Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.11.2015, Az. III ZB 84/15

3. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1695

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kleingartenpacht: Bemessung des Beschwerdegegenstandes für die Berufung nach Verurteilung zur Räumung und Herausgabe einer Kleingartenparzelle


Leitsatz

Zur Bemessung des Beschwerdewerts bei einer Verurteilung zur Räumung und Herausgabe eines Kleingartens.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 26. Mai 2015 - 2 S 9/15 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des [X.] haben die Kläger zu tragen.

Der Streitwert für die Rechtsbeschwerde beträgt 119,36 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines Pachtverhältnisses über einen Kleingarten. Mit ihrer Klage haben die Kläger - als Pächter - beantragt festzustellen, dass die vom beklagten [X.] unter dem 29. Juli 2014 ausgesprochene Kündigung das Pachtverhältnis nicht beendet habe. Der Beklagte hat hierauf Widerklage erhoben mit den Anträgen, die Kläger gesamtschuldnerisch zur Räumung und Herausgabe des [X.] ([X.] zu 1) sowie "insbesondere" zur Beseitigung von drei Koniferen, zwei Eiben, einer großen Birke, eines Nadelbaums, eines Ahornbaums und einer großen Zwergkiefer zu verurteilen, die sich auf dem [X.] befinden ([X.] zu 2). Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Kläger auf die Widerklage zur Räumung und Herausgabe des [X.] verurteilt; den [X.] auf Beseitigung der Bäume ([X.] zu 2) hat es mit der Begründung abgewiesen, dass dem Beklagten hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil sich die Beseitigungspflicht der Kläger bereits aus der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des [X.]s (in Verbindung mit den Regelungen des Pachtvertrags) ergebe. Die Berufung hat das Amtsgericht ausdrücklich nicht zugelassen.

2

Die gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung der Kläger hat das [X.] als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass der Wert des [X.] gemäß §§ 8, 9 ZPO lediglich 417,76 € (3½-facher Betrag der jährlichen Pacht von 119,36 €) betrage und somit unterhalb der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (600 €) liege.

3

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Wert des [X.] zutreffend mit 417,76 € ermittelt und die Berufung daher zu Recht wegen Unterschreitung der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig verworfen.

5

1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die Ermittlung des [X.] auf §§ 8, 9 ZPO abgestellt und hiernach den dreieinhalbfachen Jahrespachtzins zugrunde gelegt.

6

a) § 8 ZPO findet auch auf Kleingartenpachtverhältnisse im Sinne des Bundeskleingartengesetzes Anwendung (Senatsurteil vom 17. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 867, 868; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - [X.], [X.], 461, 462 Rn. 6; vom 11. Dezember 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 775 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2009 - [X.], [X.] 2010, 1723 Rn. 9). Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (Senatsurteil vom 17. März 2005 aaO [X.]; Senatsbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 aaO Rn. 7; vom 11. Dezember 2008 aaO und vom 17. Dezember 2009 aaO mwN).

7

b) § 8 ZPO erfasst neben Räumungsklagen auch Feststellungsklagen, wobei für diese kein Bewertungsabschlag vorzunehmen ist (s. dazu [X.], Beschluss vom 29. Oktober 2008 - [X.]/08, NJW-RR 2009, 156 f Rn. 7 ff mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 aaO Rn. 12).

8

c) Der Wert der Beschwer der Kläger aus ihrer Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des [X.] sowie aus der Abweisung ihrer Feststellungsklage sind nicht zu addieren, weil zwischen der Feststellungsklage und der Räumungswiderklage eine wirtschaftliche Identität besteht; es verbleibt daher insgesamt bei dem Wert des dreieinhalbfachen [X.] (s. dazu [X.], Urteil vom 28. September 1994 - [X.], NJW 1994, 3292 mwN; vgl. auch [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 224).

