Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.04.2010, Az. XI B 1/09

11. Senat | REWIS RS 2010, 7839

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Gegenstand

(Steuerschuldnerschaft gem. § 13b Abs. 1 und 2 UStG auch für einen im Ausland ansässigen Leistungsempfänger)


Leitsatz

NV: Gem. § 13b Abs. 1 und 2 UStG kann das FA einen in Schweden ansässigen Reiseveranstalter als Leistungsempfänger für die Umsatzsteuer auf diejenigen Beförderungsleistungen in Anspruch nehmen, die diesem von schwedischen Busunternehmen mit im Inland nicht zugelassenen Bussen in Deutschland erbracht worden sind. § 13b Abs. 1 und 2 UStG gilt für im Inland oder Ausland ansässige Leistungsempfänger gleichermaßen und entspricht insoweit dem Unionsrecht .

Gründe

1

Die Revision ist nicht --wie von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemacht-- gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

2

1. Die Klägerin ist ein [X.] Reiseveranstalter. Die von ihr erbrachten Reiseleistungen enthalten eine Bündelung von [X.] anderer Unternehmen sowie von Eigenleistungen. Diese erbringt sie an Privatkunden und Reisebüros in [X.]. Zu den [X.] zählen u.a. auch die Beförderungsleistungen [X.] Busunternehmen im In- und Ausland, darunter in [X.]. Bei gemäß § 18 Abs. 11 des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) durchgeführten Kontrollen des Zolls hatten die Busfahrer die Klägerin als Beförderer angegeben.

3

Streitig ist, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) die in [X.] ansässige Klägerin zu Recht als Leistungsempfängerin gemäß § 13b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 UStG für die Umsatzsteuer auf diejenigen Beförderungsleistungen in Anspruch genommen hat, die ihr von den [X.] Busunternehmern mit im Inland nicht zugelassenen Bussen in [X.] erbracht worden sind.

4

Die Klägerin machte vor dem Finanzgericht ([X.]) geltend, § 13b Abs. 1 und 2 UStG seien nicht anzuwenden, wenn der Leistungsempfänger im Ausland ansässig und auch nicht im Inland registriert sei. Das ergebe sich zudem aus der Richtlinie. Das [X.] wies die Klage ab.

5

2. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Frage in Betracht (vgl. z.B. Beschlüsse des [X.] vom 2. April 2009 [X.]/08, [X.], 1284, und vom 18. Oktober 2007 [X.]/06, [X.], 400, [X.], 263). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich jedoch ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten und bedarf keiner weiteren Klärung.

6

a) Aus dem Wortlaut des § 13b Abs. 1 und 2 UStG ergibt sich nichts dafür, dass --wie die Klägerin vorträgt-- die Vorschrift nur auf solche Leistungsempfänger anzuwenden sei, die im Inland ansässig oder registriert sind oder für die eine Registrierung zumindest zumutbar sei. Nach § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG i.V.m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Steuer u.a. für steuerpflichtige Umsätze aus Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers. Danach macht es keinen Unterschied, ob der Leistungsempfänger im In- oder Ausland ansässig ist (vgl. [X.], Umsatzsteuer, 22. Aufl., [X.]; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13b Rz 42; Hundt-Eßwein in [X.]/Söhn/[X.], § 13b UStG Rz 15).

7

b) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht entspricht die Regelung auch der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]). Denn nach Art. 21 Abs. 1 [X.]. a Satz 2 der Richtlinie 77/388/[X.] können die Mitgliedstaaten, wenn die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird, gemäß den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass der Empfänger der steuerpflichtigen Dienstleistung die Steuer schuldet. Auch diese Regelung, die es den Mitgliedstaaten freistellt, ob sie einen entsprechenden Übergang der Steuerschuldnerschaft in ihrem nationalen Recht vorsehen, unterscheidet nicht zwischen Leistungsempfängern im In- oder Ausland.

8

Dass die Richtlinie 77/388/[X.] darüber hinaus in Art. 21 Abs. 1 [X.]. b zwingend vorschreibt, dass die Mitgliedstaaten den Übergang der Steuerschuldnerschaft für die dort im Einzelnen aufgeführten Dienstleistungen in ihrem nationalen Recht vorsehen müssen, wenn der Leistungsempfänger im Inland für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst ist, ändert an dem den Mitgliedstaaten durch Art. 21 Abs. 1 [X.]. a Satz 2 der Richtlinie 77/388/[X.] eingeräumten Wahlrecht nichts. Aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Regelungen in [X.]. a und [X.]. b folgt vielmehr im Umkehrschluss, dass sich Art. 21 Abs. 1 [X.]. a der Richtlinie 77/388/[X.] --weitergehend-- auch auf im Ausland ansässige und im Inland für Zwecke der Mehrwertsteuer nicht erfasste Leistungsempfänger erstreckt und diese von den Mitgliedstaaten in die Regelung zum Übergang der Steuerschuldnerschaft einbezogen werden können.

9

c) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, inwieweit der Übergang der Steuerschuldnerschaft von den in [X.] ansässigen Busunternehmern auf die in [X.] ansässige Klägerin im Einzelfall zur Vereinfachung der Steuererhebung und zur Sicherung des Steueraufkommens führt. Die Regelung ist jedenfalls sinnvoll und dient der Steuervereinfachung, soweit sich die Steuerbelastung aus dem Übergang der Steuerschuldnerschaft und ein eventueller Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger im Einzelfall gegenüberstehen.

Meta

XI B 1/09

06.04.2010

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 4. Dezember 2008, Az: 5 K 32/07, Urteil

§ 13b Abs 1 UStG 1999, § 13b Abs 2 UStG 1999, Art 21 Abs 1 Buchst a S 2 EWGRL 388/77, § 13b Abs 1 UStG 2005, § 13b Abs 2 UStG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.04.2010, Az. XI B 1/09 (REWIS RS 2010, 7839)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7839

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