Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 07.02.2024, Az. 7 ABR 8/23

7. Senat | REWIS RS 2024, 2021

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Gegenstand

Betriebsrat - Schulungsanspruch - Schulungsformat - Freistellung von Kosten - Beurteilungsspielraum des Betriebsrats


Leitsatz

Eine durch Tarifvertrag errichtete Personalvertretung in einem Luftfahrtunternehmen, für deren Kosten, Sachaufwand und Schulungen die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes gelten, hat bei der Entscheidung über die Entsendung ihrer Mitglieder auf eine Schulung einen Beurteilungsspielraum, der sich grundsätzlich auch auf das Schulungsformat erstreckt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 24. November 2022 - 8 TaBV 59/21 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Personalvertretung von schulungsbedingten Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist eine Luftverkehrsgesellschaft mit [X.]itz in [X.]. Antragstellerin ist die bei ihr auf Grundlage des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 für die Beschäftigten des [X.] der [X.] vom 20. August 2019 ([X.]) gebildete Personalvertretung ([X.] [X.]abine). Für diese findet nach § 1 Abs. 3 [X.], sofern „durch diesen Tarifvertrag nichts anderes bestimmt wird“, das [X.] ([X.]) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Der [X.] enthält weder Bestimmungen über [X.]osten und [X.]achaufwand der [X.] [X.]abine noch über deren [X.]chulungsanspruch.

3

Die [X.] [X.]abine beabsichtigte, ihre im [X.] 2021 in das Gremium nachgerückten Mitglieder [X.] (wohnhaft in [X.]) und [X.] (wohnhaft in [X.]öln) zu dem von der [X.] in der [X.] vom 24. bis zum 27. August 2021 in [X.] auf [X.] angebotenen [X.]eminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ zu entsenden. Die Arbeitgeberin stellte die Erforderlichkeit dieser Grundlagenschulung nicht prinzipiell in Abrede, bat aber darum, aus [X.]ostengründen ein inhaltsgleiches ortsnahes [X.]eminar oder - was vom [X.] auch angeboten wurde - [X.] auszusuchen. Die von ihr konkret als Alternativen benannten Präsenzseminare fanden statt vom 16. bis zum 19. August 2021 in [X.], vom 23. bis zum 26. August 2021 in [X.] und vom 27. bis zum 30. [X.]eptember 2021 in [X.]öln. Die [X.]eminarinhalte waren jeweils identisch, die [X.]eminargebühren jeweils gleich hoch. Für alle Präsenzseminare sowie für das [X.] waren Anfang Juli 2021 noch jeweils zwei Teilnehmerplätze buchbar. [X.] befand sich vom 1. bis jedenfalls zum 21. August 2021 im Erholungsurlaub. Herr [X.] absolvierte in seiner Funktion als Trainer am 16./17. August 2021 einen dienstlichen Einsatz.

4

Nachdem die [X.] [X.]abine der Arbeitgeberin mitgeteilt hatte, dass sie nunmehr die Entsendung ihrer beiden Mitglieder auf eine - nach ihrer Einschätzung mit einer [X.]ostenersparnis gegenüber dem [X.]eminar in [X.] von ca. 500,00 [X.] verbundene - Grundlagenschulung vom 24. bis 27. August 2021 in [X.] beschlossen habe, nahmen [X.] und Herr [X.] an dieser teil. [X.]ie reisten mittels eines von der Arbeitgeberin durchgeführten - mithin keine gesonderten [X.]osten verursachenden - Flugs nach [X.] und von dort weiter mit dem [X.] zum [X.]eminarhotel in [X.]. Im [X.] stellte die [X.] der [X.] [X.]abine [X.]eminargebühren iHv. 1.528,00 [X.] [X.] Umsatzsteuer (insg. 1.818,32 [X.]) sowie Übernachtungs- und Verpflegungskosten iHv. 1.108,62 [X.] [X.] Umsatzsteuer (insg. 1.319,26 [X.]) in Rechnung.

