Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2010, Az. IV ZR 312/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9275

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 312/07 Verkündet am:

17. Februar 2010

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum [X.] durch [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] werden das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom [X.] 2007 aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist, und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsru-he vom 13. April 2007 insgesamt zurückgewiesen. Die Revision des [X.] gegen das vorgenannte Urteil des [X.] wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Streitwert: 6.747 • Von Rechts wegen

Tatbestand:

1. Die beklagte [X.] und der Länder ([X.]) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versi-cherung eine zusätzliche Alters-, [X.] und [X.] - 3 -

nenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. No-vember 2002 ([X.]. [X.] vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr [X.] rückwirkend zum 31. Dezember 2001 ([X.]) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertrags-parteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem [X.] vom 4. November 1966 ([X.]) beruhen-de - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem [X.] beruhendes [X.] er-setzt. Die neue Satzung der [X.] ([X.]S) enthält [X.] zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und rentenferne Versicherte unterschie-den. [X.] ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr voll-endet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem [X.] unterfiel oder Pflichtversiche-rungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 [X.]n Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertra-gen. Die Anwartschaften der übrigen ca. 1,7 Millionen rentenfernen [X.] berechnen sich demgegenüber nach den §§ 32 Abs. 1 und 4, 33 Abs. 1 Satz 1 [X.], 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 [X.]S i.V. mit § 18 Abs. 2 des Betriebsrentengesetzes ([X.]). Unabhängig von ih-rer Zugehörigkeit zu einem [X.]n oder einem rentenfernen Jahr-gang erhalten Beschäftigte, die am 1. Januar 2002 mindestens 20 Jahre 2 - 4 -

pflichtversichert waren, als Startgutschrift für jedes volle Kalenderjahr der Pflichtversicherung bis zum 31. Dezember 2001 mindestens 1,84 Versorgungspunkte (VP), bei Teilzeitbeschäftigung gemindert durch [X.] mit dem am 31. Dezember 2001 maßgebenden [X.] (§§ 9 Abs. 3 [X.], 37 Abs. 3 [X.]S).
2. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Systemumstel-lung, die Wirksamkeit der Übergangsregelung für [X.] Versicher-te, die Frage der Anrechnung von Vordienstzeiten, die Zulässigkeit der Festschreibung von Berechnungselementen (insbesondere der Einkünf-te) zum [X.], die Höhe der dem Kläger erteilten Startgut-schrift von 199,96 [X.] (das entspricht einem Wert von monatlich 799,84 •) und die Höhe der dem Kläger mittlerweile gezahlten Betriebsrente. 3 Der am 23. Februar 1943 geborene und somit einem [X.]n Jahrgang zugehörige Kläger hat als Beschäftigter im öffentlichen Dienst bis zum [X.] (31. Dezember 2001) 368 Umlagemonate und bis zum Rentenbeginn am 1. April 2006 weitere 51 Umlagemonate bei der [X.] zurückgelegt. In der gesetzlichen Rentenversicherung hat er darüber hinaus weitere 88 Umlagemonate vorzuweisen, während derer er nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt war (so genannte Vor-dienstzeiten). Er nimmt seit 1. April 2006 Rentenleistungen in Anspruch. Dabei bezieht er seither vom Träger der gesetzlichen Rentenversiche-rung eine monatliche Altersrente und von der [X.] eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 678,22 • netto (vgl. Rentenmitteilung der [X.] vom 30. März 2006). Deren Höhe wurde auf der Grundlage der neuen Satzung der [X.] in der Weise errechnet, dass zunächst nach den vorgenannten Übergangsbestimmungen für [X.] [X.] - 5 -

