Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 1 WDS-VR 2/17

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2017, 13135

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Gegenstand

Vorläufiger Rechtsschutz; zuständiges Gericht; Eignungsübung; Beurteilungszeitraum


Leitsatz

Für die Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO ist das Gericht der Hauptsache zuständig.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die für ihn erstellte Beurteilung für Eignungsübende und gegen die dazu abgegebene Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten.

2

Der ... geborene Antragsteller hat nach eigenen Angaben im Jahr ... seinen Grundwehrdienst in der [X.] angetreten und leistet seit ... jährlich [X.] ab. Seit dem 1. Dezember 2016 bis zum 31. [X.]ärz 2017 absolviert er im Dienstgrad Oberstleutnant (vorl.) im ...eine Eignungsübung im Rahmen der Wiedereinstellung als Soldat auf [X.] in die [X.].

3

Unter dem 6. Februar 2017 erstellte der Abteilungsleiter ...zentrum ... für den Antragsteller eine Beurteilung von [X.]. Die Berufung des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] empfahl er darin nicht. Zur Begründung führte er aus:

...

4

Zu dieser Beurteilung gab der Chef des [X.] ... unter dem 9. Februar 2017 als nächsthöherer Vorgesetzter folgende Stellungnahme [X.]

...

5

Gegen die ihm am 6. Februar 2017 eröffnete Beurteilung und gegen die ihm am 9. Februar 2017 eröffnete Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten legte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. Februar 2017 Beschwerde ein. Er beantragte mit Schreiben vom selben Tag gemäß § 3 Abs. 2 [X.] die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde. In seiner Beschwerdebegründung vom 1. [X.]ärz 2017 machte er im Wesentlichen geltend, dass sowohl der [X.] als auch der Stellung nehmende nächsthöhere Vorgesetzte befangen seien. In der Sache seien die Beurteilung und die Stellungnahme aufzuheben, weil sie nicht im Einklang mit seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 und aus Art. 5 Abs. 1 GG stünden. Darüber hinaus verletzten sie die Vorschriften der [X.]/50. Der Beurteiler habe 21 von insgesamt nur 34 Zeilen Beurteilungsbegründung, also überproportional viel, einer angeblichen [X.]einungsäußerung von ihm, dem Antragsteller, gewidmet. Die beanstandete Einlassung liege mittlerweile sechs Jahre zurück. Weder bekleide er denselben Dienstposten wie damals noch bestehe ein sonstiger sachlicher Bezug zu dem, wofür er heute zu beurteilen sei. Der zugrundeliegende Vorfall sei seinerzeit vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages selber an die [X.]edien herangetragen und mit einer der denkbar stärksten Wertungen belegt worden, nämlich dem der [X.]euterei. Unter diesem Stichwort sei das Unglück dann in der gesamten Presselandschaft aufgegriffen worden. Inwieweit seine, des Antragstellers wertende Stellungnahme, die sich in diesem Zusammenhang lediglich mit Gleichstellungsfragen auseinander gesetzt habe, mit der nachgewiesenen Dominanz des Themas [X.]euterei brechen solle, hätten weder der beurteilende Vorgesetzte noch der nächsthöhere Vorgesetzte dargelegt. Die Wertung des [X.]s zeichne sich nicht nur durch ihr intransparentes Zustandekommen aus, sondern auch durch weitere unbelegte und daher grundsätzlich sachfremde Behauptungen. Der als Referenz aufgeführte Aufsatz beschäftige sich weder mit den Zielen des ... noch mit Fragen der Flüchtlingspolitik. Ihm, dem Antragsteller, sei niemals Gelegenheit gegeben worden, sich mit dem [X.] oder mit dem Stellung nehmenden nächsthöheren Vorgesetzten über politische Zusammenhänge auszutauschen. Wie der [X.] zu seinen Behauptungen komme, sei weder dokumentiert noch sonst aus der Perspektive des Beurteilten nachvollziehbar. Umso schwerer wiege es, dass der nächsthöhere Vorgesetzte in seiner Stellungnahme keine Veranlassung gesehen habe, die Beurteilung nachzubessern.