5

Nach Zahlungsverweigerung durch die Arbeitgeberin hat die [X.] [X.]abine mit dem von ihr eingeleiteten Beschlussverfahren ihre Freistellung von diesen [X.]osten geltend gemacht. [X.]ie hat die Auffassung vertreten, sie müsse sich weder auf ein [X.] noch auf die von der Arbeitgeberin angeführten anderen [X.]chulungsorte verweisen lassen. [X.] und [X.] seien qualitativ nicht gleichwertig. Zum einen sei die sog. Nettoschulungszeit beim [X.] kürzer als beim Präsenzseminar. Zum anderen hätten die Personalvertretungsmitglieder die Erfahrung gemacht, dass die bei [X.]en virtuell vermittelten Inhalte aufgrund der völlig anderen [X.]chulungssituation nicht so intensiv behandelt würden und sich dies im Verhältnis zu Präsenzseminaren in einem geringeren Lernerfolg niederschlage. Auch sei der Austausch zwischen den Teilnehmern und den Referenten bei Online-[X.]eminaren aufgrund der höheren [X.]ommunikationshürden deutlich erschwert. Bei der Entscheidung für ein Präsenzseminar anstelle eines [X.]s habe die Präferenz der beiden zu schulenden Mitglieder hierfür berücksichtigt werden dürfen. Für diese sei das von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Präsenzseminar in [X.] aus [X.]gründen nicht in Betracht gekommen. Auch müsse sich die [X.] [X.]abine im Hinblick auf ihre verbleibende Amtszeit nicht auf das erst ca. fünf Wochen später in [X.]öln stattfindende [X.]eminar verweisen lassen. Im Übrigen wären beim Besuch der [X.]eminare an den anderen [X.]tandorten ebenso jeweils Fahrt- bzw. Übernachtungskosten angefallen.

6

Die [X.] [X.]abine hat zuletzt - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, sie von den Übernachtungs- und Verpflegungskosten für den Besuch der [X.]chulungsveranstaltung zu dem Thema „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ vom 24. bis 27. August 2021 im [X.] Hotel, [X.] iHv. 1.108,62 [X.] (554,31 [X.] je Teilnehmer) [X.] Umsatzsteuer iHv. 210,64 [X.], mithin von einem Betrag iHv. 1.319,26 [X.], gegenüber dem [X.]chulungsträger W AG freizustellen.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. [X.]ie hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht zur Erstattung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten verpflichtet. Diese seien nicht erforderlich gewesen; die [X.] [X.]abine hätte sich aus [X.]ostengründen für ein [X.] entscheiden müssen. Der Lerneffekt in diesem Format sei sogar höher, weil sich die Teilnehmer online viel eher trauten, Fragen zu stellen und mit anderen auszutauschen. Bessere Möglichkeiten zur [X.]ontaktpflege und Vernetzung auf einem Präsenzseminar müssten außer Betracht bleiben, denn sie dienten nicht unmittelbar der Durchführung der Aufgaben der [X.] [X.]abine. Außerdem hätte die [X.] [X.]abine die [X.]chulungskosten wegen der bei der Arbeitgeberin im Jahr 2021 bestehenden, [X.]en [X.]risensituation auf das absolut Notwendige beschränken müssen. Jedenfalls wäre eine Entsendung der nachgerückten Personalvertretungsmitglieder zu einem Präsenzseminar an einen näher gelegenen Ort mit täglicher An- und Rückfahrt angezeigt gewesen.

8

Das Arbeitsgericht hat dem - bei ihm auch noch die [X.]eminargebühren umfassenden - [X.]ostenfreistellungsbegehren entsprochen. Das [X.] hat die auf die Übernachtungs- und Verpflegungskosten beschränkte Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit welcher sie die Abweisung des Antrags in seinem verbliebenen Umfang begehrt. Die [X.] [X.]abine beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

9

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Antrag (auch) in seinem in der [X.] noch zur Entscheidung angefallenen Umfang zu Recht stattgegeben.

I. Der Antrag ist zulässig, insbesondere nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Die [X.] [X.]abine ist auch antragsbefugt. [X.]ie verlangt die Freistellung von [X.]osten, welche die [X.] als [X.]eminaranbieterin in Rechnung gestellt hat.

II. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin ist nach § 1 Abs. 3 [X.] iVm. § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 [X.]atz 1 [X.] verpflichtet, die [X.] [X.]abine von der Verpflichtung zur Zahlung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten iHv. 1.108,62 [X.] [X.] Umsatzsteuer iHv. 210,64 [X.] freizustellen, die anlässlich der Teilnahme der [X.] und [X.] an dem [X.]eminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ vom 24. bis zum 27. August 2021 in [X.] entstanden sind.

1. [X.]osten und [X.]chulung der [X.] [X.]abine richten sich nach dem [X.]. Dessen Anwendung haben die Tarifvertragsparteien mit § 1 Abs. 3 des gemäß § 117 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] geschlossenen [X.] ausdrücklich festgelegt, sofern tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Zu den [X.]osten der [X.] [X.]abine und zu deren [X.]chulung verhält sich der [X.] nicht, so dass die (für den Betriebsrat und seine Mitglieder geltenden) betriebsverfassungsrechtlichen Maßgaben von § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 [X.] anzuwenden sind.

2. Nach § 40 Abs. 1 [X.] hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden [X.]osten zu tragen.

a) Dazu gehören die [X.]osten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer [X.]chulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 [X.] entstanden sind, sofern das bei der [X.]chulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist ([X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - Rn. 17 mwN). Neben den eigentlichen [X.]eminargebühren hat der Arbeitgeber auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds zu tragen ([X.] 24. Oktober 2018 - 7 [X.] - Rn. 11 mwN).

b) Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der [X.]chulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu ([X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - Rn. 18 mwN). Allerdings steht die Pflicht des Arbeitgebers zur [X.]ostentragung nach § 40 Abs. 1 [X.] unter dem in § 2 Abs. 1 [X.] normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Entscheidung über die [X.]chulungsteilnahme darf der Betriebsrat daher nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt ([X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - aaO; vgl. zu § 40 Abs. 2 [X.] [X.] 17. Februar 2010 - 7 [X.] - Rn. 12). Der Betriebsrat ist verpflichtet, den Arbeitgeber nur mit [X.]osten zu belasten, die er für angemessen halten darf. Er hat darauf bedacht zu sein, die durch seine Tätigkeit verursachten [X.]osten auf das notwendige Maß zu beschränken. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche [X.]ituation und die mit dem Besuch der [X.]chulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen und darauf zu achten, dass der [X.] in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht. Daher darf er die Teilnahme an einer [X.]chulungsveranstaltung nicht für erforderlich halten, wenn er sich vergleichbare [X.]enntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann. Der Betriebsrat ist allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Entsprechend muss er sich nicht für die kostengünstigste [X.]chulungsveranstaltung entscheiden, wenn er eine andere [X.]chulung für qualitativ besser hält. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene [X.]chulungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden [X.] als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der [X.]ostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die [X.]osten der preiswerteren Veranstaltung in Betracht kommen (zum Ganzen [X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - aaO).

c) Bei dem Begriff der Erforderlichkeit in § 40 Abs. 1 [X.] handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Würdigung des [X.], ob die vom Betriebsrat oder einem Betriebsratsmitglied verursachten [X.]osten für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich waren, unterliegt in der [X.] nur einer eingeschränkten Nachprüfung darauf, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen wurden (st. Rspr., vgl. [X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - Rn. 19 mwN).

