Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2004, Az. 2 StR 505/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 3008

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[X.]IM NAMEN DES VO[X.]ES URTEIL 2 StR 505/03 vom 26. Mai 2004 in der Strafsache gegen
Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja

StGB § 228

Einverständlich vorgenommene sadomasochistische Praktiken, die zu Körperverlet-zungen führen, verstoßen nicht als solche gegen die "guten Sitten" im Sinne von § 228 StGB. [X.] ist die Tat jedoch, wenn bei vorausschauender objektiver Betrach[X.] der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird.
- 2 - [X.], Urteil vom 26. Mai 2004 - 2 StR 505/03 - [X.]

wegen fahrlässiger Tö[X.]
- 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 19. Mai 2004 in der Sitzung am 26. Mai 2004, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende [X.]in am [X.] Dr. [X.]

und die [X.] am [X.] Dr. h.c. Detter, [X.], [X.]in am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] Prof. Dr. [X.] als beisitzende [X.],

[X.] in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger in der Verhandlung,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
- 4 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 3. September 2003 mit den [X.], ausgenommen diejenigen zum äußeren Tatgeschehen, aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwur-gericht zuständige Strafkammer des [X.]. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen Gründe: [X.] Das [X.] hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tö[X.] zu [X.] Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und die [X.] der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. - 5 - Nach den Feststellungen zeigte die Lebensgefährtin des Angeklagten, [X.], großes Interesse an der Ausübung außergewöhnlicher sexueller Praktiken, vor allem sogenannter "Fesselspiele". Hierzu gehörte unter ande-rem, daß der Angeklagte, der an diesen "Spielen" kein Interesse hatte und [X.] selbst angekleidet blieb, mit einem Gegenstand Druck auf ihren Kehlkopf, ihr Zungenbein oder ihre Luftröhre ausüben mußte, um auf diese Weise den von ihr erstrebten vorübergehenden Sauerstoffmangel hervorzurufen, der für sie eine erregende Wirkung hatte. In der Vergangenheit fanden dabei für [X.] oder Seile Verwendung.
Nachdem eine zeitlang derartige Fesselspiele nicht mehr stattgefunden hatten, weil der Angeklagte Sicherheitsbedenken geäußert hatte, verlangte [X.] von ihm am 18. Mai 2002, dem Tattag, erneut die Durchführung eines Fesselspiels und bereitete die dazu erforderlichen Utensilien (Stricke, ein [X.] sowie ein Metallrohr) selbst vor. Der Angeklagte sträubte sich zunächst und kam ihrem Wunsch dann doch nach. Wegen der Leibesfülle von [X.], die in letzter Zeit deutlich an Körperumfang zugenommen hatte, äußerte er aber Bedenken, da er auf Grund der Fixierung der Beine über den Bauch hin-weg zum Kopf befürchtete, diese könnte keine Luft mehr bekommen. Sie zer-streute seine Bedenken jedoch und verlangte, er solle [X.] statt des [X.] verwendeten Stricks das Metallrohr benutzen. Der Angeklagte äußerte auch insoweit zunächst Vorbehalte, ließ sich dann aber umstimmen und fesselte seine Lebensgefährtin wie von ihr ge-wünscht. Zunächst benutzte er für den Würgevorgang das bereit gelegte [X.], ging dann auf Wunsch seiner Lebensgefährtin dazu über, das Metallrohr zum Würgen zu verwenden. Dabei