Bundespatentgericht, Urteil vom 22.09.2021, Az. 1 Ni 21/19 (EP)

1. Senat | REWIS RS 2021, 2466

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung.Patentnichtigkeitsklageverfahren - "Öffnungsfähiges Fahrzeugdach" – Zur Frage der Patentfähigkeit


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

gegen

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2021 durch die Präsidentin [X.] sowie [X.], Heimen, Dipl.- Ing. [X.] und Richterin Dipl.- Ing. Univ. Peters

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent EP 1 427 597 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Öffnungsfähiges Fahrzeugdach (1)

mit wenigstens einem Deckel (2), welcher im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsschiene in x-Richtung verschiebbar und um eine in y-Richtung liegende Schwenkachse schwenkbar gelagert ist, und welcher mittels einer Ausstell- und Verschiebemechanik eine Dachöffnung (3) wahlweise verschließt (Schließstellung) oder durch Ausstellen seiner Hinterkante (Lüftungsstellung) oder durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene (Öffnungsstellung) zumindest teilweise freigibt,

mit einem den Deckel (2) oder ein mit diesem verbundenes Bauteil in der Schließposition oder der [X.] gegenüber der Führungsschiene (14) verriegelnden [X.] (28), das an einem [X.] (24) angeordnet ist, der im Wesentlichen in einer Vertikalebene ([X.]) schwenkbar am Deckel (2) oder an einem mit dem Deckel (2) verbundenen Bauteil angeordnet ist,

 wobei das [X.] (28) durch die Ausstell- und Verschiebemechanik so steuerbar ist, dass es während der Verschiebebewegung des Deckels (2) längs der Führungsschiene (14) verschiebbar ist und während der Verschwenkbewegung des Deckels (2) gegenüber der Führungsschiene (14) verrastet ist,

 wobei das [X.] (28) mittels einer am [X.] (24) angeordneten Mitnehmereinrichtung (30, 32) zum Ende einer Verschiebebewegung des Deckels (2) aus einer Öffnungsstellung in Richtung seiner Schließstellung in Eingriff mit einer [X.] (14f) der Führungsschiene (14) gebracht wird,

 wobei die [X.] (14f) an ihrer Vorderkante ein an die Bewegung des [X.]es (28) beim Eintreten des [X.]es (28) in die [X.] (14f) bzw. beim Austreten aus der [X.] (14f) angepasstes Profil hat,

 und wobei eine einen Deckelträger (6) mit einem [X.] (16) koppelnde Kulissenanordnung wenigstens einen an einer Seitenfläche des [X.] (6) abstehenden [X.] (18, 18a, 18b) und einen unmittelbar am [X.] (16) angeformten, den [X.] umgreifenden [X.] (20) umfasst.

2. Fahrzeugdach nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der [X.] (24) an einem zu dem vorderen Lagerpunkt (Gleitschuh 8) des Deckels (2) beabstandeten [X.] (26) angeordnet ist derart, dass sich beim Verschwenken des Deckels (2) der Abstand zwischen dem vorderen Lagerpunkt des Deckels (2) und dem verrasteten [X.] (28) verkürzt.

3. Fahrzeugdach nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der [X.] (24) an einem mit dem Deckel (2) fest verbundenen Deckelträger (6) angeordnet ist, dessen vorderes Ende in der Führungsschiene (14) verschiebbar und verschwenkbar gelagert ist, und welcher über eine Kulissenanordnung (18, 20 bzw. 18'. 20') mit einem längs der Führungsschiene verschiebbaren [X.] (16) gekoppelt ist.

4. Fahrzeugdach nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Mitnehmereinrichtung ein am freien Ende des [X.]s (24) angeordnetes erstes Kulissenelement (30) umfasst, welches mit einem am [X.] (16) angeordneten zweiten Kulissenelement (32) zusammenwirkt.

5. Fahrzeugdach nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Kulissenelement ein zur Schwenkachse des [X.]s (24) im Wesentlichen paralleler Kulissenstift (30) ist, und dass das zweite Kulissenelement durch eine am [X.] (16) ausgebildete [X.] (32) gebildet ist.

6. Fahrzeugdach nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (28) eine seitlich vom [X.] (24) abstehende Nase ist, die in eine [X.] (14e) der Führungsschiene (14) eingreift, und dass die [X.] (14f) durch eine in einer Führungskante der [X.] (14e) ausgebildete Erweiterung gebildet ist.

7. Fahrzeugdach nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] (14f) an der oberen Führungskante der [X.] (14e) ausgebildet ist, und dass die das zweite Kulissenelement bildende [X.] (32) eine zur Rückseite des [X.]s (16) offene Nut mit einem ersten, im Wesentlichen nach vorne sich erstreckenden Abschnitt und einem daran anschließenden zweiten, im Wesentlichen nach vorne/unten sich erstreckenden Abschnitt ist.

8. Fahrzeugdach nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der [X.] (16) einen [X.] (36) aufweist, welcher den [X.] (24) von unten abstützt, und dass der [X.] (24) an seiner Unterkante mit einer Kontur (38) so profiliert ist, dass während des gesamten Weges des [X.]s (16) von seiner der Lüftungsstellung des Deckels (2) entsprechenden vorderen Position bis zu seiner dem Austritt des [X.] (28) aus der [X.] (14f) entsprechenden Position das [X.] (28) nach oben in seine Verriegelungsstellung gedrückt wird.

9. Fahrzeugdach nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelträger (6) im Wesentlichen ein Querschnittsprofil in Form eines auf dem Kopf stehenden [X.] mit zwei mit der Unterkante des [X.] bündigen seitlichen [X.]en (18a, 18b) hat, und dass der [X.] (20) des [X.]s (16) im Wesentlichen die Form einer zur Querschnittsform des [X.] (6) komplementären [X.]-Nut hat.

10. Fahrzeugdach nach einem der Ansprüche 3 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der [X.] (16) mit einem Zug- und Druckkabel (40) koppelbar ist, wobei am antriebsschlittenseitigen Ende des Zug- und Druckkabels (40) eine quer zur Kabellängsachse abstehende Nase (44) angeordnet ist, die in eine an einer Seite des [X.]s (16) ausgebildete [X.]asche (46) einsteckbar ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 40 %, die Beklagte zu 60 %.

II[X.] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents EP 1 427 597 ([X.] 502 07 577). Die [X.] Patentanmeldung geht zurück auf die internationale Patentanmeldung PC[X.]/[X.]/009756, die am 31. August 2002 unter Inanspruchnahme der [X.] Priorität [X.] 101 46 284 vom 19. September 2001 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist mit der Schrift EP 1 427 597 [X.] in [X.] am 19. Juli 2006 veröffentlicht worden und trägt die Bezeichnung „[X.] Fahrzeugdach“.

2

Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung 12 Ansprüche, den Anspruch 1 sowie die zumindest mittelbar auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12.

3

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin ursprünglich die teilweise Nichtigerklärung des [X.] im Umfang der Ansprüche 1 und 8, soweit auf Anspruch 1 rückbezogen, sowie nach [X.] mit Schriftsatz vom 17. März 2020 auch der Ansprüche 10 bis 12, jeweils soweit auf Anspruch 8 rückbezogen.

