Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2017, Az. IV ZR 289/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15192

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:220217UIVZR289.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 289/14
Verkündet am:

22. Februar 2017

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: ja

[X.]R:

ja

[X.] § 14 Abs. 1, § 31 Abs. 1, § 213 Abs. 1

1.
Zu den zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen im Sinne des § 14 Abs. 1 [X.] zählen auch solche, die klären sollen, ob der Versicherungs-nehmer bei Vertragsschluss seine vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten im Sinne von §
19 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt hat.

2.
a)
Zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der [X.] sind auch solche Auskünfte erforderlich im Sinne von §
31 Abs. 1 Satz 1 [X.], die der [X.]rüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen dienen. Die den [X.] insoweit treffende Mitwirkungsobliegenheit ist nicht auf Fälle be-schränkt, in denen bereits eine konkrete Verdachtslage für eine Anzei-geobliegenheitsverletzung besteht.

-
2
-

b)
Der Versicherungsnehmer hat bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzuwirken, als diese zur [X.]rü-fung des [X.] relevant sind. Kann der Umfang der Datener-hebung nicht von vornherein auf entsprechende Informationen be-schränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Obliegenheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und persönlichkeitsrelev[X.]r Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind.

3.
§ 213 Abs. 1 [X.] steht einer Datenerhebung des Versicherers zum [X.] der Überprüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers nicht entgegen.

[X.], Urteil vom 22. Februar 2017 -
IV ZR 289/14 -
KG

[X.]

-
3
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], den
Richter Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt, den Richter [X.] und die Richterin Dr. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2017

für Recht erkannt:

Die Revision der
Kläger gegen das Urteil des 6. Zivilse-nats des Kammergerichts
in Berlin-Schöneberg vom 8.
Juli 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 95.000

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die unbekannten Erben des während des Revisionsverfahrens verstorbenen [X.] (im Folgenden weiterhin als Kläger bezeichnet) fordern Leistungen aus einer bei der [X.] seit April 2009 gehalte-nen Berufsunfähigkeitsversicherung, welcher "[X.] für die Berufsunfähigkeits[X.]olice
[X.]

"
der [X.]n
(im Folgenden:
[X.]) zugrunde
liegen. Diese lauten
auszugswei-se wie folgt:

1
-
4
-

"§ 22
Welche Mitwirkungspflichten sind zu beachten, wenn Leistungen wegen Berufsunfähigkeit verlangt werden?

(2) Wir können außerdem, dann allerdings auf unsere Kosten, weitere Untersuchungen durch von [X.] Ärzte und sonstige Sachverständige sowie notwendige Nachweise -
auch über die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre Veränderungen -
verlangen, insbesondere zu-sätzliche Auskünfte und Aufklärungen, auch die des Ar-beitgebers über den Beruf im [X.]punkt des Abschlusses des Vertrages. Die versicherte [X.]erson hat Ärzte, Kran-kenhäuser und sonstige Krankenanstalten sowie
[X.]flege-heime, bei denen sie in Behandlung oder [X.]flege war oder sein wird, sowie Sachverständige, [X.]flegepersonen, [X.] und Behörden sowie wegen des Berufs auch den Arbeitgeber zu ermächtigen, uns auf [X.] zu erteilen.

"

Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 zeigte der Kläger, zu diesem [X.]punkt noch Bezirksleiter einer Bausparkasse, der [X.] an, dass er aufgrund eines Burnout-Syndroms nicht mehr in der Lage sei, seine berufliche Tätigkeit auszuüben.

Im Februar 2011 meldete er bei der [X.] Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung an. Hierauf bat ihn die Beklagte unter anderem
um die Unterzeichnung von Schweigepflichtentbindungserklä-rungen zur Einholung von Auskünften bei verschiedenen Stellen. Nach-dem der Kläger mitgeteilt hatte, er
werde
die Erhebung von Auskünften bei der Krankenkasse nur genehmigen, soweit sie sich auf die [X.] bezögen, wies die Beklagte ihn darauf hin, dass sie auch prüfen wolle, ob der Versicherungsvertrag ordnungsgemäß zustande gekommen sei.

2
3
-
5
-

Zur Abgabe einer Schweigepflichtentbindung zu diesem Zweck war der Kläger im Weiteren nicht bereit. Eine von ihm zuvor noch formulierte und unterzeichnete "Einwilligung und Schweigepflichtentbindungserklä-rung"
hatte
die Beklagte zunächst als unzureichend abgelehnt; als sie diese später dennoch für eine Abfrage der Gesundheitsverhältnisse des [X.] für die [X.] ab Juni 2002 nutzen wollte, wi[X.]prach der Kläger dieser Datenerhebung ausdrücklich, soweit sie
die Überprüfung "vorver-traglicher Anzeigepflichtverletzungen"
betreffe. Daraufhin teilte die [X.] dem Kläger mit, sie
stelle die weitere Leistungsprüfung ein, und berief sich darauf, die geltend gemachten Leistungsansprüche des [X.] seien nicht fällig.

