Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.10.2021, Az. 2 C 1/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 1902

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] für das [X.] vom 24. November 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der 1966 geborene Kläger steht im Amt eines Polizeihauptkommissars ([X.] 11 [X.]) bei der [X.] im Dienst der [X.]. Die Beklagte wies den Kläger von Juli 2012 und bis Juli 2013 einer Auslandsverwendung in der [X.] vereinbarten Mission "German Police Project Team" (im Folgenden: [X.]) zu. Die Beklagte vergütete diese Einsätze, die parallel zu einer EUPOL-Mission in [X.] stattfanden, (u.a.) mit einer Auslandsverpflichtungsprämie.

2

Im Juli 2014 entschied das [X.], dass die [X.] in die Mission [X.] ab Januar 2015 nicht mehr gewährt werde. Der Zweck der Prämie, eine Zielzahl von 200 Polizeibeamten in der Mission [X.] zu erreichen, sei erfüllt. Der nach der inhaltlichen Neuausrichtung der Mission ab 2015 benötigte Personalbedarf von 42 Polizeibeamten könne ohne Auslandsverpflichtungsprämie gedeckt werden. Mit Rundschreiben vom August 2014 wies das [X.] die Mitglieder der [X.] [X.] ([X.]) auf die veränderte Anwendung der Auslandsverpflichtungsprämie hin. Danach sollte die Zahlung der Auslandsverpflichtungsprämie ab Januar 2015 entfallen, wenn sich ein Beamter auf eine nach Bekanntgabe dieses Rundschreibens erfolgte Ausschreibung bewirbt. In den Stellenausschreibungen sollte auf die geänderte Prämiengewährung hingewiesen werden. Für alle bereits dem [X.]-Projekt zugewiesenen sowie in der Vorbereitung befindlichen Polizeikräfte sollte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Auslandsverpflichtungsprämie über den 1. Januar 2015 hinaus bis zum Ende der jeweiligen Abordnung gewährt werden.

3

Die Beklagte wies den Kläger in dem Zeitraum von Mai 2015 bis Juli 2016 erneut der Mission [X.] zu. Mit Bescheid vom August 2016 lehnte das [X.]präsidium u.a. die Gewährung einer Auslandsverpflichtungsprämie ab.

4

Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage mit dem Antrag, unter entsprechender Aufhebung der dem entgegenstehenden Bescheide die Beklagte zu verpflichten, an ihn eine Auslandsverpflichtungsprämie in Höhe von 15 401,68 € zu zahlen, hilfsweise über seinen Antrag auf Zahlung einer solchen Prämie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Zahlung einer Auslandsverpflichtungsprämie noch auf Neubescheidung. Das dem Dienstherrn in der [X.] eingeräumte Ermessen, eine Auslandsverpflichtungsprämie zu gewähren, diene allein öffentlichen Interessen. Zweck der Norm sei es, durch Zahlung einer Prämie die Personalgewinnung für einen spezifischen besonderen Auslandseinsatz zu verbessern. Ein subjektives, gerichtlich einklagbares Recht der Polizeibeamten auf eine fehlerfreie Ausübung dieses rein innenrechtlichen (Organisations-)Ermessens korrespondiere damit nicht. Ein Anspruch folge auch nicht aus der Selbstbindung der Verwaltung.

5

Hiergegen wendet sich die vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des [X.], mit der er beantragt,

die Urteile des [X.] für das [X.] vom 24. November 2020 und des [X.] vom 17. Mai 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des [X.]präsidiums vom 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2016, soweit darin die Zahlung einer Auslandsverpflichtungsprämie abgelehnt wurde, zu verpflichten, an den Kläger eine Auslandsverpflichtungsprämie in Höhe von 15 401,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des [X.] auf Gewährung einer Auslandsverpflichtungsprämie unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.] erneut zu entscheiden.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des [X.] unterstützt den Antrag der [X.].