4

Der Anspruch 1 des [X.] in der Fassung gemäß EP 1 427 597 [X.] hat mit der Gliederung des Senates folgenden Wortlaut:

5

1.0 Öffnungsfähiges Fahrzeugdach (1)

6

1.1 mit wenigstens einem Deckel (2), welcher

7

1.1.1 im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsschiene in x-Richtung verschiebbar und

8

1.1.2 um eine in y-Richtung liegende Schwenkachse schwenkbar gelagert ist, und welcher

9

1.1.3 mittels einer Ausstell- und Verschiebemechanik eine Dachöffnung (3) wahlweise

1.1.3.1 verschließt (Schließstellung) oder

1.1.3.2 durch Ausstellen seiner Hinterkante (Lüftungsstellung) oder

1.1.3.3 durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene (Öffnungsstellung) zumindest teilweise freigibt,

1.2 mit einem den Deckel (2) oder ein mit diesem verbundenes Bauteil in der Schließposition oder der [X.] gegenüber der Führungsschiene (14) verriegelnden [X.] (28), das

1.2.1 an einem [X.] (24) angeordnet ist, der

1.2.1.1 im wesentlichen in einer Vertikalebene ([X.]) schwenkbar am Deckel (2) oder an einem mit dem Deckel (2) verbundenen Bauteil angeordnet ist,

1.2.2 wobei das [X.] (28) durch die Ausstell- und Verschiebemechanik so steuerbar ist, daß es

1.2.2.1 während der Verschiebebewegung des Deckels (2) längs der Führungsschiene (14) verschiebbar ist und

1.2.2.2 während der Verschwenkbewegung des Deckels (2) gegenüber der Führungsschiene (14) verrastet ist,

dadurch gekennzeichnet, daß

 das [X.] (28) mittels

1.2.1.2 einer am [X.] (24) angeordneten Mitnehmereinrichtung (30, 32)

1.2.3 zum Ende einer Verschiebebewegung des Deckels (2) aus einer Öffnungsstellung in Richtung seiner Schließstellung in Eingriff mit einer Rastausnehmung (14f) der Führungsschiene (14) gebracht wird.

Der Patentanspruch 8 hat folgenden Wortlaut:

„8. Fahrzeugdach nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Rastausnehmung (14f) an ihrer Vorderkante ein an die Bewegung des [X.]es (28) beim Eintreten des [X.]es in die Rastausnehmung bzw. beim Austreten aus der Rastausnehmung (14f) angepaßtes Profil hat.“

Der jeweils kennzeichnende [X.]eil der weiteren angegriffenen [X.] 10 bis 12, soweit auf Anspruch 8 rückbezogenen, lautet:

10. […] daß die den Deckelträger (6) mit dem [X.] (16) koppelnde Kulissenanordnung wenigstens einen an einer Seitenfläche des [X.] (6) abstehenden [X.] (18, 18a, 18b) und einen am [X.] (16) ausgebildeten, den [X.] umgreifenden [X.] (20) umfaßt.

11. […] daß der Deckelträger (6) im wesentlichen ein Querschnittsprofil in Form eines auf dem Kopf stehenden [X.] mit zwei mit der Unterkante des [X.] bündigen seitlichen [X.]en (18a, 18b) hat, und daß der [X.] (20) des [X.]s (16) im wesentlichen die Form einer zur Querschnittsform des [X.] (6) komplementären [X.]-Nut hat.

12. […] daß der [X.] (16) mit einem Zug- und Druckkabel (40) koppelbar ist, wobei am antriebsschlittenseitigen Ende des Zug- und Druckkabels (40) eine quer zur Kabellängsachse abstehende Nase (44) angeordnet ist, die in eine an einer Seite des [X.]s (16) ausgebildete [X.]asche (46) einsteckbar ist.

Wegen des vollständigen Wortlauts, auch der weiteren, nicht angegriffenen rückbezogenen Ansprüche wird auf die [X.]chrift (im Folgenden: [X.]) verwiesen.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit geltend, nämlich mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische [X.]ätigkeit, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1a) EPÜ i.V.m. Art. 54 Abs. 1, Art. 56 EPÜ. Sie stützt sich dabei u.a. auf folgende Dokumente:

[X.] EP 1 216 869 A2 (nachveröffentlichter Stand der [X.]echnik),

[X.] [X.] 44 27 442 C1

[X.] JP 2- 92720 A,

[X.]a [X.] Maschinenübersetzung der [X.] des Europäischen Patentamts,

[X.]b beglaubigte [X.] Übersetzung der [X.] (nachgereicht mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019),

[X.] JP 3- 16729 Y2,

[X.]a [X.] Maschinenübersetzung der [X.] des J-PlatPat,

[X.]b beglaubigte [X.] Übersetzung der [X.] (nachgereicht mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019),

[X.] EP 1 046 530 A1,

[X.]a [X.] Maschinenübersetzung der [X.] des Europäischen Patentamts,

[X.] [X.] 691 05 449 [X.]2,

[X.] EP 0 901 919 A1 und

[X.]a [X.] Maschinenübersetzung der [X.] des Europäischen Patentamts.

Im Prüfungsverfahren vor dem [X.] sind noch die Druckschriften

D8 [X.] 5 092 651 A,

D9 [X.] 5 593 204 A,

[X.]0 [X.] 196 23 945 C1 und

[X.] [X.] 5 275 461 A

genannt worden.

Im Übrigen hat die Beklagte das nachfolgend genannte Dokument

[X.]2 [X.] 34 44 522 A1

bereits mit Einreichung der Prioritätsunterlagen aufgeführt.

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung. Sie hat ferner mehrere Hilfsanträge eingereicht, mit denen sie das Streitpatent mit geänderten Patentansprüchen hilfsweise verteidigt.

Mit Schriftsatz vom 10. August 2020 hat die Beklagte die [X.] bis 7 eingereicht und dazu vorgetragen.

Der Hilfsantrag 1 umfasst neue Ansprüche 1 bis 11, die nach Vortrag der Beklagten die erteilten Ansprüche 1 bis 12 ersetzen sollen. Der Anspruch 1 des [X.] enthält zusätzlich das Merkmal 1.2.3.1

1.2.3.1

Der Hilfsantrag 2 umfasst neue Ansprüche 1 bis 10, die die erteilten Ansprüche 1 bis 12 ersetzen sollen. Der neue Anspruch 1 enthält gegenüber Anspruch 1 des [X.] zusätzlich das Merkmal 1.3

1.3

Wegen des vollständigen Wortlauts der vorstehend genannten [X.] und 2 sowie der weiteren Hilfsanträge 3 bis 7 wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10. August 2020 Bezug genommen.

Auf den qualifizierten Hinweis des Senats vom 11. Mai 2021, auf den Bezug genommen wird, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Juli 2021 ihren Vortrag zum Hauptantrag und zu den [X.] 1 und 2 vertieft. Zur [X.] Verteidigung des [X.] hat sie einen weiteren Hilfsantrag 2a angekündigt, der gegenüber dem Hilfsantrag 2 der Klarstellung dahingehend dienen solle, dass „der [X.] am [X.] ist.“ (Hervorhebung im Original). Ein geänderter Anspruchssatz für Hilfsantrag 2a war nicht beigefügt, dieser wurde mit Schriftsatz vom 25. August 2021, bei Gericht am gleichen [X.]age eingegangen, eingereicht. Der Anspruch 1 des [X.] enthält anstelle des Merkmals 1.3 1.3

1.3 unmittelbar am [X.] (16) ausgebildeten angeformten, den [X.] umgreifenden [X.] (20) umfasst.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte zwei weitere Hilfsanträge 2b und 2c eingereicht. Wegen des Wortlauts der geänderten Ansprüche wird auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2021 verwiesen.