Mit seiner Klage hat der
Kläger die Zahlung von Berufsunfähig-keitsrente, die Feststellung der Verpflichtung der [X.] zur jährli-chen Rentenerhöhung sowie die Freistellung von der [X.]rämienzahlung begehrt.

Das [X.] hat die Klage als derzeit unbegründet abgewie-sen. Die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] hat das Kammerge-richt zurückgewiesen.
Die Revision des [X.] verfolgt die erhobenen Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1191 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der Leistungsanspruch des Klä-4
5
6
7
8
-
6
-

gers sei derzeit jedenfalls nicht fällig, da die Beklagte ihre Leistungsprü-fung nicht abschließen könne.
Es fehle die erforderliche Einwilligung des [X.], die es der
[X.] ermögliche,
Gesundheitsdaten aus der [X.] vor dem Vertragsschluss zu erheben. Infolgedessen habe die Beklagte nicht prüfen können, ob die behauptete Berufsunfähigkeit bereits vor Vertragsbeginn eingetreten sei und ob ihr eventuell wegen einer Verlet-zung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheiten des [X.]
ein Anfech-tungs-
oder Rücktrittsrecht zustehe.

Zur Feststellung des Versicherungsfalles
gehöre auch die [X.]rüfung, ob der Versicherungsvertrag wirksam zustande gekommen sei und sich das versicherte Risiko erst nach Beginn des Versicherungsschutzes ver-wirklicht habe. Die hierfür benötigten Daten dürfe der Versicherer
im Rahmen der Leistungsprüfung erheben. Dem stehe weder § 213 [X.] noch das Recht des [X.] auf informationelle Selbstbestimmung [X.].

Der Versicherer
sei nicht verpflichtet, die Verletzung vorvertragli-cher Anzeigeobliegenheiten ausschließlich vor Vertragsschluss zu [X.]. Die Erhebung vorvertraglicher Gesundheitsdaten sei weder auf Um-stände beschränkt,
die Einfluss auf den Versicherungsfall gehabt haben könnten, noch auf Fälle, in denen bereits ein konkreter Anfangsverdacht für eine vorvertragliche Anzeigeobliegenheitsverletzung vorliege. Im Streitfall habe aber ohnehin ein ausreichender [X.]rüfungsanlass wegen der zeitlichen Nähe der Vertragserklärung des [X.]
zu der vorgetra-genen Diagnose bestanden.

Die Beklagte habe im Laufe des Rechtsstreits auch nicht auf die Datenerhebung verzichtet.
9
10
11
-
7
-

I[X.] Das hält
der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

Ein Leistungsanspruch des [X.] ist derzeit jedenfalls noch nicht fällig, weil die Beklagte
notwendige Erhebungen zur [X.]rüfung vorvertrag-licher Anzeigeobliegenheitsverletzungen des [X.] aufgrund dessen unzureichender
Mitwirkung nicht hat abschließen können.

1. Die Fälligkeit des Leistungsanspruchs hängt nach § 14
Abs. 1 [X.] auch vom Abschluss der Ermittlungen des Versicherers
zur Frage einer vorvertraglichen Anzeigeobliegenheitsverletzung des [X.] ab.

a) Gemäß § 14 Abs. 1 [X.] sind Geldleistungen des Versicherers
mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles
und des Leistungsumfangs notwendigen Erhebungen
fällig. Hierzu zählen entge-gen der Auffassung der Revision auch solche Nachforschungen, die klä-ren sollen, ob der Versicherungsnehmer
bei Vertragsschluss seine vor-vertraglichen Anzeigeobliegenheiten im Sinne
von §
19 Abs. 1 Satz 1 [X.] ordnungsgemäß erfüllt hat (OLG Hamburg
[X.], 749, 750; [X.]
VersR
2015, 1497, 1498; [X.] [X.], 305; HK-[X.]/[X.], 3.
Aufl. § 14 Rn. 16, 25; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
14 Rn. 22; Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 29. Aufl. § 14 Rn.
8; [X.] in Langheid/[X.], [X.] 5. Aufl. § 14 Rn. 6; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt 4. Aufl. Rn. 1460; [X.], [X.]. [X.] Rn. 84; [X.], [X.], 410, 411;
[X.], [X.], 297, 300; [X.], r+s 2008, 89, 93; [X.], [X.], 556; a.[X.], [X.], 1209, 1211).

