Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.11.2010, Az. 7 ABR 113/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 1334

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Gegenstand

Erforderlichkeit einer Schulung bei bevorstehende m Ende des Arbeitsverhältnisses des entsandten Betriebsratsmitglieds - Vermittlung von Grundkenntnissen - Schulungskosten


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 28. Juli 2009 - 7 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin dem früheren Vorsitzenden des Betriebsrats Schulungs-, Unterbringungs-, Verpflegungs- und Reisekosten zu erstatten hat.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist eine gemeinnützige [X.] M. Antragsteller und Beteiligter zu 1. ist der im [X.] 2005 erstmals gewählte, damals noch dreiköpfige Betriebsrat. Das Arbeitsverhältnis des zu 3. beteiligten früheren Betriebsratsvorsitzenden [X.] war bis 31. August 2006 befristet. Die Arbeitsverhältnisse der beiden weiteren Betriebsratsmitglieder waren bis - höchstens - 15. September 2006 und 31. Dezember 2007 befristet. Die Arbeitgeberin beschäftigt ihre Arbeitnehmer bis auf eine Verwaltungsfachangestellte nur befristet, weil sie sich aus Drittmitteln finanziert. Sie entscheidet regelmäßig vor dem Auslaufen der befristeten Arbeitsverträge zum Schuljahresende über die Fortsetzung der Verträge, über Versetzungen und ggf. auch über den Ausspruch von Kündigungen.

3

Der Beteiligte zu 3. nahm im April 2006 an einem Seminar mit dem Titel „Einführung in die Betriebsratstätigkeit“ teil. Themen des Seminars waren die Rechtsstellung des Betriebsrats und der einzelnen Betriebsratsmitglieder gegenüber dem Arbeitgeber, die interne Organisation der Betriebsratstätigkeit, Grundbegriffe der Betriebsverfassung, Beteiligungsrechte und Durchsetzungsmöglichkeiten des Betriebsrats, [X.] im Betrieb, [X.] und Betriebsrat sowie Informationsansprüche der Belegschaft.

4

Der Betriebsrat beschloss am 22. Mai 2006, seinen damaligen Vorsitzenden in der [X.] vom 10. bis 14. Juli 2006 zu dem Seminar des [X.] von [X.] mit dem Thema „Von der Einstellung bis zur Kündigung“ im [X.] in [X.] zu entsenden. Gegenstände des Seminars waren Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung, Versetzung, Kündigungsarten, Kündigungsschutz, die Beteiligung des Betriebsrats an Kündigungen und das Kündigungsschutzverfahren vor dem [X.]. Der Betriebsrat teilte der Arbeitgeberin die Entsendung unter dem 13. Juni 2006 mit. Die Arbeitgeberin wies einen Antrag des Beteiligten zu 3. auf Reisekostenvorschuss vom 27. Juni 2006 zurück. Der Beteiligte zu 3. nahm dennoch an dem Seminar teil. Er beglich die Seminarkosten von 1.032,40 [X.] und die Hotelkosten von 540,00 [X.]. Ihm entstanden Reisekosten von 95,40 [X.]. Die Arbeitgeberin lehnte es ab, die Kosten zu übernehmen.

5

Der Betriebsrat hat mit seinem am 24. August 2006 beim [X.] eingegangenen Antrag die Auffassung vertreten, er habe die Teilnahme seines früheren Vorsitzenden an dem Seminar insbesondere wegen eines anstehenden Personalabbaus für erforderlich halten dürfen. Die Arbeitgeberin habe seine Beteiligungsrechte aus § 99 [X.] mehrfach missachtet. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende habe seine erworbenen Kenntnisse bis 31. August 2006 noch selbst nutzen können, weil die befristeten Arbeitsverträge von 19 der damals insgesamt 24 Arbeitnehmer zum 31. August oder 15. September 2006 geendet hätten. Der Betriebsrat habe sich um eine andere Schulung bemüht. Die Kosten eines vergleichbaren Seminars in [X.] seien ähnlich hoch gewesen. Es wären aber erheblich höhere Hotel- und Reisekosten angefallen. Eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit habe am Tagungsort in [X.] nicht bestanden.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden [X.] die Kosten des Seminars „Von der Einstellung bis zur Kündigung“ im [X.]raum vom 10. Juli bis 14. Juli 2006 in [X.] in Höhe der angefallenen Seminarkosten von 1.032,40 [X.], [X.]. 149406, der anfallenden Hotelkosten in Höhe von 540,00 [X.], [X.]. 135890, und der Fahrtkosten in Höhe von 95,40 [X.] abzüglich einer [X.] in Höhe von 32,32 [X.] in Analogie zur Sachbezugsverordnung aus dem [X.] zu erstatten.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Ansicht geäußert, der Betriebsrat sei nicht [X.]. Jedenfalls sei die Seminarteilnahme mit Blick auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3. nicht erforderlich gewesen. Die Unterbringungskosten seien unangemessen hoch.