6

[X.]it Bescheid vom 9. [X.]ärz 2017 wies der Inspekteur des Kommandos ... den Antrag nach § 3 Abs. 2 [X.] zurück. Zur Begründung führte er aus, dass in der angegriffenen Beurteilung für Eignungsübende im Ergebnis die Nichteignung des Antragstellers für den in Aussicht gestellten Dienstposten festgestellt werde. Bei der Beurteilung von [X.] sei von einer Nichteignung bereits dann auszugehen, wenn tiefgreifende, nicht ausräumbare Zweifel an der Eignung bestünden. Diese tiefgreifenden Zweifel habe der beurteilende Vorgesetzte ausführlich und klar nachvollziehbar dargelegt. Hierbei habe er sich nicht nur auf den [X.] erschienenen Artikel in der [X.]schrift "[X.]" bezogen, sondern das Gesamtbild der publizistischen Tätigkeit des Antragstellers gewürdigt. Ein Erfolg der Ausgangsbeschwerde sei nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Gleiches gelte für den Einwand der Befangenheit gegen den Chef des [X.] .... Dieser habe in seiner Stellungnahme zwar die Feststellung der Nichteignung des Antragstellers für einen exponierten Dienstposten in der Öffentlichkeitsarbeit bestätigt, sich aber gleichzeitig für eine differenzierte Herangehensweise bezüglich der Übernahme des Antragstellers als [X.]soldat ausgesprochen. Eine Befangenheit sei vor diesem Hintergrund nicht im Ansatz erkennbar.

7

[X.]it Schreiben vom 16. [X.]ärz 2017 hat der Antragsteller gegen den vorgenannten Bescheid die Entscheidung des [X.] beantragt. Er wiederholt und vertieft sein Beschwerdevorbringen und ist der Auffassung, dass für die Entscheidung das [X.] zuständig sei.

8

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 9. [X.]ärz 2017 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Beurteilung des [X.] vom 6. Februar 2017 und die Stellungnahme durch den Chef des [X.] ... vom 9. Februar 2017 wieder herzustellen.

9

Der im Verfahren vom Gericht angehörte Generalinspekteur der [X.] hat sich zu dem Antrag mit Schriftsatz vom 24. [X.]ärz 2017 geäußert. Er vertritt die Auffassung, dass zur [X.] noch keine Zuständigkeit des [X.] für eine Entscheidung im Eilrechtsschutz gegeben sei. Der für die Entscheidung über die Erstbeschwerde zuständige Vorgesetzte sei im vorliegenden Fall der Inspekteur des ... der [X.], während er, der Generalinspekteur der [X.], für eine Entscheidung über eine mögliche weitere Beschwerde zuständig wäre. § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] stelle jedoch nicht auf die Zuständigkeit des Gerichts in der Hauptsache ab und unterscheide sich somit von der Regelung des § 80 Abs. 5 VwGO. In der Sache sei die angefochtene Beurteilung ebenso wenig wie die angefochtene Stellungnahme rechtlich zu beanstanden, weil die beurteilenden Vorgesetzten die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes nicht überschritten hätten. Inzwischen sei eine Entscheidung über die Beschwerde ergangen, die dem Antragsteller aber noch nicht zugestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Für den Antrag ist nach § 21 Abs. 1 und 2, § 22 [X.] i.V.m. § 17 [X.] das [X.] und nicht - wie im Bescheid des Inspekteurs des Kommandos ... in der Rechtsbehelfsbelehrung angegeben - das [X.] Süd sachlich zuständig.

Das Rechtsschutzsystem der [X.] ist dadurch gekennzeichnet, dass es die sachliche Zuständigkeit für gerichtliche Entscheidungen über vorläufigen Rechtsschutz grundsätzlich dem Gericht der Hauptsache zuweist. Das ergibt sich für Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unmittelbar aus § 23a Abs. 2 [X.] i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Für Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 Abs. 6 Satz 2 [X.] folgt das aus dem Umstand, dass diese Vorschrift der Regelung in § 80 Abs. 5 VwGO nachgebildet ist, deren Bestimmungen bei fehlenden Regelungen der [X.] zur Auslegung und Anwendung des § 17 Abs. 6 heranzuziehen sind (stRspr, vgl. z.B. [X.], Beschlüsse vom 29. November 2004 - 1 [X.] 10.04 - und vom 28. Februar 2008 - 1 [X.] 3.08 - Rn. 9). Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs das Gericht der Hauptsache sachlich zuständig.

Nichts anderes gilt für die gerichtliche Entscheidung über einen Antrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.].

Das gerichtliche Rechtsschutzverfahren nach erfolglosem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist durch Art. 5 [X.] Buchst. b des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2008) vom 31. Juli 2008 ([X.] I S. 1629) in die [X.] aufgenommen worden. Die amtliche Begründung zu dieser Neuregelung dokumentiert den Willen des Gesetzgebers, dass sich auch dieser zusätzliche vorläufige Rechtsschutz an § 17 Abs. 6 [X.] orientieren soll; dem Beschwerdeführer soll die Möglichkeit eröffnet werden, "die Eilentscheidung des zuständigen Wehrdienstgerichts (zu) beantragen, das nach Maßgabe des § 17 Abs. 6 entscheidet" (BTDrucks 16/7955 vom 30. Januar 2008, Seite 11, 34 zu [X.]). Das Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist mithin an § 17 Abs. 6 Satz 2 [X.] ausgerichtet und stimmt in den angeordneten Rechtsfolgen mit ihm überein. Lediglich in den Verfahrensvoraussetzungen bestehen Unterschiede, weil für den Antrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] zunächst der für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige [X.] ablehnend entschieden haben muss, während die gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 6 Satz 2 [X.] die ablehnende Entscheidung des [X.]n bzw. der Dienststelle voraussetzt, der bzw. die aktuell im Beschwerdeverfahren mit der Beschwerde befasst ist (vgl. im Einzelnen: [X.], [X.], 6. Aufl. 2013, § 3 Rn. 23). Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache gibt es deshalb zwischen § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] einerseits und § 17 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine Unterschiede.