Im Übrigen wird auch wegen des vollständigen Wortlauts der geänderten Anspruchssätze nach den [X.] 1, 2 und 2a sowie 3 bis 7 auf die Akten verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] nicht neu sei gegenüber jeweils denjenigen der Druckschriften [X.] bis [X.] und der Gegenstand des Patentanspruchs 8 nicht neu sei gegenüber denjenigen der Druckschriften [X.], [X.] und [X.]. Zumindest beruhten sie nicht auf einer erfinderischen [X.]ätigkeit. Ferner macht die Klägerin ausgehend von der Druckschrift [X.] die fehlende Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1, 8, 10 und 11 geltend. Darüber hinaus beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 12 gegenüber dem Gegenstand der Druckschrift [X.] i.V.m. der Druckschrift [X.] oder [X.] nicht auf einer erfinderischen [X.]ätigkeit.

Zu den [X.] vertritt die Klägerin die Auffassung, insbesondere der Hilfsantrag 2a sei unzulässig, da der Gegenstand des Hauptanspruchs nicht ursprungsoffenbart und unzulässig erweitert sei, und die [X.] und 7 seien ebenfalls unzulässig, da die entsprechenden Ansprüche u.a. Merkmale aus dem mit der Klage nicht angegriffenen [X.] enthielten. Überdies rügt sie die Hilfsanträge 2a, 2b und 2c als verspätet. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nach sämtlichen [X.] auch nicht patentfähig. Insbesondere sei der Gegenstand nach Hilfsantrag 2a gegenüber der Lehre nach der Druckschrift [X.] nicht neu, zumindest nicht erfinderisch. Denn der Fachmann könne die [X.]e auch unmittelbar am Arm des [X.]s ausbilden und müsse dazu nur die [X.] geringfügig und in naheliegender Weise anpassen.

Der Senat hat den Parteien in der mündlichen Verhandlung einen weiteren Hinweis erteilt, auf den Bezug genommen wird.

Die Klägerin hat in Erweiterung ihres Angriffes auf [X.] zunächst beantragt,

das [X.] Patent 1 427 597 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Ansprüche 1, 3 und 8, soweit auf Anspruch 1 rückbezogen sowie der Ansprüche 10 bis 12, jeweils soweit auf Anspruch 8 bzw. auf Anspruch 3 rückbezogen für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat hierzu erklärt, dass die mit Schriftsatz vom 10. August 2020 eingereichten [X.] und 7, mit denen u.a. Merkmale aus dem nicht angegriffenen [X.] aufgegriffen werden, nicht zur Entscheidung gestellt werden sollen.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch

das [X.] Patent 1 427 597 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Ansprüche 1 und 8, soweit auf Anspruch 1 rückbezogen, sowie der Ansprüche 10 bis 12, jeweils soweit auf Anspruch 8 rückbezogen, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt demnach sinngemäß,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die angegriffenen Ansprüche des [X.] die Fassung eines der [X.] bis 5 einschließlich des [X.], eingereicht mit Schriftsatz vom 25. August 2021 und der Hilfsanträge 2b und 2c, übergeben in der mündlichen Verhandlung, erhalten.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Das Streitpatent erweise sich in der erteilten Fassung gegenüber sämtlichen Entgegenhaltungen als neu und erfinderisch.

Dies gelte insbesondere gegenüber der Lehre der nur hinsichtlich der Neuheitsprüfung relevanten Druckschrift [X.]. Diese zeige bei zutreffender Auslegung kein [X.], das mittels einer Mitnehmereinrichtung in Eingriff mit der Rastausnehmung gebracht werde. Vielmehr grenze sich das Streitpatent von der in der Druckschrift [X.] gezeigten Verwendung eines [X.] ausdrücklich ab. Die Druckschrift [X.] zeige deshalb jedenfalls keine entsprechende Ausgestaltung. Auch gegenüber den übrigen Druckschriften, insbesondere den Druckschriften [X.] bis [X.] sei der Gegenstand nach den Ansprüchen 1 und 8 des [X.] neu und erfinderisch. Dies gelte auch für die Ansprüche 10 bis 12.

Die Beklagte ist der Meinung, dass alle noch zur Entscheidung gestellten Hilfsanträge zulässig seien, auch seien die Hilfsanträge 2a, 2b und 2c nicht verspätet. Der Hilfsantrag 2a sei rechtzeitig angekündigt worden, die Hilfsanträge 2b und 2c enthielten lediglich eine präzisere Formulierung als Reaktion auf den klägerischen Schriftsatz vom 19. August 2021 und seien daher rechtzeitig eingereicht.

Das Streitpatent sei jedenfalls in der Fassung eines der Hilfsanträge rechtsbeständig. Insbesondere hinsichtlich der Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 vertritt die Beklagte die Auffassung, die Bedeutung des Wortes „ausgebildet“ werde vom Fachmann weniger breit verstanden, als dies der Senat in seiner vorläufigen Auffassung sehe. Das dem Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a hinzugefügte Merkmal sei auch ohne explizite schriftliche Nennung eindeutig offenbart und führe deshalb nicht zu einer unzulässigen Erweiterung. Dieser Gegenstand werde auch von keiner Entgegenhaltung vorweggenommen oder nahegelegt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit der der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1a), Art. 54, 56 EPÜ gegenüber den angegriffenen Ansprüchen geltend gemacht wird, ist zulässig. Sie ist teilweise begründet, denn das Streitpatent erweist sich als nicht rechtsbeständig soweit es über die mit dem Hilfsantrag 2a verteidigte Fassung hinausgeht. Es ist daher im tenorierten Umfang für nichtig zu erklären.

Soweit die Beklagte zur [X.] Verteidigung des Streitpatents vollständige Anspruchssätze mit anderer Nummerierung eingereicht und zur Entscheidung gestellt hat, die nach ihrem Vortrag auch nicht angegriffene [X.] „ersetzen“ sollen, hat der Senat dies dahingehend ausgelegt und tenoriert, dass die Beklagte damit nach Wegfall angegriffener [X.] lediglich beabsichtigte, eine angepasste Nummerierung der Rückbezüge der anderen ansonsten inhaltlich unverändert geltenden [X.] und keine – unzulässige – weitergehende Beschränkung vorzunehmen.

I.

1. Das Streitpatent betrifft ein öffnungsfähiges Fahrzeugdach mit wenigstens einem Deckel, welcher im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsschiene in x-Richtung verschiebbar und um eine in y-Richtung liegende Schwenkachse schwenkbar gelagert ist, und welcher mittels einer Ausstell- und Verschiebemechanik eine Dachöffnung wahlweise verschließt (Schließstellung) oder durch Ausstellen seiner Hinterkante (Lüftungsstellung) oder durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene (Öffnungsstellung) zumindest teilweise freigibt, mit einem den Deckel oder ein mit diesem verbundenes Bauteil in der Schließstellung oder der Lüftungsstellung gegenüber der Führungsschiene verriegelnden [X.], das an einem [X.] angeordnet ist, der im Wesentlichen in einer [X.] ([X.]) schwenkbar am Deckel oder an einem mit dem Deckel verbundenen Bauteil angeordnet ist, wobei das [X.] durch die Ausstell- und Verschiebemechanik so steuerbar ist, dass es während der Verschiebebewegung des Deckels längs der Führungsschiene verschiebbar und während der Verschwenkbewegung des Deckels gegenüber der Führungsschiene verrastet ist (vgl. Abs. [0001] der [X.]).

