnte nicht damit rechnen, dass der Kläger kündigen würde, um seine Arbeitszeit zu reduzieren, und so auf einen erheblichen Teil seines Einkommens verzichten würde.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    [X.]pelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Kammann    

        

    Cl. [X.]    

                 

Meta

6 AZR 993/12

31.07.2014

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Kaiserslautern, 3. April 2012, Az: 7 Ca 1499/11, Urteil

§ 4 Abs 1 TzBfG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.07.2014, Az. 6 AZR 993/12 (REWIS RS 2014, 3653)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3653

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Referenzen
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1 Ga 1/18

8 Sa 1091/13

8 Sa 764/13

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