[X.] ist im vorliegenden Verfahren das [X.] (§ 21 Abs. 1 und 2, § 22 [X.]).

Der Abteilungsleiter ...zentrum ... und der Chef des [X.] ... waren im Fall des Antragstellers für die Erstellung der Beurteilung von [X.] und für die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zuständig. Gegenteiliges haben die Verfahrensbeteiligten nicht geltend gemacht. Über Beschwerden gegen eine Beurteilung oder gegen eine Stellungnahme entscheiden die ersten [X.]n, die zur Beurteilung noch nicht Stellung genommen haben (Nr. 1103 Buchst. b [X.] [X.]). Da der Chef des [X.] ... bereits am 9. Februar 2017 die (angefochtene) Stellungnahme abgegeben hat, ist für die Entscheidung über die (Erst)Beschwerde vom 10. Februar 2017 der Inspekteur des Kommandos ... zuständig. Der Generalinspekteur der [X.] wäre für die Entscheidung über eine mögliche weitere Beschwerde des Antragstellers zuständig. Dies hat der Generalinspekteur der [X.] im Schriftsatz vom 24. März 2017 bekräftigt. Ein möglicher Beschwerdebescheid des Generalinspekteurs der [X.] über die weitere Beschwerde kann nach § 22 [X.] Gegenstand des wehrdienstgerichtlichen Verfahrens vor dem [X.] sein.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor den persönlichen Belangen des Soldaten eingeräumt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung unzumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden (stRspr zu § 17 Abs. 6 Satz 1 [X.], vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 2. Februar 2015 - 1 [X.] 3.14 - juris Rn. 22 m.w.N.).

Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beurteilung von [X.] vom 6. Februar 2017 und der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 9. Februar 2017.

Beurteilungen von [X.] stellen gemäß Nr. 201 Buchst. a Nr. 4 [X.] [X.] eine Beurteilungsart dar, für die - zusätzlich zu den allgemeinen Bestimmungen für Beurteilungen - speziell Nr. 209 bis Nr. 211 [X.] [X.] gelten.

Dienstliche Beurteilungen von Soldatinnen und Soldaten sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats truppendienstliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.], die vor den [X.] angefochten werden können. Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der [X.]n grundsätzlich nicht anfechtbar (ebenso: Nr. 1101 Satz 1 [X.] [X.]). Derartige Aussagen und Wertungen sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 [X.] 48.07 - [X.]E 134, 59 Rn. 27). Dementsprechend erklärt Nr. 1101 Satz 2 [X.] [X.] Beschwerden gegen Beurteilungen als nicht grundsätzlich ausgeschlossen. [X.] weist Nr. 1102 [X.] [X.] darauf hin, dass sich Soldatinnen und Soldaten beschweren können, wenn sie glauben, dass bei der Erstellung der Beurteilung, einschließlich der Stellungnahmen, solche Rechte verletzt worden sind, die ihnen als Garantie für eine sachgerechte Beurteilung nach der Rechtsordnung eingeräumt sind. Hiernach ist eine Beschwerde - unter anderem - dann statthaft, wenn der [X.] einen Verstoß gegen die [X.] nach Nr. 401 bis 409 [X.] [X.] geltend macht. Das ist hier durch den Antragsteller geschehen.

Dies gilt auch für die Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine selbstständig anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 17 [X.] bildet, die nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 1102 [X.] [X.] vor den [X.] angefochten werden kann (vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 8. März 2006 - 1 [X.] 24.05 - Rn. 20 m.w.N.).

Dienstliche Beurteilungen und hierzu abgegebene Stellungnahmen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den beurteilenden Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung des zu beurteilenden Soldaten ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die [X.] hat sich darauf zu beschränken, ob der beurteilende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das [X.] dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - 1 [X.] 17.01 - [X.] 236.11 § 1a SLV Nr. 16 S. 31, vom 16. September 2004 - 1 [X.] 21.04 - [X.] 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 5 S. 8 und vom 25. Oktober 2011 - 1 [X.] 51.10 - Rn. 22).

