Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.04.2013, Az. II ZR 273/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6852

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Gegenstand

Fristlose Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages: Beginn der Kündigungserklärungsfrist; Übertragung der Befugnis zur Kündigung; Erforderlichkeit einer positiven Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen


Leitsatz

1. Für die Kenntnis der für die Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages maßgebenden Tatsachen, die die Zweiwochenfrist nach § 626 Abs. 2 BGB in Lauf setzt, kommt es auf den Wissensstand des zur Entscheidung über die fristlose Kündigung berufenen und bereiten Gremiums der Gesellschaft an.

2. Die Befugnis, den Anstellungsvertrag zu kündigen, kann sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch durch die Gesellschafter auf andere Personen übertragen werden.

3. Kenntnis liegt dann vor, wenn alles in Erfahrung gebracht worden ist, was als notwendige Grundlage für eine Entscheidung über Fortbestand oder Auflösung des Dienstverhältnisses anzusehen ist. Kennenmüssen oder grobfahrlässige Unkenntnis genügt nicht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 24. November 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger war seit 21. Mai 2002 Geschäftsführer der beklagten GmbH. Alleinige Gesellschafterin der [X.] ist die [X.], deren alleinige Gesellschafterin die [X.] D.       ist. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des [X.] vom 14. Mai 2003 wurde mit einem Nachtrag vom 30. August 2006 bis zum31. Dezember 2012 verlängert.

2

Bis zum 15. Juli 2003 war der Kläger auch Geschäftsführer der [X.] Als ihr Geschäftsführer hat der Kläger Ende 2000 einen Beratervertrag mit dem     Kommunalpolitiker [X.]geschlossen, in dem diesem ein jährliches Beraterhonorar von 200.000 DM zugesagt worden war. Der Beratervertrag mit [X.]wurde auf Bitten der [X.] [X.]im Jahre 2003 bis 23. Juni 2004 verlängert. Anfang 2004 bat [X.]um eine Aufhebung des Vertrages, der die [X.] mit Wirkung vom 31. Dezember 2003 in einem von ihren beiden Geschäftsführern unterschriebenen Schreiben vom 12. Februar 2004 zustimmte. In diesem Schreiben heißt es:

"Wir folgen gern Ihrem Vorschlag und stimmen hiermit einer Aufhebung des Vertrages mit Wirkung vom 31. Dezember 2003 zu. Wir bedanken uns für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und verbleiben mit freundlichen Grüßen".

3

Am 1. Februar 2009 trat [X.]von allen politischen Ämtern zurück. In Presseberichten war die Vermutung geäußert worden, dass es sich bei dem Beratervertrag mit ihm um einen Scheinvertrag gehandelt habe, der von dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der [X.] K.  initiiert worden sei und allein der Versorgung von [X.]gedient habe. Eine Gegenleistung für das vereinnahmte Honorar habe [X.]nie erbracht. Strafrechtliche Ermittlungen wurden wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt.

4

Am 16. Februar 2009 beschloss die [X.] als Alleingesellschafterin der [X.] die Abberufung des [X.] als Geschäftsführer der [X.] und die fristlose Kündigung des Dienstvertrages aus wichtigem Grund, die dem Kläger am selben Tag erklärt wurde.

5

Der Kläger hat beantragt, die Unwirksamkeit der Kündigung festzustellen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der [X.].