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt [X.]esrecht nicht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zahlung einer Auslandsverpflichtungsprämie gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im [X.] und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012 ([X.] I S. 462 - [X.] a.[X.]) noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Vorschrift des § 57 [X.] a.[X.] vermittelt keinen subjektiven Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung, der sich zu einem unbedingten Anspruch verdichten könnte (1.). Ein Anspruch auf Zahlung der Auslandsverpflichtungsprämie folgt auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (2.).

9

1. Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Auslandsverpflichtungsprämie ist § 57 [X.] a.[X.] Maßgebend sind diejenigen Vorschriften des [X.]esbesoldungsgesetzes, die zur Zeit der Verwendung im Ausland in [X.] sind ([X.], Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 [X.] 58.09 - [X.] 240 § 58a [X.] Nr. 4 Rn. 10). In dem Zeitraum der Verwendung des [X.] in der Mission [X.] in [X.] von Mai 2015 bis Juli 2016 galt die Vorschrift des § 57 [X.] a.[X.] Die Nachfolgeregelung in der Fassung des Art. 1 Nr. 32 des [X.] [X.] und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (Besoldungsstrukturmodernisierungsgesetz - BesStMG) vom 9. Dezember 2019 ([X.] I S. 2053) ist am 1. Januar 2020 in [X.] getreten.

Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.[X.] kann, wenn bei - parallel stattfindenden - besonderen Verwendungen im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit innerhalb eines Staates, die der höchsten Stufe des [X.]s zugeordnet sind, auf Grund des Zusammentreffens von Zahlungen von dritter Seite und Ansprüchen nach [X.] Recht für materielle Mehraufwendungen und immaterielle Belastungen sowie für Reisekosten unterschiedliche auslandsbezogene Gesamtleistungen gewährt werden, bei einer Verpflichtung zu einer Verwendung mit mindestens sechs Monaten Dauer (Mindestverpflichtungszeit) in der Verwendung mit der niedrigeren auslandsbezogenen Gesamtleistung eine Prämie gewährt werden.

a) Der Wortlaut des § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.[X.] ("kann") bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Gewährung einer Auslandsverpflichtungsprämie im Ermessen des Dienstherrn steht. Mit dem Wort "kann" wird der Behörde regelmäßig - so auch hier - auf der [X.] ein Ermessen eingeräumt ([X.], Urteil vom 25. November 2004 - 2 [X.] 46.03 - [X.] 236.1 § 44 SG Nr. 8 S. 3). Daraus folgt aber nicht gleichsam automatisch ein subjektiver Anspruch auf eine fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Einen allgemeinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gibt es nicht (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO). Ein solcher Anspruch besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst ("eo ipso") ([X.], Urteil vom 19. November 2015 - 2 A 6.13 - [X.]E 153, 246 Rn. 27). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]esverwaltungsgerichts begründen Rechtsvorschriften, die der Verwaltung ein Ermessen einräumen, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nur dann, wenn die das Ermessen einräumende Norm nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern - zumindest auch - dem Interesse des durch die Regelung Begünstigten zu dienen bestimmt ist (vgl. etwa [X.], Urteile vom 4. November 1976 - 2 [X.] 40.74 - [X.]E 51, 264 <267>, vom 26. Februar 1993 - 8 [X.] 20.92 - [X.]E 92, 153 <156> und vom 19. November 2015 - 2 A 6.13 - [X.]E 153, 246 Rn. 27). Eine lediglich mittelbar-tatsächliche Begünstigung, ohne dass dem Gesetz eine entsprechende Absicht zu entnehmen wäre, reicht zur Begründung eines Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung nicht aus (vgl. [X.], Urteile vom 13. Oktober 1994 - 7 [X.] 15.94 - [X.]E 97, 39 <40 f.> und vom 26. Oktober 2000 - 2 [X.] 38.99 - [X.] 237.7 § 48 [X.] Nr. 1 S. 2 m.w.[X.]). Rechtssätze, in denen der Einzelne nur aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit begünstigt wird, haben reine Reflexwirkungen (vgl. auch [X.], Beschluss des [X.] vom 27. April 1971 - 2 BvR 708/65 - [X.]E 31, 33 <39 f.>; Kammerbeschlüsse vom 6. Juli 1989 - 1 BvR 290/87 - NJW 1990, 2249 und vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426 <1427>). Ob einer Norm in diesem Sinne - zumindest auch - eine individuell-begünstigende Funktion zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln (stRspr, vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 28. März 2019 - 5 [X.]N 1.18 - [X.] 436.511 § 90 SGB VIII Kinder- und [X.] Nr. 10 Rn. 19 zur Schutznormtheorie).

b) § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.[X.] dient nicht dem Schutz individueller Interessen. Die Norm eröffnet allein im öffentlichen Interesse dem Dienstherrn, nämlich in dessen Personalgewinnungsinteresse, die Möglichkeit, einem Beamten eine [X.] für eine besondere Auslandsverwendung zu gewähren. Dies folgt zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm, aber aus ihrem Sinn und Zweck, die unter Rückgriff auf ihre Entstehungsgeschichte und auf die Gesetzessystematik zu bestimmen sind.

aa) Das Wortverständnis der Norm des § 57 Abs. 1 [X.] a.[X.] ist indifferent. Nach ihrem Wortlaut finden individuelle Interessen weder ausdrücklich noch inzident eindeutig Erwähnung. Die Wortwendung "Prämie bei einer Verpflichtung zu einer Verwendung", die Begriffe "Auslandsverpflichtungsprämie" und "Mindestverpflichtungszeit" sowie der als Höchstbetrag der Prämie bestimmte "Unterschiedsbetrag zur höheren auslandsbezogenen Gesamtleistung im ... Verwendungszeitraum" deuten nicht zweifelsfrei auf subjektive Komponenten hin. Sie lassen ebenso die auf das Interesse der Allgemeinheit zielende Deutung zu, dass es dem Dienstherrn für die Erfüllung bilateraler Vereinbarungen im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit frei steht, eine Prämie auszuloben, um unter den [X.]espolizeibeamten Freiwillige für eine Dienstleistung im Ausland mit einer bestimmten Mindestdauer anzuwerben. Dieser Interpretation steht die Bestimmung des § 57 Abs. 2 [X.] a.[X.] nicht entgegen. Sie betrifft lediglich die Zahlungsmodalitäten einer vom Dienstherrn gewährten Prämie.

Allerdings folgt - anders als die Revision meint - aus dem Wortlaut der Norm unverkennbar, dass es sich bei der Auslandsverpflichtungsprämie nicht um eine einsatzbezogene kollektive Prämie handelt. Gegenstand der Regelung ist eine auf den einzelnen zu verpflichtenden Beamten bezogene Prämie. Die neu gestaltete Fassung des § 57 [X.] durch das Besoldungsstrukturmodernisierungsgesetz vom 9. Dezember 2019 ([X.] I S. 2053) stellt dies ausdrücklich klar.

bb) [X.] hat der Gesetzgeber die Auslandsverpflichtungsprämie allein mit dem Ziel eingeführt, dem Dienstherrn [X.] für internationale Polizeimissionen zu erleichtern, die der höchsten Stufe des [X.]s zugeordnet sind. Intention des Gesetzgebers war es, mit der Einführung der Auslandsverpflichtungsprämie ein gleichmäßiges Abgeltungsniveau für die unterschiedlichen Formen der polizeilichen Auslandsverwendung in demselben ausländischen Staat zu ermöglichen, um damit Problemen der Personalrekrutierung für monetär weniger attraktive - bilaterale - Mission zu begegnen und den Personalbedarf für diese Mission stellen zu können. Die [X.] war Mittel zum Zweck der Personalanwerbung. Der einzelne geworbene Beamte sollte nur aus Gründen dieses öffentlichen Interesses begünstigt werden; die [X.] nach § 57 [X.] a.[X.] hat insofern reine Reflexwirkung. Sie sollte allein um des öffentlichen Zieles willen gewährt werden, die [X.]verpflichtung zu erfüllen. Ihr Ziel war es nicht, (auch) individuellen Interessen Rechnung zu tragen und die von Polizeibeamten als ungerechtfertigt empfundenen Vergütungsunterschiede zwischen der bilateralen und der [X.] oder [X.] generell anzugleichen. Ein entsprechender gesetzgeberischer Wille hat in der Gesetzesbegründung keinen Niederschlag gefunden (vgl. [X.]. 17/7142 S. 26 f.).

