Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.01.2018, Az. 3 B 4/17

3. Senat | REWIS RS 2018, 14813

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Gegenstand

Sichtbarkeit eines nicht den Höhenvorgaben der VwV-StVO (juris: StVOVwV) entsprechend aufgestellten Haltverbotsschildes


Gründe

1

1. Der Rechtsstreit betrifft einen straßenverkehrsrechtlichen Gebührenbescheid.

2

Der [X.]eklagte nahm den Kläger für die Umsetzung eines von ihm verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs gebührenrechtlich in Anspruch. Der Kläger macht hiergegen geltend, die zur Durchführung eines Straßenfestes vorübergehend aufgestellten [X.]er (Zeichen 283) seien nur in etwa 1,3 bis 1,5 m Höhe und nicht rechtwinklig zur Fahrbahn angebracht und damit nicht so aufgestellt worden, dass sie mit einem raschen und beiläufigen [X.]lick hätten wahrgenommen werden können.

3

Widerspruch, Klage und [X.]erufung sind zunächst erfolglos geblieben. Durch Urteil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 [[X.]:[X.]:[X.]] - ([X.]VerwGE 154, 365) hat das [X.] das [X.]erufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, weil dessen Entscheidung ein unzutreffender Maßstab für das [X.]estehen einer [X.] zugrunde lag.

4

Mit dem nun angegriffenen Urteil vom 27. Oktober 2016 hat das Oberverwaltungsgericht die [X.]erufung des [X.] erneut zurückgewiesen. Nach dem Ergebnis der [X.]eweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger das maßgebliche Haltverbotszeichen habe erkennen können. Selbst wenn das [X.] wegen seiner [X.] durch ein davor parkendes Fahrzeug verdeckt gewesen sein sollte, habe - auch wegen der auf der gegenüberliegenden Straßenseite angebrachten [X.]er - jedenfalls hinreichender Anlass zu einer Nachschau bestanden.

5

2. Die hiergegen gerichtete [X.]eschwerde des [X.] legt keinen Verfahrensmangel dar, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

6

a) Das [X.]erufungsurteil hat die bindenden Vorgaben aus dem zurückverweisenden Revisionsurteil nicht verletzt.

7

Nach § 144 Abs. 6 VwGO hat das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, seiner Entscheidung die rechtliche [X.]eurteilung des [X.] zugrunde zu legen. [X.]indungswirkung kommt dabei nur den für die Zurückverweisung tragenden Gründen zu ([X.]VerwG, Urteil vom 28. November 2012 - 8 C 21.11 - [X.]VerwGE 145, 122 Rn. 22). Den rechtlichen Grundsätzen, die der Senat in seinem Urteil vom 6. April 2016 zu den Anforderungen des sog. Sichtbarkeitsgrundsatzes im ruhenden Verkehr aufgestellt hat, hat sich das [X.]erufungsgericht ausdrücklich angeschlossen (UA S. 8).

8

Auf Hinweise, die das Revisionsgericht dem [X.]erufungsgericht für die erneute Verhandlung und Entscheidung mit auf den Weg gibt, erstreckt sich die gesetzlich angeordnete [X.]indung nicht ([X.], in: [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 70 m.w.N.). Die in der [X.]eschwerde aufgeführten Anmerkungen zur Durchführung der erneuten [X.]erufungsverhandlung im Senatsurteil vom 6. April 2016 ([X.]VerwGE 154, 365 Rn. 30) unterliegen daher nicht der [X.]indungswirkung aus § 144 Abs. 6 VwGO.

9

Unabhängig hiervon hat das [X.]erufungsgericht seine Entscheidung auch in der Sache an diesen Hinweisen orientiert. Mit ihnen ist ausdrücklich klargestellt worden, dass die hinreichende Sichtbarkeit des Verkehrszeichens nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch dann gegeben sein kann, wenn das Verkehrsschild nicht den Vorgaben aus Nr. 13 [X.]uchst. a VwV-StVO entsprechend aufgestellt und nur in einer Höhe von 1,3 bis 1,5 m angebracht worden ist. Eben dies hat das [X.]erufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht geprüft und nach Durchführung einer [X.]eweisaufnahme bejaht.

b) Die [X.]eschwerde hat keine Verletzung der dem [X.]erufungsgericht obliegenden Sachaufklärungspflicht aufgezeigt.

Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht ausweislich der Niederschrift der Sitzung vom 27. Oktober 2016 - die insoweit [X.]eweiskraft entfaltet (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2, § 165 ZPO) - einen [X.]eweisantrag nicht gestellt; entsprechendes behauptet auch die [X.]eschwerde nicht. Die Nichtdurchführung der vom Kläger nunmehr vermissten [X.]eweiserhebung kann daher nur gegen die auch dem [X.]erufungsgericht obliegende Verpflichtung verstoßen haben, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da die Aufklärungsrüge kein zulässiges Mittel dafür darstellt, eigene Versäumnisse in der Tatsacheninstanz nachzuholen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 31. Juli 2014 - 2 [X.] - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 381 Rn. 14), liegt ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nur vor, wenn sich die weitere [X.]eweiserhebung dem [X.]erufungsgericht auch ohne förmlichen Antrag der [X.]eteiligten hätte aufdrängen müssen. Maßgeblich hierfür ist die materiell-rechtliche Auffassung des [X.]erufungsgerichts. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil es nach seinem Rechtsstandpunkt auf das Ermittlungsergebnis für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, Urteile vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - [X.]VerwGE 106, 115 <119> und vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 - [X.]VerwGE 140, 199 Rn. 25).

Ausgehend hiervon ist kein Aufklärungsmangel dargetan. Die Erwägungen des [X.]erufungsgerichts zur Unerheblichkeit der von ihm protokollierten [X.]eweisanregung des [X.] sind mit der [X.]eschwerde nicht angegriffen worden; sie sind auch nicht zu beanstanden.

Soweit nunmehr vorgetragen wird, der Kläger habe "wörtlich oder sinngemäß" etwas anderes angeregt, als im Protokoll der mündlichen Verhandlung angegeben - nämlich die [X.]eiziehung der Unterlagen des [X.] über die Lieferung der Verkehrszeichen durch die herangezogene Fachfirma - kann offenbleiben, ob dieser so weder schriftsätzlich angekündigte noch im Protokoll vermerkte Hinweis tatsächlich erfolgt ist. Auch aus einer dergestalt verstandenen [X.]eweisanregung ergäbe sich keine weitere Aufklärungspflicht des [X.]erufungsgerichts. Unabhängig von der Frage, ob aus den benannten Unterlagen tatsächlich Rückschlüsse auf die Höhe der aufgestellten [X.]er hätten entnommen werden können - und sich eine entsprechende [X.]eweiserhebung trotz des Fehlens jeglicher Anhaltspunkte hierzu hätte aufdrängen müssen -, waren weitere Aufklärungsmaßnahmen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts jedenfalls entbehrlich. In Übereinstimmung mit den Grundsätzen im Senatsurteil vom 6. April 2016 ist das [X.]erufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die hinreichende Wahrnehmbarkeit des Verkehrszeichens auch dann ergeben kann, wenn das Schild nicht in der vorgesehenen Höhe von 2 m über Straßenniveau angebracht war.

Im Übrigen könnte das [X.]erufungsurteil auf einem entsprechenden Verfahrensmangel auch nicht beruhen. Denn es ist in Würdigung der Umstände des Einzelfalls davon ausgegangen, dass das maßgebliche Verkehrsschild auch bei der vom Kläger vorgetragenen Aufstellungshöhe hinreichend erkennbar war.

Auch die nunmehr vermisste Parteivernehmung des [X.] ist im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht beantragt worden; hinsichtlich der Verfahrensrüge gilt das Vorgenannte daher entsprechend. Auf die Frage, ob das Verkehrszeichen isoliert mit einem eigenen Fuß aufgestellt oder an den Mast eines bereits vorhandenen Verkehrsschildes angebracht worden ist, kam es nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts im Übrigen nicht an. Wozu eine [X.]eweisaufnahme hierzu erforderlich oder auch nur hilfreich gewesen sein könnte, legt die [X.]eschwerde nicht dar; es ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Die gerügte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Das [X.]erufungsgericht war nicht verpflichtet, den Kläger vorab über die beabsichtigte Würdigung der Zeugenaussagen zu informieren.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Mit diesem [X.] korrespondiert keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die [X.]eteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte [X.]edeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht ([X.], [X.]eschluss vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]E 86, 133 <144 f.>; Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 [X.]vR 980/10 [[X.]:[X.]:[X.]:2011:rk20110215.1bvr098010] - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

