Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2016, Az. B 10 EG 3/15 R

10. Senat | REWIS RS 2016, 9581

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Elterngeld - Höhe - selbstständige Tätigkeit - Anrechnung von nachgeburtlichem Einkommen - Berücksichtigung von Einnahmen aus Gewerbebetrieb - Unternehmensbeteiligung an einer OHG - gesellschaftsvertragliche Herabsetzung des tätigkeitsbezogenen Gewinnanteils wegen Elternzeit - Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative - Zwölftelung des anteiligen Jahresgewinns - Gleichheitssatz - Verfassungsrecht - sozialgerichtliches Verfahren - Auslegung der Urteilsformel - Heranziehung der Entscheidungsgründe


Leitsatz

Bestehen Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative des elterngeldberechtigten Gesellschafters in der Elternzeit fort, wird der Jahresgewinn auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit angerechnet, wenn der Gesellschafter wegen der Elternzeit auf einen Bruchteil seines tätigkeitsbezogenen Jahresgewinns verzichtet hat (Bestätigung und Fortführung von BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R).

Tenor

Auf die Revision des beklagten Freistaats wird das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2015 aufgehoben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2014 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungs- und Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des [X.] nach dem Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]) sowie die Rückforderung überzahlten [X.].

2

Der Kläger ist persönlich haftender Gesellschafter einer [X.]. Seine Beteiligung beläuft sich auf 30 %, die seines einzigen Mitgesellschafters auf 70 %. Vom Jahresüberschuss werden 70 % als "Gewinn vorab Tätigkeit" (Tätigkeitsvergütung) verteilt, 30 % entsprechend der Beteiligung.

3

Der beklagte [X.] bewilligte dem Kläger vorläufig Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seiner am 30.9.2008 geborenen Tochter ([X.] bis 29.11.2009) in Höhe von monatlich 1800 Euro (Bescheid vom [X.]).

4

Auf Basis der zunächst nur vorläufigen Gewinnermittlung für das [X.] ermittelte der Steuerberater des [X.] einen Gewinnanteil aus der Beteiligung an der [X.] in Höhe von 39 819,20 Euro als Jahresbetrag, woraus er einen zeitanteiligen Gewinnanteil für zwei Monate in Höhe von 6636,53 Euro errechnete. Daraufhin setzte der Beklagte das Elterngeld unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens von 3318,36 Euro endgültig auf den Mindestbetrag in Höhe von monatlich 300 Euro fest und forderte vom Kläger ein überzahltes Elterngeld in Höhe von 3000 Euro zurück (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 25.5.2010).

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.2.2014). Im Berufungsverfahren hat das L[X.] den Einkommensteuerbescheid des [X.] für das [X.] und die zwischenzeitlich erstellte Bilanz einschließlich der Gewinn- und Verlustrechnung der [X.] für das Geschäftsjahr 2009 beigezogen. Ausweislich der vom L[X.] in Bezug genommenen Bilanz besteht im [X.] folgende Besonderheit:

Herr W hat 12 Monate im [X.] gearbeitet.
[X.] hat wegen Elternzeit 10 Monate im [X.] gearbeitet.
[X.] hat … vom 70-prozentigen Jahresüberschuss einen Gewinnanteil von 10/24. Herr W hat vom 70-prozentigen Jahresüberschuss einen Gewinnanteil von 12/24…

6

Das L[X.] hat daraufhin den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seines Kindes "unter Anrechnung des Einkommens aus Gewerbebetrieb aus dem für das [X.] geänderten [X.] sowie der geleisteten Steuervorauszahlungen zu gewähren" und "im Übrigen" die Berufung des [X.] zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das L[X.] ausgeführt, dass die sich aus der Bilanz für 2009 ergebende Tätigkeitsvergütung bei der Bemessung des Einkommens in den [X.] nicht zu berücksichtigen sei. Dieser auf Lebensmonate umgerechnete durchschnittliche steuerliche Gewinn sei ausnahmsweise dann nicht anzurechnen, wenn der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum nicht tätig geworden sei und eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung zu einer steuerlichen Reduzierung des Gewinnanteils geführt habe (Urteil vom 11.2.2015).