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7

I. Das Berufungsgericht ([X.], Urteil vom 24. November 2011 - 14 U 27/11, juris) hat ausgeführt, die gegenüber dem Kläger ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht innerhalb der Frist gemäß § 626 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB erfolgt sei. Kenntnis der Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der Beklagten, auf die es ankomme, habe bereits zum Zeitpunkt der von ihnen unterzeichneten Zustimmung zur Aufhebung des [X.] mit M.  vorgelegen. Das folge aus dem Schreiben vom 12. Februar 2004. Dieses Schreiben dokumentiere aus sich heraus eine Bestätigung und Billigung des [X.], die verdeutliche, dass die Unterzeichner bereits die wesentlichen Hintergründe kannten und sogar billigten. Andernfalls bleibe schlechthin unverständlich, wie sich die Geschäftsführer dazu veranlasst gesehen haben könnten, eine nur teilweise rückwirkende Aufhebung eines gänzlich unbekannten [X.] zu bestätigen und [X.]sogar eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu attestieren. Selbst bei unterstelltem Fortbestehen gewisser (Rest-) Unklarheiten über den Charakter des bereits auf den ersten Blick höchst auffälligen und ungewöhnlichen [X.] und zumal eines solchen, bei dem es nach der Darstellung der Beklagten nie eine Beratungstätigkeit gegeben haben soll, hätte jedenfalls Veranlassung bestanden, den sich akut aufdrängenden Seriositätsbedenken nachzugehen. Noch etwa notwendige Ermittlungen seien mit gebotener Eile durchzuführen gewesen.

8

Die von der Beklagten weiter geltend gemachte Missachtung von Weisungen durch den Kläger im Rahmen der [X.] im Jahre 2009 trage die fristlose außerordentliche Kündigung nicht. Soweit die kündigungsrelevanten Umstände bereits im Jahre 2004 bekannt gewesen seien oder zu dieser Zeit jedenfalls die gebotenen Erkundigungen verabsäumt worden seien, sei es schon im Ansatz verfehlt, etwaige Versäumnisse des [X.] bei der Aufdeckung eben dieser Vorgänge im Jahre 2009 für ein gleichsam wieder auflebendes Kündigungsrecht ins Feld zu führen. Dass dem Kläger darüber hinaus Verfehlungen bei der Aufklärung anzulasten wären, die für sich die ausgesprochene Kündigung tragen würden, sei nicht feststellbar.

9

Schließlich bestehe auch kein Kündigungsgrund in Bezug auf das Verhalten des [X.] bei der Verlängerung des [X.] mit [X.]     GmbH bezüglich des Komplexes G.    .

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Im Ergebnis noch zutreffend hat es das Berufungsgericht für maßgebend erachtet, ob die Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der Beklagten schon im Februar 2004 Kenntnis von den möglichen Kündigungsgründen erlangt haben.

Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung des [X.] nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Für die die [X.] in Lauf setzende Kenntnis im Sinn von § 626 Abs. 2 BGB kommt es allein auf den Wissensstand des zur Entscheidung über die fristlose Kündigung berufenen und bereiten Gremiums der [X.] ([X.], Urteil vom 10. September 2001 - [X.], [X.], 1957, 1958; Urteil vom 10. Januar 2000 - [X.], [X.], 508, 510; Urteil vom 15. Juni 1998 - [X.], [X.]Z 139, 89, 92). [X.] ist bei der GmbH grundsätzlich die Gesellschafterversammlung als das analog § 46 Nr. 5 GmbHG zuständige Organ. Wenn die Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat, kommt es auf dessen Kenntnis bzw. die Kenntnis des organschaftlichen Vertreters des Alleingesellschafters an. Dieser kann jederzeit eine Universalversammlung nach § 51 Abs. 3 GmbHG abhalten und damit eine Kündigung auch ohne Einberufung einer förmlichen Gesellschafterversammlung aussprechen ([X.], Urteil vom 20. Oktober 2008 - [X.], [X.], 2260 Rn. 13; Beschluss vom 8. Januar 2007 - [X.], [X.], 910 Rn. 7; Urteil vom 27. März 1995 - [X.], [X.], 643, 645; Urteil vom 24. Februar 1954 - [X.], [X.]Z 12, 337, 339).