Ausgehend hiervon war das [X.]erufungsgericht nicht verpflichtet, auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass es die Angaben der Zeugen zur Höhe der aufgestellten Verkehrsschilder für glaubhaft halten könnte. Dies ergibt sich schon daraus, dass im [X.]erufungsverfahren genau hierüber gestritten worden ist. Insbesondere aber muss ein [X.] stets damit rechnen, dass die Angaben eines in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen als glaubhaft bewertet werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung "zweifelnde Ausführungen" gemacht haben sollte, wozu die Niederschrift keinerlei Anhaltspunkte enthält. Derartige Nachfragen begründen keinen Vertrauenstatbestand dahin, dass das Gericht die Angaben des Zeugen im Ergebnis der [X.]eratung nicht für glaubhaft halten werde. Im Übrigen hatte der Kläger Gelegenheit, seine Einwände gegen die Glaubhaftigkeit der von den Zeugen gemachten Aussagen und ihrer Glaubwürdigkeit in der mündlichen Verhandlung vorzutragen.

d) Dem [X.]eschwerdevorbringen ist schließlich kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zu entnehmen.

Die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der [X.]eurteilung des [X.] nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. [X.] ist damit nicht das Ergebnis der [X.]eweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 [X.] 35.13 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 21 Rn. 19 m.w.N.). Das Ergebnis der gerichtlichen [X.]eweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht im Rahmen einer Verfahrensrüge nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Denkgesetze verstößt, logische oder gedankliche [X.]rüche und Widersprüche enthält (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. September 2014 - 2 [X.] 14.14 - [X.] 235.1 § 57 [X.] Nr. 5 Rn. 8 m.w.N.).

Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Die Rüge, das [X.]erufungsgericht habe die Zeugenaussagen "unkritisch übernommen", beinhaltet bereits keine schlüssige Darlegung eines Verfahrensverstoßes. Mit der [X.]ehauptung, im Vorfeld des [X.] habe es überdurchschnittlich viele Fahrzeugumsetzungen gegeben, nimmt die [X.]eschwerde auf einen vom [X.]erufungsgericht so nicht festgestellten Sachverhalt [X.]ezug. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum und inwiefern sich hieraus ein Verstoß des [X.]erufungsurteils gegen den Überzeugungsgrundsatz ergeben sollte. Dies gilt umso mehr, als sich nach dem unwidersprochenen Vortrag des beklagten [X.] nur der Kläger gegen die gebührenrechtliche Inanspruchnahme gewandt hat.

Soweit die [X.]eschwerde die Ausführungen des [X.]erufungsgerichts dazu rügt, dass dem Kläger das bevorstehende Straßenfest aus den Hinweisen der vergangenen Jahre hätte bekannt sein müssen, betrifft dies die vom [X.]erufungsgericht nur hilfsweise bejahte [X.]. Die angegriffene Entscheidung könnte auf einem etwaigen Verstoß also nicht beruhen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. März 2016 - 2 [X.] 66.15 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:020316[X.]2[X.]66.15.0] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 62 Rn. 9 f.). Unabhängig hiervon erfüllt der Hinweis darauf, dass der Kläger dies bestritten habe, nicht die oben ausgeführten Anforderungen an die Darlegung eines Verstoßes gegen die (verfahrensrechtlichen) Grundsätze der rechtlichen Würdigung.

Entsprechendes gilt für die Ausführungen zu den ebenfalls nur die hilfsweise Argumentation zur Nachschau betreffenden Ausführungen über die auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen [X.]er. Auch hierbei übersieht die [X.]eschwerde überdies, dass das [X.]erufungsgericht von einer hinreichenden Wahrnehmbarkeit trotz einer unterstellten Nichteinhaltung der grundsätzlich vorgesehenen Aufstellungshöhe für Verkehrszeichen ausgegangen ist.

3. Die Revision ist auch nicht zur Klärung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine - mit der [X.]eschwerde darzulegende (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) - Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Diese Voraussetzungen erfüllen die von der [X.]eschwerde bezeichneten Fragen nicht.