erkannte er, daß die Verwendung eines sich - 6 - nicht den Konturen des Halses anpassenden Gegenstandes gefährlich war und erklärte ihr dies auch, ließ sich dann aber von seiner Lebensgefährtin zur [X.] überreden und verstärkte auf deren Wunsch hin sogar die Einwirkung noch. Den Eintritt eines tödlichen Verlaufs infolge seiner gewaltsamen [X.] hielt er für möglich, vertraute jedoch darauf, daß dies nicht geschehen werde. Nach seinen persönlichen Fähigkeiten und dem Maß seines individuellen Könnens war er imstande, die Gefährlichkeit seines Tuns zu erkennen und die sich daraus ergebenden Sorgfaltsanforderungen zu erfüllen.
Im Verlauf der intervallartigen, gegen den Hals der [X.] gerichteten mehrfachen und mindestens drei Minuten währenden Aktionen drückte er dann mit dem Metallrohr zu. Dadurch erzielte er die gewünschte Kompression der Halsgefäße und insbesondere der arteriellen und venösen Blutversorgung des Gehirns, allerdings auch eine von ihm nicht gewollte, massive, durch den Ein-satz des Metallrohrs hervorgerufene knöcherne Verletzung des Kehlskeletts. Diese Verletzungen waren aber nicht tödlich, vielmehr verstarb [X.] an den Folgen der massiven Kompression der Halsgefäße und der dadurch unterbun-denen Sauerstoffzufuhr zum Gehirn mit nachfolgendem Herzstillstand. Als [X.] sich nicht mehr vernehmlich artikulierte, löste der [X.] in dem Glauben, sie sei - wie nach solchen Handlungen in der Vergangenheit üblich - eingeschlafen. Nachmittags kamen ihm wegen des Zeitablaufs Bedenken, er mußte feststellen, daß [X.] nicht mehr am Leben war. Von einem zunächst geplanten Selbstmord nahm er Abstand und meldete sich bei der Polizei, wo er einen von ihm verfaßten Abschiedsbrief abgab und erklärte, [X.] getötet zu haben. - 7 - Das [X.] hat einen (bedingten) Tö[X.]svorsatz des Angeklagten nicht als erwiesen angesehen. Er habe zwar die Gefährlichkeit seiner Gewalt-handlung erkannt, habe aber ernsthaft darauf vertraut, daß der Tod nicht ein-treten werde. Auch eine Körperverletzung mit Todesfolge hat die [X.] verneint. Die Tat des Angeklagten sei nicht sittenwidrig gewesen (§ 228 StGB), da er mit wirksamer Einwilligung des [X.] die Körperverlet-zungshandlungen (Kompression der Halsgefäße mittels des Rohres) vorge-nommen habe. Das Verhalten des Angeklagten sei daher nur als fahrlässige Tö[X.] zu bewerten.
Gegen diese Entscheidung wenden sich der Angeklagte, der sein Rechtsmittel nicht näher begründet, und die Staatsanwaltschaft mit ihren [X.] auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die [X.] meint, das [X.] habe einen, zumindest bedingten, Tö-[X.]svorsatz des Angeklagten zu Unrecht als nicht gegeben angesehen, darüberhinaus habe es rechtsfehlerhaft einen Verstoß der vom Angeklagten verwirklichten Körperverletzung gegen die guten Sitten verneint. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet, das der Staatsan-waltschaft hat Erfolg. I[X.] Revision der Staatsanwaltschaft Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Verneinung eines vorsätzlichen Tö[X.]sdelikts wendet, ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Das [X.] ist innerhalb der gebotenen Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände (vgl. [X.]St 36, 1, 9 f.; [X.]R StGB § 212 Abs. 1 - 8 - Vorsatz, bedingter 24, 41; [X.] [X.], 583) rechtsfehlerfrei davon [X.], der Angeklagte habe ernsthaft darauf vertraut, der als möglich erkann-te Tod von [X.] werde nicht eintreten.