Allerdings kann die Befugnis, den Anstellungsvertrag zu kündigen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch durch die Gesellschafter auf andere Personen übertragen werden ([X.], Urteil vom 26. März 1984 - [X.], [X.]Z 91, 217, 218 f.). Davon hat die Alleingesellschafterin hier Gebrauch gemacht und ein Vorstandsmitglied der [X.]     bevollmächtigt, die [X.] in allen Angelegenheiten betreffend die Beklagte zu vertreten und insbesondere Anstellungsverträge mit Geschäftsführern zu beenden. Die Bevollmächtigung eines Vorstandsmitglieds der Muttergesellschaft führt aber nicht dazu, dass für den Beginn der Kündigungserklärungsfrist allein die Kenntnis dieser Person maßgebend ist. Durch die Bevollmächtigung wurde die Befugnis der Geschäftsführer, für die Alleingesellschafterin zu handeln und den Beschluss über die Beendigung des Anstellungsvertrages zu fassen, nicht verdrängt. Immerhin haben die Geschäftsführer ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung den der Kündigung zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss gefasst und das [X.] unterzeichnet.

Mussten die Geschäftsführer der [X.] darüber hinaus vor einer Beschlussfassung über die Beendigung des Anstellungsvertrages mit dem Kläger die Zustimmung der Gesellschafterin, also der [X.]       , einholen, begann zwar die zweiwöchige Erklärungsfrist erst nach Eingang der Zustimmung zu laufen. In diesem Fall ist allerdings die Kündigungsmöglichkeit verwirkt, wenn die Geschäftsführer der [X.] sich nach Kenntniserlangung nicht unverzüglich um die Zustimmung als Voraussetzung einer Beschlussfassung bemühten. Wenn die Einberufung der Gesellschafterversammlung von den einberufungsberechtigten Mitgliedern unangemessen verzögert wird, muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Gesellschafterversammlung mit der zumutbaren Beschleunigung einberufen worden ([X.], Urteil vom 15. Juni 1998 - [X.], [X.]Z 139, 89, 92 f.). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn der Beschlussfassung ein anderes überwindbares Hindernis wie die Zustimmung der Gesellschafter-Gesellschafterin entgegensteht.

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber dem Schreiben vom 12. Februar 2004 eine Kenntnis der Geschäftsführer von den kündigungsrelevanten Tatsachen entnommen. Eine sichere und umfassende Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen liegt dann vor, wenn alles in Erfahrung gebracht worden ist, was als notwendige Grundlage für eine Entscheidung über Fortbestand oder Auflösung des Dienstverhältnisses anzusehen ist ([X.], Urteil vom 24. November 1975 - [X.], [X.], 77, 78). Kennenmüssen oder grobfahrlässige Unkenntnis genügt nicht (vgl. [X.], [X.], 2231, 2232; AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 mwN). Lediglich dann, wenn die Tatsachen bereits im Wesentlichen bekannt sind und noch zusätzliche Ermittlungen erforderlich sind, wie etwa die Anhörung des Betroffenen bei einer Verdachtskündigung oder die Ermittlung von gegen eine Kündigung sprechenden Tatsachen, sind diese zügig durchzuführen ([X.], Urteil vom 2. Juli 1984 - [X.], [X.], 1113, 1114; Urteil vom 24. November 1975 - [X.], [X.], 77, 78).

Dem Schreiben vom 12. Februar 2004 lässt sich die positive Kenntnis der Geschäftsführer von den kündigungsrelevanten Tatsachen nicht entnehmen. Es beschränkt sich auf die Zustimmung zur Vertragsaufhebung und einen Dank für die Zusammenarbeit. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Geschäftsführer Kenntnis vom Abschluss eines Scheinvertrages oder des behaupteten [X.]es hatten. Die Aufhebung des [X.] auf Bitte des Vertragspartners ist auch dann, wenn dieser in der Vergangenheit Beratungsleistungen erbracht hat, nichts Ungewöhnliches. Dass der [X.] des Vorstands der Muttergesellschaft abgeschlossen wurde, folgt aus seiner Aufhebung nicht. Der floskelhafte Dank für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit lässt ebenfalls nicht erkennen, dass den Geschäftsführern der Scheincharakter des Vertrages oder ein [X.] bei seinem Abschluss bekannt war.

