Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2020, Az. XII ZB 537/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 705

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verfahrenskostenhilfe: Bayerisches Familiengeld als einzusetzendes Einkommen


Leitsatz

Das Bayerische Familiengeld unterfällt als vergleichbare Landesleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 BEEG dieser Regelung und bleibt deshalb als einzusetzendes Einkommen im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt, soweit es zusammen mit den weiteren in dieser Vorschrift genannten Leistungen monatlich 300 € nicht übersteigt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 12. November 2019 aufgehoben, soweit die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] vom 23. Juli 2019 zurückgewiesen worden ist.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der vorgenannte Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] dahin abgeändert, dass die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung erfolgt.

Gerichtskosten werden für die Rechtsmittelverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin begehrt für ein Verfahren, das auf Zahlung von Trennungsunterhalt sowie Unterhalt für ihre vier in ihrem Haushalt lebenden, 2012, 2014 und (Zwillinge) im Mai 2017 geborenen Kinder gerichtet ist, ratenfreie Verfahrenskostenhilfe.

2

Das Amtsgericht hat ihr Verfahrenskostenhilfe unter Anordnung der Zahlung von Monatsraten in Höhe von 103 € bewilligt. Dabei hat es neben dem der Antragstellerin gezahlten Kindergeld auch das ihr für die Zwillinge insgesamt monatlich gewährte [X.] Familiengeld von 600 € als Einkünfte berücksichtigt. Nach Abzug des Freibetrags für die Antragstellerin, eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende und der um die Eigeneinnahmen reduzierten Kinderfreibeträge ist es zu einem einzusetzenden Einkommen von 207,48 € und auf dieser Grundlage zur Ratenhöhe gelangt.

3

Auf die gegen die [X.] gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] die Ratenhöhe auf 85 € reduziert. Es hat als weiteres Einkommen die der Antragstellerin zwischenzeitlich bewilligte Hilfe zum Lebensunterhalt einbezogen, die Freibeträge leicht reduziert angesetzt, das [X.] Familiengeld aber nur in Höhe von monatlich 300 € als Einkommen behandelt. Daraus hat es ein einzusetzendes Einkommen von monatlich 171,52 € und die genannte Rate errechnet.

4

Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Antragstellerin den Wegfall der [X.] erreichen.

B.

5

Die gemäß § 113 Abs. 1 FamFG iVm §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

I.

6

Das [X.] hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

7

Zum gemäß § 76 Abs. 1 FamFG, § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu bestimmenden Einkommen gehörten grundsätzlich auch Einkünfte aus zweckgerichteten öffentlich-rechtlichen Zuwendungen und damit auch diejenigen auf der Grundlage des [X.]n Familiengeldgesetzes. Die Zweckbestimmung des [X.] stehe einer Einstufung als Einkommen bei der nicht existenzsichernden Sozialleistung der Verfahrenskostenhilfe nicht generell entgegen. Eine Einschränkung der Anrechenbarkeit ergebe sich jedoch aus § 10 Abs. 1 [X.], weil die Verfahrenskostenhilfe eine Sozialleistung im Sinne dieser Bestimmung sei. Das Familiengeld sei dem [X.] zwar nicht gleichzusetzen, weil es keine Lohnersatzfunktion habe. Bis zu seinem Mindestbetrag von 300 € sei das [X.] jedoch eine Zusatzleistung und nur darüber hinausgehend eine Entgeltersatzleistung. Mit dieser Funktion sei das Familiengeld vergleichbar. Folglich sei ein Sockelbetrag von 300 € des [X.] bei der Einkommensberechnung gemäß § 115 ZPO anrechnungsfrei.

II.