7

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 [X.]). Entgegen der Ansicht des L[X.] sei auch der in der Bilanz für 2009 als "Gewinn vorab Tätigkeit" (Tätigkeitsvergütung) bezeichnete Gewinnanteil des [X.] anteilig als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen und auf das Elterngeld anzurechnen. Trotz einer Reduzierung des Tätigkeitsumfangs trage der Kläger während des Bezugszeitraums weiterhin das [X.] und die Mitunternehmerinitiative an dem Gewerbebetrieb. Auch steuerrechtlich sei von einer Mitunternehmerschaft auszugehen, sodass der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Gleichlauf zwischen Elterngeld und Steuerrecht sichergestellt sei.

8

Der beklagte [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2014 zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Im Falle einer tätigkeitsbezogenen Gewinnbeteiligung seien nur diejenigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einkommen anzurechnen, die tatsächlich aufgrund der Tätigkeit erzielt worden seien. Gestützt werde diese Ansicht durch die gesetzliche Neuregelung in § 3 Abs 1 Nr 5 [X.] (richtig: idF vom 10.9.2012). Darin habe der Gesetzgeber konkretisiert, dass nur der Ersatz für Erwerbseinkommen anzurechnen sei. [X.] seien jedoch entsprechende Ersatzleistungen für den Kläger ausgeschlossen gewesen. Entgegen der Revision bestehe eine Divergenz dahingehend, dass das [X.] auf die Bezugsmonate und den [X.] in diesen Monaten, das Steuerrecht jedoch auf das Jahresergebnis abstelle.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des beklagten Freist[X.]ts ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 [X.]G). Das Urteil des [X.] war aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] insgesamt zurückzuweisen. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seiner Tochter ([X.] bis 29.11.2009) entgegen der Rechtsauffassung des [X.] nicht über den Sockelbetrag hinaus beanspruchen. Dem war im [X.] Rechnung zu tragen. Nach der Urteilsformel des [X.]-Urteils bestehen gewisse Zweifel, ob es nicht das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Nur unter Hinzunahme der Entscheidungsgründe (§ 136 Abs 1 [X.] [X.]G) wird überhaupt erkennbar, dass das [X.] - anders als das [X.] - die sich aus der Bilanz für das [X.] ergebende Gewinnverteilung ohne die Tätigkeitsvergütung der Elterngeldberechnung zugrundelegen, die Tätigkeitsvergütung ("Gewinn vorab Tätigkeit") also bei der Bemessung des Einkommens in den [X.] unberücksichtigt lassen will (zur Berücksichtigung der Entscheidungsgründe vgl in stRspr zB B[X.] Urteil vom 22.11.1956 - 8 RV 23/55 - B[X.]E 4, 121, 123; B[X.] Beschluss vom [X.] - 11/9b [X.]; B[X.] Beschluss vom 12.2.1998 - B 8 [X.] 19/97 B; B[X.] Urteil vom [X.] 9b [X.] 5/05 R - Rd[X.]; zu den Rechtsfolgen bei unauflösbarer Widersprüchlichkeit B[X.] Urteil vom 29.6.2000 - B 13 RJ 41/99 R).

1. Die vom Kläger erhobene isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.]G) ist zulässig. [X.] ist insoweit der Bescheid vom [X.] vom [X.], mit dem der Beklagte das dem Kläger mit Bescheid vom [X.] vorläufig zugesprochene Elterngeld in Höhe von monatlich 1800 Euro endgültig auf den Sockelbetrag reduziert und einen sich hieraus ergebenden Erstattungsbetrag in Höhe von 3000 Euro festgesetzt hat. Der Bescheid enthält drei gesonderte Regelungen (§ 31 S 1 [X.]B X). Erstens hebt er den mit Bescheid vom [X.] erklärten Vorbehalt der Vorläufigkeit auf und entscheidet über den Anspruch auf Elterngeld des [X.] für den 13. und 14. Lebensmonat seiner am [X.] geborenen Tochter endgültig (Ziffer I). Zweitens setzt er das Elterngeld der Höhe nach auf monatlich 300 Euro fest (Ziffer II) und begründet drittens die Verpflichtung des [X.] zur Erstattung der Überzahlung von 3000 Euro (Ziffer [X.]). Wie vom [X.] angenommen ist sinnvollerweise aus Sicht des [X.] nur die zweite und dritte Regelung des Bescheids anzufechten. Denn in diesem Fall erstarkt wegen der verbleibenden Aufhebung des [X.] der ursprünglich mit dem Bescheid vom [X.] bestimmte und vom Kläger begehrte [X.] in Höhe von monatlich 1800 Euro zu einer endgültigen Festsetzung.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbeschadet der Entbehrlichkeit einer vorherigen Anhörung vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide und der Ermächtigung zur Abänderung des vorläufigen Bescheids vom [X.] (vgl § 24 Abs 2 [X.] 5 [X.]B X; § 8 Abs 3 [X.]; vgl B[X.] Urteil vom 15.12.2015 - [X.] EG 6/14 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] Rd[X.] 9 mwN) unbegründet, weil der Kläger zwar dem Grunde nach anspruchsberechtigt ist (dazu 2.), seine Gewinnanteile aus der Beteiligung an der [X.] jedoch den [X.] auf den Sockelbetrag mindern (dazu 3.).

2. Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzungen für Elterngeld. Der Anspruch des [X.] auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seiner am [X.] geborenen Tochter richtet sich nach dem [X.] in der Fassung vom 5.12.2006 ([X.] 2748). Spätere Änderungen des [X.] zu den §§ 1 und 2 etwa durch das [X.] ([X.] 1970) zum [X.] und das [X.] ([X.] 61) zum 24.1.2009 sind hier nicht einschlägig.

Nach § 1 Abs 1 [X.] hat Anspruch auf Elterngeld, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hat, 2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Dies ist nach den vom [X.] bindend getroffenen Feststellungen der Fall (§ 163 [X.]G).

3. Für die hier streitige Höhe des [X.]s ist § 2 [X.] maßgebend. Nach § 2 Abs 1 S 1 [X.] wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 S 2 [X.] die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 [X.] 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen.

a. Unter Zugrundelegung dieser Bestimmungen ist der Bemessungszeitraum hier nicht durch die 12 Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes bestimmt. Vielmehr hat der Beklagte für das Einkommen des [X.] vor der Geburt des Kindes am [X.] zutreffend auf den steuerlichen Veranlagungszeitraum 2007 abgestellt (§ 2 Abs 9 [X.]) und dementsprechend zunächst vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 1800 Euro bewilligt (§ 2 Abs 1 [X.]).

b. Für die Bezugsmonate sind die Gewinnanteile des [X.] aus seiner Beteiligung an der [X.] als Einkommen anspruchsmindernd zu berücksichtigen (dazu [X.].). Ohne Bedeutung ist es dabei, ob der Kläger in diesem Zeitraum einer Tätigkeit für die [X.] nachgegangen ist (dazu [X.]). Die Berechnung von Einkommen aus Gewinnanteilen ist anhand des Jahresdurchschnitts (dazu [X.]) unter Berücksichtigung tätigkeitsbezogener Gewinnanteile (dazu [X.].) vorzunehmen.

[X.]. Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach § 2 Abs 1 [X.] berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs 1 oder 2 [X.] maßgeblichen Prozentsatzes des [X.] dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt (§ 2 Abs 3 S 1 [X.]).

Bei den Einkünften des [X.] aus seiner Beteiligung an der [X.] handelt es sich steuerrechtlich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 2 Abs 1 S 1 [X.], § 15 Abs 1 S 1 [X.] EStG. Diese Einkünfte sind grundsätzlich iS von § 2 Abs 1 S 2 [X.] elterngeldrechtlich beachtlich.

[X.] Ohne Bedeutung ist es dabei, ob der Kläger im Bezugszeitraum einer Tätigkeit für die [X.] nachgegangen ist. Für die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und Gewerbebetrieb hat der Senat den Begriff des "Erzielens von Einkommen" anhand des - strengen - Zuflussprinzips bestimmt (siehe ausführlich B[X.] Urteil vom 5.4.2012 - [X.] EG 10/11 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] Rd[X.] 32; zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] EG 4/13 R - Rd[X.]7 ff mwN). § 2 Abs 1 S 2 iVm Abs 7 bis 9 [X.] unterscheidet nur zwischen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und aus nichtselbstständiger Arbeit andererseits. Eine Differenzierung innerhalb der Einkünfte danach, ob die Tätigkeit mehr oder weniger zeitbezogen ausgeübt wird, ist danach ausgeschlossen.