12
13
14
15
-
8
-

b) An[X.] als die Revision meint, steht dem nicht entgegen, dass vorvertragliche Anzeigeobliegenheitsverletzungen weder den Eintritt des Versicherungsfalles
betreffen, noch Auswirkungen auf die Bemessung der Versicherungsleistung haben, da sie lediglich rechtsvernichtende Gestaltungsrechte (Rücktritt nach § 19 Abs. 2 [X.] und Arglistanfech-tung nach § 22 [X.] [X.]. § 123 BGB)
begründen können (so aber
[X.],
[X.], 1209, 1210 f.; [X.].,
[X.], 1304, 1306).

[X.]) Soweit der Wortlaut des § 14 Abs. 1 [X.] die Fälligkeit der Geldleistungen des Versicherers von der Beendigung der "zur Feststel-lung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des [X.] notwendigen
Erhebungen"
abhängig macht, wird davon auch die [X.]rüfung der Vertragswirksamkeit erfas[X.] Sowohl der Versicherungsfall
als auch
der Umfang einer auf diesen gestützten Versicherungsleistung setzen einen wirksamen Versicherungsvertrag voraus.

bb) Für dieses weite Verständnis des § 14 Abs. 1 [X.] sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift, die dem Versicherer
angesichts häufig schwieriger rechtlicher und tatsächlicher Fragen [X.] zur [X.]rüfung
ein-räumen will, ob und in welcher Höhe er zur Leistung verpflichtet ist (Jo-hannsen in [X.], 9. Aufl. § 14 [X.] Rn. 3). Dies erstreckt sich auch auf Fragen nach der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages, [X.] die grundlegende Voraussetzung für die Leistungsverpflichtung des Versicherers bildet.
Denn es wi[X.]präche dem Zweck des § 14 Abs. 1 [X.], die Fälligkeit der Versicherungsleistung ungeachtet des Vorliegens von Umständen eintreten zu lassen, welche die Vertragswirksamkeit
in-frage stellen.

16
17
18
-
9
-

cc) Eine Unterscheidung danach, ob tatsächliche Umstände die Leistungspflicht des Versicherers unmittelbar entfallen lassen oder ihm lediglich
ein Gestaltungsrecht verschaffen, den Versicherungsvertrag durch eine Anfechtungs-
oder Rücktrittserklärung zu Fall zu bringen, ist insoweit nicht geboten. Denn das von § 14 Abs. 1 [X.] letztlich ge-schützte Interesse des Versicherers
und der Versichertengemeinschaft, Leistungen nicht ohne Grund
oder auf Grundlage einer unzureichenden [X.]rüfung erbringen zu müssen,
ist in beiden Fällen gleichermaßen be-rührt.

2. [X.] zur Frage vorvertraglicher An-zeigeobliegenheitsverletzungen des [X.]
sind
in Anbetracht seiner
Weigerung, in jeglicher Weise an der
Beschaffung der insoweit relevan-ten
Gesundheitsdaten bei seinen Krankenkassen sowie dem ihn behan-delnden Arzt mitzuwirken, nicht als beendet im Sinne
des § 14 Abs. 1 [X.] anzusehen.

a)
Ob das
auch dann gälte, wenn der Versicherungsnehmer
aus keinem rechtlichen Grund
zur Mitwirkung bei einer solchen Datenerhe-bung des Versicherers
gehalten
wäre ([X.], [X.], 1, 4; [X.], [X.], 530, 532), kann dahinstehen, denn im Streitfall traf
den Kläger eine entsprechende Obliegenheit. Diese ergibt sich
allerdings nicht aus
§
22 Abs. 2 Satz 2 [X.], der infolge unangemessener [X.] gemäß §
307 BGB unwirksam ist (hierzu [X.])), sondern aus § 22 Abs. 2 Satz 1
Alt. 2 [X.] [X.]. § 31
Abs.
1 Satz 2 [X.] (hierzu bb)).

[X.]) § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] hält der Inhaltskontrolle nach §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand.

Die Klausel bestimmt, dass die versicher-19
20
21
22
-
10
-

te [X.]erson im Rahmen der Leistungsprüfung bestimmte Auskunftsperso-nen zu ermächtigen hat, auf Verlangen des Versicherers Auskunft zu [X.]. Das benachteiligt den Versicherungsnehmer
entgegen dem
Gebot
von [X.] und Glauben unangemessen, weil das
Recht
des Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung aus Art.
2 Abs. 1 GG [X.]. Art.
1 Abs.
1 GG missachtet wird. Damit wi[X.]pricht die Klausel zugleich dem Grundgedanken des §
213 [X.].

(1) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet als besondere Ausprägung des allgemeinen [X.]ersönlichkeitsrechts die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die [X.]reisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (grundlegend: [X.] 65, 1, 43). Als Grundrecht entfaltet es im [X.]rivatrecht seine Wirkkraft über die Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittel-bar beherrschen (sog. mittelbare Drittwirkung; hierzu grundlegend:
[X.] 7, 198, 205), und ist
insbesondere bei der Auslegung von [X.] ([X.] [X.]O 205 f.),
wie hier von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, zu beachten.