8

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

9

Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.] angenommen, dass zu dem nach § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO (dessen entsprechende Anwendung hier aus § 113 Abs. 1 FamFG, nicht aus § 76 FamFG folgt) für die Deckung der Verfahrenskosten einzusetzenden Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert gehören. Damit sind grundsätzlich auch Einkünfte, die aus zweckgerichteten öffentlich-rechtlichen Zuwendungen stammen, Einkommen im verfahrenskostenhilferechtlichen Sinne ([X.]/Wache 5. Aufl. § 115 Rn. 16; vgl. auch Senatsbeschluss vom 5. Mai 2010 - [X.]/10 - FamRZ 2010, 1324 Rn. 14; BT-Drucks. 17/11472 S. 30). Das von der Antragstellerin für die Zwillinge bezogene [X.] Familiengeld ist jedoch aufgrund spezialgesetzlicher Regelung insgesamt kein nach § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO einzusetzendes Einkommen.

1. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des [X.]n Familiengeldgesetzes vom 24. Juli 2018 (GVBl. S. 613; [X.]) hat Anspruch auf Familiengeld, wer seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im [X.] hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt und dieses Kind selbst erzieht und für eine förderliche frühkindliche Betreuung des Kindes sorgt. Die Leistung wird allen Familien gewährt, unabhängig vom Einkommen oder einer Erwerbstätigkeit und daher auch unbeschadet dessen, ob das Kind eine Krippe besucht oder in der Familie betreut wird (vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 119a). Das [X.] Familiengeld ersetzt sowohl das [X.] Landeserziehungsgeld als auch das [X.] Betreuungsgeld (vgl. zur Übergangsregelung Art. 9 a [X.]). Es beträgt nach Art. 3 Abs. 1 [X.] für das erste und zweite Kind des Berechtigten jeweils 250 € pro Monat, für das dritte und jedes weitere Kind des Berechtigten jeweils 300 € pro Monat, und kann gemäß Art. 3 Abs. 3 [X.] in der [X.] vom ersten Tag des 13. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden.

Zur Zweckbestimmung des [X.]n [X.] führt Art. 1 [X.] aus, dass Eltern in Weiterentwicklung des [X.]n Landeserziehungsgelds eine vom gewählten Lebensmodell der Familie unabhängige, gesonderte Anerkennung ihrer Erziehungsleistung und zugleich den nötigen Gestaltungsspielraum erhalten sollen, frühe Erziehung und Bildung der Kinder einschließlich gesundheitsförderlicher Maßnahmen in der jeweils von ihnen gewählten Form zu ermöglichen, zu fördern und insbesondere auch entsprechend qualitativ zu gestalten. Es diene damit nicht der Existenzsicherung und solle auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.

2. Es bedarf keiner Entscheidung der - vom [X.] verneinten - Frage, ob es sich bei der Verfahrenskostenhilfe um eine existenzsichernde Sozialleistung im Sinne von Art. 1 Satz 4 [X.] handelt, auf die nach dem Willen des [X.] Gesetzgebers eine Anrechnung nicht stattfinden soll, sowie der Frage, ob der [X.] Gesetzgeber insoweit über die Gesetzgebungskompetenz verfügt (vgl. [X.]/Dose/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 39). Denn wie das [X.] im Grundsatz zutreffend angenommen hat, ist das [X.] Familiengeld im vorliegenden Fall gemäß § 10 Abs. 1 [X.] nicht als verfahrenskostenhilferechtliches Einkommen zu berücksichtigen.

a) Nach § 10 Abs. 1 des am 1. Januar 2007 in [X.] getretenen Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit ([X.]- und [X.] - [X.]; [X.] I 2006 S. 2748, neugefasst durch Bekanntmachung vom 27. Januar 2015, [X.] I S. 33) in seiner aktuellen Fassung bleiben unter anderem das Elterngeld, das Betreuungsgeld und jeweils vergleichbare Leistungen der Länder bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 € im Monat als Einkommen unberücksichtigt.