Gemäß [X.] umfasse die Ausstell- und Verschiebemechanik für den Deckel im allgemeinen je einen in einer längs einer jeden Seitenkante der Dachöffnung angeordneten Führungsschiene verschiebbaren [X.], welcher über eine kulissenartige Anordnung mit einem fest im vorderen Bereich des Deckels angeordneten hebelartigen oder mit diesem integral ausgebildeten Deckelträger gekoppelt sei, der über an seinem vorderen Ende angeordnete [X.]e in der Führungsschiene verschiebbar und verschwenkbar gelagert sei. Solange der Deckel nicht nach hinten in eine Öffnungsstellung verschoben sei, sei dieser über ein [X.] in x-Richtung (gemäß dem Koordinatensystem in [X.]. 1 der [X.]) verriegelt. In diesem Zustand bewege sich der [X.] relativ zum Deckelträger und verstelle diesen (und damit den Deckel) zwischen der [X.] über die Schließstellung bis in eine beispielsweise unter die [X.] abgesenkte Absenkstellung als Vorstufe einer Verschiebestellung. In der letzten Phase dieser Bewegung des [X.]s werde das [X.] dann in eine Entriegelungsstellung bewegt und der [X.] werde mit dem Deckelträger gekoppelt, sodass dieser und damit der Deckel bei einer weiteren Verschiebung des [X.]s nach hinten in eine Öffnungsstellung mitgenommen werde (vgl. Abs. [0002] der [X.]).

Aus der Druckschrift [X.] sei ein Fahrzeugdach bekannt, bei welchem ein federnd in Eingriffsstellung mit der Führungsschiene vorbelasteter Rasthaken am vorderen [X.] einer Schiebe-Hebedachmechanik vorgesehen sei, der beim Absenken des Deckels vor dem Verschieben unter das feste Fahrzeugdach vorn Deckel oder einem mit diesem verbundenen Teil außer Eingriff gebracht werde. Bei einem derartigen Rasthaken sei eine aufwendige Justierung gegenüber dem Deckel oder dem mit diesem verbundenen Teil erforderlich, um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten.

Aus der Druckschrift D8 sei ein gattungsgemäßes Fahrzeugdach bekannt geworden, das einen Deckel aufweise, der im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsbahn verschiebbar und schwenkbar geführt sei. Der Deckel sei mittels eines [X.]s, der einerseits über Rollen an der Führungsbahn verschiebbar und verschwenkbar geführt sei und andererseits mittels eines Schwenklagers mit einem unterhalb des Deckels abstehenden Flansch verbunden sei, in seiner Schwenkstellung zwischen einer Öffnungsstellung, einer Schließstellung und einer Lüftungsstellung verstellbar. Wenn der Deckel in seiner Öffnungsstellung angeordnet sei und mittels des an der Führungsbahn verschiebbar gelagerten Schlittens und des vom Schlitten verschiebbaren [X.]s in Richtung seiner Schließstellung bewegt werde, trete ein Riegelstift, der an der Dachführung ortsfest angebracht sei, in eine [X.] ein, die an dem [X.] vorgesehen sei. Der [X.] behalte hierbei seine Schwenkstellung bzw. untere Stellung unverändert bei. Der [X.] werde soweit entlang der Führungsbahn verschoben, bis der Riegelstift an das Ende eines Eintrittsabschnitts der [X.] gelange und dort an einem gekrümmten Abschnitt der [X.] anliege, so dass der feststehende Riegelstift ein weiteres Verschieben des [X.]s verhindere. Damit werde die am [X.] angeordnete [X.] zum Ende einer Verschiebebewegung des Deckels aus einer Öffnungsstellung in Richtung seiner Schließstellung in Eingriff mit dem Riegelstift der Dachführung gebracht und somit gegenüber der Führungsbahn in [X.] blockiert gehalten (vgl. Abs. [0003] und [0004] der [X.]).

Aufgabe der streitpatentgemäßen Erfindung sei es gemäß Abs. [0005] der [X.], ein [X.] Fahrzeugdach zu schaffen, bei dem eine einfache, zuverlässige und verschleißarme Ver- und Entriegelung der Ausstell- und Verschiebemechanik ermöglicht werde.

2. Als maßgeblichen Fachmann definiert der Senat zum Verständnis des Streitgegenstandes und zur nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik einen Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik, der auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Schiebedächern für Kraftfahrzeuge seit mehreren Jahren tätig ist.

II. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung erweist sich gegenüber der Offenbarung der Druckschrift [X.] als nicht neu und daher als nicht patentfähig.

1. Zur Auslegung des Patentanspruchs 1

Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind ([X.], 1124 – [X.]). Dazu ist zu ermitteln, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt, wobei der Fachmann auch die Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen hat ([X.], 859 – Informationsübermittlungsverfahren). Dies darf allerdings weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen ([X.], 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Begriffe in den Patentansprüchen sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift und Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht.

Der zuständige Fachmann entnimmt Merkmal 1.0 und der Merkmalsgruppe 1.1 ein öffnungsfähiges Fahrzeugdach mit wenigstens einem einer Dachöffnung des [X.] zugeordneten Deckel, der in bevorzugter Weise als transparente Scheibe ausgebildet sein kann, mit einem vorzugsweise aus Kunststoff bestehenden Deckelrahmen und einer am Deckelrahmen befestigten, umlaufenden Deckeldichtung (vgl. Abs. [0021] der [X.]). Der Deckel ist im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsschiene in Fahrzeuglängsrichtung in x-Richtung, verschiebbar und um eine in einer dazu orthogonalen [X.], in y-Richtung, liegenden Schwenkachse schwenkbar gelagert (vgl. [X.]. 1 der [X.]). Anspruch 1 konkretisiert diese dem Fahrzeugdach inhärente Mechanik nicht weiter und legt diese insoweit ins Belieben des Fachmanns. Lediglich im Ausführungsbeispiel wird hierzu ein mit dem Deckel verbundener balliger [X.] erwähnt, der in ihm zugeordneten Führungsnuten der Führungsschiene verschiebbar und verschwenkbar geführt ist (vgl. Abs. [0023] der [X.]).

Mittels je einer im Allgemeinen zu beiden Seiten des Deckels angeordneten Ausstell- und Verschiebemechanik, deren konkrete Ausgestaltung der Gestaltungsfähigkeit des Fachmanns obliegt, lässt sich die Dachöffnung wahlweise verschließen (Schließstellung) oder durch Ausstellen seiner Hinterkante ([X.]) oder durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene (Öffnungsstellung) zumindest teilweise freigeben (vgl. erneut Abs. [0021] und Abs. [0022] der [X.]). Hierbei lässt der [X.] auch offen, ob der Deckel oberhalb oder unterhalb (in z-Richtung) der durch die Dachöffnung in [X.] aufgespannten Ebene verschoben wird.

Mit Merkmal 1.2 ist ein [X.] 28 beansprucht, das den Deckel oder ein mit diesem verbundenes Bauteil, wie beispielsweise ein Deckelträger 6, der an der Unterseite des Deckels fest an diesem befestigt sein kann, in der Schließstellung oder der Lüftungsstellung gegenüber der Führungsschiene verriegelt (vgl. die nachfolgend eingeblendete [X.]).

Abbildung

[X.]: [X.]. 3 der [X.]

Das [X.] 28 ist an einem [X.] 24 angeordnet (Merkmal 1.2.1), der gemäß Merkmal 1.2.1.1 im Wesentlichen in einer [X.], bzw. mit Blick auf [X.]ur 1 der [X.] in der [X.], schwenkbar am Deckel, an dem nach dem Ausführungsbeispiel mit dem Deckel verbundenen Deckelträger 6 um einen Anlenkpunkt 26, oder an einem anderen in irgendwie gearteter Weise (mittelbar, verschwenkbar und/oder verschiebbar) mit dem Deckel verbundenen Bauteil angeordnet ist (erst mit Patentanspruch 3 bzw. Abs. [0011] der [X.] ist die Anbindung an den mit dem Deckel fest verbundenen Deckelträger konkretisiert).