Der politische Kontext, in dem die Norm entstanden ist, bekräftigt das in der Gesetzesbegründung benannte Motiv der Personalrekrutierung als alleinigen Hauptzweck.

Die [X.]esregierung hatte im Rahmen der [X.]-Konferenz Ende Januar 2010 in [X.] gegenüber der [X.] zugesagt, das Ausbildungskontingent im bilateralen Polizeiprojekt [X.] bis spätestens Ende Januar 2011 dauerhaft auf 200 Polizisten zu erhöhen; gleichzeitig sollte der personelle Beitrag zur [X.] [X.] erhöht werden (vgl. Bulletin der [X.]esregierung Nr. 16-1 vom 10. Februar 2010 ; vgl. auch [X.]. 17/654 S. 6). Die [X.]esrepublik Deutschland stand damit vor der Aufgabe, eine ausreichend große Anzahl von freiwilligen Polizeibeamten zu akquirieren, um das bilateral vereinbarte [X.] unter Berücksichtigung der dienstlichen Notwendigkeiten vor Ort stellen zu können. Denn für die Auslandseinsätze bedurfte es der Zustimmung der Polizeibeamten (vgl. § 29 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 8 [X.]), für die auch die Höhe der Vergütung der jeweiligen Mission bestimmend sein konnte. Zwar gelang es der Beklagten nach der unwidersprochen gebliebenen Äußerung des Vertreters des [X.]esinteresses beim [X.]esverwaltungsgericht im Juli 2010 - erstmals - 200 [X.] Polizeibeamte im bilateralen Polizeiprojekt [X.] in [X.] einzusetzen; deren Zahl war aber bis zum Oktober 2010 bereits wieder auf 160 Polizeibeamte gesunken. Angesichts dieser politischen Situation drängt es sich auf, dass es Ziel des gesetzgeberischen Handelns war, einen monetären Anreiz zu schaffen, um Polizeibeamte für eine freiwillige Auslandsverwendung im bilateralen [X.] zu gewinnen und damit die gegenüber [X.] zugesagten [X.]e in diesem Projekt erfüllen zu können. Die darin zugleich liegende Begünstigung der angeworbenen Polizeibeamten ist bloßer, zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Hauptzwecks unvermeidbarer Nebeneffekt. Es liegt außerhalb des [X.] des § 57 [X.] a.[X.], individuelle Interessen der im Ausland verwendeten Polizeibeamten zu wahren.

cc) Die Gesetzessystematik bestätigt dieses Verständnis. Die immateriellen und materiellen Belastungen eines bei einer besonderen Auslandsverwendung eingesetzten Beamten werden abschließend mit dem gestuften [X.] (zurzeit des Streitfalls: § 56 [X.] 2009) abgegolten.