Zu den § 10 Abs. 1 [X.] unterfallenden einkommensabhängigen Sozialleistungen, auf die eine Anrechnung unterbleibt, gehört nach allgemeiner Meinung auch die von den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Berechtigten abhängige Verfahrenskostenhilfe (vgl. etwa OLG Frankfurt Beschluss vom 27. Juli 2018 - 4 [X.]/18 - juris Rn. 4; [X.] Beschluss vom 30. Juni 2016 - 7 Ta 75/16 - juris Rn. 23; [X.] Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 5 C 10.2551 - juris Rn. 3; [X.] ZPO/[X.] [Stand: 1. März 2020] § 115 Rn. 18; [X.]/[X.] und [X.] 8. Aufl. § 10 [X.] Rn. 24 mwN; [X.]/[X.]/Waltermann/von [X.] Kommentar zum Sozialrecht 6. Aufl. § 10 [X.] Rn. 2; [X.]/Wache 5. Aufl. § 115 Rn. 18; Musielak/Voit/Fischer ZPO 17. Aufl. § 115 Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 41. Aufl. § 115 Rn. 2, 3; [X.]/[X.] ZPO 33. Aufl. § 115 Rn. 21).

b) Das [X.] Familiengeld ist eine der von § 10 Abs. 1 [X.] erfassten vergleichbaren Leistungen der Länder.

aa) Die Formulierung „vergleichbare Leistungen der Länder“ hat der Gesetzgeber aus der Regelung des § 8 BErzGG - deren Fortgeltung § 27 Abs. 2 [X.] für bestimmte Fallkonstellationen anordnet - übernommen, nach der das im dritten Lebensjahr gezahlte Landeserziehungsgeld ebenso wie das Bundeserziehungsgeld als Einkommen bei einkommensabhängigen Sozialleistungen unberücksichtigt blieb (vgl. Rancke/[X.]. § 10 [X.] Rn. 2). Auch unter Geltung des [X.]- und [X.]es sollten solche Leistungen der Länder den Eltern im Grundsatz in gleicher Weise wie das Elterngeld verbleiben, die mit gleicher Zielrichtung wie das Elterngeld gewährt werden und dieses gerade in zeitlicher Hinsicht ergänzen. Mit dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom 15. Februar 2013 (Betreuungsgeldgesetz; [X.] [X.]) ist das Betreuungsgeld mit Wirkung zum 1. August 2013 in §§ 4 a ff. [X.] geregelt und in § 10 Abs. 1 [X.] aufgenommen worden. Es wird seitdem von der durch diese Vorschrift bestimmten Anrechnungsfreiheit erfasst und ist als Leistung benannt, zu der eine Vergleichbarkeit einer Landesleistung bestehen kann.

bb) Dafür, dass das [X.] Familiengeld - wie es das [X.] angenommen hat - mit dem Elterngeld in der von § 10 Abs. 1 [X.] geforderten Weise vergleichbar ist, lassen sich ebenso Gesichtspunkte anführen wie gegen eine Vergleichbarkeit.

Anders als beim [X.]n Familiengeld scheidet der Anspruch auf Elterngeld nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] - von den Ausnahmen des § 1 Abs. 6 [X.] abgesehen - bei voller Erwerbstätigkeit der Eltern nach der Geburt des Kindes aus. Im Unterschied zum [X.]n Familiengeld wird das Elterngeld zudem gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 [X.] als Entgeltersatzleistung abhängig vom vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommen gewährt. Letzteres gilt jedoch nicht für den von § 10 Abs. 1 [X.] abgedeckten [X.]satz von 300 €, der gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 [X.] ebenso einkommensunabhängig ist wie das [X.] Familiengeld. Das [X.] und das [X.] Familiengeld sollen gleichermaßen den Eltern, die Sozialleistungen beziehen, zusätzlich verbleiben und eine Anerkennung für die im jeweiligen Gewährungszeitraum erbrachten elterlichen Leistungen darstellen (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 26 einerseits und Art. 1 Satz 2 bis 4 [X.] andererseits).