Merkmalsgruppe 1.2.2 fordert, dass das [X.] so steuerbar ist, dass es während der Verschiebebewegung des Deckels längs der Führungsschiene verschiebbar und während der Verschwenkbewegung des Deckels gegenüber der Führungsschiene verrastet ist. Gesteuert wird dies durch die Ausstell- und Verschiebemechanik, deren Ausgestaltung, wie vorstehend dargelegt, nicht Gegenstand des Anspruchs 1 ist.

Zum Ende einer Verschiebebewegung des Deckels aus einer Öffnungsstellung in Richtung seiner (Lüftungs- und) Schließstellung soll das [X.] gemäß Merkmal 1.2.3 in Eingriff mit einer Rastausnehmung 14f der Führungsschiene gebracht werden. Zu dieser Umschaltung verfügt der beanspruchte Gegenstand über eine gemäß Merkmal 1.2.1.2 am [X.] angeordnete Mitnehmereinrichtung. Mit dieser wird – im Zusammenspiel mit der Ausstell- und Verschiebemechanik, wie vorstehend zur Merkmalsgruppe 1.2.2 dargelegt –, ohne nähere strukturelle Konkretisierungen zu nennen, zumindest das Überführen des [X.]s in die Rastausnehmung in der Führungsschiene zum Ende der Verschiebebewegung des Deckels bewirkt mit der mit Merkmal 1.2 geforderten Folge der Verriegelung des Deckels (oder eines mit dem Deckel verbundenen Bauteils) mit der Führungsschiene. Für das Ausführungsbeispiel ist zur Verschwenkung des [X.]s 24 und damit für das Einführen des [X.]s in die Rastausnehmung 14f am freien Ende des [X.]s 24 ein im Wesentlichen zur Schwenkachse des [X.]s 24 im Anlenkpunkt 26 paralleler [X.] 30 vorgesehen, welcher mit einer an dem dem [X.] 30 zugewandten Ende eines der Ausstell- und Verschiebemechanik zuzuordnenden [X.]s 16 ausgebildeten [X.] 32 zusammenwirkt (vgl. Abs. [0027] der [X.]).

2. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1

Der Druckschrift [X.] entnimmt der zuständige Fachmann ein gattungsgemäßes öffnungsfähiges Fahrzeugdach 1 (Merkmal 1.0, vgl. Titel) mit wenigstens einem Deckel 4 (Merkmal 1.1: vgl. Abs. [0010]), welcher im Bereich seiner Vorderkante in einer Führungsschiene 5 in x-Richtung (Fahrzeuglängsrichtung) verschiebbar und um eine in y-Richtung (die zur Fahrzeuglängsrichtung orthogonale [X.]) liegende Schwenkachse bei [X.]. 15 schwenkbar gelagert ist (Merkmale 1.1.1, 1.1.2, vgl. Abs. [0015]: „…sliding shoes 15…which are formed such that they are not only capable of sliding movement but also allow rotation about a transverse axis…“). Der Deckel ist dort entsprechend der Merkmalsgruppe 1.1.3 mittels einer Ausstell- und Verschiebemechanik (u.a. ein Deckelträger 11 mit einer Führungsbahn 10, einem [X.] 6 mit einem an ihm angebrachten Führungselemente 9 und 22 umfassenden Arm 7 sowie einem [X.] 21 mit einer Führungsbahn 23) wahlweise in eine die Dachöffnung 2 verschließende Schließstellung (vgl. [X.]. 2) oder durch Ausstellen seiner Hinterkante in eine Lüftungsstellung verstellbar (vgl. [X.]. 1), und zudem durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene 5 in eine die Dachöffnung zumindest teilweise freigebende Öffnungsstellung bewegbar (vgl. [X.]. 4). Ferner weist das Fahrzeugdach ein als Sperrnocken ausgebildetes [X.] 25 mit der Funktion entsprechend Merkmal 1.2 und in einer Anordnung entsprechend Merkmal 1.2.1 auf, das den Deckel 4 oder ein mit diesem verbundenes Bauteil, hier Deckelträger 11, in der Schließstellung oder der Lüftungsstellung gegenüber der Führungsschiene 5 verriegelt, dort angeordnet an einem [X.] 26 (vgl. [X.]ur 1), der entsprechend Merkmal 1.2.1.1 im Wesentlichen in einer [X.] ([X.]) mittels eines horizontalen Querzapfens (vgl. Abs. [0019]) bei [X.]. 27 (vgl. beispielhaft [X.]. 3) schwenkbar an einem mit dem Deckel 4 (mittelbar) verbundenen Bauteil, dem [X.] 21, angeordnet ist. Hierbei ist das [X.] 25 durch die Ausstell- und Verschiebemechanik i.S. der Merkmalsangabe 1.2.2 so steuerbar, dass es gemäß Merkmal 1.2.2.1 während der Verschiebebewegung des Deckels 4 längs der Führungsschiene 5 verschiebbar und gemäß Merkmal 1.2.2.2 während der Verschwenkbewegung des Deckels 2 gegenüber der Führungsschiene 5 in einer Rastausnehmung 28 verrastet ist (vgl. insbesondere die nachfolgend eingeblendete [X.], die die vorstehend genannten [X.]. 1 bis 4 beinhaltet).

Abbildung

[X.]: [X.]. 1-4 der Druckschrift [X.]

Die Forderung des kennzeichnenden Merkmals 1.2.1.2 erfüllt das mit der Druckschrift [X.] bekannt gewordene öffnungsfähige Fahrzeugdach ebenfalls, denn, wie vorstehend ausgeführt, sind weder bestimmte körperliche Besonderheiten der Mitnehmereinrichtung ausdrücklich benannt noch folgt aus den [X.] zwingend genau der für das Ausführungsbeispiel gezeigte Aufbau, weshalb auch in Verbindung mit den übrigen Merkmalen keine Abgrenzung der Mitnehmereinrichtung mit den im Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen gegenüber derjenigen der Druckschrift [X.] feststellbar ist. Das mit [X.] eingeblendete Ausführungsbeispiel des Streitpatents, das zwar einen [X.] 30 am [X.] 24 als Teil einer Mitnehmereinrichtung offenbart, der mit einer [X.] 32 im [X.] 16 zur Arretierung interagiert, kann hier offensichtlich nicht beschränkend wirken ([X.] a.a.O. – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Insoweit erkennt der zuständige Fachmann unter Zugrundelegung des Sinngehalts des geltenden Anspruchs gemäß vorstehender Auslegung zwanglos in dem am [X.] 26 des [X.] 24 angeordneten, konturiert geformten Schlitz 31 eine Mitnehmereinrichtung 31, wobei dieser mit einem Nocken 30 des [X.]s 6 der Ausstell- und Verschiebemechanik derart interagiert, dass das [X.] 25 in der vordersten [X.]ition des [X.]s 21 (und des Deckels 4) – dies entspricht dem Ende der Verschiebebewegung des Deckels aus einer Öffnungsstellung in Richtung seiner Schließstellung – in Eingriff mit einer Rastausnehmung 28 in der Führungsschiene 5 gebracht wird (vgl. Abs. [0019]: „… In the frontmost position of link slide 21 (and of panel 4), [X.] … of guide rail 5…”), wie mit dem weiteren noch verbliebenen kennzeichnenden Merkmal 1.2.3 gefordert.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in der Gesamtheit der aufgeführten Merkmale daher vollständig aus der Druckschrift [X.] vorbekannt.

III. Zu den Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2

Die unstrittig ursprünglich offenbarten Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den [X.] 1 und 2 erweisen sich ebenfalls als nicht patentfähig, da ihre Lehren gegenüber der Offenbarung der Druckschrift [X.] nicht neu sind.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2. Nachdem letzterer – wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 2 zeigen – nicht neu ist, fehlt auch dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 die Neuheit.

