Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.04.2019, Az. VI R 27/17

6. Senat | REWIS RS 2019, 8544

STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH) WERBUNGSKOSTEN

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erste Tätigkeitsstätte eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst nach neuem Reisekostenrecht


Leitsatz

1. Ein Polizeibeamter im Einsatz- und Streifendienst verfügt an seinem ihm zugeordneten Dienstsitz, den er arbeitstäglich aufsucht, um dort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen, die er dienstrechtlich schuldet und die zu dem Berufsbild eines Polizeivollzugsbeamten gehören, über eine erste Tätigkeitsstätte .

2. Für die Frage der Zuordnung ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden soll .

3. Entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage kommt es für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit nicht mehr an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören .

4. Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3  1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24. April 2017  2 K 168/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als [X.] bei der Polizei des [X.] beschäftigt. Laut einer von der Polizeidirektion [X.] ausgestellten "Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis" vom 25. Januar 2017 ist der Kläger seit Dezember 2004 Angehöriger der [X.] und versieht seinen Dienst als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst am Sitz der [X.], [X.] ..., [X.] Hierzu sucht er die Dienststelle arbeitstäglich auf, zieht dort seine Uniform an, nimmt an Dienstantrittsbesprechungen teil und erledigt anfallende Schreibarbeiten.

2

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2015) begehrte der Kläger den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit mit einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden für 115 Tage. Neben anderen Aufwendungen machte er auch Fahrtkosten zu seiner Dienststelle an 180 Tagen mit der Entfernungspauschale in Höhe von 648 € geltend.

3

Im Rahmen der Veranlagung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht an. Die Fahrtkosten des Klägers zur Dienststelle berücksichtigte er antragsgemäß mit 648 €. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Im Klageverfahren begehrte der Kläger nunmehr auch für die Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen anstelle der Entfernungspauschale sowie Verpflegungsmehraufwendungen für 180 Tage in Höhe von 2.160 €. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 980 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

6

Er beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 25. Mai 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2016 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.808 € berücksichtigt werden.

7

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Das [X.] ([X.]) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Einen Antrag hat es nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass der Kläger am Sitz der [X.], [X.] ..., [X.] seine erste Tätigkeitsstätte hat. Es hat deshalb zu Recht die Aufwendungen des [X.] für die Fahrten von seiner Wohnung dorthin lediglich mit der Entfernungspauschale sowie die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen.

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]), ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 [X.]).

2. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 [X.] zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen.

3. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 [X.] die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 ([X.], 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 [X.] definierte Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der "regelmäßigen Arbeitsstätte".

a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (s. hierzu auch Senatsurteile vom 11. April 2019 VI R 40/16, [X.], 248 und VI R 12/17, [X.], 265).

b) Die [X.]uordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 [X.] durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.

aa) Nach der gesetzlichen Konzeption --und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden [X.] wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits([X.] oder dienstrechtlichen [X.]uordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien (BTDrucks 17/10774, S. 15; ebenso BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014 IV C 5 S 2353/14/10002, [X.], 1412, Rz 2; [X.], [X.], 1015; [X.], [X.] 2014, 1316; [X.], [X.], 497; [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 559; [X.]/[X.], [X.], 38. Aufl., § 9 Rz 303; [X.] in [X.], [X.], 18. Aufl., § 9 Rz 52; [X.] in [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 1402; kritisch [X.], [X.] --[X.]-- 2013, 1017; [X.]. in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 9 [X.] Rz 546).

bb) [X.]u den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen (im weiteren Verlauf: arbeitsrechtliche) zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BTDrucks 17/10774, S. 15). Die [X.]uordnung kann also insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (bspw. im Beamtenverhältnis durch dienstliche Anordnung) kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn (im weiteren Verlauf: Arbeitgeber) vorgenommen werden. Die [X.]uordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Sie setzt auch nicht voraus, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung bewusst ist. Wird der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet, weil er dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese [X.]uordnung aufgrund der steuerrechtlichen Anknüpfung an das Dienst- oder Arbeitsrecht vielmehr auch steuerrechtlich maßgebend. Deshalb bedarf es neben der arbeitsrechtlichen [X.]uordnung zu einer betrieblichen Einrichtung keiner gesonderten [X.]uweisung zu einer ersten Tätigkeitsstätte für einkommensteuerrechtliche [X.]wecke. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts auch das Auseinanderfallen der arbeitsrechtlichen von der steuerrechtlichen Einordnung bestimmter [X.]ahlungen als Reisekosten verringern (BTDrucks 17/10774, S. 15). Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.