8

Das [X.] hat den ursprünglich auf Freistellung gerichteten Antrag abgewiesen. Das [X.] hat dem Erstattungsantrag stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin das Ziel der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Beteiligten haben in der [X.] übereinstimmend vorgetragen, seit 1. August 2007 bestehe im Betrieb der Arbeitgeberin kein Betriebsrat. Zu Neuwahlen sei es auch im [X.] nicht gekommen.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat dem Antrag des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

I. Am Verfahren sind neben der Arbeitgeberin der frühere Betriebsratsvorsitzende [X.] und der antragstellende Betriebsrat beteiligt.

1. Der frühere Betriebsratsratsvorsitzende [X.], der die Kosten der Schulungsteilnahme getragen hat, ist am Verfahren beteiligt.

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem [X.] im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des [X.]es ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (vgl. etwa [X.] 17. Februar 2010 - 7 [X.] - Rn. 11 mwN, [X.] [X.] 1972 § 78a Nr. 53 = EzA [X.] 2001 § 78a Nr. 5).

b) Danach ist der ehemalige Betriebsratsvorsitzende [X.] am Verfahren beteiligt. Mitglieder des Betriebsrats sind wegen ihres vom Betriebsrat abgeleiteten Rechts beteiligt, solange sie Inhaber von Freistellungs- oder Kostenerstattungsansprüchen sind (vgl. [X.] 15. Januar 1992 - 7 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 69, 214; zu der hier nicht in Anspruch genommenen Antragsbefugnis des einzelnen Betriebsratsmitglieds 23. Juni 2010 - 7 [X.] - Rn. 10 mwN, EzA [X.] 2001 § 40 Nr. 20).

2. Der antragstellende Betriebsrat ist beteiligt, obwohl seine Amtszeit beendet ist.

a) Ihm steht kein Restmandat nach § 21b [X.] zu, weil der Betrieb, für den er gebildet war, nicht untergegangen ist, sondern fortbesteht. Das Amtsende eines Betriebsrats führt jedoch nicht dazu, dass seine Erstattungsansprüche aus § 40 Abs. 1 [X.] ersatzlos erlöschen. Der Betriebsrat ist hinsichtlich dieser Ansprüche in entsprechender Anwendung von § 22 [X.], § 49 Abs. 2 BGB als fortbestehend zu behandeln. Er kann die Ansprüche weiter gegenüber dem Arbeitgeber verfolgen (vgl. [X.] 9. Dezember 2009 - 7 [X.] - Rn. 11, [X.] [X.] 1972 § 40 Nr. 96 = EzA [X.] 2001 § 40 Nr. 16; grundlegend und ausführlich zum sog. [X.] 24. Oktober 2001 - 7 [X.] [X.]I 2 und 3 der Gründe, [X.]E 99, 208).

b) Das gilt in Fällen, in denen das einzelne Betriebsratsmitglied - wie hier - selbst Freistellungs- oder Erstattungsansprüche geltend machen kann, jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat das Verfahren vor dem Ende seiner Amtszeit eingeleitet hat. Das Gremium ist nicht gehalten, seinen Antrag zurückzunehmen oder ihn für erledigt zu erklären.

II. Der Antrag ist zulässig.

1. Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat im Beschwerdeverfahren von einem Freistellungs- auf einen Erstattungsantrag übergegangen ist. Dabei handelt es sich nach § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 264 Nr. 3 ZPO nicht um eine Antragsänderung iSv. § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG.