(2) Demgemäß sind Bestimmungen in allgemeinen Versicherungs-bedingungen als unangemessene Benachteiligung des Versicherungs-nehmers
anzusehen, die einen
informationellen Selbstschutz vereiteln
oder unzumutbar werden lassen (Senatsurteil vom 13. Juli 2016 -
IV ZR 292/14, [X.], 1173
Rn. 29 m.w.[X.]). Nach Auslegung von § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist das hier der Fall.

(a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer
sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Be-23
24
25
-
11
-

rücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers
ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (Senatsurteile vom 17. Februar 2016 -
IV ZR 353/14, [X.], 720 Rn. 15;
vom 23.
Juni 1993 -
IV ZR 135/92, [X.]Z 123, 83, 85; [X.]
Rspr.).

(b) Ein solcher Versicherungsnehmer entnimmt § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.], dass der Versicherte
im Fall
der Geltendmachung von [X.] die dort genannten Auskunftspersonen uneingeschränkt
zu ermächtigen hat, dem Versicherer
auf dessen Verlangen hin unmittelbar Auskunft zu erteilen. Eine inhaltliche Begrenzung
dieser Verpflichtung auf Auskünfte etwa nur zu bestimmten
Themen oder [X.]räumen
lässt sich für ihn nicht ersehen.

In dieser Auslegung nimmt die Klausel dem Versicherten
die Mög-lichkeit, die Sachdienlichkeit der Informationserhebung zu überprüfen und die [X.]reisgabe -
auch sensibler -
Daten
selbst zu steuern (vgl. [X.]
in [X.], [X.] 9. Aufl. § 213 Rn. 68; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. § 31 Rn. 68; [X.]/[X.], Lebens-
und [X.]. § 4 [X.] 2008 Rn. 6; [X.], [X.]. [X.] Rn. 7; [X.], [X.] 2009, 1370, 1393; [X.], [X.], 37).

(c) Zugleich steht § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.] damit in
Wi[X.]pruch zu dem Grundgedanken des § 213 [X.].
Dieser regelt zwar nach seinem Wortlaut lediglich die Voraussetzungen, unter denen der Versicherer
be-rechtigt ist, personenbezogene Daten bei [X.] zu erheben, und nicht die Frage, inwiefern der Versicherte vertraglich angehalten
werden kann, für den Versicherer
diese Voraussetzungen zu schaffen. Die Vorschrift 26
27
28
-
12
-

soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers gerade auch die [X.] aus der Entscheidung des [X.] vom 23. Okto-ber 2006 ([X.], 1669) umsetzen und den verfassungsrechtlich geforderten wirkungsvollen Selbstschutz gewährleisten (vgl. Beschluss-empfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 28. Juni 2007,
BT-Drucks. 16/5862 S. 100; [X.], r+s 2008, 89, 93). Dem wi[X.]präche es, die Ausübung der dazu geschaffenen gesetzlichen Möglichkeiten des Versicherten, die nach Abs. 1 erforderliche Einwilligung zu verweigern oder trotz erteilter
Einwilligung der Datenerhebung nach Abs.
2 Satz 2 zu wi[X.]prechen, regelmäßig als Verstoß gegen vertragliche Mitwir-kungsobliegenheiten
anzusehen (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], §
213 Rn. 75). Denn die Wahrnehmung verfassungsrechtlich gebotener Rechte kann
grundsätzlich nicht als Obliegenheitsverletzung gewertet werden ([X.] in [X.], 9. Aufl. § 213 [X.] Rn. 68; [X.], [X.] durch Versicherungsun-ternehmen bei [X.] gemäß §
213 [X.] unter Berücksichtigung des
Gendiagnostikgesetzes, 2011 S.
211; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt 4.
Aufl. Rn. 1473).

bb) Den Kläger trifft indes eine Obliegenheit zur Mitwirkung bei der Datenerhebung der [X.] -
auch zur Frage vorvertraglicher Anzei-geobliegenheitsverletzungen -
aus §
22 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.] [X.]. §
31 Abs. 1 Satz 2 [X.].

(1) Gemäß § 31 Abs. 1 [X.] kann der Versicherer nach dem Ein-tritt des Versicherungsfalles
verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist (Satz
1), und dass ihm
insoweit Belege vorgelegt
werden, als deren Be-29
30
-
13
-

schaffung dem Versicherungsnehmer
billigerweise zugemutet werden kann (Satz
2). §
22 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.] gestaltet die gesetzliche Regelung dahingehend aus, dass der Versicherer
auf seine Kosten vom Versicherungsnehmer
notwendige Nachweise -
auch über die wirtschaft-lichen Verhältnisse und ihre Veränderungen -
fordern kann, [X.] zusätzliche Auskünfte und Aufklärungen,
auch die des Arbeitgebers über den Beruf im [X.]punkt des Vertragsabschlusses.

