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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Aufhebung eines Gesamtstrafenausspruchs bei Verstoß gegen Doppelbestrafungsverbot
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2017 im [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Tatzeit beider Taten war der 20. August 2016, zu [X.] von einem Jahr bzw. zwei Monaten und unter Auflösung einer Gesamtgeldstrafe aus einem Strafbefehl des [X.] vom 25. August 2016 sowie unter Einbeziehung der dort verhängten fünf Geldstrafen - der Angeklagte hatte in der [X.] vom 12. Juni 2015 bis 31. Mai 2016 fünf Beförderungserschleichungen begangen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Sowohl der Schuldspruch als auch der Strafausspruch zu den beiden [X.] halten aus den in der Zuschrift des [X.] dargelegten Gründen revisionsrechtlicher Prüfung stand. Hingegen ist der [X.] aufzuheben. Dem liegt Folgendes zugrunde:
1. Am 13. Februar 2018 hat der [X.] dem Senat mitgeteilt, dass der Angeklagte durch Urteil des [X.] vom 20. Februar 2017, rechtskräftig seit 20. Juni 2017, wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - Tatzeit war der 7. September 2016 - zu einer Einzelgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 € und unter Auflösung der Gesamtgeldstrafe aus dem Strafbefehl des [X.] vom 25. August 2016 und unter Einbeziehung der dortigen fünf Einzelgeldstrafen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt worden ist.
2. Vor diesem Hintergrund kann die hier verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nicht bestehen bleiben, da andernfalls gegen das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) verstoßen würde. Würde das hier angefochtene und grundsätzlich rechtsfehlerfreie Urteil des [X.] rechtskräftig werden, bestünden zwei Urteile, in die jeweils die fünf Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl des [X.] vom 25. August 2016 einbezogen wären. Eine solche - unzulässige - Doppelbestrafung ist vom [X.] wegen zu beachten ([X.], Beschluss vom 23. Dezember 1997 - 3 [X.], [X.]St 44, 1, 3; [X.], Beschluss vom 16. Juni 2010 - (3) 1 Ss 203/10 (78/10), juris Rn. 5; [X.] in: [X.] u.a., StGB LK, 12. Aufl., § 55 Rn. 19).
Das [X.] ist zu einer neuen Gesamtstrafenbildung berufen. Die Rechtskraft des Urteils des [X.] vom 20. Februar 2017, das unter Missachtung der Zäsurwirkung des Strafbefehls des [X.] vom 25. August 2016 fehlerhaft eine Gesamtgeldstrafe gebildet hat, steht deren Auflösung und der Bildung einer neuen Gesamtstrafe durch das [X.] nicht entgegen. Denn für die vorzunehmende Gesamtstrafenbildung ist nicht die prozessuale Sachlage, sondern die materielle Rechtslage maßgeblich ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 [X.], [X.]St 32, 190, 192 f.; [X.], Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, [X.]). Dies gilt auch dann, wenn die falsche Gesamtstrafenbildung des früheren Urteils auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht ([X.], Beschluss vom 24. März 1988 - 1 [X.], [X.]St 35, 243, 244 f.; NK-StGB/[X.], 5. Aufl., § 55 Rn. 45; [X.]/von [X.], 3. Aufl., § 55 Rn. 36; [X.]/[X.]/Heger, StGB, 28. Aufl., § 55 Rn. 6).
Der neue Tatrichter wird die Gesamtstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 20. Februar 2017 aufzulösen und aus den [X.] der Verurteilung des [X.] sowie aus den fünf Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl des [X.] vom 25. August 2016 erneut eine Gesamtstrafe zu bilden haben, für die sich wegen des Verbots der Verschlechterung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) ein Strafrahmen von bis zu einem Jahr und zwei Monaten eröffnet. Wegen der gleichzeitig zu beachtenden Zäsurwirkung des Strafbefehls des [X.] vom 25. August 2016 bleibt daneben die in dem Urteil des [X.] vom 20. Februar 2017 ausgesprochene Einzelstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 € wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bestehen.
3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können aufrechterhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen kann der neue Tatrichter treffen, soweit sie nicht in Widerspruch zu den bisherigen Feststellungen treten.
Schäfer |
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Schmidt |
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Meta
11.04.2018
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Meiningen, 17. Oktober 2017, Az: 450 Js 14325/16 - 1 Ks
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.04.2018, Az. 2 StR 11/18 (REWIS RS 2018, 10996)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 10996
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 11/18 (Bundesgerichtshof)
1 StR 535/19 (Bundesgerichtshof)
Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zeitpunkt der Zäsurwirkung; Fall der Beschlussfassung über einen auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch …
4 StR 40/19 (Bundesgerichtshof)
Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zäsurwirkung bei mehreren Vorverurteilungen
4 StR 269/18 (Bundesgerichtshof)
Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe
4 StR 1/20 (Bundesgerichtshof)
Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Einbeziehung erledigter Strafen; Neubemessung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis