Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.10.2015, Az. 3 B 12/15

3. Senat | REWIS RS 2015, 3342

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Gegenstand

Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 6. November 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung, mit der ihm der [X.] das Einfangen und Aneignen wildlebender Schwäne im Gebiet des beklagten [X.] untersagt hat.

2

Der Kläger betrieb bis zu ihrer Räumung am 13. Juni 2012 eine Auffangstation für hilfsbedürftige Schwäne in [X.] Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, aus seiner Sicht kranke, verletzte oder sonst hilfsbedürftige wildlebende Vögel der Art "Höckerschwan" einzufangen und in die Station zu bringen. Mit Verfügung vom 3. April 2013 untersagte der [X.] unter Androhung eines Zwangsgeldes das Einfangen und Aneignen wildlebender Schwäne im Gebiet des [X.]. Zur Begründung heißt es in der Verfügung, der Kläger habe in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen gegen § 5 Abs. 1 des [X.] [X.] (im Folgenden: [X.]) verstoßen, weil er Schwäne in Besitz genommen habe. Zudem habe er mehr als die Hälfte der im Juni 2012 in der Auffangstation vorgefundenen Tiere unter Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Auswilderungsgebot gehalten.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen diese Verfügung stattgegeben, weil nicht ersichtlich sei, dass der Kläger unter Verstoß gegen naturschutzrechtliche Verbote gesunde, dem Jagdrecht unterliegende Schwäne einfange und sich aneigne oder kranke und verletzte Tiere unter Verstoß gegen § 34 Abs. 3 [X.] an sich nehme. Auf die Berufung des [X.]n hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe naturschutz- und jagdrechtliche Vorschriften verletzt und damit gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes verstoßen. Einfangen und Aneignen wildlebender Höckerschwäne im Gebiet des [X.] unterfalle den Verbotstatbeständen des besonderen Artenschutzrechts nach § 44 Abs. 1 und 2 BNatSchG. Eine Rechtfertigung dafür ergebe sich nicht aus dem [X.] des § 45 Abs. 5 BNatSchG. Dieses stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt abweichender jagdrechtlicher Vorschriften. Solche Vorschriften habe der [X.] Landesgesetzgeber in § 5 und § 34 Abs. 3 und 4 [X.] erlassen. § 5 Abs. 1 [X.] verpflichte zur Abgabe kranker oder verletzter Schwäne an den aneignungsberechtigten [X.] (§ 1 Abs. 5 BJagdG), § 5 Abs. 2 [X.] begründe Anzeigepflichten. Diese Pflichten habe der Kläger bis zur Schließung seiner Station nicht erfüllt, und es sei zu besorgen, dass er es auch in Zukunft nicht in jeder Hinsicht tun werde. Soweit sich der Kläger auf eine Erlaubnis des [X.]es [X.] zur Inbesitznahme von Schwänen berufe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der [X.] aneignungsberechtigte Person im Sinne des § 5 Abs. 1 [X.] sei. Der [X.] könne nach § 7 Abs. 2 [X.] sein Jagdrecht nur als Mitglied der [X.] ausüben, sei daher weder tauglicher Adressat für die Erfüllung der Anzeige- und Ablieferungspflicht noch berechtigt, dem Kläger eine Erlaubnis auszustellen. In jedem Fall hätte es nach § 8 Abs. 4 [X.] einer Entscheidung der zuständigen Jagdbehörde bedurft, um Personen das Fangen von Wild zu gestatten. Das [X.] sei auch nicht "nächste Polizeidienststelle" im Sinne des § 5 Abs. 1 [X.], bei der erlangtes Wild hätte abgegeben werden können. Der Kläger habe weiterhin nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt den besonderen Verpflichtungen aus § 34 Abs. 3 [X.] genügt. Die Aufnahme kranken oder verletzten Wildes sei danach zulässig, wenn die in § 5 Abs. 1 [X.] genannten Stellen informiert worden seien und Hilfe nicht erlangt werden könne. Außerdem fehle es an einer unverzüglichen Übergabe der Schwäne an eine der in § 34 Abs. 3 Satz 1 [X.] genannten Personen oder Stellen. Die ehemals vom Kläger betriebene Station sei keine Auffangstation für Wild im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 1 [X.]. An solche Auffangstationen seien, auch wenn das Landesjagdgesetz kein förmliches Anerkennungsverfahren vorsehe, Mindestanforderungen gestellt, was die art- und tierschutzgerechte [X.] und zeitgerechte Auswilderung angehe. Zahlreiche Besuche und Kontrollen seit 2007, auch unter Beteiligung von [X.]n, hätten immer wieder ergeben, dass diese Anforderungen in der Station des [X.] nicht erfüllt würden. So sei wiederholt festgestellt worden, dass eine viel zu große Anzahl von Schwänen gleichzeitig gehalten werde, was wegen der dafür zu kleinen Auslauf- und Schwimmflächen zur Ausbildung von [X.] bei den Schwänen geführt habe. Auch sei immer wieder ein nicht unerheblicher Teil der Schwäne nach Eintritt der Auswilderungsfähigkeit für längere Zeit weiter in Gewahrsam gehalten worden. Die Einschätzung der Haltungsbedingungen durch die an den Kontrollbesuchen beteiligten [X.] sei vorrangig gegenüber der gegenteiligen Einschätzung des [X.].