2. Der Betriebsrat ist [X.]. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gehören zu den Kosten des Betriebsrats auch die Schulungskosten seiner Mitglieder. Soweit einzelne Betriebsratsmitglieder für den Besuch betriebsverfassungsrechtlicher Schulungsveranstaltungen Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind, ist der Betriebsrat als Gremium berechtigt, den Arbeitgeber auf Kostenerstattung an das einzelne Mitglied in Anspruch zu nehmen (vgl. nur [X.] 30. März 1994 - 7 [X.] - zu [X.] 1 und 2 der Gründe, [X.]E 76, 214; mittelbar auch 23. Juni 2010 - 7 [X.] - Rn. 10 mwN, EzA [X.] 2001 § 40 Nr. 20).

III. Das [X.] hat den Antrag des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht für begründet erachtet. Die Arbeitgeberin ist nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.] verpflichtet, dem früheren Betriebsratsvorsitzenden [X.] die Schulungs-, Unterbringungs-, Verpflegungs- und Reisekosten zu erstatten, die ihm für die Teilnahme an dem Seminar „Von der Einstellung bis zur Kündigung“ in der [X.] vom 10. bis 14. Juli 2006 entstanden. Der Betriebsrat durfte die Teilnahme des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden an der Seminarveranstaltung für erforderlich halten. Auch die Höhe der Schulungskosten ist [X.] nicht zu beanstanden.

1. Nach § 40 Abs. 1 [X.] hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 [X.] entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds (st. Rspr., vgl. [X.] 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 12 mwN, [X.] [X.] § 37 Nr. 17; 28. März 2007 - 7 [X.]  - Rn. 10, AE 2008, 49).

a) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.] ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 12, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7; 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.] [X.] § 37 Nr. 17).

aa) Dazu muss ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden (vgl. [X.] 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.] [X.] § 37 Nr. 17; 4. Juni 2003 - 7 [X.]  - zu [X.] der Gründe, [X.]E 106, 233 ).

bb) Der Senat unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, [X.] Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 14, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7; 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 13, [X.] [X.] § 37 Nr. 17).

b) Der Senat hat zwei Ausnahmen anerkannt, für die auch bei [X.] ein [X.] Schulungsbedarf dargelegt werden muss (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 15 [X.], [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7).

aa) Die Vermittlung von Grundwissen ist für die ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit nicht mehr erforderlich, wenn das zu schulende Betriebsratsmitglied aufgrund seiner bis zum [X.]punkt des [X.] erworbenen Vorkenntnisse bereits über das nötige Grundwissen für die Ausübung seiner Betriebsratsaufgaben verfügt. Zu den persönlichen Vorkenntnissen gehören auch die auf vorangegangenen Schulungen vermittelten Kenntnisse und das durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworbene Erfahrungswissen (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 15 mwN, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7).

bb) Eine Grundschulung ist auch dann nicht erforderlich, wenn die Schulung erst kurz vor dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats stattfindet und der Betriebsrat zum [X.]punkt seiner Beschlussfassung absehen kann, dass das erstmals gewählte Mitglied die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Grundkenntnisse bis zum Ende der Amtszeit nicht mehr einsetzen kann (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 16, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7).

(1) Der Betriebsrat muss die Erforderlichkeit der Vermittlung von Grundkenntnissen nicht allein deswegen besonders darlegen, weil die Schulungsveranstaltung erst kurz vor dem Ende der Amtszeit erfolgen soll (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 16, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7 unter teilweiser Aufgabe von [X.] 7. Juni 1989 - 7 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 62, 74 [fortgeführt von [X.] 9. September 1992 - 7 [X.] - zu 2 der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 86 = EzA [X.] 1972 § 37 Nr. 113]). Das durch [X.] vermittelte Wissen im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht sowie im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung soll das Betriebsratsmitglied in die Lage versetzen, die sich aus dem Gesetz ergebenden Betriebsratsaufgaben sachgerecht wahrzunehmen. Der Betriebsrat kann seine gesetzlichen Aufgaben nur erfüllen, wenn bei all seinen Mitgliedern zumindest ein Mindestmaß an Wissen über die Rechte und Pflichten einer Arbeitnehmervertretung vorhanden ist (vgl. [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 16, aaO).