§ 31 Abs. 1 [X.] entspricht § 34 [X.] a.F. (BT-Drucks. 16/3945 S.
70) und beruht auf dem Gedanken einer kooperativen Regulierung des Versicherungsfalles
auf der Basis eines strukturierten, von [X.] und Glauben beherrschten Informations-
und [X.], der
die zwischen den Vertragsparteien bestehende Informationsasymmetrie ausgleichen und dem Versicherer
damit die [X.]rüfung seiner eventuellen Leistungspflicht ermöglichen
soll
(vgl. [X.] in [X.], 9.
Aufl. § 31 [X.] Rn. 2 m.w.[X.]). Die nach dem Gesetz zwar [X.], für den Versicherungsnehmer dennoch verbindliche Obliegenheit nach § 31 Abs. 1 [X.] setzt ein Verlangen des
Versicherers voraus (vgl. zur Erforderlichkeit einer Aufforderung des Versicherers im Fall der Aus-kunftsobliegenheit des Versicherungsnehmers: Senatsurteil vom 16.
No-vember 2005

[X.], [X.], 258 Rn. 16 m.w.[X.]). Danach muss der Versicherungsnehmer dem Versicherer, der
sich ein klares Bild von seiner
Leistungspflicht machen will, erst auf entsprechende [X.] hin weitere Kenntnisse verschaffen und Beweise erbringen (Möl-ler in [X.], 8.
Aufl. § 34 [X.] Anm. 3 f.).

Dabei kommt dem Versicherer
grundsätzlich ein erheblicher Beur-teilungsspielraum zu, welche Angaben er zur Ermittlung des [X.] für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungs-31
32
-
14
-

pflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu
können. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob sich die geforderten Angaben nach dem Ergebnis der [X.]rüfung tatsächlich als wesentlich [X.], da die Frage der Erforderlichkeit ex [X.] zu beurteilen ist (zum Vorstehenden: Senatsurteile vom 13. Juli 2016 -
IV ZR 292/14, [X.], 1173 Rn.
34; vom 22. Oktober 2014 -
IV ZR 242/13, [X.], 45 Rn.
18; vom 16. November 2005 -
[X.], [X.], 258 Rn.
14;
jeweils m.w.[X.]).

(2) Umstritten ist aber, ob der Versicherer
auch nach Umständen fragen und die Vorlage von Belegen verlangen darf, die es ihm erlauben, die Verletzung von vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten durch den Versicherungsnehmer zu beurteilen,
insbesondere wie
das Tatbe-standsmerkmal
des § 31 Abs. 1 Satz 1 [X.]
"zur Feststellung des Versi-cherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich"
auszulegen i[X.]

Älterer obergerichtlicher Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums zufolge soll
eine eng am Wortlaut orientierte Auslegung ge-boten sein, nach der die Aufklärungsobliegenheit über die Abwicklung des konkreten Versicherungsfalles
nicht hinausgeht und sich damit nicht auf Umstände erstreckt, die ausschließlich Anfechtungs-
und Rücktritts-gründe zu begründen vermögen (noch zu § 34 [X.] a.F.: [X.] VersR 1978, 1060, 1061; [X.] r+s 1993, 72, 74; [X.] in [X.], 8. Aufl. §
34 [X.] Anm. 12; zu § 31 [X.] n.F.: MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. §
31 Rn. 39; [X.] in Langheid/[X.], [X.] 5.
Aufl. § 31 [X.] Rn. 10; [X.]. in [X.]/Matusche-[X.], [X.]. § 46 Rn. 210; [X.], [X.], 1209, 1210; [X.]., [X.], 1304, 1306; [X.]., [X.], 810, 812).
33
34
-
15
-

Gegenstimmen in der Literatur sehen demgegenüber -
wie die herrschende Meinung zu § 14 Abs. 1 [X.] -
auch die Aufklärung solcher Umstände als erforderlich im Sinne
des §
31 Abs. 1 [X.] an, die dazu dienen, eine Anzeigeobliegenheitsverletzung oder arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss aufzudecken (HK-[X.]/[X.], 3.
Aufl. § 31 [X.] Rn. 5; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 21 Rn. 32; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt 4. Aufl. Rn. 1460; [X.], [X.], 410, 411; [X.], [X.], 297, 300; [X.]/[X.], [X.]
2009, 1370, 1394).