4

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch liegt ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann.

5

1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Ist im Geltungsbereich des [X.]eswasserstraßengesetzes der [X.] jagdausübungsberechtigt oder die jeweils nach Landesrecht gebildete [X.]?"

6

Damit will sie die Ansicht des Berufungsgerichts infrage stellen, der [X.] (vertreten durch das im fraglichen Gebiet von [X.] und [X.] zuständige [X.]) sei weder aneignungsberechtigte Person noch tauglicher Adressat für die Erfüllung jagdrechtlicher Anzeige- und Ablieferungspflichten noch berechtigt, dem Kläger die von ihm behauptete Erlaubnis zum Fangen und Aneignen von Schwänen auszustellen. Die Beschwerde legt indes nicht dar, dass es sich um eine Frage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) handelt, die allein die Zulassung der Revision rechtfertigen kann. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der [X.] im fraglichen Bereich jagdausübungsberechtigt und aneignungsberechtigt ist, nach dem nicht revisiblen Landesjagdgesetz [X.] beantwortet. Die Beschwerde legt nicht dar, dass in diesem Zusammenhang eine fallübergreifende Rechtsfrage des [X.]esrechts Bedeutung hat.

7

Eine solche Rechtsfrage ergibt sich hier nicht aus dem Zusammenhang mit dem Wasserstraßenrecht des [X.]es. Soweit sich die Beschwerde insoweit darauf stützt, dass der [X.]esgerichtshof im Urteil vom 13. Mai 1982 - [X.] - ([X.], 59) das [X.] und Aneignungsrecht auf [X.]eswasserstraßen (wie der [X.] und der [X.]) der [X.]esrepublik Deutschland zugesprochen habe, macht sie eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Berufungsgerichts geltend. Subsumtionsmängel ergeben aus sich heraus aber keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO. Auch davon abgesehen führt die genannte Entscheidung nicht auf eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage revisiblen Rechts oder auf eine Divergenz. Das Berufungsgericht hat sich zu der Aussage in dem Urteil des [X.]esgerichtshofs, das [X.] auf [X.]eswasserstraßen stehe dem [X.] und nicht dem jeweiligen Land zu, nicht in Widerspruch gesetzt, sondern ist vielmehr davon ausgegangen, hat aber angenommen, dass der [X.] dieses Recht nur als Mitglied einer [X.] ausüben könne, weil nach der in [X.] maßgeblichen Rechtslage (§ 7 Abs. 2 [X.]) [X.]eswasserstraßen und deren Uferbereiche den benachbarten [X.] anzugliedern seien ([X.]). Ob diese Auffassung zutrifft, bemisst sich wiederum nach nicht revisiblem Landesrecht und ist daher letztverbindlich vom Oberverwaltungsgericht zu entscheiden. Auch wenn der [X.]esgerichtshof die Frage, wem das [X.] zusteht, allein nach [X.]esrecht entschieden hat, stellt die Beschwerde doch nicht in Abrede, dass die weitere Frage, ob die Grundflächen, die das Jagdrecht des [X.]es begründen, in einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk fallen und die Ausübung des [X.] daher der [X.] zusteht (§ 8 Abs. 5 BJagdG), allein nach Landesrecht und im Einzelfall zu entscheiden ist.