Mit dieser Freibetragsregelung wollte der Bundesgesetzgeber sicherstellen, dass das Elterngeld dem Berechtigten in Höhe von mindestens 300 € unabhängig vom Vorliegen eines nachgeburtlichen [X.] als Ausgleich für finanzielle Einschränkungen in den ersten zwölf oder 14 Lebensmonaten des Kindes belassen wird und der Anerkennung der Betreuungsleistung dient (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 26; [X.]/[X.] und [X.] 8. Aufl. § 10 [X.] Rn. 5; vgl. auch [X.], 2457, 2458). Dies spricht für eine Doppelfunktion des Elterngelds der Gestalt, dass es bis zum Mindestbetrag von 300 € eine Zusatzleistung und erst im über diesen Betrag hinausgehenden Umfang eine Entgeltersatzleistung im engeren Sinn darstellt (vgl. [X.]/[X.] und [X.] 8. Aufl. § 10 [X.] Rn. 8). An dieser grundlegenden gesetzgeberischen Zielsetzung hat sich auch durch die mit Artikel 14 des [X.] 2011 vom 9. Dezember 2010 ([X.] I S. 1885) erfolgte Anfügung von § 10 Abs. 5 [X.] nichts geändert, wonach § 10 Abs. 1 bis 4 [X.] bei Leistungen nach dem [X.], dem [X.] und § 6 a [X.] unanwendbar ist und für diese Leistungen eine Anrechnungsfreiheit nur nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 [X.] bei einem nachgeburtlichen Einkommensrückgang besteht.

cc) Ob das [X.] Familiengeld dem Elterngeld vergleichbar ist, bedarf aber keiner abschließenden Klärung, weil jedenfalls eine für die Anwendung des § 10 Abs. 1 [X.] ausreichende Vergleichbarkeit mit dem Betreuungsgeld gegeben ist.

(1) Das Betreuungsgeld war nicht als Einkommensersatzleistung konzipiert und wurde unabhängig vom Umfang der Erwerbstätigkeit der Eltern nach Geburt des Kindes gewährt. Es war - anders als das [X.] Familiengeld - an die Voraussetzung geknüpft, dass für das Kind keine Leistungen der Förderung in Tageseinrichtungen und in [X.] im Sinne der §§ 22 ff. [X.] in Anspruch genommen wurden. Der regelmäßige Bezugszeitraum des sich zuletzt auf monatlich 150 € belaufenden Betreuungsgelds erstreckte sich vom 15. bis zum 36. Lebensmonat des Kindes. Der Gesetzgeber verband mit der Regelung den Zweck der Anerkennung und Unterstützung der Erziehungsleistung von Eltern mit Kleinkindern und wollte größere ökonomische Gestaltungsfreiräume für die familiäre Kinderbetreuung schaffen (vgl. BT-Drucks. 17/9917 S. 1, 7 f.).

(2) Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit des [X.]n [X.] mit dem Betreuungsgeld ist unerheblich, dass das [X.] die in §§ 4 a bis 4 d [X.] enthaltenen Regelungen zum Betreuungsgeld mit Urteil vom 21. Juli 2015 ([X.] 140, 65 = FamRZ 2015, 1459) mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers für mit Art. 72 Abs. 2 GG unvereinbar und nichtig erklärt hat. Denn § 10 Abs. 1 [X.] ist hiervon unberührt geblieben und führt das Betreuungsgeld weiterhin als Vergleichsmaßstab an.

(3) Das [X.] Familiengeld weist so weitgehende Parallelen zum Betreuungsgeld auf, dass eine Vergleichbarkeit im Sinne des § 10 Abs.1 [X.] zu bejahen ist. Beide Leistungen sind gänzlich einkommensunabhängig, schließen zeitlich an das Elterngeld an und decken sich im Wesentlichen in dem mit ihnen verfolgten gesetzgeberischen Zweck. Dass der Anspruch auf [X.]s Familiengeld unabhängig von der für das Kind gewählten Betreuungsform besteht, bedeutet einen demgegenüber für die Frage der Vergleichbarkeit nicht ins Gewicht fallenden Unterschied.