(3) Die letztgenannte Ansicht überzeugt. Für sie streiten im [X.] die gleichen Argumente, die schon für die weite Auslegung des nahezu [X.] § 14 Abs. 1 [X.] ausschlaggebend sind
(siehe hierzu die Ausführungen unter 1 b):

Der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 [X.]
kann dahin verstanden werden, dass die [X.]rüfung der Vertragswirksamkeit mitumfasst werden soll. Dafür sprechen -
ähnlich wie bei § 14 Abs. 1 [X.] -
Sinn und Zweck der Vorschrift:
Zielt § 14 Abs. 1 [X.]
darauf ab, dem Versicherer
die er-forderliche [X.] zur [X.]rüfung zu verschaffen, ob und in welcher Höhe er zur Leistung verpflichtet ist (hierzu 1 b
bb), soll § 31 Abs. 1 [X.] ihn [X.] befähigen, die hierzu erforderliche Tatsachengrundlage zu ermitteln. Beide Regelungen bezwecken damit im [X.],
dem Versicherer
eine sachgerechte [X.]rüfung seiner Leistungspflicht zu ermöglichen
(vgl. [X.] vom 22. Oktober 2014 -
IV ZR 242/13, [X.], 45 Rn.
19 zu § 34 [X.] a.F.). Hierzu zählt die [X.]rüfung der Vertragswirksamkeit.
In-soweit ist auch hier ohne Belang, ob es bei der [X.]rüfung des Versicherers
um tatsächliche Umstände geht, welche seine Leistungspflicht unmittel-35
36
37
-
16
-

bar entfallen lassen, oder solche, die ihm lediglich ein Gestaltungsrecht verschaffen, mit dessen Hilfe er den Vertrag nachträglich zu Fall bringen
kann.

(4) Das Bestehen der
entsprechenden
Obliegenheit ist
entgegen der Auffassung der Revision nicht
davon abhängig, dass dem Versiche-rer Anhaltspunkte für eine vorvertragliche Anzeigeobliegenheitsverlet-zung des Versicherungsnehmers vorliegen. Zwar findet die Obliegenheit -
wie die Wirksamkeit von § 22 Abs. 2 Satz 2 der [X.] -
ihre Grenze im Recht des Versicherungsnehmers auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht begrenzt indes nur den Umfang der Obliegenheit, oh-ne an ihr Eingreifen
erhöhte Anforderungen zu stellen.

(a) Die
Obliegenheit des Versicherungsnehmers, bei der [X.] seiner persönlichen Daten durch den Versicherer
mitzuwirken, be-rührt
sein
grundrechtlich geschütztes
Interesse an informationellem Selbstschutz. Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ge-währleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die [X.]reisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, unabhängig davon, ob die Daten bei einem [X.] (vgl. [X.] [X.], 1669 Rn. 43; [X.], 1425, 1427
[juris Rn. 22]) oder beim Grundrechtsträger selbst (vgl. [X.] 65, 1, 45) erhoben werden.

Das bedeutet
allerdings nicht, dass jede Verpflichtung des [X.]s zur Mitwirkung bei der Datenerhebung des Versiche-rers
sein allgemeines [X.]ersönlichkeitsrecht
verletzte. Vielmehr steht dem Interesse des Versicherungsnehmers an informationeller Selbstbestim-mung das ebenfalls erhebliche Offenbarungsinteresse des Versicherers
gegenüber, das in der Vertragsfreiheit wurzelt und damit durch Art.
12 38
39
40
-
17
-

GG ebenfalls grundrechtlichen Schutz genießt (Senatsurteil vom 13. Juli 2016 -
IV ZR 292/14, [X.], 1173
Rn. 31; [X.] [X.], 1669 Rn. 50; [X.], 1425, 1427
[juris Rn. 21]).

Beiden Grundrechten ist bei der Auslegung des § 31 Abs. 1 [X.] nach dem [X.]rinzip der praktischen Konkordanz Geltung zu verschaffen, indem die kollidierenden Grundrechtspositionen so zu begrenzen sind, dass sie für alle Beteiligten möglichst wirksam werden
(vgl. Senatsurteil vom 14. November 2007 -
IV ZR 74/06, [X.]Z 174, 127 Rn. 143; [X.], Urteil vom 2. April 2015 -
I [X.], [X.]Z 205, 22 Rn. 43).