8

2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

9

a) Die Beschwerde sieht eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO, weil das Berufungsgericht in aktenwidriger Weise davon ausgegangen sei, dass bei der Räumung der [X.] die tierschutzwidrige Pflege und Betreuung der Schwäne durch [X.] festgestellt worden sei ([X.]), während diese Feststellung tatsächlich von privaten Tierärzten aus [X.] stamme; die anwesenden [X.] seien nur vor Ort gewesen, um die Einhaltung der tierseuchenrechtlichen Bestimmungen zu überprüfen. Diese Rüge, die das Berufungsgericht bereits im Rahmen seiner Bescheidung des Tatbestandsberichtigungsantrags des [X.] zurückgewiesen hat, trifft nicht zu. In dem Schreiben der Kreisverwaltung [X.]-S. an die Staatsanwaltschaft [X.] vom 19. Oktober 2012, auf das sich die Beschwerde beruft, wird hervorgehoben, dass bei der Räumung der [X.] zwei [X.] zugegen waren, die sowohl die Einhaltung der tierseuchen- wie der tierschutzrechtlichen Bestimmungen überwachen sollten. Die Beschwerde zeigt nichts dafür auf, dass ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dem (unstreitigen) Akteninhalt und der angegriffenen Feststellung im Urteil besteht, im Zeitpunkt der Räumung seien 22 von 62 vorgefundenen Schwänen auswilderungsfähig gewesen und 11 Schwäne hätten aufgrund der Haltungsbedingungen [X.] an den Füßen aufgewiesen. Soweit sich die Beschwerde zum Beleg der Aktenwidrigkeit darauf beruft, dass der [X.] in der [X.] vom 11. Juli 2014 bestätigt habe, dass die Feststellung von einem privaten Tierarzt aus [X.] stamme, geht sie darüber hinweg, dass der [X.] in demselben Schriftsatz die bei der Räumung der Station ebenfalls anwesenden [X.] als Zeugen für die Richtigkeit der Feststellungen des privaten Tierarztes benannt hat.

b) Es trifft weiter nicht zu, dass das Berufungsgericht zentralen Vortrag des [X.] nicht zur Kenntnis genommen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Die Beschwerde meint insofern zum einen, das Berufungsgericht sei darüber hinweggegangen, dass die [X.]verwaltung [X.] im Verwaltungsverfahren im Juli 2011 erklärt habe, die Schwäne seien rechtlich schon länger in ihre Obhut als Tierschutzbehörde übernommen gewesen. Damit macht die Beschwerde, weil nicht eigener Vortrag des [X.] übergangen worden sein soll, lediglich eine fehlerhafte materiell-rechtliche Würdigung des Akteninhalts und keinen Verfahrensmangel geltend. Das zeigt insbesondere ihre Schlussfolgerung, dem Kläger könne jedenfalls ab der Übernahme der Verantwortlichkeit durch die [X.] kein Vorwurf mehr gemacht werden.

Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde dem Berufungsgericht vorhält, es habe dem Kläger Erklärungen "untergeschoben" und daraus falsche Schlussfolgerungen gezogen. Die beanstandete Feststellung im Urteil ([X.] des ersten Absatzes), der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung die Abgabe verbindlicher Erklärungen, von denen der [X.] eine Aufhebung seiner Verfügung abhängig mache, ausdrücklich verweigert, ist erkennbar richtig, legt man das Vorbringen der Beschwerde zugrunde. Denn sie bezeichnet die vom Berufungsgericht damit in Bezug genommene Feststellung auf Seite 9 des [X.], der Kläger weigere sich, eine verbindliche Erklärung abzugeben, von ihm eingefangene Schwäne zu melden und in eine Versorgungseinrichtung in [X.] zu verbringen, ausdrücklich als zutreffend und beanstandet nur die offensichtlich aus dem Gesamtinhalt der Akten gezogene Schlussfolgerung des Gerichts, der Kläger biete keine Gewähr für gesetzmäßiges, den Vorschriften des [X.] über die Ablieferung und Pflege von Schwänen entsprechendes Verhalten. Ob dies zutrifft, ist eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die dem materiellen Recht zuzurechnen ist, und lässt ebenfalls einen Verfahrensmangel nicht erkennen.

Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab. Das betrifft insbesondere den Vortrag des [X.] in den nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Schriftsätzen vom 11. Mai und 20. Oktober 2015. Aus ihnen ergibt sich unter dem allein relevanten Blickwinkel der Zulassungsgründe nichts Weiterführendes.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

3 B 12/15

27.10.2015

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 6. November 2014, Az: 8 A 10469/14, Urteil

§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.10.2015, Az. 3 B 12/15 (REWIS RS 2015, 3342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3342

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