1. Zur Auslegung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst, wie eingangs bereits dargelegt, alle Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und wird zudem durch das Merkmal 1.2.3.1 und durch das Merkmal 1.3 beschränkt.

Zum einen wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mit Merkmal 1.2.3.1 durch die Aufnahme des kennzeichnenden Merkmals des Anspruchs 8 in der Fassung des Streitpatents dahingehend beschränkt, dass die Rastausnehmung an ihrer Vorderkante ein an die Bewegung des [X.]es beim Eintreten des [X.]es in die Rastausnehmung bzw. beim Austreten aus der Rastausnehmung angepasstes Profil hat. Welche konstruktiven Besonderheiten dieses „angepasste“ Profil im Speziellen zur Realisierung dieser für die Funktion der Mechanik bereits zwingend zu unterstellenden Kinematik haben soll, lässt das Streitpatent vollständig offen und überlässt dies insoweit der Gestaltungsfreiheit des zuständigen Fachmanns.

Zum anderen wird mit Merkmal 1.3 der Aufbau des öffnungsfähigen [X.] durch die Aufnahme der kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 10 in der Fassung des Streitpatents dahingehend beschränkt, dass eine einen Deckelträger mit einem [X.] koppelnde [X.] gefordert wird, die wenigstens einen an einer Seitenfläche des Deckelträgers abstehenden [X.] und einen am [X.] ausgebildeten, den [X.] umgreifenden [X.] umfasst. Damit sind Forderungen zur Ausgestaltung der in Patentanspruch 1 der erteilten Fassung vollständig unbestimmt gehaltenen Ausstell- und Verschiebemechanik definiert. Der gemäß Ausführungsbeispiel (vgl. nachfolgend eingeblendete Abb. 3) mit dem Deckel beispielhaft an dessen Unterseite über Bohrungen 7 und in diese eingreifende Befestigungsmittel befestigte Deckelträger 6 (vgl. Abs. [0023] der [X.]) weist wenigstens einen an einer seiner Seitenflächen abstehenden [X.] 18, 18a, 18b auf, der von einem am [X.] 16, dessen Aufbau indes nicht näher spezifiziert ist, (unmittelbar oder mittelbar) ausgebildeten [X.] 20 umgriffen wird.

Abbildung

Abb. 3: [X.]. 2 der [X.]

Auch wenn die Beklagte der Formulierung des [X.]s des Merkmals 1.3 eine unmittelbare, gleichsam direkte Ausbildung des [X.]s an einem [X.] mit Verweis auf die Abs. [0018] und [0024] der [X.] zuschreiben möchte, übersieht sie jedoch dabei, dass sich der letztgenannte Absatz, in dem ausgeführt ist, dass der [X.] in einem oberen Bereich des [X.]s ausgebildet ist, auf das Ausführungsbeispiel bezieht. Eine solche von ihr gewünschte Deutung kann somit keineswegs der [X.] unterstellt werden. Indes wird eine breitere Auslegung dem Fachmann tatsächlich, entgegen der Auffassung der Beklagten, in Abs. [0018] der [X.] offenbar. Der dort von der Beklagten referenzierte Satz, dem ein „[X.] des [X.]s“ zu entnehmen ist, mit der Implikation eines unmittelbar am [X.] ausgebildeten und insoweit mit diesem starr verbundenen [X.]s, bezieht sich nicht auf den Anspruch 10 (dem das Merkmal 1.3 entnommen ist), sondern auf Anspruch 11, dessen Merkmale weitergehende Konkretisierungen des Anspruchs 10, wie die implizit mitgelesene starre Ausbildung des [X.]s am [X.], enthalten und insofern den von der Beklagten gewünschten enger gefassten Sinngehalt widerlegt. Das Merkmal definiert insoweit lediglich einen [X.], der am [X.] ausgebildet ist, mithin eine grobe räumliche Zuordnung des den [X.] umgreifenden [X.]s zum nicht näher spezifizierten [X.], überdies weitergehende strukturelle Besonderheiten (starr, gelenkig, verschiebbar etc.) offenlassend.

Auch der Einwand der Beklagten, vorgetragen in der Verhandlung vor dem erkennenden Senat, wonach eine Dudendefinition zur Deutung des Sinngehalts der vorgenommenen Formulierung relevant sei, geht fehl, denn die Patentschriften selbst – und gerade keine externen Quellen – stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen (technischen) Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgebend ([X.] GRUR 1999, 909 – Spannschraube).

Hinsichtlich des gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unveränderten Sinngehalts der Merkmale 1.0 bis 1.2.3 wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter Ziffer II.1 verwiesen.

2. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2

Wie bereits bei der Beurteilung der Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, sind die Merkmale 1.0 bis 1.2.3 bereits durch die Druckschrift [X.] als bekannt nachgewiesen; auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer II.2 wird vollumfänglich verwiesen.

Darüber hinaus erkennt der Fachmann aus den [X.]uren 1 bis 4 der Druckschrift [X.] (vgl. die vorstehend eingeblendete [X.]) nicht nur deutlich die Rastausnehmung 28 mit einem an ihrer Vorderkante auf die Kinematik abgestimmten Profil, vielmehr unterstellt der Fachmann der Rastausnehmung auch dort eine unmittelbar funktionsgerechte Gestalt. Dem Abs. [0019] lässt sich darüber hinaus, wie vorstehend bereits ausgeführt, die Schwenkbewegung des [X.]s 24 und die Verrastung des [X.]es 25 mit der Rastausnehmung 28 der Führungsschiene 5 entnehmen, wobei dieser dort beschriebene Erfolg auch nur mit einem darauf abgestimmten Profil der Rastausnehmung 28 erzielt werden kann, eine daraufhin angepasste Vorderkante, wie mit Merkmal 1.2.3.1 gefordert, insoweit einschließend.

Mit Blick auf die [X.]. 7 der Druckschrift [X.] (vgl. die nachfolgend eingeblendete Abb. 4) i.V.m. [X.]. 1-4 (vgl. [X.]) wird deutlich, dass eine einen Deckelträger 11 mit einem [X.] 6 koppelnde [X.] wenigstens einen an einer Seitenfläche des Deckelträgers 11 abstehenden [X.] und einen am [X.] 6 ausgebildeten, den [X.] umgreifenden [X.] 9, der Teil eines am [X.] 6 um den Drehzapfen 8 gelenkig gelagerten [X.] ist, umfasst (vgl. zusätzlich Abs. [0013).

Abbildung

Abb. 4: [X.]. 7 der Druckschrift [X.]

Die Druckschrift [X.] erfüllt daher im Lichte der gebotenen Auslegung neben den Forderungen der Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und des Merkmals 1.2.3.1 auch noch diejenigen des Merkmals 1.3, so dass die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 in ihrer Gesamtheit durch den in der Druckschrift [X.] beschriebenen und gezeigten Aufbau vorweggenommen sind.

IV. Zur Fassung nach Hilfsantrag 2a

Demgegenüber erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2a gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als schutzfähig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der mit Schriftsatz der Beklagten vom 25. August 2021 eingereichte geänderte Hilfsantrag 2a nicht bereits als verspätet zurückzuweisen.

Voraussetzung für die Zurückweisung eines verspäteten Vorbringens nach § 83 Abs. 4 [X.] ist, dass das Vorbringen unter Versäumung der nach § 83 Abs. 2 [X.] gesetzten Frist erfolgt, die betroffene [X.] die Verspätung nicht genügend entschuldigt und die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung erfordert hätte. Insbesondere ist hierfür stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind. Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Erfordernisse für eine Zurückweisung nicht vor (vgl. u.a. B[X.], Urt. v. 15.11.2011 – 3 Ni 27/10, juris, Rdn. 33).