3. Ausgehend von diesen Maßgaben hält die Würdigung des [X.]s, die [X.] [X.]abine habe (auch) die infolge der Teilnahme ihrer Mitglieder [X.] und [X.] an der [X.] in [X.] entstandenen Übernachtungs- und Verpflegungskosten für erforderlich halten dürfen, einer [X.]en Prüfung stand. Das [X.] ist von dem zutreffenden Begriff der Erforderlichkeit ausgegangen und hat alle maßgeblichen Umstände widerspruchsfrei gewürdigt.

a) Die Beteiligten streiten nicht (mehr) darüber, dass das [X.]eminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ thematisch und inhaltlich als Grundlagenschulung für die in die [X.] [X.]abine nachgerückten Mitglieder [X.] und [X.] nach § 1 Abs. 3 [X.] iVm. § 37 Abs. 6 [X.]atz 1 [X.] erforderlich war. Der Darlegung eines besonderen [X.]chulungsbedarfs bedurfte es nicht (vgl. dazu [X.] 17. November 2021 - 7 [X.] - Rn. 21 mwN); die Arbeitgeberin stellt dies auch spätestens seit der Beschwerdeinstanz nicht mehr in Frage.

b) Die Annahme des [X.]s, die [X.] [X.]abine habe hinsichtlich der [X.]ostenbelastung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung getragen und sich weder für die Entsendung ihrer beiden Mitglieder auf ein [X.] noch auf eines der von der Arbeitgeberin angeführten ortsnäheren Präsenzseminare entscheiden müssen, ist [X.] nicht zu beanstanden.

aa) Die [X.] [X.]abine musste sich nicht auf das [X.]-Angebot desselben [X.]s verweisen lassen, wenngleich die Teilnahme der Mitglieder [X.] und [X.] an dem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung zwangsläufig Mehrkosten (im unteren vierstelligen Bereich) verursacht hat. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass (auch) die Auswahl des [X.]chulungsformats generell dem Beurteilungsspielraum der betrieblichen Interessenvertretung unterfällt. Ohne Rechtsfehler hat es weiter angenommen, dass die konkrete Beurteilung der [X.] [X.]abine, das gewählte Präsenzseminar sei gegenüber einem inhaltsgleichen [X.] zu bevorzugen, diesen [X.]pielraum nicht überschreitet. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Arbeitgeberin verfangen nicht.

(1) Der Beurteilungsspielraum eines Betriebsrats (im [X.]treitfall der der [X.] [X.]abine) bezieht sich neben dem Inhalt der [X.]chulungsveranstaltung (vgl. dazu [X.] 14. Januar 2015 - 7 [X.] - Rn. 13) auf Format und Methoden sowie Art und Weise der Wissens- und [X.]enntnisvermittlung und umfasst in diesem [X.]inn auch die Einschätzung der Gleichwertigkeit verschiedener [X.]chulungsangebote. [X.] - wie vorliegend - thematisch identische [X.]chulungsinhalte von einem [X.] in unterschiedlichen [X.]chulungskonzepten und/oder -formaten angeboten, obliegt es grundsätzlich der betrieblichen Interessenvertretung zu entscheiden, von welcher [X.]chulungsform sie sich im Einzelfall den größeren [X.]chulungserfolg verspricht. Das übersieht die Arbeitgeberin, wenn sie bei der qualitativen Vergleichbarkeit von Präsenz- und Online-[X.]eminaren lediglich ihre eigene Bewertung an die [X.]telle derjenigen der [X.] [X.]abine setzt.

(2) Die [X.] [X.]abine hat ihrerseits Gründe für die Bevorzugung eines Präsenzseminars angeführt, die ihren Beurteilungsspielraum nicht überschreiten.