cherte die Startgutschrift (199,96 Versorgungspunkte) für den 31. [X.] ermittelt und sodann die seit dem 1. Januar 2002 bis zum Rentenbeginn nach dem neuen [X.] erworbenen Versorgungs-punkte (17,89 Versorgungspunkte) hinzugerechnet wurden. In der [X.] ist die so genannte Mindestgesamtversorgung (§ 79 Abs. 2 [X.]S i.V. mit § 40 Abs. 4 [X.]S a.F.) mit berücksichtigt, zur Hälfte berücksichtigt sind die Vordienstzeiten des [X.].
3. Der Kläger wendet sich insbesondere gegen die Nichtberück-sichtigung seines [X.] vor Renteneintritt bei der Ermittlung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und ist der Auffassung, seine Be-triebsrente müsse auch insoweit nach den früheren, vor der Systemum-stellung gültigen Satzungsbestimmungen ermittelt werden. Weiter meint er, die nunmehr in § 39 [X.]S vorgesehene jährliche Dynamisierung der Betriebsrente um 1% könne die Anpassungsbestimmung des § 56 [X.]S a.F. nicht in zulässiger Weise ersetzen. In verschiedenen Klageanträgen hat der Kläger sein Begehren, die Bestimmungen der alten Satzung [X.] zugrunde zu legen, näher konkretisiert. Er beanstandet erstmals im Revisionsverfahren, dass die Beklagte seine Vordienstzeiten nicht in vollem Umfang berücksichtigt habe. Schließlich wendet er sich im Revisionsverfahren auch dagegen, dass die [X.] bruttobezogene Gesamtversorgung auf einen nettobezogenen Betrag begrenzt werde, bei dem etwa [X.] vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt in Abzug gebracht würden. Die mit der 19. Satzungsänderung am 1. Januar 1985 in [X.] getretene Nettobegrenzung möge zwar seinerzeit dem A[X.]au einer Überversor-gung gedient haben, doch könne davon angesichts der inzwischen ein-getretenen Rentenkürzungen keine Rede mehr sein. 5 - 6 -

6 4. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen hat das [X.] auf einen hilfsweise gestellten Antrag des [X.] fest-gestellt, die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles [X.] eine Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag aus der Berechnung der Zusatzrente nach ihrer früheren Satzung (in der Fassung der 41. Satzungsände-rung) zum [X.] (31. Dezember 2001) oder zum Eintritt des Versicherungsfalles entspricht.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie erstrebt die Wiederherstellung des [X.] amtsgerichtlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine bisherigen Anträge vollen Umfangs weiter und erhebt die oben dargelegten weiteren Beanstandun-gen. 7 Entschei[X.]sgründe:
Nur die Revision der [X.] hat Erfolg. Sie führt zur Wiederher-stellung des amtsgerichtlichen Urteils. 8 [X.] 1. Die Übergangsregelungen für [X.] Versicherte sind wirksam. Der [X.] hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 ([X.]/06 - [X.], 127 [X.]. 25 ff.) entschieden, dass die Satzung der [X.] auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer um-9 - 7 -

fassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Mit Urteil vom 24. September 2008 ([X.]/07 - [X.], 101) hat er dies bestä-tigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den [X.]n Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie deren Übertragung in das neu geschaffene [X.] gebil-ligt. Die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestal-tungsspielraums getroffene Regelung ist jedenfalls vertretbar und schon aus diesem Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt insbesondere auch für Zugrundelegung der fiktiven, sich bei Vollen[X.] des 63. Lebensjahres ergebenden [X.] ([X.], 101 [X.]. 39-45) und die Festschreibung der Rechengrößen, wie etwa des [X.], des [X.] und der Steuerklasse, zum [X.] (BGHZ aaO [X.]. 46 ff.). Der Kläger hat im Übrigen nicht geltend ge-macht, dass sich bei ihm persönlich zwischen dem [X.] und dem Renteneintritt Änderungen der Steuerklasse ([X.]/0) oder des [X.] ergeben hätten.
Weiter begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass den [X.]n Versicherten lediglich im Rahmen einer Besitz-standsregelung die Vorteile aus der Halbanrechnung von Vordienstzeiten belassen werden, eine Vollanrechnung aber nicht stattfindet (BGHZ aaO [X.]. 54-59). Es kann insoweit offen bleiben, ob der Kläger mit dem [X.] in der Revision erhobenen Einwand gehört werden kann. Entspre-chende [X.] hatte er in den Vorinstanzen ausweislich des Beru-fungsurteils nicht gestellt. 10 Im Übrigen wird ergänzend auf die Ausführungen in den genannten [X.]surteilen, die sich auch zu den weiteren Revisionsangriffen des [X.] verhalten, verwiesen. 11 - 8 -

