Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2008, Az. II ZR 107/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1362

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 20. Oktober 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG §§ 38, 46 Nr. 5, 48 Abs. 3; HGB §§ 54, 164; BGB § 174 Der vom Komplementär der Alleingesellschafterin einer GmbH Bevollmächtigte kann die Abberufung des Geschäftsführers und die Kündigung von dessen Anstellungsver-trag wirksam beschließen. [X.], [X.]eil vom 20. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 20. Oktober 2008 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 26. April 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger ist zusammen mit [X.]Geschäftsführer der beklagten GmbH. Alleinige Gesellschafterin der Beklagten ist die S.

KG. Einziger Komplementär der S.

KG ist [X.], einzige Kommanditistin ist die S.

U.

Verwaltungs-GmbH, deren Alleingeschäftsführer [X.]

[X.] und deren einziger Gesellschafter O.

S.

ist. [X.]erteilte [X.] am 28. November 1980 eine notariell beurkundete rechtsgeschäftliche Generalvollmacht, ihn in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer u.a. der S.

KG bei allen [X.] zu vertreten mit Ausnahme solcher, bei denen wegen des besonderen 1 - 3 - Charakters des Rechtsgeschäftes ein Handeln eines Organs der Gesellschaft erforderlich ist. 2 [X.] hielt am 12. Oktober 2005 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten ab, in der er die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des [X.] beschloss. Er sprach die Kündigung am 20. Oktober 2005 in einem Schreiben aus, mit dem er dem Kläger gleichzeitig die Abberufung als [X.] mitteilte und dem lediglich der [X.] beigefügt war. Am 27. Oktober 2005 wies der Kläger die Kündigung zurück, weil [X.]bei der Übergabe der Kündigung keine Vollmachtsurkunde vorgelegt ha-be. Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Kündigung des [X.]anstellungsvertrages unwirksam ist, sein Dienstverhältnis zur [X.] fortbesteht und der Gesellschafterbeschluss vom 12. Oktober 2005 un-wirksam ist. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die begehrte Feststellung getroffen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision der Beklagten. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, für die Kündigung des [X.]anstellungsvertrages und zur Abberufung des [X.] fehlten rechtsgültige Gesellschafterbeschlüsse der Beklagten. [X.] habe die Beschlüsse nicht wirksam fassen können, weil die notwendigen Beschlüsse in 5 - 4 - der S.

KG fehlten und die notarielle Vollmacht nicht zu einer Abstimmung berechtigt habe. Eine Genehmigung scheide aus, außerdem habe der Kläger die Kündigung zu Recht nach § 174 BGB mangels Vorlage der Voll-machtsurkunde zurückgewiesen. Die Kündigungserklärung sei auch unwirksam, weil die Beschlüsse dem Kläger nicht von der Gesellschafterversammlung als dem zuständigen Organ mitgeteilt worden sei. II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, [X.]habe die [X.] in der Gesellschafterversammlung der Beklagten nicht wirksam vertreten können, ist von [X.] geprägt. 7 a) [X.] war wirksam bevollmächtigt, die Gesellschafterrechte der [X.] bei der Beklagten auszuüben. Dabei kann [X.], ob - wie das Berufungsgericht meint - die Grundsätze über die [X.] einer vom Geschäftsführer einer GmbH einem Nichtgeschäftsführer erteilten Generalvollmacht (vgl. [X.].[X.]. v. 18. Oktober 1976 - [X.], [X.], 1246) auf die vom Komplementär einer Personengesellschaft einem Dritten erteilte Generalvollmacht zu übertragen sind. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass [X.] keine umfassende Generalvollmacht erteilt wurde, sondern eine ausdrücklich als solche bezeichnete rechtsgeschäftliche General-vollmacht, in der von der Vertretungsmacht Rechtsgeschäfte ausgenommen waren, bei denen ein Handeln des Komplementärs als Organ einer Gesellschaft erforderlich ist. Ob eine solche rechtsgeschäftliche Generalvollmacht zulässig ist, kann dahinstehen, weil sie jedenfalls auf eine zulässige Generalhandlungs-vollmacht nach § 54 HGB zu reduzieren ist ([X.].[X.]. v. 8. Mai 1978 - [X.], [X.], 1047; [X.], [X.]. v. 18. Juli 2002 - [X.], [X.], 1895). Eine solche allgemeine Handlungsvollmacht, die sich auf 8 - 5 - sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, und die nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet ist, ist zulässig ([X.]at aaO). Die Generalhandlungsvollmacht bevollmächtigt zur Ausübung der Stimmrechte bei einer Tochtergesellschaft (§ 54 Abs. 1 HGB). Der Betrieb des Handelsgewerbes bringt die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und die Abstimmung bei Tochtergesellschaften gewöhnlich mit sich. Die [X.] erteilte Vollmacht, für [X.]

in dessen Eigenschaft als Komplementär der S.

KG zu handeln, umfasst darüber hin-aus ausdrücklich die Stimmrechtsausübung. b) [X.] ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, zu einer wirksa-men Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung der Beklagten sei nach §§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 2 HGB ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter der S.

