Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.11.2012, Az. 1 StR 530/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1198

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Gegenstand

Revisionsbegründung im Strafverfahren: Verfahrensrüge bei Verwertung des Inhalts einer SMS im Wege des Freibeweises


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] (Allg.) vom 11. Juli 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Verfahrensrüge, das [X.] habe unter Verletzung von § 261 StPO die Inhalte von zwei [X.] im Urteil verwertet, ohne diese zuvor in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben, bleibt ohne Erfolg.

Mit dieser Rüge macht die Revision geltend, das [X.] habe hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin [X.]    das Fehlen ihrer Einwilligung in das Zuziehen der um ihren Hals gelegten Kette auf den Inhalt von zwei [X.] der Zeugin vom 11. September 2010 gestützt, ohne dass diese in der Hauptverhandlung verlesen oder im Selbstleseverfahren bzw. durch Bericht eines Kammermitglieds oder über einen Vorhalt gegenüber der Zeugin in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien.

Bereits das Vorliegen des Verfahrensfehlers ist nicht erwiesen. Ausweislich einer handschriftlichen Notiz des [X.] vom 18. September 2012 ([X.]. 378 Bd. II d.A.) wurden die [X.] der Zeugin vorgelesen, die sich dazu erklärt habe. Dies findet eine Bestätigung in einem Vermerk der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft vom 3. Oktober 2012 ([X.]. 392 Bd. II d.A.). Danach wurden die fraglichen [X.] im Rahmen der Vernehmung der Zeugin [X.]    in der Hauptverhandlung inhaltlich thematisiert.

Im Übrigen würde das Urteil auch nicht auf dem behaupteten [X.] beruhen. Die Revision meint, das Tatgericht habe das Fehlen einer Einwilligung der Zeugin auf den Inhalt der fraglichen [X.] gestützt. Aus den Urteilsgründen, auf die der Senat wegen der zugleich erhobenen Sachrüge in vollem Umfang zugreifen kann, ergibt sich jedoch, dass der Angeklagte und die Zeugin [X.]    übereinstimmend angegeben haben, über das Zuziehen der um den Hals der Zeugin gelegten Kette sei zuvor nicht gesprochen worden. Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen lag eine Einwilligung der Zeugin mit dem zeitweiligen Würgen mittels der Kette unabhängig von den Inhalten der fraglichen [X.] nicht vor. Einer Einwilligung, gleich ob ausdrücklich oder konkludent erklärt, kommt nur dann rechtfertigende Wirkung zu, wenn die über das betroffene Rechtsgut dispositionsbefugte Person mit voller Kenntnis der Sachlage der Rechtsgutsbeeinträchtigung zustimmt. Der Einwilligende muss also eine zutreffende Vorstellung von dem voraussichtlichen Verlauf und den zu erwartenden Folgen des Angriffs haben (Fischer, StGB, 59. Aufl., 2012, § 228 Rn. 5 mwN). Gerade das war aber bei der Zeugin [X.]    wegen des Fehlens jeglicher vorheriger Verständigung über das Würgen mit der Kette nicht der Fall.

Auch für den Ausschluss einer Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung kommt es auf den Inhalt der [X.] nicht an. Selbst wenn der Angeklagte irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, die Zeugin gehöre der „SM-Szene“ an, würde eine solche Fehlvorstellung der Bestrafung aus dem [X.] nicht entgegenstehen. Denn auch auf dieser tatsächlichen Grundlage hätte mangels Verständigung über das Zuziehen der Kette keine rechtfertigende Einwilligung vorliegen können. Die für eine solche Rechtfertigung erforderliche Kenntnis des [X.] über Art und Intensität der bevorstehenden Rechtsgutsbeeinträchtigung fehlte auf der Grundlage des vom Angeklagten und der Zeugin angegebenen Geschehensablaufs ebenfalls völlig unabhängig von dem, was diese dem Angeklagten in den fraglichen [X.] nach der Tat mitgeteilt hat.

[X.]                      Wahl                           Rothfuß

             Sander                      Radtke

Meta

1 StR 530/12

20.11.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kempten, 11. Juli 2012, Az: 1 KLs 211 Js 2479/12

§ 261 StPO, § 273 StPO, § 337 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.11.2012, Az. 1 StR 530/12 (REWIS RS 2012, 1198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1198

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