Dass nach dem Schreiben den Geschäftsführern der [X.] die Existenz des [X.] bekannt war, genügt nicht, um die Erklärungsfrist in Lauf zu setzen. Die Kenntnis von der Existenz eines Beratungsvertrages mit [X.]ist nicht alles, was als Grundlage für eine Entscheidung über den Fortbestand oder die Auflösung des Dienstverhältnisses benötigt wird. Den Geschäftsführern musste aus Anlass der Zustimmung zur Vertragsaufhebung und des Dankes für die Zusammenarbeit noch nicht einmal der Inhalt der Vertragsurkunde bekannt werden. Das Berufungsgericht hat auch nicht dargelegt, dass aus den schriftlichen Vereinbarungen zwischen [X.]und der [X.] zu erkennen sei, dass [X.] keine Beratungsleistungen erbringen sollte sowie die Zustimmung des Vorstands der [X.]     zum Vertragsschluss erforderlich war und fehlte. Eine Pflicht zur Ermittlung der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen bestand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus Anlass der Vertragsaufhebung nicht, da eine fahrlässige Unkenntnis der maßgeblichen Tatsachen nicht genügt, um die Erklärungsfrist auszulösen.

3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

Etwaige Pflichtverletzungen des [X.] im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der [X.]D.       mbH können auch eine Kündigung seines Anstellungsvertrages als Geschäftsführer der Beklagten als einer anderen Konzerngesellschaft rechtfertigen.

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung fehlt ein Kündigungsgrund nicht deshalb, weil der dem Kläger vorgeworfene [X.] jedenfalls wegen der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden der [X.]      in einem milderen Licht erscheint.

a) Allein auf den [X.] kommt es schon deshalb nicht an, weil der Kündigung nicht nur der Vorwurf zugrunde liegt, der Kläger habe den Beratungsvertrag ohne eine erforderliche Zustimmung der Alleingesellschafterin, der [X.]     , abgeschlossen, sondern vor allem der Vorwurf, der Kläger habe einen Vertrag ohne Gegenleistung abgeschlossen, weil die Zahlungen der Versorgung von [X.]dienen sollten und dieser keine Beratungsleistungen erbringen sollte. Das [X.] hat die Kündigung zudem auch darauf gestützt, dass der Kläger jedenfalls nach dem Scheitern des [X.], für den nach dem Vortrag des [X.] der Beratungsvertrag abgeschlossen sein sollte, Anfang 2001 den Vertrag trotz einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit nicht gekündigt hat. Beide Vorwürfe, mit denen sich die Revisionserwiderung nicht befasst und zu denen das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, sind geeignet, einen Kündigungsgrund abzugeben.

b) Auch der vorgeworfene [X.] vermag grundsätzlich eine Kündigung zu rechtfertigen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 1991 - [X.], [X.], 509, 510; Urteil vom 28. Juni 1993 - [X.], NJW-RR 1993, 1123, 1124). Die Zustimmungsbedürftigkeit wegen des Abschlusses eines Dienstvertrages, die die Gesellschaft zu Leistungen über einer bestimmten Höhe verpflichtete, entfiel entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht schon deshalb, weil die [X.] [X.]ihrerseits der [X.]     das Beratungshonorar erstatten sollte. Gegenüber [X.]war allein die [X.]      verpflichtet. Wenn - wie die Beklagte vorträgt - der Beratungsvertrag lediglich der Versorgung von [X.] dienen sollte und er keine Beratungsleistungen erbringen sollte, begingen die zuständigen Mitarbeiter der [X.] K.  mit der Zusage der Kostenübernahme zudem eine Straftat (§ 266 StGB), so dass die [X.] K.  nicht zur Leistung verpflichtet war (§ 134 BGB).