So liegt der Fall hier. Auf Anspruch 1 des mit Schreiben der Beklagten vom 16. Juli 2021 angekündigten [X.], dessen Besonderheiten durch Unterstreichung und Fettdruck der relevanten Merkmale gegenüber Anspruch 1 des [X.] in diesem Schreiben bereits herausgestellt worden sind, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. August 2021 inhaltlich reagiert. Hinsichtlich der übrigen Ansprüche des [X.] bestehen seitens des Senats keine Zweifel, dass die Klägerin dem beklagtenseitigen Schreiben bei verständigem Lesen ohne Weiteres entnehmen konnte, dass diese denjenigen des [X.] entsprechen sollten. Insoweit konnte der nachträglich mit Schriftsatz vom 25. August 2021 eingereichte vollständige Anspruchssatz des [X.], ohne Weiteres, auch in die mündliche Verhandlung miteinbezogen werden. Trotz [X.] hat die Klägerin bezüglich dieses Hilfsantrages u.a. zu der auch insoweit geltend gemachten fehlenden Patentfähigkeit ausdrücklich vorgetragen.

1. Zur Auslegung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2a

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a umfasst, wie eingangs bereits dargelegt, alle Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und wird zudem durch das Merkmal 1.2.3.1 und durch das Merkmal 1.3 beschränkt.

Merkmal 1.3 definiert identisch zu Merkmal 1.3 des [X.] den an der Seitenfläche des Deckelträgers abstehenden [X.] als ein Teil der [X.] (vgl. Ausführungen unter Ziffer [X.]). Als zweiter Teil der [X.] ist nunmehr ein unmittelbar am [X.] 16 [X.]er, den [X.] umgreifender [X.] vorgesehen. Der [X.] ist – im Gegensatz zur Ausführung nach Hilfsantrag 2 – unmittelbar im Sinne von starr am weiterhin nicht näher definierten [X.] [X.]. Die [X.]. 2 (vgl. Abb. 3) und 4 der [X.] zeigen hinsichtlich des Ausführungsbeispiels einen [X.] 20, der am [X.] 6 unmittelbar [X.] ist, im Sinne einer starren unmittelbaren Verbindung oder Anbringung, wodurch eine Besonderheit der Verstellkinematik hinsichtlich des [X.]s herausgestellt ist.

Hinsichtlich des gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unveränderten Sinngehalts der Merkmale 1.0 bis 1.2.3 sowie des Merkmals 1.2.3.1 wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter den Ziffern II.1 und [X.] verwiesen.

2. Zur Zulässigkeit der Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2a

Unter Zugrundelegung vorstehender Auslegung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] – mit dem zur Erfindung gehörigen, die Kinematik bestimmenden Merkmal 1.3 – in den ursprünglichen Unterlagen offenbart und die Fassung des Anspruchs für eine hilfsweise Verteidigung insoweit zulässig. Soweit die Klägerin auf Basis einer anderen Auslegung geltend macht, der Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus, erweist sich der daraus resultierende Einwand, dass nicht alle für das Ausführungsbeispiel im Hinblick auf das ergänzte Merkmal 1.3 offenbarten Merkmale im geltenden Anspruch mit aufgeführt sind, als nicht durchgreifend.

Denn eine zwingend einstückige Anformung des [X.]s am [X.], wie von der Klägerin in der Verhandlung vorgetragen, ist nach Überzeugung des Senats nicht unter der beanspruchten Anformung zu verstehen.

Auch wenn, wie die Klägerin zu Recht vorgetragen hat, den [X.]. 2 und 4 des Streitpatents möglicherweise aus Seitenplatten geformte und von daher vom Schlitten zu unterscheidende [X.]e zu entnehmen sein könnten, dürfte dies lediglich einen Einfluss auf das entsprechende Fertigungsverfahren für die Baueinheit [X.]/[X.] haben können, das aber nicht Gegenstand des Anspruchs ist. Auf das beanspruchte Erzeugnis hat dieser Einwand indes keinen Einfluss. Den [X.]. 2 und 4 des Streitpatents lässt sich für den beanspruchten Gegenstand unmittelbar und eindeutig, wie vorstehend festgestellt, eine starre, nicht relativ zueinander bewegbare Ausgestaltung der fertiggestellten Baueinheit entnehmen, die insoweit einen unmittelbar am [X.] [X.]en [X.] gemäß der Forderung des Merkmals 1.3 aufweist.

3. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2a

Der nunmehr beanspruchte [X.] erweist sich mit dem gegenüber dem Merkmal 1.3des [X.] modifizierten Merkmal 1.3 als neu und erfinderisch.

3.1 So lehrt die nachveröffentlichte Druckschrift [X.] zwar ein öffnungsfähiges Fahrzeugdach 1, mit wenigstens einem einer Dachöffnung 3 des [X.] 1 zugeordneten Deckel 2 (vgl. [X.]. 9), welcher im Bereich seiner Vorderkante, jeweils zu beiden Seiten des Deckels 2 über einen Deckelträger 6 und einem balligen Gleitelement 7 in einer Führungsschiene 20 in x-Richtung, in Fahrzeuglängsrichtung, verschiebbar und um eine in y-Richtung, in [X.], liegende Schwenkachse 19 schwenkbar gelagert ist (vgl. [X.]. 1, 2 und 5), insoweit entsprechend den Merkmalen 1.0 bis 1.1.2.

Mittels einer Ausstell- und Verschiebemechanik – darunter subsummiert der Fachmann zumindest den vorstehend genannten Deckelträger 6 mit einer [X.] und einen in der Führungsschiene 20 translatorisch in x-Richtung verfahrbaren [X.] 16 mit einem mit der [X.] des [X.] 6 interagierenden [X.] 15 – kann der Deckel 2 die [X.] wahlweise verschließen (Schließstellung; vgl. [X.]. 1) oder er gibt durch Ausstellen seiner Hinterkante ([X.]; vgl. [X.]. 2) oder durch eine Verschiebung längs der Führungsschiene 20 (Öffnungsstellung, vgl. [X.]. 5) diese zumindest teilweise frei. Mithin ist die Ausstell- und Verschiebemechanik der in der Druckschrift [X.] gezeigten Ausführungsform entsprechend der Merkmalsgruppe 1.1.3 beschaffen.

Das öffnungsfähige Fahrzeugdach weist ferner ein an einem [X.] 21 angeordnetes [X.] 23 auf, wobei der [X.] 21 mit dem Deckelträger 6 in der Art und Weise verbunden ist, dass er im Wesentlichen an diesem in einer [X.] um eine Schwenkachse 22 schwenkbar angeordnet ist. In der Schließstellung oder der [X.] kann das [X.] 23 den Deckel 2 gegenüber der Führungsschiene 20 verriegeln, womit die Forderungen der Merkmale 1.2 bis 1.2.1.1 erfüllt sind.

Das [X.] 23 ist durch die Ausstell- und Verschiebemechanik über eine Mitnehmereinrichtung, wiederum den [X.] 15 des [X.]s 16 und einen Kulissenschlitz 26 am [X.] 21 aufweisend, so steuerbar, dass es während der Verschwenkbewegung des Deckels 2 gegenüber der Führungsschiene 20 in einer ein im Lichte vorstehender Auslegung (vgl. Ziffer [X.]) angepasstes Profil aufweisenden Rastausnehmung 24 verrastet und während der Verschiebebewegung des Deckels 2 längs der Führungsschiene 20 verschiebbar ist. Bei diesem in der Druckschrift [X.] gezeigten öffnungsfähigen Fahrzeugdach kann dahinstehen, ob das Federelement 28, welches lediglich für das eine spezielle Ausführungsbeispiel gemäß [X.]. 3 offenbart bzw. in Anspruch 2 insoweit auch nur optional beansprucht ist, zwingend für den beanspruchten Erfolg der Ineingriffbringung des [X.]s in die Rastausnehmung der Führungsschiene erforderlich ist, denn, wie nachfolgend ausgeführt, geht jedenfalls das Merkmal 1.3 aus der der Druckschrift [X.] nicht unmittelbar und eindeutig hervor.

