Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.01.2022, Az. B 4 AS 314/21 B

4. Senat | REWIS RS 2022, 2200

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionszulassung - Verfahrensfehler - Gerichtsbescheid - Beantragung mündlicher Verhandlung


Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 3. September 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen,

wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Klägerin selbst hat mit Schreiben vom 14.10.2021 gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von [X.] unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Der [X.] lässt offen, ob es zur Unzulässigkeit des Antrags führt, dass die Antragsschrift offenbar von einer nicht zur Vertretung vor dem [X.] (vgl § 73 Abs 4 Satz 2 [X.]G) verfasst wurde, oder ob dies unschädlich ist, weil letztlich die Klägerin, die sich im Prozesskostenhilfeverfahren vor dem [X.] nicht vertreten lassen muss (§ 73 Abs 4 Satz 1 [X.]G), die Antragsschrift unterzeichnet hat.

2

Der [X.] ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem [X.] nur dann [X.] bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 [X.]G) in der Lage wäre, die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des [X.] erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von [X.] besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 121 ZPO).

3

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichts- und Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin nicht erkennbar.

4

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil es - ebenso wie das [X.] - die Feststellungsklage der Klägerin wegen deren Subsidiarität für unzulässig erachtet hat. Dies wirft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf, da die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage in der Rechtsprechung bereits geklärt sind (vgl zur Subsidiarität der Feststellungsklage etwa [X.] vom 8.5.2007 - B 2 U 3/06 R - [X.] 4-2700 § 136 [X.] 3 Rd[X.]1; [X.] vom [X.] [X.]/12 R - [X.]E 113, 177 = [X.] 4-1200 § 60 [X.] 3, Rd[X.]2; vgl auch [X.] vom 2.8.2001 - [X.] [X.] 18/00 R - [X.] 3-1500 § 55 [X.] 34 Rd[X.]1 zum Feststellungsinteresse; [X.] vom 28.8.2007 - [X.]/7a [X.] 16/06 R - [X.] 4-1500 § 131 [X.] 3 Rd[X.]1 zur Fortsetzungsfeststellungsklage). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist anhand der jeweiligen konkreten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ([X.] vom 4.11.2021 - [X.]1 [X.] 15/21 BH - juris Rd[X.] 3).

5

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht, weshalb eine [X.] keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

6

Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]G). Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Auffassung des [X.], dass die Feststellungsanträge unzulässig seien, fehlerhaft ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass - wie die Klägerin offenbar meint - der Entscheidung des [X.] entgegengestanden hätte, dass die Klägerin nach Erlass des [X.] gemäß § 105 Abs 2 Satz 2 [X.]G mündliche Verhandlung beantragt hätte. Dabei kann dahinstehen, ob man dem Schriftsatz der Klägerin vom 14.8.2020 einen solchen Antrag überhaupt entnehmen kann. Jedenfalls wäre ein solcher Antrag unstatthaft gewesen, weil gegen die Entscheidung des [X.] die Berufung statthaft gewesen ist. § 105 Abs 2 Satz 3 [X.]G konnte daher mangels zulässigen Antrags auf mündliche Verhandlung nicht zur Anwendung kommen, so dass das [X.] schon deswegen über die Berufung entscheiden durfte (vgl [X.] vom 31.1.2017 - [X.]3 R 33/16 BH - juris Rd[X.]8).