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung scheidet ein [X.] auch nicht deshalb von vorneherein aus, weil der Kläger den [X.] [X.]      abgeschlossen hat. Darin lag die nach der Geschäftsordnung der [X.]   D.        mbH erforderliche Zustimmung der Gesellschafterin nicht, wenn der Vorstandsvorsitzende seinerseits die Zustimmung des [X.] einholen musste und für den Kläger evident war, dass diese Zustimmung fehlte. Dann missbrauchte der Vorstandsvorsitzende seine Vertretungsmacht für die [X.]. Die Evidenz eines Verstoßes für den Kläger ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil der damalige Mitgeschäftsführer B.   intern bei der [X.]D.        mbH dafür zuständig war, auf die Einhaltung der Geschäftsordnung zu achten, und keine Bedenken anmeldete.

Die Kündigung wegen eines [X.]es ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht ausgeschlossen, weil er wegen der Mitwirkung des Vorstandsvorsitzenden und des [X.] des [X.] in einem milderen Licht zu betrachten ist. Besondere Umstände können im einzelnen Fall allerdings dazu führen, dass ein [X.] in milderem Licht erscheint und kein Kündigungsgrund ist (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Mai 2009 - [X.], [X.], 2195 Rn. 12; Beschluss vom 10. Dezember 2007 - [X.], [X.], 694 Rn. 2). Ob ein bestimmtes Verhalten als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung zu werten ist, hat aber in erster Linie der Tatrichter zu entscheiden ([X.], Urteil vom 9. März 1992 - [X.], [X.], 539 f.). Da das Berufungsgericht zu dem behaupteten [X.] bisher - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, kann der Senat die nach § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Abwägung nicht nachholen. In die Abwägung, ob es dem Dienstherrn nicht zugemutet werden kann, den [X.] weiter zu beschäftigen, sind alle für die Vertragsparteien maßgebenden Umstände einzubeziehen (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 1995 - [X.], [X.], 2064, 2065 mwN).

III. [X.] ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Der Kläger hat u.a. bestritten, dass der Beratervertrag nur zum Schein und zur Versorgung von [X.] abgeschlossen wurde, dass nach dem Scheitern des [X.] keine Beratungsleistungen mehr in Anspruch genommen wurden und dass für ihn erkennbar war, dass der Vorstandsvorsitzende nicht ohne Zustimmung des [X.] der [X.]        handeln durfte und gehandelt hat. Das Berufungsgericht wird sich auch mit der Behauptung des [X.] auseinanderzusetzen haben, die Geschäftsführer der [X.] mbH hätten den Scheincharakter des Vertrages bereits vor der rückwirkenden Aufhebung des [X.] gekannt. Insoweit weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass die Erklärungsfrist eingehalten ist ([X.], Urteil vom 2. Juni 1997 - [X.], GmbHR 1997, 998, 999; Urteil vom 2. Juli 1984 - [X.], [X.], 1113, 1114).

Die Zurückweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich mit den Einwänden der Revision gegen die Verneinung der weiteren, auf das Verhalten des [X.] im Jahr 2009 gestützten Kündigungsgründe im Rahmen der Aufklärung der Umstände, die zum Abschluss des [X.] führten, und zu dem [X.]        Beratervertrag [X.]    GmbH auseinanderzusetzen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts müssen ältere Vorgänge, aus denen wegen Ablaufs der Erklärungsfrist kein Kündigungsrecht mehr hergeleitet werden kann, bei der Gesamtwürdigung nicht außer Betracht bleiben. Sie können vielmehr zur Unterstützung anderer Kündigungsgründe herangezogen werden, wenn wenigstens ein noch nicht erledigter Vorfall von nicht unerheblichem Gewicht vorhanden ist (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1992 - [X.], [X.], 539, 540).

Strohn                         Reichart                           Drescher

                 Born                            Sunder

Meta

II ZR 273/11

09.04.2013

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 24. November 2011, Az: I-14 U 27/11, Urteil

§ 626 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.04.2013, Az. II ZR 273/11 (REWIS RS 2013, 6852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6852

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