Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2002, Az. XII ZR 133/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 4223

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:6. März 2002Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:jaBGHZ: jaBGB § 242 Bb; SchuldRAnpG § 23Zur Anwendbarkeit der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage - nebenden Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes - auf in der [X.] abge-schlossene Nutzungsverträge über [X.]undstücke, die [X.]eizeit- und Erholungszwek-ken dienen ([X.], Urteil vom 6. März 2002 - [X.]/00 - OLGRostockLGRostock- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 10. April 2000 teilweiseaufgehoben und wie folgt neu gefaßt:Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. April 1999 wird [X.].Die Revision des [X.] gegen das bezeichnete Urteil [X.] Rostock wird [X.].Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens trt der[X.].Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten um die Nutzungsberechtigung des [X.] an ei-nem [X.] in [X.] .Der [X.] war zu [X.]-Zeiten Oberrgermeister der Stadt [X.] [X.] Sekretr der [X.] [X.] Stadt. Am 16. Februar 1988 er-warb er von der Stadt [X.] eine von ihm schon zuvor genutzte [X.] 3 -lfte nebst Garage zum Kaufpreis von 13.200 [X.]-Mark. Gleichzeitig schloßer mit der Wasserwirtschaftsdirektion [X.] in [X.]einen unbefristetenNutzungsvertrr die [X.] von 682,5 qm, auf der die von [X.] stand. Dieser Nutzungsvertrag wurde [X.] der Stadt [X.] , Abteilung Finanzen und Preise, genehmigt.Mit Bescheid vom 19. Mai 1993 wies die Oberfinanzdirektion [X.] das [X.] mit dem daraufstehenden [X.] beklagten Stadt [X.]zu.Mit Urteil vom 23. November 1995 stellte das [X.] [X.] fest,daß der [X.] vom 16. Februar 1988, mit dem der [X.] erworben hatte, wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei, und verur-teilte den [X.] (den [X.] des damaligen Verfahrens), das [X.] zu rmen. Die Berufung des [X.] gegen dieses Urteil hattekeinen Erfolg, seine Revision hat der [X.] nicht zur Entschei-dung angenommen. Inzwischen hat der [X.] die [X.]mt und [X.].Die Beklagte hat in zwei an den [X.] gerichteten [X.] 24. April 1998 und vom 12. Juni 1998 die Ansicht vertreten, auch der [X.] sei - wie der [X.]svertrag - nichtig und deshalb stehe [X.] an dem [X.] zu. Daraufhin hat der [X.] im vorlie-genden Verfahren die Feststellung beantragt, daß der [X.] sei. Die Beklagte hat Widerklage erhoben mit dem Antrag, den [X.] zur[X.] und Herausgabe der [X.] zu verurteilen.Sie meint, der Nutzungsvertrag sei auch deshalb nicht wirksam zustandegekommen, weil die erforderliche staatliche Genehmigung nicht durch den zu-- 4 -stigen Rat des Bezirks [X.] , sondern durch den Rat der Stadt [X.] ,Abteilung Finanzen und Preise, erteilt worden sei. Zumindest sei die vom [X.] [X.] erteilte Genehmigung mit Schreiben vom 8. Dezember 1989wirksam widerrufen worden. Im rigen sei der Vertrag sittenwidrig.Das [X.] hat festgestellt, [X.] sich der Rechtsstreit hinsichtlichder Klage (wegen der Erhebung der Widerklage) in der Hauptsache erledigthabe. Es hat den [X.] auf die Widerklage hin verurteilt, die [X.]sfl-che germt an die Beklagte herauszugeben. Das [X.] wertet die Er-hebung der Widerklage als Kigung des Nutzungsvertrages lt dieseKigung nach den [X.] den Wegfall der [X.] fr ge-rechtfertigt.Auf die Berufung des [X.] hin hat das Berufungsgericht das [X.] und den [X.] mit [X.] auf § 23Abs. 6 SchuldRAnpG zur [X.] erst zum 31. Mrz 2003 verurteilt.Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zu-gelassene Revision eingelegt. Der [X.] will erreichen, [X.] die [X.] abgewiesen wird, die Beklagte, [X.] die Berufung des [X.] gegendas Urteil des [X.]s in vollem Umfang [X.] wird.[X.]:Die Revision der [X.] [X.] zur teilweisen Aufhebung des [X.] Urteils und zur (vollstigen) Zurckweisung der Berufung des [X.] 5 -gers gegen das erstinstanzliche Urteil. Die Revision des [X.] hat [X.].Die Widerklage ist [X.]. Der [X.] ist verpflichtet, das [X.]und-stck zu rmen, und zwar nicht erst - wie vom Berufungsgericht angenom-men - zum 31. Mrz 2003.1. Die Parteien streiten [X.], ob der Nutzungsvertrag vom [X.] das [X.] nach dem damaligen Recht der [X.] wirksam zu-stande gekommen ist und ob er - wie der [X.] den Erwerb der Wo-chenendhauslfte - wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Das [X.] den [X.] wirksam. Es ist jedoch nicht erforderlich, hieraufr einzugehen. Der [X.] ist mlich in jedem Fall zur sofortigen Ru-mung verpflichtet.Wre der Nutzungsvertrag - aus welchen [X.]ch immer - unwirk-sam, stm [X.] kein Nutzungsrecht zu und er wre zur [X.] undHerausgabe verpflichtet. Ist der Vertrag wirksam zustande gekommen und nichtwegen Sittenwidrigkeit nichtig, ist der [X.] ebenfalls zur [X.] verpflich-tet. In diesem Falle ist das Nutzungsverltnis mlich durch eine wirksameKigung der [X.] beendet worden. Die Vorinstanzen sind zu Recht undvon den Parteien nicht angegriffen davon ausgegangen, [X.] in der [X.] Widerklage, mit der die Beklagte [X.] des [X.]s begehrt, eineKigung des Nutzungsvertrages gesehen werden kann. Im rigen hat [X.] mit Schreiben vom 17. Februar 2000 - wrend der Berufungsin-stanz - vorsorglich erneut die Kigung des [X.] Zur Kigung berechtigt war die Beklagte nach den [X.] denWegfall der [X.]. Es entspricht der stigen Rechtsprechung- 6 -des [X.], [X.] die aus § 242 BGB entwickelten [X.]undstze zumWegfall der [X.] auf in der [X.] vor dem Beitritt [X.]evertragliche Schuldverltnisse anzuwenden sind, und zwar [X.], [X.] diese Schuldverltnisse nach dem Beitritt weiterhin das Recht der[X.] oder das Recht der [X.] gilt (BGHZ 131, 209, 214 m.[X.] Berufungsgericht meint, die Anwendung der [X.]undstzr denWegfall der [X.] sei im vorliegenden Fall durch das [X.] ausgeschlossen. Dieses Gesetz regele auch fr nichtbebaute [X.]e unter Bercksichtigung der grundlegenden Verrun-gen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen [X.] die Überfrungder nach der [X.] Rechts- und Eigentumsordnung erworbenenRechtspositionen in das Rechtssystem der [X.] Deutschland. [X.] den Bestimmungen dieses Gesetzes anzupassen,fr eine Anpassung nach den [X.] den Wegfall der Gescftsgrundla-ge sei daneben kein Raum. In dieser allgemeinen Form ist diese Ansicht nichtzutreffend.Das Schuldrechtsanpassungsgesetz regelt [X.] zahlreicher Vern-derungen, die nach dem Beitritt eingetreten sind, ob eine Anpassung der [X.] hat oder nicht, und wenn ja auf welche Weise. Es istrichtig, [X.] fr eine Anwendung