Keinen Bestand haben kann das Urteil aber deshalb, weil die [X.] ein Verbrechen der Körperverletzung mit Todesfolge verneint. 1. Der Angeklagte hat durch die massive Kompression der Halsgefäße und die dadurch unterbundene Sauerstoffzufuhr zum Gehirn beim Tatopfer einen Herzstillstand und damit dessen Tod herbeigeführt; die dem [X.] des [X.] innewohnende spezifische Gefahr hat sich somit im tödlichen Ausgang niedergeschlagen. Hinsichtlich der Verursachung des [X.] ist dem Angeklagten, wie das [X.] zutreffend festgestellt hat, Fahr-lässigkeit vorzuwerfen, so daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 227 StGB (vgl. [X.]St 31, 96, 98; [X.] NStZ 1992, 335; 2001, 478; NJW 1971, 152, 153) vorliegen. Der Angeklagte ist Täter, da er die maßgebliche Tatherrschaft über das zum Tode führende Geschehen innehatte. Daß [X.] den Ablauf mitsteuer-te, indem sie ihm Anweisungen gab und seine Bedenken hinsichtlich der Ge-fährlichkeit seines Tuns mehrfach zerstreute, steht dem nicht entgegen. Das festgestellte Tatgeschehen ist deshalb nicht als Teilnahme an einer "eigenver-antwortlichen Selbstverletzung bzw. Selbsttö[X.]" (vgl. dazu [X.] NStZ 2003, 537, 538 m.w.N.; [X.], Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 [X.], zum Ab-druck in [X.]St bestimmt, S. 8; [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. vor § 32 [X.]. 107) zu werten, sondern stellt eine täterschaftlich begangene einverständliche Fremdgefährdung dar. - 9 - 2. Das Handeln des Angeklagten ist entgegen der Ansicht der [X.] aber nicht durch die Einwilligung des [X.] gerechtfertigt. a) Gemäß § 228 StGB ist eine mit Einwilligung der verletzten Person vorgenommene Körperverletzung rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilli-gung gegen die guten Sitten verstößt. Der Begriff der "guten Sitten" betrifft [X.], ethisch-moralische Kategorien. Um dem Gebot der [X.] staatlichen Strafens zu genügen, muß der Begriff der guten Sit-ten auf [X.] beschränkt werden. Ein Verstoß gegen die Wertvorstellungen einzelner gesellschaftlicher Gruppen oder des mit der Tat befaßten Strafgerichts genügt nicht. [X.] sich nach rechtlichen Maßstäben die [X.]keit nicht sicher feststellen, scheidet eine Verurteilung wegen eines Körperverletzungsdelikts aus (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 [X.] UA S. 10 m.w.N.).
Welche Kriterien im einzelnen als Beurteilungsgrundlage für die Sitten-widrigkeit der Tat heranzuziehen sind, ist umstritten. Streitig ist vor allem, ob die Tat allein nach Art und Umfang des Rechtsgutsangriffs zu betrachten ist oder ob bzw. inwiefern auch der mit der Tat verfolgte Zweck oder die zugrunde-liegenden Umstände für das [X.]keitsurteil von Bedeu[X.] sind. Nach einer auf das [X.] zurückgehenden Rechtsprechung und nach einem Teil der Literatur sind der Zweck sowie die der Tat zugrundeliegenden Ziele und Beweggründe der Beteiligten maßgeblich in die Beurteilung einzubezie-hen, auch bzw. gerade dann, wenn es sich um "unlautere", d.h. sittlich-moralisch verwerfliche Zwecke handelt ([X.]St 4, 24, 31; [X.], 91, 94; vgl. auch [X.] NStZ-RR 1997, 325, 327; LG Mönchengladbach NStZ-RR 1997, 169, 170, BayObLG NJW 1999, 372, 373 und BayObLGSt 1977, - 10 - 105, 106 f.; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 228 [X.]. 8; [X.]/Kühl, StGB 24. Aufl. § 228 [X.]. 10; [X.] 1969, 145).