(2) Deshalb überwiegt regelmäßig das Interesse des Betriebsrats an der Vermittlung des erforderlichen Grundwissens gegenüber den Interessen des Arbeitgebers. Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats ist erst überschritten, wenn für ihn absehbar ist, dass das zu schulende Betriebsratsmitglied in seiner verbleibenden Amtszeit das vermittelte Wissen nicht mehr braucht (vgl. näher [X.] 7. Mai 2008 - 7 [X.]/07 - Rn. 16, [X.] [X.] 1972 § 37 Nr. 145 = EzA [X.] 2001 § 37 Nr. 7).

cc) Das aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrags bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses des zu schulenden Betriebsratsmitglieds ist hinsichtlich der [X.] für den Schulungsbedarf wie das bevorstehende Ende der Amtszeit des Betriebsrats zu behandeln. Die Interessenlage ist vergleichbar, obwohl das Gremium beim Ausscheiden eines Mitglieds noch fortbesteht. In beiden Fällen tritt das Problem auf, dass dem zu schulenden Betriebsratsmitglied nur noch begrenzte [X.] zur Verfügung steht, um die erworbenen Kenntnisse für das [X.] zu nutzen.

c) Der Betriebsrat hat zu entscheiden, ob ein Betriebsratsmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsandt werden soll. Dabei hat er unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Umstände zu prüfen, ob die Teilnahme für die zu erwerbenden Kenntnisse erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.] ist oder nicht. Der Betriebsrat hat im Rahmen seines [X.] auch zu prüfen, ob die zu erwartenden Kosten der konkreten Schulung mit der Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebs zu vereinbaren sind. Außerdem hat er darauf zu achten, dass der [X.] in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht. Der Betriebsrat ist bei vergleichbaren Seminarinhalten allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen (vgl. [X.] 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.] [X.] § 37 Nr. 17).

d) Bei dem Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung sowohl dem Betriebsrat als auch dem [X.] ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Würdigung des [X.], ob der Betriebsrat die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.] für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt wurde und ob die Besonderheiten des Einzelfalls vollständig und frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze abgewogen wurden (st. Rspr., vgl. [X.] 19. März 2008 - 7 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.] [X.] § 37 Nr. 17 ).

2. Dem danach anzuwendenden Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des [X.]s im Ergebnis stand. Das Beschwerdegericht hat dem Betriebsrat allerdings zu Unrecht abverlangt darzulegen, dass er damit gerechnet habe, der Beteiligte zu 3. werde das in der Schulung erworbene Wissen bis zum Ende seines befristeten Arbeitsverhältnisses noch einsetzen können. Der Betriebsrat durfte sich darauf beschränken vorzutragen, er habe nicht absehen können, dass sein ehemaliger Vorsitzender die Kenntnisse für die Arbeit im [X.] nicht mehr benötigen werde. Das [X.] hat in tatsächlicher Hinsicht jedoch alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Die Vermittlung des Grundwissens war unter Berücksichtigung der gesenkten [X.] erst recht erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.]. Die Entscheidung des [X.]s stellt sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Bei dem in der [X.] vom 10. bis 14. Juli 2006 durchgeführten Seminar „Von der Einstellung bis zur Kündigung“ handelt es sich um eine Schulung, die dem erstmals in den Betriebsrat gewählten Beteiligten zu 3., der eine nur kurze Amtszeit seit [X.] 2005 aufwies, Grundwissen vermitteln sollte. Das hat das [X.] ohne Rechtsfehler erkannt. Der Betriebsrat musste die Schulungsbedürftigkeit deshalb nicht näher darlegen. Vermittelt wurden betriebsverfassungsrechtliche und allgemeine arbeitsrechtliche Grundkenntnisse. Die betriebsverfassungsrechtlichen Themen setzten sich aus Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung - also den personellen Einzelmaßnahmen der §§ 99 ff. [X.] - sowie der Beteiligung des Betriebsrats an Kündigungen - dh. vor allem den Fragen der §§ 102 und 103 [X.] - zusammen. Die Themen der Kündigungsarten, des Kündigungsschutzes und des Kündigungsschutzverfahrens vor dem [X.] sind dem allgemeinen Arbeitsrecht zuzuordnen. Alle Mitglieder des Betriebsrats brauchen ein entsprechendes Mindestmaß an Wissen in diesen beiden Bereichen, um die gesetzlichen Betriebsratsaufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können.

b) Der Betriebsrat musste für die Vermittlung der Grundkenntnisse nicht ausnahmsweise einen aktuellen oder absehbaren betrieblichen oder betriebsratsbezogenen Schulungsbedarf darlegen.