Für dieses Ergebnis spricht zudem, dass mit dem [X.]n Familiengeld das Landeserziehungsgeld und das [X.] Betreuungsgeld - das der [X.] Gesetzgeber in der Folge der Entscheidung des [X.]s mit dem [X.]n Betreuungsgeldgesetz vom 14. Juni 2016 (GVBl. 2016 S. 94) rückwirkend zum 1. Januar 2015 mit im Ergebnis inhaltsgleichen Regelungen für den [X.] eingeführt hatte - ersetzt wurden. Denn diese beiden Leistungen blieben nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 [X.] bzw. nach § 27 Abs. 2 [X.] iVm § 8 Abs. 1 BErzGG bei Sozialleistungen wie der Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt (vgl. für das [X.] Betreuungsgeld: [X.] in [X.]/Künkel Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht [Stand: April 2019] I 20 G Rn. 104 ff.; [X.]/[X.]/Waltermann/von [X.] Kommentar zum Sozialrecht 6. Aufl. § 10 [X.] Rn. 2; Rancke/[X.]. § 10 [X.] Rn. 2).

c) Auch in seinem Höchstsatz kann das [X.] Familiengeld den von § 10 Abs. 1 [X.] anrechnungsfrei gestellten Betrag nicht übersteigen. Soweit sich Überschneidungen von Elterngeld und [X.]m Familiengeld ergeben können, ist die Anrechnungsfreiheit durch § 10 Abs. 1 [X.], der lediglich einen Betrag von insgesamt 300 € pro Kind anrechnungsfrei stellt, begrenzt.

3. Rechtsfehlerhaft hat das [X.] das von der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 600 € bezogene [X.] Familiengeld zur Hälfte als Einkommen berücksichtigt. Gemäß § 10 Abs. 4 [X.] vervielfachen sich nämlich die nach Absatz 1 nicht zu berücksichtigenden Beträge bei Mehrlingsgeburten mit der Zahl der geborenen Kinder. Mithin beläuft sich der anrechnungsfreie Betrag des der Antragstellerin für die Zwillinge gewährten [X.]n [X.] auf (300 € x 2 =) 600 €.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben, soweit das [X.] zu einem gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO einzusetzenden Einkommen der Antragstellerin und darauf aufbauend zu einer [X.] gelangt ist.

Der Senat kann nach § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind. Ohne die vom [X.] zu Unrecht als Einkommen berücksichtigten 300 € [X.]s Familiengeld verfügt die Antragstellerin nicht über einzusetzendes Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO, so dass keine Monatsraten festzusetzen sind. Dies gilt selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass das [X.] den Beteiligten-Freibetrag (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. a ZPO) und die [X.] (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. [X.]) der durch die Zweite Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung vom 21. Februar 2019 ([X.] 2019 - 2. [X.] 2019; [X.] I S. 161) überholten Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2018 (Prozesskostenhilfebekanntmachung 2019 - [X.] 2019; [X.] I S. 2707) und zudem den Freibetrag für das älteste Kind zu Unrecht nicht Ziffer 3 lit. c der Bekanntmachung, sondern Ziffer 3 lit. d entnommen hat, so dass es zu insgesamt um 75 € zu niedrigen Freibeträgen gelangt ist.

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 537/19

20.05.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 12. November 2019, Az: 7 WF 253/19, Beschluss

§ 115 Abs 1 ZPO, § 15 Abs 2 ZPO, § 2 BEEG, § 10 Abs 1 BEEG, Art 1 FamGG BY, Art 2 Abs 1 S 1 FamGG BY, Art 3 FamGG BY

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2020, Az. XII ZB 537/19 (REWIS RS 2020, 705)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1008-1009 REWIS RS 2020, 705


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 537/19

Bundesgerichtshof, XII ZB 537/19, 20.05.2020.


Az. 7 WF 253/19

OLG Bamberg, 7 WF 253/19, 12.11.2019.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 WF 253/19 (OLG Bamberg)

Eingeschränkte Anrechnung des Bayerischen Familiengelds im Prozess-/Verfahrenskostenhilfeverfahren


7 WF 241/19 (OLG Bamberg)

Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe


L 9 EG 15/21 FG (LSG München)

Zusammentreffen von Ansprüchen, Mittelpunkt der Lebensinteressen, Kostenentscheidung, Anrechnung von Leistungen, Reduzierung der Arbeitszeit, Elterngeld Plus, …


L 11 AS 932/18 (LSG München)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Bay. Betreuungsgeld keine zweckbestimmte Einnahme


L 11 AS 322/17 (LSG München)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Bay. Betreuungsgeld keine zweckbestimmte Einnahme


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.