der [X.] den Wegfall der [X.] kein Raum bleibt, soweit Verrungen zu beurteilen sind, derenAuswirkungen auf den Vertrag - positiv oder negativ - in dem Schuldrechtsan-passungsgesetz geregelt sind. Deshalb hat z.B. eine Anpassung des verein-barten Nutzungsentgelts an die verrten [X.] nicht nach den [X.] den Wegfall der [X.] zu erfolgen, sondern nach deneinschligen Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ([X.] vom 25. November 1998 - [X.] - [X.], 306, 308, 310;Görk, Deutsche Einheit und Wegfall der [X.], [X.]). [X.] sich aber nicht, [X.] die Anwendung der [X.] den Wegfall der[X.] auch dann durch das Schuldrechtsanpassungsgesetzausgeschlossen ist, wenn es sich um eine [X.] handelt, fr dieihrer Art nach das Schuldrechtsanpassungsgesetz keine Regelungen [X.].Die Anpassungsregelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes frNutzungsvertrr [X.]e, die zu Erholungs- und [X.]eizeitzweckendienen (sogenannte Datschengrundstcke), sollen dazu dienen, [X.], die in der [X.] [X.] worden sind, "sozial abgefedert" in das Miet-und Pachtrecht des rgerlichen Gesetzbuchs rzuleiten ([X.], [X.] 14. Juli 1999 - 1 BvR 995/95 - [X.] 2000, 42, 44). Die Nutzer solcher[X.]e hatten nach dem Recht der [X.] r dem [X.]sei-gentmer eine sehr starke Rechtsstellung, konnten auf den unbefristeten Fort-bestand ihres Nutzungsrechts vertrauen und haben in diesem Vertrfigerhebliche Investitionen gettigt. Mit [X.] darauf hat der Gesetzgeber [X.] dem Interesse der Nutzer an der Aufrechterhaltung ihrerRechte einen weitgehenden Vorrang eingermt ([X.] aaO). Die [X.] stellen sicher, [X.] der Nutzungsberechtigte das [X.] auch unter der Geltung des Brgerlichen Gesetzbuchs eine gewisse Zeitgenauso und - weitgehend - zu denselben Bedingungen nutzen kann, wie derursprliche Nutzungsvertrag es vorsah. Nur soweit dieser Schutzzweckreicht, ist neben den Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes eineAnpassung nach den [X.] den Wegfall der [X.] aus-geschlossen. Aus dem Schuldrechtsanpassungsgesetz ergeben sich aber [X.] Anhaltspunkte [X.], [X.] eine Anpassung nach den [X.] denWegfall der [X.] allgemein nicht zulssig sein soll. [X.] 8 -sind die [X.] den Wegfall der [X.] z.B. uneinge-schrkt anwendbar, wenn aufgrund einer Verrung der tatschlichen Ver-ltnisse die nach dem [X.] vorgesehene Nutzungnicht mehr möglich ist. Das ist hier der Fall.3. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus [X.] - nicht mit der [X.]age befaût, was die Vertragsparteien bei [X.] zur [X.] gemacht haben. Da das [X.] aber - wenn auch zum Teil in anderem Zusammenhang - die not-wendigen tatschlichen Feststellungen getroffen hat und weitere Feststellun-gen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat die entspre-chende Auslegung selbst vornehmen. Er ist deshalb auch in der Lage, in [X.] abschlieûend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO).[X.] beim [X.] dasstreitige [X.] war, [X.] der [X.] an der [X.], die aufdiesem [X.] stand, nutzungsberechtigt war und [X.] er das [X.]zwingend brauchte, um sein Wochenendhaus sinnvoll nutzen zu können.