(a) Dabei durfte sie die Erfahrungen und subjektiven Bewertungen ihrer Mitglieder mit Online-[X.]eminaren berücksichtigen. Dies gilt zunächst für den von ihren Mitgliedern aufgrund der Andersartigkeit der [X.]chulungssituation wahrgenommenen geringeren Lernerfolg. Dies gilt aber auch für ihre Einschätzung, es fehle bei einem [X.] an dem mit einem Präsenzseminar vergleichbaren und außerhalb des eigentlichen [X.]eminarprogramms fortgesetzten Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Tätigkeit in einer betrieblichen Interessenvertretung unter den [X.]eminarteilnehmern. Hierin liegt ein zulässiges Beurteilungskriterium (vgl. [X.] 27. Mai 2015 - 7 [X.] - Rn. 24), selbst wenn nach den in den Gründen der angefochtenen Entscheidung getroffenen und mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen (vgl. zur Rechtswirkung von tatsächlichen Feststellungen in den Beschlussgründen zB [X.] 13. November 2019 - 4 [X.] - Rn. 27  mwN) das angebotene Online-Format zur Beteiligung bzw. zum Austausch der - für die [X.]eminarleitung nicht visualisierten - Teilnehmer eine Chatfunktion vorsah. Dies rechtfertigt die Annahme der [X.] [X.]abine, der kommunikative Austausch im konkret angebotenen [X.] sei nicht mit dem bei einem Präsenzseminar vergleichbar gewesen, ohne dass es entscheidend auf die in der angefochtenen Beschwerdeentscheidung insoweit angeführten „persönlichen Erfahrungen des [X.]ammervorsitzenden“ ankäme und die daran anknüpfende Frage, ob damit ein allgemeiner Erfahrungssatz aufgestellt und angewendet sein soll. Entgegen dem Einwand der Arbeitgeberin ist die [X.]ommunikation außerhalb eines „digitalen Raums“ auch nicht von vornherein wegen der mitbestimmungsrechtlichen Besonderheiten einer nach § 117 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] tarifvertraglich errichteten Vertretung zu vernachlässigen. Der von der [X.] [X.]abine im Zusammenhang mit einem Präsenzseminar vorgebrachte Umstand des seminarbegleitenden Wissens- und Erfahrungstransfers durch persönliche Begegnungen und Gespräche basiert selbst bei branchendiversifizierten betrieblichen Interessenvertretern jedenfalls auf keiner realitätsfernen Betrachtung, sondern einer ihr im Rahmen des [X.] zustehenden Einschätzung. Die Arbeitgeberin hat im Übrigen auch keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze geltend gemacht.

(b) Die [X.] [X.]abine konnte bei der Auswahl der [X.]chulungsform außerdem die lernformatbezogenen Präferenzen der [X.]chulungsteilnehmer [X.] und [X.] berücksichtigen. Generell hält es sich bei der Entsendung eines Gremienmitglieds zu einer [X.]chulung im Rahmen des dem Betriebsrat - hier: der [X.] [X.]abine - zustehenden [X.], wenn auch Rücksicht auf in der Person des auf ein [X.]eminar entsandten Mitglieds liegende, nicht unwesentliche Umstände genommen wird (ähnlich [X.] 31. Aufl. § 40 Rn. 74). Daher mag es in anders gelagerten Fällen dazu kommen, dass die betriebliche Vertretung ein [X.] dem Präsenzseminar vorzieht, weil das zu schulende Mitglied - etwa aufgrund privater Betreuungspflichten - eher eine „digitale [X.]chulungsteilnahme“ realisieren kann. Vor diesem Hintergrund ist vorliegend nicht streitentscheidend, ob die sog. Nettoschulungszeiten von Präsenz- und Online-[X.]eminar identisch waren oder nicht.

(3) Die durch die Teilnahme an dem Präsenzseminar verursachten Mehrkosten (Übernachtungs- und Verpflegungskosten) fallen nicht derart ins Gewicht, dass sich die [X.] [X.]abine für das [X.] hätte entscheiden müssen. [X.]ie sind mit 184,77 [X.] netto pro Person und pro Tag (1.319,26 [X.] insgesamt inkl. Umsatzsteuer) - auch im Verhältnis zu den [X.]eminargebühren (1.818,32 [X.] inkl. Umsatzsteuer) - nicht derart hoch, dass eine unangemessene Belastung der Arbeitgeberin erkennbar wäre. Mehraufwand ([X.]osten) und Ertrag (nach Einschätzung der [X.] [X.]abine bessere [X.]ommunikationsmöglichkeiten und dadurch ein höherer Lernerfolg) stehen nicht derart außer Verhältnis, dass die Entscheidung der [X.] [X.]abine gegen das [X.] das [X.]ostenschonungsinteresse der Arbeitgeberin völlig vernachlässigen würde.

