Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2014, Az. IV ZR 352/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3064

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BUND[X.]SG[X.]RI[X.]HTSHOF

IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S

URT[X.]IL
IV ZR 352/13

Verkündet am:

10. September 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 15.
August 2014 einge-reicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das am 26.
September 2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] aufgehoben, auf die Berufung der [X.] das am 28.
März 2013 verkündete Urteil des [X.] unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt neu ge-fasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.171,20

nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.
Juni 2012 sowie
außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 382,59

fünf
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.
Juni 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55% und die Beklagte 45%.
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Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 4.830,24

festgesetzt.

Von
Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte, einen liechtensteinischen Lebens-versicherer, auf Rückzahlung einbehaltener Beträge aus einer Kosten-ausgleichsvereinbarung in Anspruch.
Am 2.
März 2010 stellte der Kläger bei der [X.] einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversiche-rung/Antrag auf [X.]". Als monatlicher Beitrag für die Rentenversicherung waren 230

hierzu unter der Rubrik "Vertragsdaten/Beitrag" geregelt:

"In den ersten 48
Monaten wird der Monatsbeitrag um die Teilzahlungen für die [X.] redu-ziert. Versicherungsdauer
=
[X.]raum bis zur ersten Ren-tenzahlung."

In dem die [X.] betreffenden Abschnitt [X.] findet sich der
fettgedruckte Hinweis:

"Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grund-sätzlich nicht
zur Beendigung dieser Kostenausgleichsver-einbarung."

Weiter ist bestimmt, dass die Tilgung der Abschluss-
und [X.]inrich-tungskosten separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen erfolgt. Die Ab-1

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schluss-
und [X.]inrichtungskosten sind mit einem Gesamtpreis von 5.466

angegeben, zahlbar in 48 monatlichen Raten von 113,88

a-ler und effektiver [X.] sind 0% angegeben.

In Abschnitt [X.] zur [X.] heißt es unter ande-rem:

"Ich habe verstanden, dass die Abschluss-
und [X.]inrich-tungskosten separat vom Versicherungsvertrag getilgt wer-den. Diese Kosten sind auch im Falle einer [X.] oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu til-gen."

Unmittelbar über dem
Unterschriftsfeld für die Kostenausgleichs-vereinbarung findet sich die vorformulierte [X.]rklärung
(der letzte Satz in Fettdruck):

"Ich beantrage die unkündbare Kostenausgleichsvereinba-rung gemäß dieses Antrages. ... Ich habe die Sicherungs-abtretung meiner
Leistungsansprüche an die P.

zur Kenntnis genommen.
[X.] ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichs-vereinbarung nicht kündigen kann."

Ferner heißt es zum "Widerrufsrecht im Rahmen des Versiche-rungsvertrages":

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, [X.]-Mail) gegenüber der P.

in
R.

, widerrufen. Die Frist beginnt nach [X.]rhalt der Versicherungspolice, der Vertragsbestim-mungen einschließlich der Versicherungsbedingungen, der weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 des [X.] in Verbindung mit den §§ 1 bis 4 der [X.] und dieser Be-lehrung jeweils in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist 4

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genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. [X.]: Im Falle eines wirksamen Widerrufs endet der ggf. bereits bestehende Versicherungsschutz, und wir er-statten Ihnen
unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zu-gang des Widerrufs, den Rückkaufswert nach §
169 Versi-cherungsvertragsgesetz, mindestens jedoch die bisher [X.] Beiträge. Die Abschluss-
und [X.]inrichtungskosten des Versicherungsvertrages bezahlen Sie durch die eben-falls mit uns geschlossene [X.]. Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche [X.]in-heit. Widerrufen Sie den Versicherungsvertrag wirksam, sind Sie daher auch an die [X.] nicht mehr gebunden, die damit auch endet. Wenn Sie im [X.]punkt des Widerrufs die Forderung aus der Kostenaus-gleichsvereinbarung bereits ganz oder teilweise beglichen haben, erstatten wir Ihnen den gezahlten Betrag."