[X.] diese Annahme spricht, [X.] der Nutzungsvertrag an demselben Tag- dem 1. Mrz 1988 - abgeschlossen worden ist, an dem dem [X.] das [X.] worden ist, wenige Tage nach [X.] des Veru-ûerungsvertrages r das Wochenendhaus. Weiter spricht [X.], [X.] nachden Feststellungen des Berufungsgerichts in dem [X.] das [X.] die Notwendigkeit erwt wird, r das [X.]und-stck einen Nutzungsvertrag abzuschlieûen, und in § 5 Abs. 1 des [X.] auf die Berechtigung des [X.] verwiesen wird, das auf dem ihmrlassenen [X.] stehende Wochenendhaus zu nutzen. [X.] es offensichtlich unverftig gewesen, das Nutzungsrecht an dem- 9 -[X.] einem anderen zrlassen als dem Nutzungsberechtigten desauf dem [X.] stehenden [X.].4. Diese [X.] hat unter keinem Gesichtspunkt eine Ähn-lichkeit mit den im Schuldrechtsanpassungsgesetz geregelten Fllen. Sie istentfallen, nachdem der [X.] das Wochenendhaus rmen und herausgebenmuûte. Die mit beiden Vertrverfolgte Absicht, das Wochenendhaus unddas [X.], auf dem es steht, gemeinsam zu nutzen, ist bei [X.] des Nutzungsvertrages nicht mehr zu verwirklichen. Die Nutzung alleindes [X.]s - ohne das Wochenendhaus - tte eine grundlegend andereQualitt als die Nutzung, die den Parteien bei [X.] des Nutzungsvertragesvorschwebte. Das Begehren des [X.] lft im Ergebnis darauf hinaus, [X.]er, wenn er das [X.] nicht - wie ursprlich geplant - zusammen mitdem Haus nutzen k, weil er das Haus in sittenwidriger Weise erworbenhabe, wenigstens berechtigt sein msse, das [X.] auf andere Weise zunutzen. Der Schutzzweck des Schuldrechtsanpassungsgesetzes deckt diesesBegehren nicht, er steht einem solchen Begehren geradezu entgegen.5. Nach den [X.] den Wegfall der [X.] hat eineAnpassung des Nutzungsvertrages an die verrten [X.] zu erfol-gen. Dabei ist zu bercksichtigen, [X.] mit dem [X.] des [X.] eine gemeinsame Nutzung des [X.]s und des daraufstehenden[X.] beabsichtigt war. Eine gemeinsame Nutzung des [X.]und-stcks und des [X.] ist nach Lage der Dinge nur, jedenfalls ambesten zu erreichen, wenn die Beklagte die Nutzungsberechtigung an dem[X.] zurckerlt r Haus und [X.] gemeinsamverfkann. Die Anpassung hat deshalb in der Weise zu erfolgen, [X.] der[X.] ein auûerordentliches Kigungsrecht eingermt wird, mit Hilfe- 10 -dessen sie durch die von ihr erklrte Kigung die Nutzungsberechtigung andem [X.] zurckerlangen konnte.6. Eine Anpassung nach den [X.] den Wegfall der [X.] in der Weise, [X.] dem [X.]seigentmer vor Ablauf [X.] ein auûerordentliches Kigungsrecht eingermt wird, wird durch§ 23 [X.] nicht ausgeschlossen. Der in dieser Vorschrift angeord-nete Kigungsausschluû bezieht sicmlich lediglich auf die ordentlicheKigung des [X.]seigentmers. Eine auûerordentliche Kigungdes [X.]seigentmers nach allgemeinen Vorschriften wird durch [X.] nicht ausgeschlossen ([X.] in [X.] [Hrsg.] Kommentarzum Schuldrechtsanpassungsgesetz § 23 [X.]. 7 f. und vor §§ 23 f. [X.]. 2 f.;vgl. auch [X.] in [X.] [Hrsg.] Kommentar zum Schuldrechtsanpas-sungsgesetz § 11 [X.]. 15; [X.] aaO S. 45; [X.]/[X.], BGB3. Aufl. Bd. 6 § 23 SchuldRAnpG [X.]. 3; [X.] in [X.] in der ehemaligen [X.], [X.] SchuldRAnpG § 23[X.]. 18).HahneGerber[X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZR 133/00

06.03.2002

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2002, Az. XII ZR 133/00 (REWIS RS 2002, 4223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4223

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