7

Auch die Mitwirkung der Präsidentin des [X.] an der Entscheidung des Berufungsgerichts stellt keinen Verfahrensmangel dar. Die Klägerin trägt insoweit vor, die Präsidentin sei "wegen ihrer Funktion als Disziplinarvorgesetzte und Verantwortliche für die Entscheidung über geltend gemachte Staatshaftungsansprüche sowie über Regress - dem Gesetz nach - vom Verfahren ausgeschlossen" und wäre "auch sonst abzulehnen". Indes gehen die gesetzlichen Regelungen selbst davon aus, dass [X.] spruchrichterliche Tätigkeiten ausüben dürfen, also nicht von Gesetzes wegen ausgeschlossen sind (vgl § 30 Abs 1, § 33 Abs 1 Satz 1 [X.]G; § 6 [X.]G iVm § 21e Abs 1 Satz 3 GVG). Dass vom Präsidenten eines Gerichts dienstaufsichtsführende und spruchrichterliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ist nicht zuletzt deswegen unproblematisch, weil beide Aufgaben strikt getrennt sind (vgl § 26 Abs 1 DRiG). Gegenstand der Dienstaufsicht als Teil der Gerichtsverwaltung kann gerade nicht die in richterlicher Unabhängigkeit (Art 97 Abs 1 GG) ausgeübte spruchrichterliche Tätigkeit sein (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/Müller, BeckOGK [X.]G, 2. Aufl 2021, § 9 Rd[X.]7 ff, Stand 1.11.2021; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 9 Rd[X.] 6, 6a). Ein Ablehnungsgesuch schließlich hat die Klägerin vor dem [X.] nicht gestellt, so dass hierauf die Nichtzulassungsbeschwerde schon deswegen nicht gestützt werden kann (vgl [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.]G, 2017, § 60 Rd[X.]76).

8

Keinen Verfahrensmangel begründet auch der Umstand, dass das [X.] am selben Tag über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren entschieden hat, an dem es die Berufung zurückgewiesen hat. Dies gilt schon deswegen, weil nicht erkennbar ist, unter welchem Gesichtspunkt für das Berufungsverfahren eine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden haben sollte. Fehler bei der Ablehnung von [X.] führen nicht zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn zwar die Ablehnung verfahrensfehlerhaft spät zustande gekommen ist, in der Sache aber zu keinem Zeitpunkt eine Gewährung von [X.] in Betracht gekommen und die Ablehnung deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (vgl [X.] vom [X.] - [X.]4 [X.]/18 B - juris Rd[X.] 6 mwN; [X.] vom 22.7.2020 - [X.]3 R 17/19 BH - juris Rd[X.] 8 mwN). Unabhängig davon unterliegen gemäß § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 557 Abs 2 ZPO diejenigen Entscheidungen des Berufungsgerichts, die dem Endurteil vorausgegangen sind, der Beurteilung des [X.] nicht, wenn sie unanfechtbar sind. Da [X.]-Beschlüsse des [X.] gemäß § 177 [X.]G unanfechtbar sind, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Rüge angeblich fehlerhafter Behandlung eines [X.]es gestützt werden ([X.] vom 12.3.2021 - B 4 [X.]/20 B - juris Rd[X.] 5 mwN). Ob etwas anderes gilt, wenn die Entscheidung über [X.] auf Willkür beruht (so etwa [X.] vom [X.] KR 3/20 BH - juris Rd[X.]9), kann dahinstehen, denn Anhaltspunkte für eine willkürliche Entscheidung bestehen nicht. Das Argument der Klägerin, die Entscheidung über das [X.]-Gesuch müsse so rechtzeitig vor der Hauptsacheentscheidung ergehen, dass gegen sie ein Rechtsmittel eingelegt werden könne, übersieht, dass gegen die Entscheidung des [X.] über den [X.] gerade kein Rechtsmittel gegeben ist.

9

Schließlich vermag auch die Rüge der Klägerin, dass [X.] hätte Beiladungen zu Unrecht unterlassen, nicht durchzugreifen. Das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach § 75 Abs 1 Satz 1 [X.]G stellt grundsätzlich keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G dar (zuletzt etwa [X.] vom [X.] [X.] [X.]/20 B - juris Rd[X.]2 mwN). Und selbst eine - hier nicht ersichtliche - Verletzung des § 75 Abs 2 [X.]G müsste jedenfalls deswegen ohne Folgen bleiben, weil die Berufung unter keinen Umständen zum Erfolg führen kann (vgl [X.] vom 25.10.2012 - [X.] VJ 5/10 B - juris Rd[X.]4).

Auf die Frage, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von [X.] vorliegen, kommt es damit nicht an.

Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]G). Die Verwerfung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.]G ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G.

            [X.]                 [X.]

Meta

B 4 AS 314/21 B

06.01.2022

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dresden, 10. August 2020, Az: S 5 SV 108/19, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 105 Abs 2 S 2 SGG, § 105 Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.01.2022, Az. B 4 AS 314/21 B (REWIS RS 2022, 2200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2200

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