Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.12.2019, Az. 1 StR 535/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 883

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Gegenstand

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zeitpunkt der Zäsurwirkung; Fall der Beschlussfassung über einen auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch gegen einen Strafbefehl


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. August 2019

a) im Schuldspruch in den Fällen B.V.2. und [X.] der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte in diesen Fällen jeweils wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln verurteilt ist; die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke entfällt;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Nachstellung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und mit Verbreitung pornografischer Schriften, wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport und wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke unter Auflösung der mit Strafbefehl des [X.] vom 7. Mai 2018 verhängten [X.] und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

2

Weiter hat es ihn wegen Störung der Totenruhe in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung, wegen Nachstellung in Tateinheit mit versuchter Sachbeschädigung, wegen eines weiteren Falles der Nachstellung, wegen Nachstellung in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Diebstahls, wegen Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und wegen vorsätzlich unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke unter Auflösung der mit Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 verhängten [X.] und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.

3

Daneben hat es den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Schließlich hat das [X.] eine Einziehungsentscheidung getroffen.

4

Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

II.

5

1. Der Schuldspruch hält hinsichtlich der Fälle B.V.2. und [X.] der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Er erweist sich zwar als rechtsfehlerfrei, soweit das [X.] den Angeklagten jeweils wegen vorsätzlichen unerlaubten Veräußerns von Dopingmitteln verurteilt hat; die jeweils tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb einer Apotheke ist dagegen rechtsfehlerhaft und muss entfallen, weil § 95 Abs. 1 Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 [X.] voraussetzt, dass die Abgabe der Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig erfolgt ist (vgl. [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 9. Aufl., § 95 [X.] Rn. 206 mwN; Raum in [X.]/[X.][X.], [X.], 2. Aufl., § 95 Rn. 31 mwN; Freund in [X.], 3. Aufl., § 95 [X.] Rn. 47). Dies war hier nicht der Fall, weil der Angeklagte die Arzneimittel jeweils nur privat zum Selbstkostenpreis an die ihm freundschaftlich beziehungsweise verwandtschaftlich verbundenen Zeugen [X.]und [X.]     abgegeben hat.

6

Der Senat ändert den die Fälle B.V.2. und [X.] der Urteilsgründe betreffenden Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 [X.] selbst ab, weil die zugrundeliegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen sind und auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden könnten, die eine berufs- oder gewerbsmäßige Abgabe der Medikamente durch den Angeklagten ergeben. § 265 Abs. 1 [X.] steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

7

2. [X.] hat dagegen Bestand. Der Senat schließt aus, dass das [X.] ohne die fehlerhafte tateinheitliche Verurteilung auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte (§ 354 Abs. 1 [X.] analog), nachdem es die jeweils als tateinheitlich begangen ausgeurteilte vorsätzlich unerlaubte Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten außerhalb einer Apotheke bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht strafschärfend zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.

8

3. [X.] halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9

a) Der Aufhebung unterliegt der Ausspruch über die beiden Gesamtstrafen bereits deshalb, weil sich das landgerichtliche Urteil nicht zu den [X.] der Taten verhält, die durch Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 mittels der in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe einbezogenen Einzelgeldstrafen geahndet wurden. Die Mitteilung der jeweiligen [X.] ist unverzichtbar für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Zäsurwirkung der beiden Vorverurteilungen zutreffend berücksichtigt und damit die Einbeziehung der durch Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 ausgeurteilten Einzelstrafen in die zweite Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei erfolgt beziehungsweise in die erste Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei unterblieben ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. April 2018 – 4 StR 53/18 Rn. 4 mwN und vom 8. Januar 2013 – 5 StR 594/12 Rn. 2). Mangels Mitteilung der jeweiligen [X.] kann nicht ausgeschlossen werden, dass die durch Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 festgesetzten Einzelstrafen unter Auflösung der dort verhängten [X.] rechtsfehlerhaft nicht bereits in die erste Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wurden.

b) Soweit das [X.] dem Strafbefehl des [X.] vom 7. Mai 2018 Zäsurwirkung für den Zeitpunkt seines Erlasses beigemessen und die erste Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen für die vor dem 7. Mai 2018 begangenen Taten unter Einbeziehung der durch den Strafbefehl festgesetzten Einzelgeldstrafen gebildet hat, begegnet dies ebenfalls durchgreifenden Bedenken.

aa) Das [X.] hat gegen den Angeklagten am 7. Mai 2018 einen Strafbefehl erlassen und eine [X.] von 180 Tagessätzen, gebildet aus den Einzelstrafen von 70 Tagessätzen, 90 Tagessätzen, 40 Tagessätzen und 90 Tagessätzen, verhängt. Der hiergegen eingelegte, im Nachhinein auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Einspruch des Angeklagten wurde ohne mündliche Verhandlung gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] durch Beschluss vom 30. Juli 2018, rechtskräftig seit 9. August 2018, beschieden.