Schließlich ist zum Widerrufsrecht im Rahmen der Kostenaus-gleichsvereinbarung bestimmt:

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, [X.]-Mail) gegenüber der P.

in
R.

widerrufen. Die Frist beginnt nach [X.]rhalt der Vertragsurkunde der Kostenausgleichsver-einbarung, der Durchschrift des Antrages und dieser Beleh-rung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Widerrufsfolgen: Mit der [X.] bezahlen Sie die Abschluss-
und [X.]inrichtungskosten des ebenfalls mit uns geschlossenen Versicherungsvertrages. Die
beiden Verträ-ge bilden damit eine wirtschaftliche [X.]inheit. Daher, und weil Ihnen in Bezug auf den Versicherungsvertrag ein Wider-rufsrecht zusteht, ist dieser zu widerrufen, wobei ein wirk-samer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die [X.] beendet. Widerrufen Sie dennoch die [X.], so gilt dies als Widerruf des Versicherungsvertrages, wobei ein wirksamer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die Kosten-ausgleichsvereinbarung beendet. Bezüglich der weiteren Rechtsfolgen verweisen wir auf die oben stehenden [X.] in der Belehrung zum Widerrufsrecht im Rahmen 7

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des Versicherungsvertrages, die Sie bitte erneut zur Kennt-nis nehmen."

Die Beklagte nahm den Antrag an, wobei für die Kostenaus-gleichsvereinbarung nur noch ein Gesamtpreis von 4.830,24

monatlichen Teilzahlungen von 100,63

wurde.
Der Kläger leistete seit Vertragsschluss ab dem 1.
April 2010 [X.] die Prämien für den Versicherungsvertrag und die Kostenaus-gleichsvereinbarung. Mit Schreiben vom 15.
März 2012 focht er den ge-samten Vertrag einschließlich der Kostenpauschale an,
erklärte [X.] die Kündigung mit sofortiger Wirkung und forderte Rückzahlung der gezahlten Beiträge.
Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 4.
April 2012 die Wirksamkeit der Kündigung und teilte dem Kläger den Rück-kaufswert der gekündigten Versicherung mit 2.913,53

sie darauf hin, dass dieser mit der offenen Kostenausgleichsvereinba-rung verrechnet werde, woraus sich ein Auszahlungsbetrag für den Klä-ger von 742,33

.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.
Mai 2012 forderten die Prozessbevollmächtigten des [X.] die Beklagte auf, die auf die [X.] erfolgten Zahlungen zurückzuzah-len,
und widerriefen vorsorglich die Vertragserklärung des [X.].

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 4.830,24

insen und Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Auf das Rechtsmittel der [X.] hat das [X.] das amtsgerichtliche Ur-teil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], der eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

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[X.]ntscheidungsgründe:

Die Revision ist teilweise begründet.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine gesonderte Kos-tenausgleichsvereinbarung zulässig und wirksam. Insbesondere verstoße sie nicht gegen §
169 Abs.
5 [X.] und stelle keine unzulässige Umge-hung dar. [X.]ine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsneh-mers liege ebenfalls nicht vor. Auch das Transparenzgebot sei gewahrt. [X.]inen
Widerruf des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichs-vereinbarung habe der
Kläger nicht erklärt. [X.]s liege ohnehin kein ent-geltlicher Zahlungsaufschub i.S. von §
506 BGB vor. §
8 [X.] finde auf [X.]en ferner keine Anwendung. Von einer
Aufklärungspflichtverletzung
der [X.] sei ebenfalls nicht auszuge-hen. Auch eine unzulässige Verflechtung der [X.] mit dem Versi-cherungsvermittler, der A.

AG,
liege nicht vor.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

1. Wie der Senat bereits in seinen -
vergleichbare Sachverhalte
betreffenden
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Urteilen vom 12.
März 2014 entschieden und im [X.]inzelnen begründet hat, verstößt die [X.] nicht gegen §
169 Abs.
5 Satz
2, §
171 Satz
1 [X.] ([X.], [X.], 567 Rn.
14-22; [X.]/13 juris Rn.
12-20). Auch eine Unwirksamkeit we-gen fehlender Transparenz gemäß §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB kommt nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor Au-10
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8
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gen geführt, dass er die [X.] nicht kündigen kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärung zu deren Beendi-gung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages oder der [X.] selbst (vgl. Senatsurteil vom 12.
März 2014
[X.], aaO Rn.
23-25).