(b) Dabei
ist einerseits dem
berechtigten
Interesse
des [X.]
Geltung zu verschaffen, dass keine Daten erhoben wer-den, die dem Versicherer
über das erforderliche Maß hinaus in weitem Umfang sensible Informationen über den Versicherungsnehmer gewäh-ren (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2016 -
IV ZR 292/14, [X.], 1173 Rn.
32; [X.] [X.], 1425, 1427
[juris Rn. 27]). Das
wäre

wie die Revision richtig erkennt -
nicht gewährleistet, wenn der [X.] seine Mitwirkung bei der Beschaffung entsprechender Daten durch den Versicherer zwar faktisch verweigern könnte, dadurch aber stets seine Mitwirkungsobliegenheit nach § 31 Abs.
1 [X.] missach-tete und die Fälligkeit seines Leistungsanspruchs nach § 14 Abs. 1 [X.] gefährdete. Denn damit wäre der Versicherer
im Ergebnis bis zu einem eventuellen Einlenken des Versicherungsnehmers
faktisch leistungsfrei, obgleich nach der Rechtsprechung des [X.] Ver-sicherte einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden können, um des informationellen [X.] die Leistungsfreiheit des Versicherers hinzunehmen ([X.] [X.], 1669 Rn. 39; [X.], 1425, 1427
[juris Rn. 25]).
41
42
-
18
-

Auf der anderen Seite ist das
anerkennenswerte
Interesse des
Versicherers
und auch der [X.] (vgl. OLG S[X.]rbrücken
[X.], 1478,
1481)
zu wahren, zur Vermeidung unge-rechtfertigter Versicherungsleistungen alle Tatsachen -
auch Hilfstatsa-chen -
zu erfahren, die unmittelbar oder auch
erst nach der Ausübung von [X.] zu seiner Leistungsfreiheit führen können (vgl. [X.],
Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. [X.] Rn. 32). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im [X.]punkt der Datenerhebung oft noch nicht möglich ist, sicher zu beurteilen, auf welche Tatsachen es bei der Beur-teilung der Leistungspflicht am Ende ankommt (vgl. [X.] [X.], 1425, 1427 [juris Rn. 22]; HK-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 213 Rn. 22;
[X.], [X.], 297, 300).

(c) Die Abwägung der vorstehenden Belange führt nicht dazu,
die den Versicherungsnehmer treffende Mitwirkungsobliegenheit auf Fälle
zu beschränken, in denen
bereits eine
konkrete Verdachtslage für eine An-zeigeobliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers besteht
(so aber [X.], Neue Entwicklungen und alte [X.]robleme in der [X.] nach der [X.]-Reform 2015 S. 236; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt 4. Aufl. Rn.
1461; ähnlich: [X.], [X.], 810, 813), welche
-
wie die Revision meint -
sogar die subjektiven Vo-raussetzungen der Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers umfassen müsste. Denn der dem Versicherer [X.] in der Frage, welche Angaben er zur Sachverhaltsermitt-lung für erforderlich hält, wäre zu weitgehend
eingeschränkt, müsste er zur Rechtfertigung seiner Erhebungen
zunächst jeweils im Einzelnen darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Fallumstände den [X.] Verdacht einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegen-heit durch den Versicherungsnehmer begründeten.
43
44
-
19
-

Vielmehr ist der Ausgleich der insoweit wi[X.]treitenden Interes-sen dadurch herzustellen, dass der Versicherungsnehmer bei der Erhe-bung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzu-wirken
hat, als diese zur [X.]rüfung des [X.]
relevant sind.
Kann der Umfang der Datenerhebung nicht von vornherein auf entsprechende
Informationen beschränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Oblie-genheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung
solcher
weniger weitreichender und persönlichkeitsrelev[X.]r
Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informati-onen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind (vgl. [X.] [X.], 1425, 1428
[juris Rn. 29]).

Dies kann im Fall
eines geringen Kenntnisstandes des Versiche-rers eine gestufte, einem Dialog vergleichbare
(vgl. dazu [X.] [X.]O 1427 f. [juris Rn. 22, 28]) Datenerhebung erforderlich werden lassen, in deren Rahmen zunächst Vorinformationen allgemeiner Art erhoben wer-den, auf deren Grundlage der Versicherer sodann einzelne, spezifischere Anfragen zu stellen vermag, deren Beantwortung unter Umständen wie-derum zur Grundlage noch weiter ins Detail gehender
Erkundigungen werden kann.

Nach allem ist der Versicherungsnehmer aufgrund der ihn treffen-den Aufklärungsobliegenheit weder gehalten, dem Versicherer bei der Datenerhebung -
selbst wenn sich diese auf eine oder wenige [X.] beschränken sollte -
völlig freie Hand zu lassen, noch muss er seinerseits vorformulierte Entwürfe des Versicherers für weit ge-fasste Schweigepflichtentbindungserklärungen oder ähnliche Ermächti-gungen
des Versicherers in der Weise modifizieren, dass sie über das 45
46
47
-
20
-

genannte Maß nicht hinausgehen (vgl. [X.] [X.]O). Vielmehr werden sich die Erhebungen des
Versicherers
zunächst auf solche Informationen zu beschränken haben, die ihm einen Überblick über die zur Beurteilung des Versicherungsfalles
einschließlich des vorvertraglichen Anzeigever-haltens des Versicherungsnehmers relev[X.]n Umstände ermöglichen.