Gegen eine allein oder vorrangig auf den Zweck der Handlung abstel-lende Betrach[X.] wird vor allem vorgebracht, daß sie häufig zu unklaren Ab-grenzungen führe und sich zu sehr vom Rechtsgutsschutz entferne (vgl. [X.]/[X.], StGB 51. Aufl. [X.]. 9; Hard[X.] in [X.] [X.]. 25 jew. zu § 228). Die grundsätzliche Ausrich[X.] am Zweckgedanken gebe das vom [X.] ausschließliche Abstellen auf die Tat als Bezugspunkt der [X.] nach auf, weil sie Gesichtspunkte einbeziehe, die nur die Sit-tenwidrigkeit der Einwilligung selbst beträfen [X.] in [X.] 11. Aufl. § 228 [X.]. 9 und in 50 Jahre [X.], Festgabe der Wissenschaft, [X.], 218; [X.] in Festschrift für [X.] [1989] [X.], 168). Nach neuerer Rechtsprechung und in der Literatur überwiegend vertre-tener Auffassung ist für die [X.]keit der Tat entscheidend, ob die Kör-perverletzung wegen des besonderen Gewichts des jeweiligen tatbestandli-chen Rechtsgutsangriffs unter Berücksichtigung des Umfangs der eingetrete-nen Körperverletzung und des damit verbundenen Gefahrengrads für Leib und Leben des Opfers trotz Einwilligung des Rechtsgutsträgers nicht mehr als von der Rechtsordnung hinnehmbar erscheint. Für das [X.]keitsurteil im Sinne des § 228 StGB ist demnach grundsätzlich auf Art und Gewicht des [X.] und den Grad der möglichen Lebensgefahr abzustellen, weil generalpräventiv-fürsorgliche Eingriffe des Staates in die [X.] nur im Bereich gravierender Verletzungen zu legitimieren sind [X.] in [X.] aaO § 228 [X.]. 9 und in [X.]-Festgabe S. 199, 219; [X.]/[X.]. 9 zu § 228 StGB; [X.] aaO [X.], 168; [X.], [X.] als Ausprägung des [X.] 11 - rechts [1992] S. 55 f.; Arzt, Willensmängel bei der Einwilligung [1970] S. 36 ff.; ähnlich [X.] in Festschrift für [X.] [1999] [X.], 487), die in ihrem Gewicht an die in § 226 StGB geregelten erheblichen Beeinträchtigungen heranreichen. Der mit der Tat verfolgte Zweck ist nach dieser Ansicht für die Beurteilung der [X.]keit nach § 228 StGB nur ausnahmsweise von Bedeu[X.], nämlich dann, wenn die betreffende Körperverletzung für sich allein betrachtet als [X.] anzusehen wäre, eine solche negative Bewer[X.] aber durch einen positiven oder jedenfalls einsehbaren Zweck kompensiert wird. Selbst bei schwerwiegenden Rechtsgutsangriffen ist danach der Bereich der freien [X.] des Rechtsgutsinhabers nicht überschritten, wenn ein positiv-kompensierender Zweck hinzukommt, wie z.B. bei lebensgefährlichen ärztli-chen Eingriffen, die zum Zwecke der Lebenserhal[X.] vorgenommen werden [X.] aaO § 228 [X.]. 9; [X.]/[X.]. 10). Teilweise wird in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, eine Güterabwägung vorzunehmen, um die Rechtfertigung eines schweren, mit Einwilligung erfolgten Eingriffs in die körperliche Integrität zu begründen; insbesondere könne ein höherrangiges Interesse im Sinne des § 34 StGB beachtlich sein (vgl. etwa [X.] aaO S. 56; [X.] aaO S. 168; Arzt aaO S. 39). b) In Übereinstimmung mit dem Urteil des 3. Strafsenats vom 11. [X.] 2003 (3 [X.]), das zum strafbaren Verabreichen von Betäu-bungsmitteln mit tödlichen Folgen ergangen ist, und der herrschenden Lehre hält der [X.] für die Beurteilung der [X.]keit der Tat nach § 228 StGB vorrangig das Gewicht des jeweiligen tatbestandlichen Rechtsgutsangriffs und damit ein objektives Kriterium für ausschlaggebend. Hierbei sind in erster Linie der Umfang der vom Opfer hingenommenen körperlichen Mißhandlung oder Gesundheitsschädigung und der Grad der damit verbundenen Leibes- oder Lebensgefahr maßgeblich. - 12 - c) Diesen rechtlichen Ansatz hat das [X.] nicht bedacht. aa) Das Handeln des Angeklagten kann danach nicht allein wegen der speziellen sexuellen Motivation als gegen die guten Sitten verstoßend angese-hen werden.