Die strittige Beurteilung von [X.] verstößt gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 406 Buchst. a [X.] [X.]. Nach dieser Vorschrift fließen in die Beurteilungen (nur) die Erfahrungen und Erkenntnisse ein, die während des [X.] gewonnen werden. Ergänzend bestimmt Nr. 404 [X.] [X.], dass Ausgangspunkt für die Wertungen von Eignung und Leistung die an die Soldatin oder den Soldaten im [X.] gestellten Anforderungen sind. Diese Regelungen in Kapitel 4 der [X.] [X.], das die Grundsätze für das Erstellen von Beurteilungen formuliert, gelten auch für Beurteilungen von [X.] im Sinne der Nr. 209 [X.] [X.].

Die angefochtene Beurteilung vom 6. Februar 2017 verstößt gegen die vorbezeichneten Bestimmungen, weil sie in ihrem zweiten Abschnitt zentral auf eine Publikation des Antragstellers in einem Fachblatt der ... aus dem [X.] abstellt und zur ausschlaggebenden Grundlage für die negative Einschätzung der Eignung des Antragstellers macht. Der [X.], den der [X.] in seiner Beurteilung in den Blick zu nehmen hatte, war der Zeitraum der Eignungsübung (1. Dezember 2016 bis 31. März 2017). Der veröffentlichte Text, auf den er sein Votum der fehlenden Eignung des Antragstellers für den Status eines Soldaten auf Zeit stützt, liegt demnach mehr als 6 Jahre zurück. Zwar gestattet Nr. 406 Buchst. b [X.] [X.] ausnahmsweise, dass auch Erkenntnisse aus der [X.] in einer Beurteilung verwertet werden. Dies ist allerdings nur dann zulässig, wenn diese Erkenntnisse die Entwicklung der Soldatin oder des Soldaten charakterisieren; hierauf ist in der Beurteilung hinzuweisen. Zur Entwicklung des Antragstellers verhält sich der [X.] der angefochtenen Beurteilung überhaupt nicht. Im Gegenteil wird zunächst ein positives Bild des Antragstellers während des [X.] gezeichnet und sodann lediglich aus seiner Veröffentlichung des Jahres 2011 das Votum abgeleitet, der Antragsteller sei für das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit im Bereich der Informationsarbeit nicht geeignet. Die Beurteilung enthält keinerlei Informationen und Wertungen dazu, inwiefern die Publikation aus dem Jahre 2011 die während des [X.] gezeigten Leistungen des Antragstellers (negativ) beeinflusst hat. Sie weist auch keine Auseinandersetzung mit dem Umstand auf, dass der Antragsteller diese Publikation seinerzeit - wie er darlegt - als Privatmann in Reaktion auf Äußerungen des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages gefertigt hat. Es fehlt im Übrigen auch jeglicher Hinweis auf Zeit und Ort, an dem er sich zur Flüchtlingspolitik geäußert haben soll.

Diese durchgreifenden Mängel werden dadurch verstärkt, dass der [X.] darauf verzichtet hat, die Entwicklung des Antragstellers zu "charakterisieren". Insoweit hat er sich auch nicht inhaltlich mit vorangegangenen positiven Beurteilungen des Antragstellers auseinander gesetzt. Diese Beurteilungen hatte der Antragsteller in seiner Stellungnahme zur Beurteilung im Einzelnen für die [X.], 2007, 2010 und 2011 sowie 2014 benannt und aus diesen Beurteilungen zitiert.

Die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten leidet an demselben Mangel. Zwar hat der nächsthöhere Vorgesetzte im Hinblick auf die im [X.] während der Eignungsübung gezeigten Leistungen keine Bedenken gegen eine Übernahme des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit geäußert. Insoweit bezieht er sich auch auf "die hervorragenden Beurteilungen aus dem Bereich des [X.]". Andererseits hat sich der nächsthöhere Vorgesetzte in seiner Stellungnahme uneingeschränkt dem Votum des [X.]s angeschlossen, den Antragsteller nicht im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des ... bzw. des Zentralen ... verwenden zu lassen. Damit hat sich der Stellung nehmende Vorgesetzte dem Inhalt des negativen Votums des [X.]s angeschlossen und sich dessen Wertung zu Eigen gemacht. Auch in der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten fehlen Äußerungen zu einer möglichen Entwicklung des Antragstellers und vor allem zu der Frage, inwieweit dessen Publikation aus dem Jahre 2011 seine derzeitige [X.] für den angestrebten Statuswechsel im Sinne einer Prognose stützt.

Der angefochtene Bescheid des Inspekteurs des Kommandos ... vom 9. März 2017 ist deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und dem Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers ist zu entsprechen.

3. [X.] beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Meta

1 WDS-VR 2/17

30.03.2017

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 3 Abs 2 S 2 WBO, § 2 Abs 1 S 2 SLV 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 1 WDS-VR 2/17 (REWIS RS 2017, 13135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13135

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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