Darüber hinaus hat der Senat wiederholt ausgeführt (siehe zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] EG 4/13 R - Rd[X.]8 mwN), dass § 2 Abs 8 und 9 [X.] in Ausführung von § 2 Abs 1 S 2 [X.] alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten erfassen. Das sind nach dem Katalog in § 2 Abs 1 S 1 [X.] 1 bis 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG), bei denen sich die Einkünfte aus dem Gewinn ergeben (§ 2 Abs 2 S 1 [X.] 1 EStG). Nach der Definition in § 15 Abs 2 S 1 EStG handelt es sich bei den diesen Einkünften zugrundeliegenden Erwerbstätigkeiten um selbstständige nachhaltige Betätigungen, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen werden und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen. Dabei können die selbstständigen Erwerbstätigen ua den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen. Dies gilt grundsätzlich auch für den Kläger hinsichtlich seiner Gewinnanteile. Der Kläger trug jedenfalls, auch wenn er im Bezugszeitraum keiner Tätigkeit nachging, das [X.] und zeigte auch [X.] (vgl hierzu [X.] Urteil vom 22.2.2012 - X R 14/10 - [X.]E 236, 464 Rd[X.] 36 ff). Dies reicht aus, um seine Einnahmen aus der Beteiligung an der [X.] den typischerweise mit persönlichem Arbeitseinsatz verbundenen Einkunftsarten zuzurechnen.

[X.] Für die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens aus einer Beteiligung an einem Gewerbebetrieb im Bezugszeitraum ist nach zutreffender Ansicht des [X.] ein durchschnittliches monatliches Einkommen zu ermitteln, indem das steuerrechtlich relevante Jahreseinkommen durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde, geteilt wird. Der Senat berücksichtigt bei Einkommen aus Gewinnanteilen an einer Personengesellschaft insoweit die Besonderheit, dass der einzelne Gesellschafter Gewinne gesellschaftsrechtlich regelmäßig nur am Schluss des Geschäftsjahrs verlangen kann (vgl § 105 Abs 3 und § 120 Abs 1 HGB, § 721 Abs 2 BGB). Hieran ist der steuerlich wirksame Gewinnermittlungszeitraum angelehnt (§ 4a EStG). Dementsprechend errechnet sich das elterngeldrechtlich relevante Einkommen dieser Gewerbetreibenden im Bezugszeitraum anhand des sich aus dem Steuerbescheid ergebenden Jahresgewinns und dem daraus ermittelten monatlichen Durchschnittseinkommen (vgl bereits B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] EG 4/13 R - Rd[X.] 35). Auch wenn die Neuregelung des § 2d Abs 3 [X.] idF des [X.] ([X.] 1878) - nicht die davon zu unterscheidende Neuregelung der Einkommensersatzleistungen in § 3 Abs 1 S 1 [X.] 5 [X.] - insoweit eine andere Sichtweise gebieten könnte, weil der Steuerbescheid dort nicht mehr als Grundlage der Einkommensermittlung in der Bezugszeit herangezogen wird (vgl hierzu BT-Drucks 17/9841 [X.]), hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung im Geltungsbereich der Regelung des § 2 [X.] idF vom 5.12.2006 fest. Diese Berechnungsmethode trägt, worauf das [X.] bereits zu Recht hingewiesen hat, dem Entgeltersatzcharakter des [X.] bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Prinzips der Jährlichkeit der Einkünfte aus Beteiligungen bestmöglich Rechnung. Überdies vereinfacht sie maßgeblich das Verwaltungsverfahren und ist praktikabel. Weder bedarf es einer umfangreichen Gewinn- und Verlustrechnung noch einer Bilanz. Die Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Einkommens kann vielmehr allein anhand des maßgeblichen Steuerbescheids erfolgen. Hierdurch ist wiederum ein Gleichlauf zwischen dem Steuerrecht und dem [X.] hergestellt.