Die Ansicht des [X.]s, wonach bei sadomasochistischen Prak-tiken die Körperverletzungen "zu [X.]" erfolgten und deshalb trotz einer etwaigen Einwilligung ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliege (vgl. [X.] 1928, 2229 mit krit. Anmerkung [X.] 1929, 1015; HRR 1931, 1611), ist nicht zuletzt wegen der gewandelten Moralauffassungen über-holt (vgl. dazu die überwiegende Tendenz in der neueren Literatur, wonach sadomasochistische Handlungen, die zu tatbestandsmäßigen Körperverletzun-gen führen, nicht bereits wegen eines "abnormen" sexuellen Zwecks als sitten-widrig einzustufen sind: [X.] aaO § 228 [X.]. 9; [X.] aaO § 228 [X.]. 7; [X.]/[X.]. 10; [X.] in [X.] § 228 [X.]. 37; [X.], Strafrecht [X.]. Teilband 1 § 13 [X.]. 38 unter Aufgabe seiner in [X.], 371, 379 geäußerten abweichenden Auffassung; [X.]/[X.]/[X.], Strafrecht Besonderer Teil 8. Aufl. Teilband 1, § 8 [X.]. 14; [X.] in Festschrift für [X.] [X.], 502; [X.], Die Anwendbarkeit des § 226 a StGB bei einverständlichen sadistischen und masochistischen Körperverletzungen [1996] S. 97 f.; [X.], Körperverletzung mit Einwilli-gung und die guten Sitten [1999] S. 192; [X.] GA 1991, 71, 79). Bei Sadomasochismus handelt es sich um eine "existierende und prakti-zierte Form des Sexuallebens", die in den unterschiedlichsten Erscheinungs-formen zutage tritt und etwa in heterosexuellen, homosexuellen, pädophilen oder auf Autoerotik beschränkten Varianten vorkommt. Sadomasochistische Vorgänge stellen sich als sehr uneinheitlich dar und werden von Ehepaaren, - 13 - Singles, in monogamen oder promiskuitiven Beziehungen praktiziert ([X.] aaO S. 2, 10). Zur Frage der Bewer[X.] sadomasochistischer Handlungen läßt sich überdies - auch unter Berücksichtigung ihrer gesamten Bandbreite - wohl kaum nach allgemeinen Anschauungen in der Bevölkerung ein eindeutiges Sittenwid-rigkeitsurteil feststellen. Außerdem läßt sich gegen eine so begründete Bewer-[X.] als sittenwidrig anführen, daß dies den Wer[X.]en des 4. [X.] vom 23. November 1973 ([X.] 1725) widersprechen würde, welches die frühere Kennzeichnung der Straftatbestände im 13. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB als "Sittlichkeitsdelikte" durch diejenige als "Straf-taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" ersetzt und damit ein anderes Rechtsgut in den Vordergrund gerückt hat (vgl. [X.] aaO § 13 [X.]. 38; [X.] aaO S. 188). [X.]) Wie dargelegt, hält der [X.] das Ausmaß oder das Gewicht der drohenden Rechtsgutverletzung für maßgebend mit der Folge, daß ab einem bestimmten Grad der körperlichen Beeinträchtigung oder einer möglichen Le-bensgefahr der Einwilligung alleine grundsätzlich keine rechtfertigende Wir-kung zukommt. Ob diese Grenze überschritten ist, ist auf Grund einer "ex-ante" vorzunehmenden Beurteilung zu entscheiden. Der [X.] kann hier offen [X.], ab welcher Verletzungsintensität [X.]keit in Betracht kommt und ob bzw. unter welchen Voraussetzungen weitergehende Zwecke oder sonstige Umstände in die Würdigung der Tat einzubeziehen sind. Die Grenze zur Sit-tenwidrigkeit ist jedenfalls dann überschritten, wenn bei vorausschauender ob-jektiver Betrach[X.] aller maßgeblichen Umstände der Tat der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird. Für diese Eingrenzung sprechen sowohl der Normzweck des § 228 StGB als auch die aus der Vorschrift des § 216 StGB abzuleitende gesetzgeberische Wer[X.]