12 2. Es liegt keine unzulässige Rückwirkung darin, dass die am 3. Januar 2003 im [X.] veröffentlichte neue Satzung der [X.] die Systemumstellung bereits mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2001 vorgenommen hat. Denn die Tarifvertragsparteien hatten sich schon vor dem [X.] am 13. November 2001 im so genannten [X.] auf die Systemumstellung geeinigt und dies auch ausreichend öffentlich gemacht. Insofern war ein schutz-würdiges Vertrauen der Versicherten darauf, dass die Regeln der alten Satzung über den 31. Dezember 2001 hinaus Bestand hätten, nicht mehr begründet.
3. Anders als die Revision meint, verstoßen die [X.] für [X.] Versicherte in der neuen Satzung der [X.] auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Prinzip der Normenklarheit oder das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Allerdings hat das [X.] im Beschluss vom 22. März 2000 (1 BvR 1136/96 - [X.], 835 unter [X.], [X.] [juris [X.]. 38]) angemerkt, dass das frühere Satzungswerk der [X.] eine Komplexität erreicht habe, die es dem einzelnen Versicherten kaum mehr ermögliche, zu überschauen, welche Leistungen er zu erwarten habe und wie sich berufliche Veränderungen im Rahmen des Erwerbslebens auf die Höhe der Leistungen auswirkten. Eine weitere Zunahme dieser [X.] könne an verfassungsrechtliche Grenzen stoßen, sei es weil die Arbeitnehmer dadurch in der freien Wahl ihres Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 GG) in unzumutbarer Weise behindert würden, sei es weil sich die sachliche Rechtfertigung für Ausdifferenzierungen im Normengeflecht nicht mehr nachvollziehen lasse und somit die Beachtung des allgemei-nen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht mehr gewährleistet wer-13 - 9 -

den könne. Das [X.] hat die alte Satzung der [X.] aber trotz dieser Bedenken als gerade noch rechtlich hinnehmbar bewertet. Soweit die Übergangsregelungen der §§ 78 und 79 [X.]S dar-auf zurückgreifen, kann insoweit nichts anderes gelten. Im Übrigen ist das seit der Systemumstellung gültige Punktesystem dadurch gekenn-zeichnet, dass es die Rentenentwicklung im Gegensatz zum früheren Gesamtversorgungssystem weitgehend von externen Faktoren abgekop-pelt und damit eine insgesamt überschaubarere Regelung getroffen hat. Dass die [X.] für [X.] Versicherte dennoch auf die komplizierten Bestimmungen der früheren Satzung der [X.] zu-rückgreifen, dient allein dem Ziel, dieser Gruppe von Versicherten einen weitergehenden Besitzstandsschutz zu gewähren als der Gruppe der rentenfernen Versicherten.
4. Wegen der Angriffe des [X.] auf die mit der 19. Satzungsän-derung vom 10. November 1983 ([X.]. Nr. 53 vom 15. März 1984) ab dem 1. Januar 1985 eingeführte Nettobegrenzung der [X.] nach § 41 Abs. 2c lit. a-e [X.]S a.F. und die insoweit zu berücksichti-genden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verweist der [X.] auf seine Entschei[X.] [X.], 370, 383 ff. und das [X.]surteil vom 10. Dezember 2003 ([X.] - VersR 2004, 319 unter [X.], [X.]). 14 I[X.] Auf die Revision der [X.] waren das Berufungsurteil auf-zuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und die [X.] durch das Amtsgericht unter Zurückweisung der Berufung des [X.] zu bestätigen. Insoweit wird auf die obenstehenden Ausfüh-rungen verwiesen. Zu recht weist die Beklagte in ihrer [X.] - 10 -

[X.] darauf hin, dass es dem Berufungsgericht nicht nachvollziehbar ge-lungen ist, eine greifbare Renteneinbuße festzustellen, nachdem insbe-sondere der vom Berufungsgericht in anderen Fällen regelmäßig [X.] Vergleich der tatsächlich gezahlten Zusatzrente mit dem von der vier-ten Fiktivberechnung ausgewiesenen Wert hier eine Besserstellung des [X.] ergibt. Schon insoweit ist nicht ersichtlich, worin im Falle des [X.] der Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen liegen soll. [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entschei[X.] vom 13.04.2007 - 2 C 431/06 - [X.], Entschei[X.] vom [X.]/07 -

Meta

IV ZR 312/07

17.02.2010

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2010, Az. IV ZR 312/07 (REWIS RS 2010, 9275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9275

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