2. Dem Kläger stand allerdings das Recht zu, die Kostenaus-gleichsvereinbarung zu kündigen, da die vertraglich festgelegte Unab-hängigkeit der [X.] von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Aus-schluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im [X.] wegen unangemessener Benachteiligung des [X.] gemäß §
307 Abs.
2 Nr.
2 BGB unwirksam sind
(Senatsur-teile vom 12.
März 2014
[X.], [X.], 567 Rn.
26-35; IV
ZR 255/13 juris Rn.
21-30). Hieran hält der Senat auch in Anbetracht des weiteren Vorbringens der [X.] fest.
Wie im Fall desjenigen Versicherungsnehmers zu entscheiden wäre, der die Abschluss-
und [X.]in-richtungskosten -
anders als in sämtlichen bisher dem Senat vorliegen-den Fallgestaltungen
-
nicht ratierlich, sondern in einem Betrag sofort bei Vertragsschluss zahlt, muss hier nicht entschieden werden. [X.]s besteht ferner keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von durch den Versicherungsnehmer widerrufenen oder gekündigten [X.]. Im Falle eines wirksamen Widerrufs seitens des Versi-cherungsnehmers ist der Vertrag von Anfang an unwirksam. Soweit die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, kann in die-sen Fällen ein Anspruch auf Wertersatz in Betracht kommen. Die Kündi-gung führt demgegenüber nur zu einer Beendigung des [X.], so dass der Versicherer bis zu diesem
[X.]punkt geleistete [X.]
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lungen des Versicherungsnehmers auf die Kostenausgleichsvereinba-rung ohnehin behalten darf.

Hieraus folgt, dass der Kläger die [X.] mit seinem Schreiben vom 15.
März 2012 wirksam gekündigt hat. Die Beklagte kann für die [X.] danach aus ihr keine Zahlungsansprüche mehr geltend machen. Ausweislich ihres Abrechnungsschreibens vom 4.
April 2012 bemisst die Beklagte ihre restliche Forderung aus der Kostenaus-gleichsvereinbarung mit 2.171,20

n 2.913,53

b-züglich Auszahlung von 742,33

Zahlung von der [X.] verlangen.

3. [X.]in weitergehender Anspruch des [X.] wegen des Widerrufs seiner auf den Abschluss des Versicherungsvertrages und der Kosten-ausgleichsvereinbarung gerichteten Willenserklärung auf Rückzahlung der auf die [X.] geleisteten Beträge
kommt dagegen nicht in Betracht. [X.] nimmt
das Berufungsgericht zwar an, dass ein derartiger Widerruf des [X.] nicht vorliegt. Diesen Widerruf hat der Kläger nicht nur mit dem anwaltlichen Schreiben vom 17.
Mai 2012 erklärt, sondern diesen nochmals in
der Klageschrift vom 9.
August 2012 wiederholt. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] sind die Widerrufsbelehrungen sowohl zum Versicherungsvertrag als auch zur [X.] aber weder inhaltlich noch formal zu [X.]. Die Widerrufsbelehrungen im hier zu beurteilenden Fall ent-sprechen denjenigen, die der Senatsentscheidung vom 14.
Mai 2014
([X.] 5/14, [X.], 824) zugrunde lagen. Insoweit wird auf die dor-tigen Ausführungen verwiesen
(Rn. 12-19).

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Der Anspruch des [X.] auf teilweisen [X.]rsatz der vorgerichtli-chen Rechtsanwaltskosten ergibt sich auf der Grundlage eines Gegen-standswerts von 2.171,20

e-mäß §
280 Abs.
2, §
286 Abs.
1 Satz
1 BGB.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach §
92 Abs.
1 Satz
1 ZPO.

[X.] [X.] Dr. Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], [X.]ntscheidung vom 28.03.2013 -
9 [X.] 876/12 -

LG [X.], [X.]ntscheidung vom 26.09.2013 -
3 [X.]/13 -

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Meta

IV ZR 352/13

10.09.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2014, Az. IV ZR 352/13 (REWIS RS 2014, 3064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3064

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IV ZR 352/13

IV ZR 295/13

IV ZR 255/13

IV ZA 5/14

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