. Sie begrenzen [X.] der Einwilligung in eine Tö-- 14 - [X.] oder Körperverletzung, da das Gesetz ein soziales Interesse am Erhalt dieser Rechtsgüter auch gegen den Willen des Betroffenen verfolgt. Die Beein-trächtigung durch den Rechtsgutsinhaber selbst (in Form einer Selbsttö[X.] oder -verletzung) ist zwar straflos; im Allgemeininteresse wird aber die Mög-lichkeit, existentielle Verfügungen über das Rechtsgut der eigenen körperlichen Unversehrtheit oder des eigenen Lebens zu treffen, begrenzt. Der Schutz der Rechtsgüter körperliche Unversehrtheit und Leben gegen Beeinträchtigungen durch Dritte wird demnach nicht schlechthin, sondern nur innerhalb eines für die Rechtsordnung tolerierbaren Rahmens zur Disposition des einzelnen ge-stellt. [X.]) Daran gemessen sind im vorliegenden Fall die Grenzen, innerhalb derer das Handeln des Angeklagten von der Allgemeinheit noch hingenommen werden kann, überschritten. Das über einen Zeitraum von mindestens drei Mi-nuten andauernde, intervallartig - also unter abwechselnder Verstärkung und Verringerung des Drucks - ausgeführte Würgen des [X.] mit Hilfe eines starren, sich nicht den Konturen des Halses anpassenden Metallrohrs brachte das Tatopfer für den Angeklagten erkennbar nicht nur in eine abstrakte Le-bensgefahr im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, sondern in eine konkrete Gefahr. Denn bei der hier gewählten Vorgehensweise war das Risiko, durch die Handlung unmittelbar den Tod seiner Lebensgefährtin herbeizuführen, für den Angeklagten weder kalkulierbar noch beherrschbar. Dies führt zur Aufhebung des Urteils auf die Revision der Staatsanwalt-schaft. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren [X.] können dagegen aufrecht erhalten bleiben. Hierdurch ist der neue Tatrichter aber nicht gehindert, ergänzende Feststellungen, namentlich zur subjektiven Seite (vgl. dazu [X.]), zu treffen. - 15 - II[X.] Revision des Angeklagten Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Tö[X.] weist keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklag-ten auf. 1. Das [X.] hat unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung zu Recht fahrlässiges Tun des Angeklagten bejaht. Fahrlässig handelt, wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, sofern er diese nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte, und wenn gerade die Pflicht-widrigkeit objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat. Die Einzelheiten des durch das pflichtwidrige Verhalten in Gang gesetzten Kausal-verlaufs brauchen dagegen nicht vorhersehbar zu sein (vgl. [X.] NJW 2001, 1075 = NStZ 2001, 143). Diese Voraussetzungen liegen nach den [X.] vor. 2. Den Angeklagten beschwert nicht, daß die [X.] die Frage der Einwilligungsfähigkeit des [X.] (vgl. [X.]St 4, 90; 5, 362; 8, 358; 12, 382; 23, 1) nicht erörtert hat, da eine etwa fehlende Einwilligungsfä-higkeit eine Rechtfertigung ausgeschlossen hätte. 3. Den Angeklagten beschwert auch nicht, daß das [X.] nicht geprüft hat, inwieweit die nach seiner Ansicht die Rechtswidrigkeit [X.] Einwilligung des [X.] im Rahmen von § 227 StGB auch Auswirkungen auf die der Verurteilung zugrundegelegte [X.] hatte. Dies ist hier unschädlich, da auch unter Zugrundelegung der nach Meinung des [X.] (Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 [X.] S. 15; vgl. aber Urteil des - 16 - 4. Strafsenats vom 20. Juni 2000 - 4 StR 162/00, [insoweit in [X.], 583 nicht abgedruckt] unter Hinweis auf [X.]St 4, 88, 93; 7, 112, 115) beachtlichen Argumente in der Wissenschaft für die Auffassung, eine rechtfertigende Einwil-ligung in eine fahrlässige Tö[X.] sei grundsätzlich möglich (vgl. [X.] in [X.]/[X.], StGB vor §§ 32 ff. [X.]. 104; [X.] in [X.] vor § 32 [X.]. 95; [X.] in SK-StGB Anhang zu § 16 [X.]. 33; [X.] in [X.] vor §§ 32 ff. [X.]. 114; [X.] in [X.] § 16 [X.]. 180; [X.] in Festschrift für [X.] [1974], [X.], 571; [X.] 1984, 71, 85 ff. und [X.] 1994, 520, 521; [X.] Jura 1984, 536, 540; [X.] in Festschrift für [X.] [1992], [X.], 48; [X.] NStZ 2004, 1, 8, 9), hier eine solche Rechtfertigung der Tat ange-sichts des höchst riskanten Verhaltens des Angeklagten, welches [X.] in konkrete Todesgefahr brachte, ausscheidet. Denn wenn schon die Einwilligung in die [X.] wegen der Höhe der Gefahr und des Gewichts des konkret drohenden Erfolgs keine rechtfertigende Wirkung entfalten konnte, gilt dies erst recht für den Erfolg, in dem sich die Gefährdung realisiert hat. 4. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tö[X.] scheidet auch dann nicht aus, wenn sich der Angeklagte über das Maß der Gefährlichkeit seines Tuns geirrt haben sollte. Selbst wenn dies als Tatbestandsirrtum im Rahmen von § 16 Abs. 1 StGB angesehen werden sollte (vgl. unten [X.]), blieb angesichts der festgestellten Umstände ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tö[X.] nach § 229 StGB unberührt (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB). [X.] Hinweise für die neue Hauptverhandlung 1. Falls die neu zur Entscheidung berufene [X.] zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge - 17 - kommen sollte, wird ein möglicher vorsatz- oder schuldausschließender Irrtum des Angeklagten zu erörtern sein.
Nach den bisherigen Feststellungen liegt ein Irrtum über die tatsächli-chen Umstände der Tat eher fern. Insbesondere hatte der Angeklagte, wie aus seinem Verhalten deutlich wird, die Gefährlichkeit seines Tuns erkannt. Es ist nicht davon auszugehen, daß er einem Irrtum über das Bestehen der konkreten Lebensgefahr unterlag, welcher als Irrtum über die tatsächlichen Vorausset-zungen eines Rechtfertigungsgrundes entsprechend den Regeln des [X.] nach § 16 Abs. 1 StGB zu behandeln wäre (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 [X.], [X.]; [X.]St 31, 264, 286 f.). In Betracht kommt möglicherweise ein Irrtum über die Bewer[X.] der vorgenommenen Körperverletzung als sittenwidrig. Dies wäre aber nur ein Verbotsirrtum, wenn die [X.]keit der in Aussicht genommenen Tat un-richtig beurteilt [X.] in [X.] aaO § 228 [X.]. 51; [X.] aaO § 228 [X.]. 12; [X.] in [X.] [1998] § 228 [X.]. 109; [X.]/Weigend Strafrecht [X.]. S. 466; [X.], [X.] Festschrift für das [X.] (1961) S. 175, 194 ff.; [X.] NStZ-RR 1997, 325, 327; [X.], 128, 129; a. [X.] [X.] 70 (1958) 566, 585 f.; [X.]/[X.] aaO § 228 [X.]. 25) oder wenn eine unwirksame Einwilligungserklärung für wirksam gehalten worden ist (vgl. [X.]St 4, 113, 119; 16, 309, 313; [X.] NJW 1978, 1206). Da es bei der Beurteilung der Körperverletzung als sittenwidrig um eine rechtliche Bewer[X.] geht, wäre ein Irrtum des Angeklagten nach § 17 StGB zu beurteilen, der angesichts der sehr hohen Gefahr für das Leben der [X.] für den Angeklagten vermeidbar gewesen sein könnte. Insoweit kann es geboten sein, zu den Vorstellungen des Angeklagten nähere Feststellungen zu treffen. - 18 - 2. Darüber hinaus wird die zur Entscheidung berufene Schwurgerichts-kammer bei einer Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge die Möglichkeit einer Strafmilderung aufgrund der nicht rechtfertigenden, aber tat-sächlich immerhin vorliegenden Einwilligung zu bedenken haben (vgl. [X.] MDR bei [X.] 1969, 194; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 228 [X.]. 1 und § 46 [X.]. 25; [X.]/Weigend aaO S. 334; [X.] 1984, 71, 93; - 19 - Geppert [X.] 83 [1971], 947, 999). Auch die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 227 Abs. 2 StGB wird zu erwägen sein, da die bisherigen Fest-stellungen nahelegen, daß [X.] in voller Kenntnis der Tragweite ihrer Ent-scheidung eingewilligt hat. [X.] Detter Bode

[X.]

[X.]

Meta

2 StR 505/03

26.05.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2004, Az. 2 StR 505/03 (REWIS RS 2004, 3008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3008

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