9

2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind die voraussichtlichen Kosten für die Beseitigung der Bäume nicht hinzuzurechnen.

a) Der Wert der Beschwer bemisst sich bei einer Verurteilung zur Räumung, die den ([X.] auch dazu verpflichtet, die von ihm angebrachten Einrichtungen und Anpflanzungen auf dem verpachteten Grundstück zu entfernen, allein nach § 8 ZPO. Der Kostenaufwand zur Erfüllung der [X.] ist nach dem Wortlaut des § 8 ZPO ohne Bedeutung; für die Anwendung von § 3 ZPO neben § 8 ZPO ist insoweit kein Raum (s. Senatsbeschluss vom 29. April 2004 - [X.], BeckRS 2004, 04908; [X.], Beschlüsse vom 13. Oktober 2004 aaO und vom 16. März 2012 - [X.] 3/11, NJW-RR 2012, 1103, 1104 Rn. 10, jeweils mwN; s. auch [X.], Beschluss vom 13. November 2012 - 5 U 18/12 ([X.]), BeckRS 2013, 08957).

b) Anders verhält es sich, wenn der (Wider-)Beklagte im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung (§ 260 ZPO) sowohl zur Herausgabe eines Grundstücks als auch zur Beseitigung von Bauwerken oder Einrichtungen

verurteilt wird. In diesem Fall beruht die Verurteilung auf zwei Klageanträgen mit zwei verschiedenen Streitgegenständen. Hier erfolgt gemäß § 5 ZPO eine Addition des nach § 8 ZPO zu bestimmenden Werts der Beschwer der Verurteilung zur Herausgabe und des nach § 3 ZPO (nach den dafür aufzuwendenden Kosten) zu bemessenden Werts der Beschwer für die Beseitigung ([X.], Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - [X.], [X.], 525 f und vom 16. März 2012 aaO Rn. 11, 14; s. auch [X.] aaO; KG, [X.] 2013, 1260; [X.], Beschluss vom 2. Juni 2014 - 3 W 65/14, BeckRS 2014, 13191).

c) Im vorliegenden Fall sind die Kläger indes nicht im Rahmen einer objektiven (Wider-)Klagehäufung neben der Herausgabe und Räumung des [X.] zur Beseitigung der Bäume verurteilt worden; vielmehr ist der auf die Beseitigung der Bäume gerichtete [X.] zu 2 vom Amtsgericht abgewiesen worden. Soweit das Amtsgericht in seinem Urteil die Auffassung vertreten hat, dass die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des [X.] die Verpflichtung zur Beseitigung der Bäume einschließe, rechtfertigt dies keine Wertaddition nach §§ 3, 5 ZPO, weil eine etwaige Beseitigungsverpflichtung der Kläger hiernach nicht neben der Räumung und Herausgabe ausgesprochen worden, sondern Bestandteil der Räumung und Herausgabe wäre.

3. [X.] bemisst sich gemäß § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nach dem einfachen Betrag des [X.].

Seiters                      Wöstmann                      Tombrink

              Remmert                          Reiter

Meta

III ZB 84/15

26.11.2015

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 26. Mai 2015, Az: 2 S 9/15

§ 8 ZPO, § 9 ZPO, § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 1 BKleingG, §§ 1ff BKleingG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.11.2015, Az. III ZB 84/15 (REWIS RS 2015, 1695)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1695

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZB 84/15 (Bundesgerichtshof)


III ZB 106/22 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 383/18 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltskosten: Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bei Verurteilung des Vermieters zur Mängelbeseitigung


III ZR 525/16 (Bundesgerichtshof)

Klage auf Feststellung des Fortbestands eines Pachtverhältnisses: Bemessung des Zuständigkeits-, Rechtsmittel- und Gebührenstreitwerts; Rechtskraftwirkung eines …


III ZR 525/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

III ZB 93/22

III ZB 106/22

III ZR 222/18

III ZR 525/16

III ZR 525/16

III ZB 84/15

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.