Die mit der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen zur [X.]estimmung der hinreichenden Sichtbarkeit eines nicht den Vorgaben der [X.] (VwV-StVO) entsprechend angebrachten Verkehrszeichens sind, soweit dies einer grundsätzlichen revisionsgerichtlichen Klärung zugänglich ist, durch das Senatsurteil vom 6. April 2016 - 3 C 10.15 - ([X.]VerwGE 154, 365 Rn. 23) beantwortet. Neuen oder zusätzlichen Klärungsbedarf hierzu zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

Danach ist die Einhaltung der Vorgaben dieser Verwaltungsvorschrift zur Aufstellung und Anbringung ein gewichtiges Indiz dafür, dass die für die [X.]ekanntgabe erforderliche Sichtbarkeit des Verkehrszeichens gewährleistet ist. Umgekehrt rechtfertigt die Nichteinhaltung dieser Vorgaben nicht stets die Annahme, das betreffende Verkehrszeichen sei weder hinreichend sichtbar noch zumindest soweit wahrnehmbar, dass für den ruhenden Verkehr Anlass für eine Nachschau bestand. Ob die Aufstellung des Verkehrszeichens den Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes noch genügt, ist - nach Maßgabe der tatrichterlichen Feststellungen - von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig.

Ausgehend hiervon können die von der [X.]eschwerde benannten Fragen eindeutig beantwortet werden. Es ist für die [X.]estimmung der hinreichenden Sichtbarkeit eines Verkehrszeichens relevant, ob es den Vorgaben der [X.] entsprechend angebracht ist oder nicht. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, entfällt die Indizwirkung für die Annahme einer hinreichenden Sichtbarkeit. Die Frage der hinreichenden Sichtbarkeit muss dann anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

An diesem im Senatsurteil vom 6. April 2016 bereits aufgezeigten Stufenverhältnis gehen die weiteren Fragen vorbei, ob an die Sichtbarkeit eines nicht gemäß den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift angebrachten Verkehrszeichens erhöhte Anforderungen zu stellen seien oder sie nur anhand zusätzlicher Umstände bejaht werden könnten. Erforderlich sind danach weder "erhöhte" Anforderungen - was im Übrigen die von der [X.]eschwerde nicht konkretisierte [X.]estimmung eines Ausgangsniveaus erforderlich machen würde - noch "zusätzliche" Umstände. Mangels Indizwirkung muss zur [X.]eurteilung der hinreichenden Sichtbarkeit des Verkehrszeichens vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt werden.

Eine derartige Würdigung der Umstände des Einzelfalls hat das [X.]erufungsgericht im Streitfall vorgenommen und seine [X.]eurteilung auf die von ihm festgestellte konkrete Verkehrssituation gestützt. Es ist auf Grundlage seiner [X.]eweisaufnahme davon ausgegangen, dass angesichts der geringen [X.]reite der ...-Straße eine Einfahrt nur in geringer Geschwindigkeit möglich war - was von der [X.]eschwerde ausdrücklich zugestanden worden ist (S. 12 letzter Absatz). Dies habe für den Kläger, der auf der Suche nach einem freien Parkplatz war, in besonderer Weise gegolten. Ausgehend hiervon war nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts in der konkreten Verkehrssituation auch ein in einem Höhenbereich zwischen 1,3 und 1,9 m angebrachtes Verkehrsschild hinreichend erkennbar. Diese Einzelfallwürdigung widerspricht den vom Senat aufgestellten Grundsätzen nicht.

Soweit die [X.]eschwerde weitere Fragen zur Modifikation des Sichtbarkeitsgrundsatzes und zur [X.] angedeutet hat, fehlt diesen bereits die Entscheidungserheblichkeit. Nach den tatsächlichen Feststellungen im [X.]erufungsurteil, die von der [X.]eschwerde nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind und damit auch in einem Revisionsverfahren maßgeblich wären (§ 137 Abs. 2 VwGO), war das [X.] für den Kläger hinreichend sichtbar. Auf etwaige Fortentwicklungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes für andere Fallgestaltungen oder Fragen der [X.] käme es bei Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht an.

Von einer weiteren [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Meta

3 B 4/17

30.01.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 27. Oktober 2016, Az: OVG 1 B 15.16, Urteil

§ 35 S 2 VwVfG, § 41 Abs 3 VwVfG, Nr 13 Buchst a StVOVwV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.01.2018, Az. 3 B 4/17 (REWIS RS 2018, 14813)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14813

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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