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PDF anzeigen5 StR 540/03BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILvom 21. April 2004in der [X.] Steuerhinterziehung u.a.- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],Richter Dr. Raum,Richter Dr. Brause,Richter [X.] beisitzende Richter,Oberstaatsanwältin beim [X.] Vertreterin der [X.],Rechtsanwaltals Verteidiger,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht [X.] Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.] [X.] vom 17. Juli 2003 aufge-hoben, soweit der Angeklagte vom Vorwurf des [X.] zum Nachteil der Sozialversicherung im Jahr1996 freigesprochen worden ist.2. Die weitergehende Revision wird verworfen.3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die [X.] Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des[X.] zurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten wegen —32 sachlich zusam-mentreffender Fälle der Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit 15 wiederumsachlich [X.] Fällen des [X.] zu einer Gesamtfreiheits-strafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur [X.] ausgesetzt wurde, sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessät-zen zu je 10 Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Freispre-chung des Angeklagten vom Vorwurf des Betrugs zum Nachteil der [X.] sowie gegen den Rechtsfolgenausspruch. [X.] hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.- 4 -I.Nach den Feststellungen des [X.] betrieb der Angeklagte inder [X.] von Februar 1996 bis Februar 1999 ein Einzelunternehmen als Ei-senflechter. Ab April 1997 kam er seinen steuerlichen Verpflichtungen fürden Gewerbebetrieb nur noch unzureichend nach. So machte er in den Um-satzsteuervoranmeldungen zu Unrecht Vorsteuern aus [X.] und gab ab August 1998 gar keine Umsatzsteuervoranmeldungenmehr ab. Auch reichte er falsche Lohnsteueranmeldungen beim Finanzamtein. Dies führte zu der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in 32 Fällen.Das [X.] hat den Angeklagten weiterhin wegen Betruges in 15 [X.], weil er in den Jahren 1997 bis 1999 nur einen Teil der in seinemUnternehmen beschäftigten Arbeitnehmer der zuständigen [X.] zur Sozial-versicherung angemeldet und falsche Lohnsummen mitgeteilt hatte.Von weiteren Vorwürfen der Steuerhinterziehung und des Betrugs,insbesondere zum Nachteil der Sozialversicherung im [X.], hat das[X.] den Angeklagten freigesprochen.II.Die Revision der Staatsanwaltschaft ist teilweise begründet.1. Der Freispruch vom Vorwurf des Betrugs zum Nachteil der [X.] hat keinen [X.]) Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des [X.] Nachteil der Sozialversicherung im [X.] freigesprochen, da —estrotz der durchgeführten Beweisaufnahme nicht möglich war, den einzelnenMonaten mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit [X.]; es sei nicht auszuschließen, daß in einzelnen Monaten- 5 -überhaupt keine Sozialversicherungsbeiträge angefallen seien. Rechtlich [X.] aber nicht zulässig, den Vorwurf auf das gesamte Jahr zu beziehen.b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Bei einem Frei-spruch aus tatsächlichen Gründen muß der Tatrichter im Urteil zunächstdiejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Be-weiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldsprucherforderlichen [X.] zusätzlichen [X.] Feststellungen nicht getroffen werden [X.]. Die Begründung muß so abgefaßt sein, daß das Revisionsgericht prü-fen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere, obder den [X.] bildende Sachverhalt erschöpfend ge-würdigt ist (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 5).Diesen Anforderungen genügt das landgerichtliche Urteil nicht. Das[X.] teilt schon nicht mit, welche Tatsachen es nach der Beweisauf-nahme hinsichtlich des in Rede stehenden [X.] für erwiesen erachtet.Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob und inwieweit [X.] zum Umfang der im [X.] schwarz ausgezahlten Löhneoder zur Anzahl der für den Angeklagten tätigen Mitarbeiter getroffen [X.]) Aus der Formulierung, daß den einzelnen Monaten keine Mindest-beträge zuordenbar waren, ist allerdings zu schließen, daß die [X.] war, daß der Angeklagte auch im [X.] seinen Verpflichtun-gen gegenüber der Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß nachgekom-men ist. In diesem Fall wäre das Tatgericht jedoch gehalten gewesen, [X.] des Schuldumfangs einen rechnerisch bestimmten Teil des [X.] bestimmten strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen [X.] der Schätzung zuzuordnen. Die Feststellung der Zahl der [X.] die Verteilung des festgestellten Gesamtschadens auf diese Einzelakteerfolgt nach dem Grundsatz in dubio pro reo (vgl. BGHSt 40, 374, 377;BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 31; [X.], 426). Jede andere- 6 -Betrachtung würde bei fehlenden Belegen zum Ausschluß, in vielen [X.] zur Erschwerung der Bestrafung bei zweifellos strafbarem [X.] führen (vgl. BGHSt aaO).2. Dagegen hat die Revision der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg,soweit sie sich gegen den Strafausspruch [X.]) Das [X.] hat strafmildernd die lange Verfahrensdauer [X.] und eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im [X.] Art. 6 Abs. 1 [X.] angenommen. Deshalb hat es für die Taten 1999 ei-nen Abschlag von 20 %, für die Taten 1998 einen Abschlag von 30 % und fürdie Taten 1997 einen Abschlag von 40 % von den ohne Verzögerung für [X.] erachteten Strafen vorgenommen.aa) Dies begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichenBedenken. Ob eine Verfahrensdauer noch angemessen ist, beurteilt [X.] den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind zu berücksichtigen die(festzustellenden) Verzögerungen, die durch die [X.] verursachtworden sind, die Gesamtdauer des Verfahrens und die damit verbundeneBelastung des Beschuldigten aber auch die Schwere der Schuld und [X.] und die Schwierigkeiten des Verfahrensgegenstandes (vgl. [X.] 2003, 2225; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13, 17).Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das [X.] hiermit tragfähiger Begründung von einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 [X.]ausgegangen.bb) Allerdings kommt es bei der Beurteilung, ob ein durch kompen-satorische Strafzumessung zu berücksichtigender Verstoß gegen Art. 6Abs. 1 [X.] vorliegt, auf die Bekanntgabe des [X.] und nicht aufdie Beendigung der Tat an (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzöge-rung 3). Dies hat das [X.], das insoweit bei der Bestimmung [X.] auf den [X.]punkt der Tatbegehung abstellt, ersichtlich über-- 7 -sehen. Der lange zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil kann freilich zueinem eigenständigen wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkt führen,jedoch außerhalb der kompensatorischen Strafzumessung (vgl. BGHR StGB§ 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13). Hier hat das [X.] prozen-tuale Abschläge von den Einzelstrafen (gestaffelt nach [X.]) vorge-nommen. Dies ist im Ergebnis unschädlich; das [X.] hat den [X.] zwar nicht bereits vorab bei der Bildung derhypothetischen Strafe berücksichtigt und schon dort die ersichtlich an derSchadenshöhe orientierten Strafen im Blick auf die lange zurückliegendeTatzeit ermäßigt. Ein sich zum Vor- oder Nachteil des Angeklagten auswir-kender Rechtsfehler liegt jedoch hierin nicht, wenn das [X.] diesenMilderungsgesichtspunkt erst innerhalb der [X.] an sich allein nach dem [X.] der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu bestimmenden [X.]Kompensation berücksichtigt hat. Es läßt sich ausschließen, daß dann das[X.] andere (Einzel- oder Gesamt-)Strafen verhängt hätte.b) Die Erwägungen des [X.] zur schwierigen wirtschaftli-chen Situation im Eisenflechtergewerbe lassen gleichfalls keinen durchgrei-fenden Rechtsfehler erkennen. Das [X.] würdigt hier ersichtlich [X.] wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB.Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, daß durch Schwarzar-beit geprägte Marktverhältnisse aus generalpräventiven Gesichtspunktenauch eine Strafschärfung begründen, im Einzelfall sogar nahelegen können(vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Generalprävention 4). Dies hat das [X.] auch nicht übersehen. Es hat nämlich insoweit rechtsfehlerfrei danachdifferenziert, ob dem Angeklagten im Hinblick auf die Entstehung [X.] selbst eine aktive Gestaltungsmacht zukam, er mithin dieMarktbedingungen prägen konnte. Da er aufgrund der vom [X.] fest-gestellten Marktsituation als Eisenflechter selbst das —schwächste Glied [X.] bildete, brauchte das [X.] sich aus Rechtsgründen nicht- 8 -gehalten sehen, an dem schwächsten Glied eines durch Rechtsbruch ge-prägten Marktes ein Exempel zu [X.]) Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin weiter geltend, daßdas [X.] den Strafbefehl des [X.] vom 27. No-vember 1997 und das Urteil des [X.] vom 19. Febru-ar 1998, das dem Angeklagten eine Bewährungschance eingeräumt hat, [X.] der konkreten Strafzumessung übersehen haben könnte. Vielmehrteilt das [X.] die einzelnen Vorstrafen des Angeklagten ausführlichmit und hat in beiden Fällen sogar die zugrundeliegenden Sachverhalte refe-riert. Es wertet die Vorbelastungen des Angeklagten ebenso wie sein [X.]sversagen ausdrücklich als strafschärfend. Dies schließt [X.] ohne daß esbesonderer Erwähnung bedurft hätte [X.] eine Würdigung dieser Vorstrafensowohl bei der Festlegung der Einzelstrafen, der Bildung der [X.] auch bei der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung ein.d) Ohne Rechtsfehler hat das [X.] die Voraussetzungen des§ 56 Abs. 3 StGB verneint und die Vollstreckung der verhängten [X.] zur Bewährung ausgesetzt. Die Entscheidung, ob eine Freiheitsstrafezur Bewährung ausgesetzt werden kann, erfordert eine stets dem Einzelfallgerecht werdende Abwägung, bei der Tat und Täter umfassend zu [X.] (BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 5, 7, 16). Die Möglichkeit einerStrafaussetzung darf aber keinesfalls für bestimmte Deliktsgruppen generellausgeschlossen werden (BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 18). [X.] das [X.] nicht allein wegen der Abgabenhinterziehung gehalten,dem Angeklagten eine Strafaussetzung zu verwehren. Es konnte vielmehr [X.] auf die Gesamtumstände der Tat, die persönliche Situation des Ange-klagten und insbesondere unter Berücksichtigung seines zwischenzeitlichenWohlverhaltens von der Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe abse-hen.[X.] Häger [X.]
Meta
21.04.2004
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2004, Az. 5 StR 540/03 (REWIS RS 2004, 3571)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 3571
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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