aa) Der frühere Betriebsratsvorsitzende verfügte bis zum [X.]punkt des [X.] vom 22. Mai 2006 noch nicht über das nötige Grundwissen für die Ausübung seiner Betriebsratsaufgaben. Dem steht nicht entgegen, dass er im April 2006 an dem Seminar „Einführung in die Betriebsratstätigkeit“ teilgenommen hatte. Die Themen dieser Schulungsveranstaltung überschnitten sich nur sehr allgemein in zwei Punkten mit Gegenständen des nun umstrittenen Seminars: den Grundbegriffen der Betriebsverfassung sowie den Beteiligungsrechten und Durchsetzungsmöglichkeiten des Betriebsrats. Die Fragen der personellen Einzelmaßnahmen und der Beteiligung des Betriebsrats an Kündigungen wurden nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.]s nicht im Einzelnen behandelt. Im Hinblick auf die Schulungsinhalte „Rechtsstellung des Betriebsrats und der einzelnen Betriebsratsmitglieder gegenüber dem Arbeitgeber“, „interne Organisation der Betriebsratstätigkeit“, „[X.] im Betrieb“, „[X.] und Betriebsrat“ sowie „Informationsansprüche der Belegschaft“ bestanden keine Themenüberschneidungen.

bb) Der Betriebsrat musste die Erforderlichkeit der vermittelten Grundkenntnisse nicht besonders darlegen.

(1) Er konnte trotz der mit dem 31. August 2006 endenden Befristung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3. nicht annehmen, dass der ehemalige Betriebsratsvorsitzende die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Grundkenntnisse nicht mehr würde einsetzen können. Der Betriebsrat konnte Art und Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten, die voraussichtlich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3. anfallen würden, nicht beurteilen.

(2) Vielmehr spricht vor allem der Umstand der [X.] der Arbeitgeberin dafür, dass noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3. nach §§ 99 ff. [X.] mitbestimmungspflichtige personelle Einzelmaßnahmen anfallen würden. Aus Sicht des Betriebsrats im [X.]punkt des [X.] war es naheliegend, dass die Arbeitgeberin vor dem Schuljahresende 2005/2006 - wie auch in den Vorjahren - über die sog. Verlängerung einer erheblichen Zahl von Arbeitsverträgen, über Versetzungen und ggf. auch Kündigungen entscheiden musste.

3. Das [X.] hat in [X.] nicht zu beanstandender Weise angenommen, die im Rahmen der [X.] allein gerügten Unterbringungskosten von 540,00 [X.] abzüglich der [X.] seien erforderlich.

a) Die Notwendigkeit der Übernachtung im Tagungshotel kann allerdings nicht nur mit den Besonderheiten von Schulungsveranstaltungen begründet werden. Ohne Darlegung besonderer Umstände ist es nicht als erforderlich iSv. § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.] anzusehen, dass das Betriebsratsmitglied in dem Hotel übernachtet, in dem die Schulung stattfindet. Der nach Beendigung des eigentlichen Seminarprogramms beabsichtigte Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Betriebsratsarbeit macht eine Übernachtung des Betriebsratsmitglieds im Tagungshotel nicht erforderlich. Das Betriebsratsmitglied ist nicht daran gehindert, an den Begegnungen im Tagungshotel teilzunehmen, wenn es in einem anderen, entweder zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Hotel am Tagungsort übernachtet (vgl. [X.] 28. März 2007 - 7 [X.] - Rn. 18, AE 2008, 49).

b) Die Arbeitgeberin hat die Feststellung des [X.]s, dass für den Beteiligten zu 3. während des Seminars vom 10. bis 14. Juli 2006 keine anderweitige kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit in [X.] bestand, jedoch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen. Die Feststellung ist daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

        

    Linsenmaier    

        

    [X.]    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Gerschermann    

                 

Meta

7 ABR 113/09

17.11.2010

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Nürnberg, 29. November 2006, Az: 2 BV 117/06, Beschluss

§ 37 Abs 6 S 1 BetrVG, § 40 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.11.2010, Az. 7 ABR 113/09 (REWIS RS 2010, 1334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1334

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10 TaBV 201/05 (Landesarbeitsgericht Hamm)


13 TaBV 56/12 (Landesarbeitsgericht Hamm)


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Wird zitiert von

5 TaBV 34/17

13 Sa 1046/14

6 TaBV 43/12

10 TaBV 11/12

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