KG notwendig gewesen. Die organschaftlichen Rechte in einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Kommanditgesell-schaft ist, nehmen die organschaftlichen Vertreter der Kommanditgesellschaft als Geschäftsführungsmaßnahme wahr (vgl. [X.]. [X.]. v. 16. Juli 2007 - [X.], [X.], 1658 [X.]. 9; Beschl. v. 8. Januar 2007 - [X.], [X.], 910 [X.]. 7). Das Fehlen einer ggf. ausnahmsweise nach § 164 HGB im Innenverhältnis notwendigen Zustimmung der Kommanditisten lässt die [X.] der Organe der Kommanditgesellschaft nicht entfallen (vgl. Se-nat [X.] 26, 330, 332; [X.] 16, 394, 398; [X.], [X.]. v. 19. Juni 2008 - [X.], [X.], 1582 [X.]. 47). [X.] Vertreter der [X.] war [X.]

als Komplementär, der wiederum [X.] rechtsgeschäftlich zu seiner Vertretung bevollmächtigt hatte. 9 - 6 - Das Berufungsgericht hat außerdem verkannt, dass [X.]als [X.] der einzigen Kommanditistin der S.

KG Ge-schäften, die er als Vertreter des Komplementärs vornehmen will, jederzeit zu-stimmen konnte, so dass das Verlangen einer ausdrücklichen Zustimmung der Kommanditistin durch einen Gesellschafterbeschluss reine [X.] wäre. 10 11 2. Rechtsfehlerhaft ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigung des [X.] und die Mitteilung der [X.] seien unwirksam, weil [X.]

keine Vollmachtsurkunde vorge-legt und der Kläger das Rechtsgeschäft aus diesem Grund mit Recht unverzüg-lich zurückgewiesen habe (§ 174 Satz 1 BGB). Das Berufungsgericht hat ver-kannt, dass die Zurückweisung ausgeschlossen ist, wenn der Vollmachtgeber den anderen Teil von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte (§ 174 Satz 2 BGB). Dazu genügt, dass der Vertreter eine Stellung bekleidet, mit der üblicherweise eine Vollmacht verbunden ist, die auch das konkrete Rechtsge-schäft umfasst, wie etwa eine Handlungsvollmacht ([X.] NJW 2001, 1229). Die Beklagte hat - was das Berufungsgericht übergangen hat - eine entsprechende Stellung von [X.]

behauptet. Sie hat unter Beweisantritt vorgetragen, der Kläger habe aus mehreren Gesellschafterversammlungen der vergangenen Jahre und als Beschäftigter seit 1965 gewusst, dass [X.]
[X.]Generalbe-vollmächtigter von [X.]

gewesen sei und in sämtlichen Ge-sellschafterversammlungen der Beklagten als solcher gehandelt habe. 3. Das [X.]eil des Berufungsgerichts ist schließlich auch nicht aufgrund der Hilfserwägung richtig, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beschlüsse dem Kläger nicht vom zuständigen Organ, nämlich der Gesellschafterversamm-lung der Beklagten, mitgeteilt worden seien. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Gesellschafterversammlung die Kündigungs- oder [X.] nicht selbst gegenüber dem Geschäftsführer abgeben muss, sondern sich 12 - 7 - hierbei auch dritter Personen, z.B. eines anderen Geschäftsführers, bedienen kann. 13 Der Vertreter des Alleingesellschafters, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, kann darüber hinaus jederzeit einen Beschluss fassen, ihn im [X.] dokumentieren (§ 48 Abs. 3 GmbHG) und als be-auftragter Mitgeschäftsführer die Kündigung oder Abberufung durch Übergabe des Schreibens, auch ohne Beifügung eines förmlichen Beschlusses, erklären. Eine Trennung der Funktionen wäre [X.] ([X.].[X.]. v. 27. März 1995 - [X.], [X.], 643; Beschl. v. 8. Januar 2007 - [X.], [X.], 910 [X.]. 7). 4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine endgültige Entscheidung ist dem [X.]at verwehrt, weil ungeklärt ist, ob die Zurückweisung mangels Vorlage der Vollmachtsurkunde zu Recht erfolgte (§ 174 Satz 2 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger nicht zugestanden, Kenntnis von der Stellung [X.]

[X.] als [X.] gehabt zu haben, mag sein Bestreiten auch angesichts der langjährigen Tätigkeit des [X.] bei der Beklagten wenig plausibel er-scheinen. Der Kläger hat nur eingeräumt, seit langer Zeit gemeinsam mit [X.]Geschäftsführer der Beklagten gewesen zu sein, gewusst zu haben, dass die [X.] Alleingesellschafterin war und dass sich [X.] als sein Vorgesetzter geriert habe. 14 In Frage kommt auch, dass die Zurückweisung unbeachtlich ist, wenn [X.] bereits in der Vergangenheit stets das Vertragsverhältnis mit dem Kläger abgewickelt hat, ohne die Generalvollmacht vorzulegen. § 242 BGB kann eine Zurückweisung ausschließen, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der [X.] - 8 - machtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein be-gründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 174 Rdn. 9). Außerdem hat das Berufungsge-richt - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt, ob ein wichti-ger Grund zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages bestand. [X.][X.]

[X.]

Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.08.2006 - 9 O 382/05 - [X.], Entscheidung vom 26.04.2007 - 6 U 1286/06 -

Meta

II ZR 107/07

20.10.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2008, Az. II ZR 107/07 (REWIS RS 2008, 1362)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1362

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 123/15 (Bundesgerichtshof)

GmbH & Co. KG: Voraussetzungen einer wirksamen Verlängerung des Anstellungsvertrages mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH


II ZR 109/06 (Bundesgerichtshof)


II ZR 141/19 (Bundesgerichtshof)

GmbH & Co. KG: Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH bei vorbehaltloser Entlastung der Komplementärin; Anwendung …


II ZR 123/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 162/21 (Bundesgerichtshof)

GmbH & Co. KG: Haftung des Geschäftsführers einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH; Erstreckung der Haftung auf die …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.