(4) Der Einwand der Arbeitgeberin, sie habe sich im Jahr 2021 [X.] in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befunden, verfängt nicht. Denn nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene [X.]chulungsveranstaltungen auch nach Ansicht der betrieblichen Interessenvertretung im Rahmen des ihr zustehenden [X.] als gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der [X.]ostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die [X.]osten der preiswerteren [X.]chulung in Betracht kommen (vgl. [X.] 14. Januar 2015 - 7 [X.] - Rn. 13). Hierfür fehlt es vorliegend bereits daran, dass die [X.] [X.]abine das [X.] - innerhalb ihres [X.] - nicht als gleichwertig ansehen durfte. Ungeachtet dessen hat die Arbeitgeberin ihre damalige - und aus ihrer [X.]icht auch den allein noch verfahrensgegenständlichen Übernachtungs- und Verpflegungskosten entgegenstehende - wirtschaftlich angespannte Lage nicht hinreichend konkret aufgezeigt.

(5) [X.]oweit die Arbeitgeberin erstmals mit ihrer Rechtsbeschwerdebegründung darauf abhebt, die Auswahl eines Präsenzseminars durch die [X.] [X.]abine stelle angesichts der auf die Teilnahme an Online-[X.]chulungen gerichteten betrieblichen Gepflogenheiten eine ungerechtfertigte Besserstellung der Personalvertretungsmitglieder dar und verstoße damit gegen das Begünstigungsverbot von § 1 Abs. 3 [X.] iVm. § 78 [X.]atz 2 Halbs. 1 [X.], verfängt auch dieser Einwand nicht. Ungeachtet dessen, dass sie hierzu neuen, in der [X.] nach § 92 Abs. 2 ArbGG iVm. § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen [X.]achvortrag hält, trifft die darauf gestützte Rechtsansicht der Arbeitgeberin nicht zu.

(a) Zwar ist eine im Betrieb bestehende zumutbare allgemeine Reisekostenregelung grundsätzlich auch für Betriebsratsmitglieder anlässlich der Teilnahme an einer [X.]chulungs- und Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 [X.]atz 1 [X.] verbindlich, wenn die Übernachtungs- und Verpflegungskosten vom Betriebsratsmitglied beeinflusst werden können (vgl. etwa [X.] 24. Oktober 2018 - 7 [X.] - Rn. 19; 28. Oktober 1992 - 7 [X.] - zu [X.] 3 c der Gründe; vgl. ferner [X.] 31. Aufl. § 40 Rn. 52; HW[X.]/[X.] 10. Aufl. § 40 [X.] Rn. 20; [X.]/[X.] 2013, 410, 411; zu Ausnahmen von diesem Grundsatz sh. etwa [X.] 28. März 2007 - 7 [X.] - Rn. 10). Es würde eine ungerechtfertigte Besserstellung der Betriebsratsmitglieder darstellen, wenn diese für die im Zusammenhang mit der Ausübung von Betriebsratstätigkeit anfallende Reisetätigkeit höhere Beträge als Arbeitnehmer bei betrieblich veranlassten Reisen beanspruchen könnten, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht (vgl. [X.] 28. März 2007 - 7 [X.] - aaO). Diese Grundsätze greifen vorliegend nach § 1 Abs. 3 [X.] auch für die [X.] [X.]abine.

(b) Bei der Arbeitgeberin bestehende betriebliche Grundsätze und Regelungen zur Teilnahme an [X.]chulungen oder Fortbildungen von Arbeitnehmern schränken aber nicht den [X.]chulungsanspruch der [X.] [X.]abine als solchen - und damit deren Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Auswahl der [X.]chulungsveranstaltung einschließlich deren Formats - ein. Insoweit handelt es sich um keine unzulässige Begünstigung der Personalvertretungsmitglieder i[X.]v. § 1 Abs. 3 [X.] iVm. § 78 [X.]atz 2 Halbs. 1 [X.]; diese werden hinsichtlich der abrechenbaren Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten nicht „besser“ behandelt als andere Arbeitnehmer bei Dienstreisen.

bb) Auch die Ausführungen des [X.]s zu den seitens der Arbeitgeberin angeführten näher gelegenen (Präsenz-)[X.]chulungsorten in [X.], [X.]öln und [X.] halten einer [X.]en Überprüfung stand. Die [X.] [X.]abine hat sich mit der Auswahl des [X.]chulungsortes in [X.] im Hinblick auf dessen Entfernung zum Betriebssitz und zu den Wohnorten der beiden zur [X.]chulung entsandten Mitglieder auf das notwendige Maß beschränkt.