Die [X.] der vom [X.] abgeurteilten Taten in den Fällen [X.], [X.], [X.]. und B.V.1. der Urteilsgründe liegen jeweils vor Erlass des Strafbefehls vom 7. Mai 2018. Weitere Taten hat der Angeklagte unter anderem am 26./27. Mai 2018 (Fall B.I.3. der Urteilsgründe – Störung der Totenruhe in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung), am 11./12. Juli 2018 (Fall B.I.4. der Urteilsgründe – Nachstellung in Tateinheit mit versuchter Sachbeschädigung) und am 17./19. Juli 2018 (Fall [X.] der Urteilsgründe – Nachstellung) begangen. Aus den hierfür und den für die im August 2018 begangenen Taten verhängten Einzelstrafen hat das [X.] die zweite Gesamtfreiheitsstrafe unter Auflösung der mit Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 verhängten [X.] und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen gebildet.

bb) Die vom [X.] unter Auflösung der durch den Strafbefehl des [X.] vom 7. Mai 2018 verhängten [X.] und Einbeziehung der dort festgesetzten Einzelgeldstrafen gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB lediglich aus den vor dem 7. Mai 2018 begangenen Taten gebildete Gesamtfreiheitsstrafe und demzufolge auch die zweite Gesamtstrafe halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zäsurwirkung kommt nämlich in dem – hier vorliegenden – Fall, dass über einen auf die [X.] beschränkten Einspruch gegen einen Strafbefehl gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] durch Beschluss entschieden wurde, nicht dem Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls (§ 408 Abs. 3 Satz 1 [X.]), sondern demjenigen der Entscheidung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu.

Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ist eine Gesamtstrafe unter Anwendung der §§ 53, 54 StGB mangels bereits eingetretener Erledigung der zuvor verhängten Strafe auch dann zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat, wobei als frühere Verurteilung das Urteil in dem früheren Verfahren gilt, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 StGB).

Im Strafbefehlsverfahren ist für die Zäsurwirkung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls maßgeblich, sofern gegen diesen kein Einspruch eingelegt wurde (§ 410 Abs. 3 [X.]; vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. Juni 1985 – 4 [X.] Rn. 5 f., [X.]St 33, 230 und vom 16. Mai 2002 – 3 [X.] Rn. 6; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 30. Aufl., § 55 Rn. 7 und 10 mwN). Wurde Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und hierauf eine Hauptverhandlung durchgeführt, so ist das auf diese ergangene letzte Sachurteil maßgebend ([X.], Beschlüsse vom 16. Mai 2002 – 3 [X.] Rn. 6 und vom 9. August 2000 – 2 StR 286/00 Rn. 3 ff.; [X.], StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 8; SK-[X.], StGB, 9. Aufl., § 55 Rn. 6).

Wird im Falle eines auf die [X.] beschränkten Einspruchs durch Beschluss (§ 411 Abs. 1 Satz 3 [X.]) entschieden, ist für die Gesamtstrafenbildung der Zeitpunkt der Beschlussfassung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] entscheidend (so zutreffend [X.], Beschluss vom 24. April 2019 – 2 Rv 7 Ss 187/19 Rn. 9 ff.). Denn ebenso wie in dem auf einen entsprechend beschränkten Einspruch nach Hauptverhandlung ergehenden Urteil werden die der Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen – die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten – in diesem Beschluss letztmals geprüft.

Der Wortlaut des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB steht dem nicht zwingend entgegen ([X.], aaO Rn. 10). Auch wenn in § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB ausdrücklich nur das Urteil als frühere Vorverurteilung in den Blick genommen ist, rechtfertigt sich die Anwendung auch auf Beschlüsse nach § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] bereits daraus, dass der rechtskräftige Strafbefehl, wie sich der Regelung in § 410 Abs. 3 [X.] entnehmen lässt, dem rechtskräftigen Urteil gleichsteht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 62. Aufl., § 410 Rn. 12; [X.], [X.], 8. Aufl., § 410 Rn. 15). Für eine unterschiedliche Behandlung von rechtskräftigem Urteil und durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] unanfechtbar gewordenem Strafbefehl besteht auch mit Blick auf die Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB kein sachlicher Grund. Die Möglichkeit einer Entscheidung über die [X.] nach entsprechend beschränktem Einspruch gegen einen Strafbefehl durch Beschluss (§ 411 Abs. 1 Satz 3 [X.]) wurde erst durch das [X.] vom 24. August 2004 ([X.] I 2198, berichtigt am 1. September 2004, [X.] I 2300) eingeführt, ohne dass der Gesetzgeber dabei die Auswirkungen auf die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Blick hatte (vgl. BT-Drucks. 15/3482 [X.]; zutreffend [X.] aaO). Dass der Gesetzgeber Fälle einer Entscheidung durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 [X.] von der Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB hätte ausnehmen und einen differenzierten Ansatz für die Gesamtstrafenbildung je nach der Art der jeweiligen Vorverurteilung durch Urteil oder durch Strafbefehl vorgeben wollte, ist nicht ersichtlich.