Der Gesetzgeber hat die Regelung über die Auslandsverpflichtungsprämie (§ 57 [X.] a.[X.]) bei ihrer Einführung in einen systematischen Zusammenhang mit der Regelung des [X.]s gestellt. Die Prämie darf - tatbestandlich - nur für besondere Verwendungen im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit gewährt werden, die der höchsten Stufe des [X.]s zugeordnet sind. Der in Stufen gestaffelte [X.] wird bei einer Verwendung im Rahmen einer humanitären oder unterstützenden Maßnahme gewährt, die aufgrund eines Übereinkommens, eines Vertrages oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat auf Beschluss der [X.]esregierung im Ausland oder außerhalb des [X.]n Hoheitsgebiets auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen stattfindet (besondere Verwendung im Ausland). Der Zuschlag wurde als § 58a [X.] durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes über dienstrechtliche Regelungen für besondere Verwendungen im Ausland (Auslandsverwendungsgesetz - [X.]) vom 28. Juli 1993 ([X.] I S. 1394, § 58a [X.] 1993) in das [X.]esbesoldungsgesetz eingefügt. Nachdem das [X.]esverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2002 - 2 [X.] 24.01 - ([X.] 240 § 58a [X.] Nr. 1 S. 3) entschieden hatte, dass der [X.] nach § 58a [X.] 1993 nicht dem Ausgleich wirtschaftlicher Belastungen, sondern "nur" der mit dem Auslandseinsatz verbundenen physischen und psychischen Belastungen sowie von Gefahren für Leib und Leben dient, hat der Gesetzgeber den [X.] durch Art. 2 Nr. 44 und 45 des [X.] vom 5. Februar 2009 ([X.] I S. 160, [X.] 2009) in § 56 [X.] neugefasst und seine Zweckbestimmung ausdrücklich erweitert. Mit dem [X.] werden seither pauschal alle materiellen Mehraufwendungen und immateriellen Belastungen mit Ausnahme der nach [X.] Reisekostenrecht zustehenden Reisekostenvergütung abgegolten (vgl. [X.]. 16/7076 S. 145 f., vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2009, nunmehr § 56 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Daraus folgt zugleich, dass die zum 1. Juni 2011 eingeführte Auslandsverpflichtungsprämie einen anderen Zweck verfolgen muss. Hätte der Gesetzgeber individuelle Belastungen oder Interessen der auf der höchsten Auslandsverwendungsstufe eingesetzten Beamten in noch größerem Umfang ausgleichen und vergüten wollen als bisher, hätte es nahegelegen, den [X.] der höchsten Stufe zu erhöhen, gegebenenfalls um einen variablen Höchstbetrag. Andernfalls verlöre die gesetzlich verankerte Pauschalabgeltung für eine besondere Auslandsverwendung (§ 56 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2009, nunmehr § 56 Abs. 3 Satz 1 [X.]) ihren Sinn.

dd) Keine andere Beurteilung rechtfertigt sich daraus, dass die Vorschrift des § 57 [X.] a.[X.] rückwirkend zum 1. Juni 2011 in [X.] getreten ist. Die rückwirkende Einführung der Auslandsverpflichtungsprämie war ein taugliches Mittel, um die Personalanwerbung für Erst-, Langzeit- oder [X.] frühestmöglich zu verbessern. Es ist mit dem besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] vereinbar, die Gewährung einer Prämie unter dem Vorbehalt des rückwirkenden Inkrafttretens der entsprechenden besoldungsrechtlichen Regelung zuzusagen. Auch ein solches In-Aussicht-Stellen einer Prämie hat Anreizwirkung.