cc) Die arbeitsrechtliche [X.]uordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden (a.A. BMF-Schreiben in [X.], 1412, Rz 10). Eine Dokumentationspflicht ist § 9 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht zu entnehmen. Die Feststellung einer entsprechenden [X.]uordnung ist vielmehr durch alle nach der Finanzgerichtsordnung zugelassenen Beweismittel möglich und durch das [X.] im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.

dd) Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an (BTDrucks 17/10774, S. 15; BMF-Schreiben in [X.], 1412, Rz 8; [X.], [X.] 2013, 1015; [X.], [X.] 2013, 1017; [X.]/ [X.], § 9 [X.] Rz 551, 554 und 559; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Rz 303; [X.] in [X.], a.a.[X.], § 9 Rz 52; [X.] in [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 1402; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] 2018, § 9 Rz 122b und 252a; [X.] in [X.], [X.], § 9 [X.] [X.]; [X.]/Harder-Buschner, [X.], 26, 33; kritisch [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 546).

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die "erste Tätigkeitsstätte" als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von [X.] nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als [X.] gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen. Dies folgt nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere aus § 9 Abs. 4 Satz 3 [X.], der zumindest für den Regelfall davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer an diesem Ort auch tätig werden soll. Darüber hinaus ist das Erfordernis einer arbeitsvertrag- oder dienstrechtlich geschuldeten Betätigung an diesem Ort nicht zuletzt dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "erste Tätigkeitsstätte" geschuldet. Denn ein Ort, an dem der Steuerpflichtige nicht tätig wird (oder für den Regelfall nicht tätig werden soll), kann nicht als Tätigkeitsstätte angesehen werden. Schließlich zwingt auch das objektive Nettoprinzip, den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dahingehend auszulegen. Denn anderenfalls bestimmt sich die Steuerlast nicht --gleichheitsrechtlich geboten-- nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern nach dem Belieben seines Arbeitgebers.

c) Von einer dauerhaften [X.]uordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 [X.] aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen [X.]eitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte entsprechend § 9 Abs. 4 Satz 4 [X.] die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
1. typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2. je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

aa) Eine [X.]uordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3  1. Alternative [X.], wenn die Dauer der [X.]uordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, [X.]weck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.

bb) Die [X.]uordnung erfolgt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3  2. Alternative [X.] für die Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses Bestand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die [X.]uordnung im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt.

4. Bei Heranziehung dieser Vorgaben ist das [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.], [X.] ..., [X.] im Streitjahr die erste Tätigkeitsstätte des [X.] war.

a) Bei der [X.], [X.] ..., [X.] handelt es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Dienstherrn des [X.]. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen ab.

b) Entgegen der Ansicht des [X.] ist dieser der Polizei-inspektion [X.], [X.] ..., [X.] dauerhaft zugeordnet.

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hat die Polizeidirektion [X.] unter dem 25. Januar 2017 bescheinigt, dass der Kläger seit dem 1. Dezember 2004 Angehöriger der [X.] ist und seinen Dienst als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst am Sitz der Polizeiinspektion in der [X.] ..., [X.] versieht.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Arbeitgeber für einen bereits abgelaufenen Veranlagungszeitraum nicht rückwirkend eine bislang unterbliebene [X.]uordnungsentscheidung nachholen kann. Dies ist im Streitfall jedoch auch nicht der Fall. Das Schreiben vom 25. Januar 2017 bestätigt vielmehr lediglich die in der Vergangenheit erfolgte dienstrechtliche [X.]uordnung des [X.] zu der [X.], [X.] ..., [X.].

Auch der Einwand des [X.], mit der [X.] sei ein großräumiges Gebiet bezeichnet, geht fehl. [X.]war sind der [X.] ... [X.] an den Standorten ... untergeordnet, zu denen wiederum ... Polizeistationen gehören, die sich über die Städte und Landkreise verteilen. Das Schreiben vom 25. Januar 2017 bescheinigt jedoch nicht eine [X.]uordnung allgemein zum Gebiet der [X.], sondern ausdrücklich eine solche zum Hauptsitz der Inspektion ([X.] ..., [X.]), wo sich auch der Fachbereich Einsatz befindet. Dass diese dienstrechtliche [X.]uordnung in der bescheinigten Form tatsächlich so nicht getroffen wurde, macht der Kläger zu Recht nicht geltend, da --worauf das [X.] zutreffend hingewiesen [X.] die tatsächlichen Gegebenheiten im Streitjahr der in der Vergangenheit getroffenen dienstrechtlichen [X.]uordnungsentscheidung (immer noch) entsprochen haben. Denn nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hat der Kläger die [X.], [X.] ..., [X.] arbeitstäglich aufgesucht, um dort seine Uniform anzuziehen sowie anfallende Schreibarbeiten zu erledigen und nach Teilnahme an den Dienstantrittsbesprechungen von dort seinen Streifendienst aufzunehmen.