So weist die dortige Ausstell- und Verschiebemechanik keine [X.] mit einem an der Seitenfläche des [X.] abstehenden [X.] und einen unmittelbar am [X.] [X.]en, den [X.] umgreifenden [X.] auf, sondern eine in dem Deckelträger 6 ausgebildete [X.], in die der [X.] 15 des [X.]s 16 greift. Diese Bauelemente haben in der der gezeigten Anordnung und Gestaltung zwar eine vergleichbare Funktion, ohne jedoch hierdurch die Ausbildung gemäß Merkmal 1.3 vorwegzunehmen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung hierzu erstmals vorgetragen, das Merkmal 1.3 beinhalte lediglich eine kinematische Umkehr der in der Druckschrift [X.] vorgeschlagenen Lösung, die der Fachmann aufgrund der dort teilweise allgemein gehaltenen Formulierungen, mit Verweis auf die Ansprüche 1 und 4, unmittelbar und eindeutig mitlesen würde. Dieser Einwand kann aber nicht durchgreifen, denn das Abweichen von dem verwendeten Konstruktionsprinzip und seine Umkehr bedeutet nämlich eine vollständige Neukonstruktion, die ein Zutun des Fachmanns über den [X.] der Druckschrift [X.] hinaus erforderlich macht und von diesem nicht einfach als mitgelesen unterstellt werden kann. So bedarf es in diesem Fall beispielsweise einer grundsätzlich anderen Mitnehmereinrichtung, da der [X.] 15 (dieser entfiele bei der kinematischen Umkehr der wesentlichen, die Bahnkurve des Deckels erzeugenden Bauteile der Ausstell- und Verschiebemechanik, da er durch den [X.] zu substituieren wäre) nicht nur dem Ausstellen und Verschieben des Deckels dient, sondern zusätzlich, wie vorstehend beschrieben, auch Teil der Mitnehmereinrichtung des [X.]s ist, deren dann anzupassende Ausgestaltung aber offensichtlich nicht unmittelbar und eindeutig mitgelesen werden kann.

Das öffnungsfähige Fahrzeugdach nach Anspruch 1 des [X.] ist somit neu gegenüber dem aus der Druckschrift [X.] bekannten Aufbau.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist der Inhalt dieser nachveröffentlichten Druckschrift mit älterem Zeitrang nicht zu berücksichtigen.

3.2 Wie bereits bei der Beurteilung der Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, sind sämtliche Merkmale dieses Anspruchs bereits durch die Druckschrift [X.] als bekannt nachgewiesen, ebenso das mit dem Anspruch 1 in der Fassung des [X.] hinzugekommene Merkmal 1.2.3.1; auf die entsprechenden Ausführungen unter den Ziffern II.2 und [X.] wird vollumfänglich verwiesen.

Auch wenn die Druckschrift [X.] eine [X.] lehrt, bei dem ein Teil als ein an einer Seitenfläche des Deckelträgers abstehender [X.] ausgeführt ist, und insoweit ein [X.] des Merkmals 1.3 erfüllt ist, fehlt es dem dort offenbarten Fahrzeugdach aber an dem zweiten [X.], einem unmittelbar am [X.] [X.]en, den [X.] umgreifenden [X.]. Denn dieser dort beschriebene [X.] 9 ist Teil des [X.], der drehbeweglich um den Drehzapfen 8 am [X.] 6 gelagert ist (vgl. Ausführungen unter Ziffer [X.]) und insoweit durch seine lediglich mittelbare Verbindung zum [X.] 6 von letzterem zu unterscheiden ist.

Dass der zuständige Fachmann den [X.] unmittelbar und starr am [X.] vorsieht, liegt jedoch ausgehend von der durch die Druckschrift [X.] vermittelten Lehre nicht nahe. Der im Verfahren berücksichtigte Stand der Technik bietet hierfür weder ein Vorbild noch handelt es sich um eine einfache konstruktive Abwandlung eines bekannten Aufbaus.

Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.] GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

Die Druckschrift [X.] gibt ihm jedoch weder eine Anregung noch einen Hinweis für einen den Merkmalen entsprechenden Aufbau, zumal hierfür eine Umkonstruktion zur Erfüllung der fehlenden Forderung erforderlich wäre. Nach Überzeugung des Senates hält diese dort vermittelte Lehre den Fachmann vielmehr davon ab, konstruktive Abwandlungen im Sinne des geltenden Anspruchs in Erwägung zu ziehen. Denn ein am lediglich linear beweglichen [X.] 6 unmittelbar starr [X.]er [X.], bedingte in seiner Folge entweder den Wegfall des Schlittens 21 oder eine Änderung der Kontur des [X.]es 23 des Schlittens 21 hin zu einer zur linearen Bewegungsbahn des [X.]s 6 parallel verlaufenden Kontur. Im ersten Fall müsste er zusätzlich auch noch weitreichende Umkonstruktionen vornehmen, da ihm durch den Wegfall des Schlittens 21 die Lagerstelle 27 für sein [X.] und Kupplungselement 24 fehlen würde, und insoweit die Verrastung des verschwenk- und verschiebbaren Deckels ungeklärt wäre. In beiden Fällen würde zum Mindesten eine gänzlich geänderte Bahnkurve des Deckels entstehen, sodass der Fachmann auch hier weitere aufwendige Umkonstruktionen vornehmen müsste, um den im Rahmen bei der Entwicklung öffnungsfähiger Fahrzeugdächer zu beachtenden kinematischen Randbedingungen berücksichtigenden, funktionierenden Bewegungsablauf des Gesamtsystems zumindest im Wesentlichen beibehalten zu können. Gänzlich andere Bahnkurven des Deckels würde er nach Überzeugung des Senates nicht anstreben, da er dabei die ihn in seiner Auslegung limitierenden kinematischen Randbedingungen für das Gesamtsystem erneut miteinbeziehen müsste; er insoweit vor einer Neuentwicklung ohne Vorbild im bekannten Stand der Technik stünde.

3.3 Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften hat die Klägerin weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2a aufgegriffen. Deren Gegenstände liegen auch nach Sicht des Senats vom Streitgegenstand noch weiter ab als der zuvor berücksichtigte Stand der Technik. Sie können daher ebenfalls keine Anregungen zum Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2a geben.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2a ist daher patentfähig.

Die weiteren angegriffenen Ansprüche des Patents, die Ausgestaltungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 betreffen, werden aufgrund ihres Rückbezuges vom beständigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu einer weiteren Feststellung bedarf.

V. Zu den Fassungen nach den Hilfsanträgen 2b, 2c und 3 bis 5

Auf die weiteren Hilfsanträge 2b, 2c und 3 bis 5 kam es insoweit nicht an.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO (vgl. [X.], ZPO, 33. Aufl., §92 Rn. 3). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand gegenüber dem Gesamtumfang des [X.] insgesamt einen geringeren Anteil ausmacht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

1 Ni 21/19 (EP)

22.09.2021

Bundespatentgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG, Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk, Art 54 EuPatÜbk, Art 56 EuPatÜbk

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 22.09.2021, Az. 1 Ni 21/19 (EP) (REWIS RS 2021, 2466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2466

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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