[X.]. Diese Grundsätze gelten entgegen der Annahme des [X.] auch im Falle gesellschaftsrechtlich vereinbarter Reduzierung tätigkeitsbezogener Gewinnanteile aus Anlass der Elternzeit. Denn abgesehen davon, dass die im konkreten Fall nachträglich vereinbarte Gewinnverteilung der Tätigkeitsvergütung im Verhältnis von 10/24 zu 12/24 den Verbleib der restlichen Bruchteile ungeklärt lässt und zudem die Bilanz für das [X.] real im Verhältnis von 10/22 zu 12/22 umgesetzt worden zu sein scheint ([X.] der Bilanz), dienen gesellschaftsrechtliche Umverteilungen der [X.] Gewinnanteile vornehmlich den Interessen der Mitgesellschafter und dem Ausgleich ihrer wegen der Elternzeit des Mitgesellschafters erbrachten Mehrarbeit. Der Umstand, dass eine solche Vereinbarung gerade mit Blick auf eine anstehende Elternzeit geschlossen wird, hindert deren Wirksamkeit nicht. Dem legitimen Anliegen nach Inanspruchnahme einer Elternzeit durch einen Gesellschafter entspricht insoweit spiegelbildlich das gleichermaßen berechtigte Anliegen des anderen Mitgesellschafters nach einer abweichenden Gewinnverteilung. Die getroffene gesellschaftsrechtliche Vereinbarung hat aber nicht zur Folge, dass das [X.] und die [X.] in der Bezugszeit gemindert oder gar aufgehoben wären, wie dies bei einem Verzicht des Elterngeldberechtigten auf Gewinn und Freistellung vom Verlust in der Bezugszeit erwogen werden könnte. Bestehen [X.] und [X.] des elterngeldberechtigten Gesellschafters in der Elternzeit fort, wird der im Steuerbescheid ausgewiesene Jahresgewinn auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit angerechnet, wenn der Gesellschafter wegen der Elternzeit auf einen Bruchteil seines [X.] Jahresgewinns verzichtet hat.

Der Senat verkennt nicht, dass damit iS von Art 3 Abs 1 GG eine Ungleichbehandlung der Gruppe der Gewerbetreibenden gegenüber der Gruppe der Elterngeldberechtigten mit Einkommen aus abhängiger Beschäftigung zum einen und der Gruppe der Elterngeldberechtigten mit Einkünften aus sonstiger selbstständiger Erwerbstätigkeit zum anderen verbunden sein kann. Die unterschiedliche Behandlung ist indes sachlich gerechtfertigt, da insbesondere die Ausübung der jeweiligen Erwerbstätigkeit und die Art der Erzielung des Einkommens - wie unter II.3.b.[X.] dargestellt - wesentlich voneinander abweichen können (vgl auch B[X.] Urteil vom 29.8.2012 - [X.] EG 18/11 R - Rd[X.]8 f; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] EG 4/13 R - Rd[X.]9 f).

4. Unter anteiliger Berücksichtigung des im Einkommensteuerbescheid für das [X.] ausgewiesenen Gewinns abzüglich der geleisteten [X.] und des Solidaritätszuschlags beläuft sich die berücksichtigungsfähige Differenz (67 %) des Einkommens vor der Geburt auf maximal 2700 Euro (vgl § 2 Abs 3 S 2 [X.]) und in der Bezugszeit (2370,25 Euro) auf einen monatlichen Betrag unter 300 Euro, sodass es bei dem von dem Beklagten endgültig festgesetzten Sockelbetrag verbleiben muss (vgl § 2 Abs 5 S 1 [X.]) und das überzahlte Elterngeld nach Maßgabe des § 42 Abs 2 S 2 [X.]B I (vgl B[X.] Urteil vom 15.12.2015 - [X.] EG 6/14 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] Rd[X.]2 mwN) zu erstatten ist.

Nach alledem war das Urteil des [X.] aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] insgesamt zurückzuweisen.

5. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 10 EG 3/15 R

21.06.2016

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Augsburg, 13. Februar 2014, Az: S 7 EG 36/12, Urteil

§ 2 Abs 1 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 3 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 3 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 5 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 9 BEEG vom 05.12.2006, § 2d Abs 3 BEEG vom 10.09.2012, § 3 Abs 1 S 1 Nr 5 BEEG, § 8 Abs 3 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG, § 15 Abs 2 S 1 EStG, § 4a EStG, § 120 Abs 1 HGB, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, § 31 S 1 SGB 10, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.06.2016, Az. B 10 EG 3/15 R (REWIS RS 2016, 9581)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9581

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