c) Die Entscheidung des [X.]esministeriums des Innern, ob und in welchem Umfang die Auslandsverpflichtungsprämie als Mittel zur verbesserten Personalrekrutierung von Polizeibeamten für [X.] einzusetzen ist, beruht auf der objektiv-rechtlichen Organisations- und Planungshoheit des [X.]esministeriums. Es obliegt seiner Organisations- und Planungshoheit, eine internationale Polizeimission so vorzubereiten, zu gestalten und durchzuführen, dass die von der [X.]esrepublik Deutschland eingegangenen internationalen Verpflichtungen erfüllt werden. Dies umfasst die Planung des Bedarfs an Polizeibeamten, die in die Auslandsmission zu entsenden sind. Dazu gehört wegen der dafür erforderlichen Zustimmung eines jeden Polizeibeamten (§ 29 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 8 [X.]) auch die Prognose, ob ein ausreichend großes freiwilliges Bewerberinteresse vorhanden ist, um das erforderliche [X.] für die Auslandsmission stellen zu können. Im Fall einer ungünstigen Prognose ist es Sache des [X.]esministeriums zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Gewährung der Auslandsverpflichtungsprämie als Instrument zur Personalgewinnung einzusetzen ist. Diese Beurteilung beruht auf [X.] Gesichtspunkten und damit weitgehend auf verwaltungspolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen, bei denen auch haushaltsrechtliche Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind. Derartige Zweckmäßigkeitserwägungen sind der gerichtlichen Überprüfung von vornherein entzogen ([X.], Beschlüsse vom 26. März 2015 - 1 [X.] 41.14 - juris Rn. 17 und vom 27. Februar 2014 - 1 [X.] 48.13 - juris Rn. 26 zur militärischen Bedarfsplanung). Der einzelne Polizeibeamte kann nicht zur Nachprüfung stellen, ob die Beklagte die Ziele der jeweiligen internationalen Verpflichtung mit zutreffenden Mitteln anstrebt, erreicht oder verfehlt hat (vgl. auch [X.], Urteil vom 25. November 2004 - 2 [X.] 46.03 - [X.] 236.1 § 44 SG Nr. 8 S. 4).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung der Auslandsverpflichtungsprämie aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.

a) Im grundsätzlich objektiv-rechtlichen Bereich der Organisationsgewalt des Dienstherrn kann sich - ausnahmsweise - ein [X.] Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie, insbesondere willkür- und missbrauchsfreie Entscheidung aus Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung ergeben, wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um sein Verwaltungshandeln gleichmäßig zu steuern (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2020 - 2 A 2.20 - [X.]E 171, 17 Rn. 23). Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist - insbesondere bei unklarem und daher auslegungsbedürftigem Wortlaut - die tatsächliche Handhabung der Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis zur maßgeblichen Zeit (vgl. [X.], Urteil vom 17. Januar 1996 - 11 [X.] 5.95 - NJW 1996, 1766 <1767> m.w.[X.] und Beschluss vom 11. November 2008 - 7 [X.] - juris Rn. 9). Eine durch Verwaltungsvorschriften festgelegte Verwaltungspraxis kann aus [X.], d.h. sachlichen Gründen geändert werden. Die Selbstbindung der Verwaltung verpflichtet nur zu einer Behandlung aller Fälle nach den gleichen Maßstäben; sie verbietet aber keine Änderung der Maßstäbe für die Zukunft (vgl. [X.], Urteil vom 8. April 1997 - 3 [X.] 6.95 - [X.]E 104, 220 <223> und vom 26. Mai 2011 - 3 [X.] 21.10 - [X.] 418.21 [X.] Nr. 21 Rn. 28). Bei der Änderung der Verwaltungspraxis ist das verfassungsrechtlich verbürgte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen, wenn damit nachträglich in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände nachteilig [X.] eingegriffen wird (vgl. [X.], Urteil vom 8. April 1997 - 3 [X.] 6.95 - [X.]E 104, 220 <228>).

b) Die Entscheidung des [X.]esministeriums des Innern, die Auslandsverpflichtungsprämie für Verwendungen von Polizeibeamten in der Mission [X.] in [X.] ab Januar 2015 nicht mehr zu gewähren, beruht auf sachlichen Gründen. Tragend für die Entscheidung war, dass der Zweck der Prämie - die Entsendung der zugesagten [X.] in das [X.]-Projekt - erreicht worden war. Der nach der inhaltlichen Neuausrichtung des Projekts ab 2015 bestehende, um ein Vielfaches geringere Personalbedarf konnte nach Einschätzung des [X.]esministeriums des Innern ohne Auslandsverpflichtungsprämie erfüllt werden.