(1) Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine [X.]eminarteilnahme in [X.] vom 16. bis zum 19. August 2021 sowohl für Herrn [X.] als auch für Herrn [X.] aufgrund seiner zeitlichen Lage nicht in Betracht kam. Herr [X.] war in diesem [X.]raum urlaubsbedingt abwesend; Herr [X.] absolvierte am 16. und 17. August 2021 ein dienstlich veranlasstes Training, auf welches die [X.] [X.]abine Rücksicht nehmen durfte. Die Rechtsbeschwerde beanstandet die Entscheidung des [X.]s insoweit auch nicht.

(2) Gleiches gilt im Ergebnis für das [X.]eminar in [X.]öln vom 27. bis zum 30. [X.]eptember 2021. Die insoweit bestehende Differenz zwischen den Übernachtungskosten in [X.] und den [X.]osten für tägliche Fahrten nach [X.]öln beträgt nach den nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des [X.]s nur „wenige 100 [X.]“. Die Verpflegungspauschale wäre nach den gleichfalls nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des [X.]s ebenso in [X.]öln in voller Höhe (580,00 [X.]) angefallen. Außerdem hat das [X.] in [X.] nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die [X.] [X.]abine im Hinblick auf ihre im Frühjahr 2022 anstehende reguläre Neuwahl ein berechtigtes Interesse an einer zeitnahen [X.]chulung der erst im [X.] 2021 nachgerückten [X.] und [X.] haben durfte, was gegen deren Teilnahme an dem erst einige Wochen später stattfindenden [X.]eminar in [X.]öln sprach.

(3) Auch auf das [X.]eminar in [X.] vom 23. bis zum 26. August 2021 musste sich die [X.] [X.]abine nicht verweisen lassen.

(a) Bezogen auf Herrn [X.] ergibt sich dies bereits aus einer vom [X.] festgestellten und nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffenen Pendelstrecke von täglich insg. 170 km, welche sogar noch geringer als die von der Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde angenommene Distanz von 90 km pro Weg ist. Unabhängig von den konkreten Verkehrsverhältnissen durfte die [X.] [X.]abine eine solche Pendelstrecke für nicht zumutbar halten. Mithin wären auch am [X.]eminarort [X.] Übernachtungskosten angefallen und ungeachtet dessen selbst bei täglicher Hin- und Rückfahrt - wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat - nicht unerhebliche Fahrtkosten entstanden.

(b) Bezogen auf Herrn [X.] hat die [X.] [X.]abine im Rahmen ihres [X.] zulässig darauf abgehoben, ihn gemeinsam mit Herrn [X.] auf ein Grundlagenseminar zu entsenden, um einen besseren Binnenaustausch zu ermöglichen. Auch hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde nicht mehr.

        

    [X.]chmidt     

        

    Hamacher    

        

    Wullenkord     

        

        

        

    Deinert    

        

    auf dem [X.]    

                 

Meta

7 ABR 8/23

07.02.2024

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 17. November 2021, Az: 10 BV 126/21, Beschluss

§ 2 Abs 1 BetrVG, § 37 Abs 6 S 1 BetrVG, § 40 Abs 1 BetrVG, § 78 S 2 BetrVG, § 117 Abs 2 S 1 BetrVG, § 92 Abs 2 ArbGG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 07.02.2024, Az. 7 ABR 8/23 (REWIS RS 2024, 2021)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2021


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 10 BV 126/21

Arbeitsgericht Düsseldorf, 10 BV 126/21, 17.11.2021.


Az. 7 ABR 8/23

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 8/23, 07.02.2024.


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