Im Gegenteil spricht der Zweck der Regelung, den Angeklagten so zu stellen, als wären sämtliche Taten mit der ersten Verurteilung abgeurteilt worden ([X.], Beschluss vom 30. Juni 1960 – 2 [X.] Rn. 6, [X.]St 15, 66 ff.; Urteil vom 18. März 1982 – 4 [X.] Rn. 19; [X.] aaO Rn. 11), für ein weites Verständnis des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. [X.] aaO Rn. 11). Entscheidend ist danach die letzte tatrichterliche Entscheidung zur Schuld- oder Straffrage, bei der die Voraussetzungen der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe hätten geprüft werden können ([X.], Beschlüsse vom 30. Juni 1960 – 2 [X.] Rn. 6, [X.]St 15, 66 ff. und vom 24. Juli 2018 – 3 StR 245/18 Rn. 7; [X.] aaO, § 55 Rn. 6; SK-[X.] aaO, § 55 Rn. 5). Das ist – ebenso wie bei einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Januar 2013 – 5 StR 594/12 Rn. 2 und vom 16. Mai 2002 – 3 [X.] Rn. 5) – auch nach einer Beschränkung eines Einspruchs auf den Strafausspruch oder einen Teil des Strafausspruchs der Fall (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Juni 1960 – 2 [X.] Rn. 6, [X.]St 15, 66 – zur Beschränkung auf die Bewährungsentscheidung; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] aaO, § 55 Rn. 7 und 10 mwN). Zwar ist der Prüfungsumfang im Beschlussverfahren auf die [X.] beschränkt; insoweit sind aber die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen zu prüfen. Zudem obliegt dem Tatrichter auch weiterhin die Entscheidung, ob er von der fakultativen Möglichkeit der Entscheidung im [X.] Gebrauch machen kann, wobei auch die Gesamtstrafensituation in den Blick zu nehmen ist (vgl. [X.] aaO).

c) [X.]bildung hat hinsichtlich der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und der daneben gesondert aufrecht erhaltenen Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen – soweit die Kammer im Rahmen der Gesamtstrafenbildung die Tagessatzzahl von 30 nennt ([X.]), handelt es sich angesichts der übereinstimmend im Tenor und der Einzelstrafzumessung ([X.]) genannten Tagessatzzahl von 60 Tagessätzen ersichtlich um ein Schreibversehen – aber auch deshalb keinen Bestand, weil die Einzelstrafe für die Tat [X.] der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft in die zweite Gesamtstrafe einbezogen wurde und eine Gesamtstrafenbildung mit Tat [X.] der Urteilsgründe fehlerhaft unterblieben ist.

Das [X.] hat insoweit nicht beachtet, dass für die Zäsurwirkung einer Vorverurteilung und infolgedessen für die Gesamtstrafenbildung auf den Zeitpunkt der Beendigung der jeweiligen Taten abzustellen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2008 – 5 [X.] Rn. 2 mwN; [X.], StGB, 67. Aufl., § 55 Rn. 7 mwN). Dieser fällt im Fall Nr. [X.] der Urteilsgründe auf denselben Zeitpunkt wie im Fall [X.] der Urteilsgründe. Im Rahmen der Durchsuchung beim Angeklagten am 13. November 2018 wurden bei diesem nicht nur die unerlaubt in seinem Besitz befindliche Schusswaffe (Fall [X.] der Urteilsgründe), sondern auch die zum Zwecke der Herstellung einer Rohrbombe von diesem aufbewahrten Gegenstände (insbesondere Patronen und Fernzünder) aufgefunden und sichergestellt. Da sowohl die Tat im Fall [X.] als auch diejenige im Fall [X.] der Urteilsgründe mit der Durchsuchung am 13. November 2018, nämlich der in diesem Rahmen erfolgten Sicherstellung des [X.] und der für den Bau der Rohrbombe vorgesehenen Teile, also nach dem Zäsurwirkung entfaltenden Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2018 beendet waren, hätte die im Fall [X.] der Urteilsgründe verhängte [X.] nicht in die zweite Gesamtstrafe einbezogen werden dürfen. Vielmehr hätte eine Gesamtstrafe mit der Einzelstrafe für die Tat im Fall [X.] der Urteilsgründe gebildet werden müssen.

4. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Nachprüfung keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

Jäger     

      

Bellay     

      

Hohoff

      

Leplow     

      

Pernice     

      

Meta

1 StR 535/19

03.12.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aschaffenburg, 8. August 2019, Az: 102 Js 9256/18 - KLs

§ 55 Abs 1 S 2 StGB, § 408 Abs 2 S 1 StPO, § 411 Abs 1 S 3 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.12.2019, Az. 1 StR 535/19 (REWIS RS 2019, 883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 883

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 180/23

4 StR 347/19

Zitiert

5 StR 594/12

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