Der Kläger macht weiter nicht geltend, dass die zum 1. Dezember 2004 getroffene [X.]uordnungsentscheidung seines Dienstherrn seinerzeit nicht auf Dauer erfolgen sollte. Unter den Gegebenheiten des Streitfalls ist daher von einer von Anfang an unbefristeten und damit dauerhaften [X.]uordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3  1. Alternative [X.] auszugehen. Denn das [X.] hat nicht festgestellt, dass der Kläger aus der maßgeblichen Sicht ex ante der [X.], [X.] ..., [X.] lediglich für einen kalendermäßig bestimmten [X.]eitraum zugeordnet wurde oder sich eine solche kalendermäßige Bestimmung aus Art, [X.]weck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung des [X.] ergab. Der Umstand, dass der Kläger als Beamter unter Beachtung der jeweiligen dienstrechtlichen Vorschriften (jederzeit) auch einer anderen Dienststelle zugeordnet werden konnte, führt nicht zur Annahme einer lediglich befristeten [X.]uordnung.

c) Schließlich ist der Kläger dort auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Als Polizist im Einsatz- und Streifendienst hatte er nach den bindenden Feststellungen des [X.] auch in der Polizeiinspektion arbeitstäglich Tätigkeiten auszuführen, die ebenso zum Berufsbild eines Polizeivollzugsbeamten gehören wie der eigentliche Streifendienst (z.B. die Teilnahme an den Dienstantritts- oder allgemeinen Einsatzbesprechungen, Schichtübernahme oder -übergabe und insbesondere die Erledigung der Schreibarbeiten, wie das Verfassen von Protokollen, Streifen-, Einsatz- oder [X.]). Das [X.] hat zutreffend darauf abgestellt, dass diese Tätigkeiten in der Polizeiinspektion als ortsfester betrieblicher Einrichtung Teil des polizeilichen Vollzugsdienstes sind.

d) Ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip (hierzu Senatsurteile vom 11. Mai 2005 VI R 7/02, [X.], 502, [X.] 2005, 782, und VI R 70/03, [X.], 508, [X.] 2005, 785) liegt im Streitfall nicht vor. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 [X.]). Der Gesetzgeber hat das ihm eingeräumte Regelungsermessen insoweit nicht überschritten. Vielmehr erweisen sich diese berufliche Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelungen für den --auch hier vorliegenden-- Grundfall der immer wiederkehrenden Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (Senatsbeschluss vom 15. November 2016 VI R 4/15, [X.], 86, [X.] 2017, 228, Rz 14, m.w.N. zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte). Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des [X.] durch die Anwendung der im Streitfall werbungskostenabzugsbeschränkend wirkenden Entfernungspauschale liegt nicht vor. Hieran hat sich mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 ([X.], 285) nichts geändert. Denn auch insoweit gilt generalisierend und typisierend der Regelfall (s. Senatsurteil vom 6. November 2014 VI R 21/14, [X.], 427, [X.] 2015, 338, Rz 14), dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der [X.] hinwirken kann.

5. Da der Kläger im Streitjahr seine erste Tätigkeitsstätte am Sitz der [X.], [X.] ..., [X.] hatte, sind seine Aufwendungen für die Wege zwischen seiner Wohnung und der Polizeiinspektion gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 [X.] durch die vom [X.] angesetzte Entfernungspauschale abgegolten.

6. Ein Ansatz der begehrten Mehraufwendungen für Verpflegung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Kläger nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) nicht nachgewiesen hat, dass er an den entsprechenden Tagen --wie in § 9 Abs. 4a Sätze 2 und 3 Nr. 3 [X.] vorausgesetzt-- mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der [X.], [X.] ..., [X.] als ersten Tätigkeitsstätte abwesend war. Eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden nur von der Wohnung reicht nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 27/17

04.04.2019

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 24. April 2017, Az: 2 K 168/16, Urteil

§ 9 Abs 4 EStG 2009, § 9 Abs 4a EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2009, EStG VZ 2015, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.04.2019, Az. VI R 27/17 (REWIS RS 2019, 8544)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2726 REWIS RS 2019, 8544

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI R 12/17 (Bundesfinanzhof)

Erste Tätigkeitsstätte einer Luftsicherheitskontrollkraft nach neuem Reisekostenrecht


VI R 17/17 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.04.2019 VI R 40/16 - Erste Tätigkeitsstätte des fliegenden …


VI R 14/19 (Bundesfinanzhof)

Typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen eines vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkts


VI R 36/16 (Bundesfinanzhof)

Fahrtkosten eines Gesamthafenarbeiters nach neuem Reisekostenrecht


VI R 27/21 (Bundesfinanzhof)

Zur Feststellung der Zuordnung des Arbeitnehmers im steuerlichen Reisekostenrecht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.