Die vom [X.]esministerium des Innern getroffene Übergangsregelung begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Es ist sachlich gerechtfertigt, Beamte aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Neuregelung auszunehmen und die Auslandsverpflichtungsprämie weiter zu gewähren, wenn die Beamten vor der Bekanntgabe des Wegfalls der Prämie mit dem Rundschreiben vom August 2014 dem [X.]-Projekt bereits zugewiesen waren oder sich in der Einsatzvorbereitung befanden. Der Kläger unterfällt diesem Vertrauensschutz nicht. Nach den den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte dem Kläger im Rahmen des Bewerbungsverfahrens mitgeteilt, dass eine Auslandsverpflichtungsprämie nicht mehr gewährt wird. Dementsprechend enthält die Zuweisungsverfügung des [X.] den Hinweis, dass die Bewerbung auf eine Stelle der besonderen Auslandsverwendung erfolgte, die nach Bekanntgabe des Rundschreibens vom August 2014 ausgeschrieben worden war.

Die Übergangsregelung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie - wie der Kläger meint - zur Folge hatte, dass sich der Empfängerkreis der Auslandsverpflichtungsprämie auf Polizeibeamte mit bestimmten Funktionen beschränkte, bei denen [X.] unverändert fortbestanden. Im Hinblick auf den Zweck des § 57 [X.] a.[X.] wäre es nicht sachwidrig, die [X.] (etwa [X.], Diensthundeführer oder Fachbereichsleiter) weiter anzuwenden, um sie für eine besondere Auslandsverwendung zu gewinnen.

Dass die Prämie in den [X.] nicht nur bis zum Ende der zunächst vorgesehenen Einsatzzeit, sondern darüber hinaus auch für Verlängerungen bis zum Ende der Zuweisung ("zum Ende der jeweiligen Abordnung") gewährt wurde, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, entspricht der getroffenen Übergangsregelung und ist nicht willkürlich. Demgemäß ist dem vom Kläger benannten Beamten [X.], Diensthundeführer, die Prämie bis zum Dezember 2015 zu Recht gewährt worden. Nach den den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist über den Einsatz des Beamten [X.] vor der Bekanntgabe des Rundschreibens vom August 2014 entschieden und seine Zuweisung über den Oktober 2015 hinaus bis zum 1. Februar 2016 verlängert worden. Die Fortzahlung der [X.] ist dagegen rechtswidrig erfolgt, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 [X.] a.[X.] nicht mehr gegeben waren. Eine Beteiligung [X.]r Polizeibeamter an der parallel durchgeführten [X.] in [X.] lag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor. Dies hatte die Beklagte, wie sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, irrtümlich übersehen. Jedoch hat der Kläger insoweit keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.

Im Übrigen zeigt der Kläger keine Fallkonstellation auf, die seiner Situation vergleichbar ist und für die die Beklagte Zahlungen nach § 57 [X.] a.[X.] geleistet hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie sich auf eine dem Kläger zugutekommende Art und Weise selbst gebunden haben könnte (vgl. [X.], Urteil vom 21. August 2003 - 3 [X.] 49.02 - [X.]E 118, 379 <384> zur "Selbstbindung wider Willen").

3. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

2 C 1/21

13.10.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 24. November 2020, Az: 1 A 2361/18, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.10.2021, Az. 2 C 1/21 (REWIS RS 2021, 1902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1902

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 C 6/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Gewährung einer Auslandsverpflichtungsprämie


B 5 K 16.901 (VG Bayreuth)

Zum Wegfall einer Auslandsverwendungsprämie für den Einsatz im Projekt „German Police Project Team“ (GPPT) in …


B 5 K 16.900 (VG Bayreuth)

Abschaffung der Auslandsverpflichtungsprämie nach § 57 BBesG


VI ZR 183/15 (Bundesgerichtshof)


2 A 3/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Auslandsverwendungszuschlag; Soldat aus dem Geschäftsbereich des BND im Unterstützungselement; Unterstützung des Erstkontingents der Bundeswehr für …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.