Dies kann etwa auf einer ersten Stufe der Erhebungen die Frage betreffen, wann in dem für die Anzeigeobliegenheit maßgeblichen [X.]-raum
ärztliche Behandlungen oder Untersuchungen stattgefunden haben, was beispielsweise durch eine Auskunft des Krankenversicherers beant-wortet werden könnte, den der Versicherungsnehmer zunächst nur inso-weit
von seiner Schweigepflicht entbinden müsste.
Beson[X.] sensible Gesundheitsdaten (etwa Diagnosen, Behandlungsweisen oder [X.] betreffend) blieben von der Auskunftsobliegenheit des [X.] so lange nicht umfasst, bis der Versicherer aufgrund s[X.] [X.]rüfung der Vorinformationen sein Auskunftsverlangen weiter kon-kretisiert. Erst dann wäre
der Versicherungsnehmer gehalten, dieser Konkretisierung entsprechende
Schweigepflichtentbindungen zu erteilen.

Allerdings bleibt es ihm unbenommen, zur Beschleunigung der Leistungsprüfung stattdessen sogleich umfassende Auskünfte zu erteilen und auch eine unbeschränkte Schweigepflichtentbindung zu erklären. Denn als Träger des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung steht es ihm frei, Daten anderen gegenüber zu offenbaren (vgl. [X.] [X.], 1669 Rn. 34). Hierüber und über die andernfalls nach den vorge-nannten Maßstäben schrittweise zu erfüllende Obliegenheit, Schweige-pflichtentbindungen zu erteilen, hat der Versicherer den Versicherungs-nehmer eingangs seiner Erhebungen zu informieren.

48
49
-
21
-

(5) Gegen die Annahme einer derart begrenzten
Mitwirkungsoblie-genheit des Versicherungsnehmers aus § 31 Abs. 1 [X.] greifen die von der Revision und Teilen der Literatur erhobenen Einwände nicht durch.

(a) Soweit der Senat im Urteil vom 28. Oktober 2009 ([X.]/08, [X.], 97
Rn. 23) das Interesse des [X.]s als hoch eingestuft hat, Informationen über ihn betreffende
Erkran-kungen geheim zu halten und den Umgang damit
zu kontrollieren,
hat er zugleich hervorgehoben, dass das Recht des Versicherungsnehmers auf informationelle Selbstbestimmung im Verhältnis der Vertragspartner [X.] Berufsunfähigkeitsversicherung dadurch modifiziert
ist, dass es dem Versicherungsnehmer von Gesetzes wegen obliegt, dem Versicherer
re-lev[X.] Informationen über seinen Gesundheitszustand auch im Leis-tungsfall zugänglich zu machen, soweit dies zur [X.]rüfung der Leistungs-pflicht erforderlich ist, um dem legitimen Interesse des Versicherers
an der Kenntnis und Verwendung dieser Informationen Rechnung zu tragen (Senat [X.]O Rn. 24).

(b) Anderes ergibt sich auch nicht aus § 213 Abs. 1 [X.].

Dessen Tatbestand ist von seinem Wortlaut her weiter als der des § 31 Abs.
1 [X.], weil er die Erhebung personenbezogener
Daten für zu-lässig erklärt, deren Kenntnis "für die Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht"
erforderlich i[X.]
Ferner wird der
wir-kungsvolle informationelle Selbstschutz, den die Regelung bezwecken soll,
durch die Begrenzung des Obliegenheitsumfangs (s. oben 2 a bb (4) (c)) gewährleistet.
Das gilt insbesondere auch für das achtens-
und schützenswerte Interesse redlicher Versicherungsnehmer an der Ge-heimhaltung sensibler Gesundheitsdaten.
Der Einwand der Revision, die 50
51
52
53
-
22
-

vom Versicherer erhobenen Daten könnten inhaltlich falsch sein und be-gründeten für den redlichen Versicherungsnehmer das Risiko, mit tat-sächlich nicht gegebenen [X.] konfrontiert und deshalb in einen langwierigen Rechtsstreit verwickelt zu werden, greift nicht durch. Die jeder Ermittlung anhaftende Möglichkeit eines falschen Ermittlungs-ergebnisses kann die Zulässigkeit der Ermittlung als solche nicht infrage stellen.

Dementsprechend geht auch die überwiegende Meinung in Recht-sprechung und Literatur zu Recht davon aus, § 213 [X.] stehe einer Da-tenerhebung zum Zwecke der Überprüfung vorvertraglicher Anzeigeob-liegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers nicht entgegen (OLG S[X.]rbrücken [X.], 1157, 1161; [X.] in [X.]/[X.], [X.]rivate Krankenversicherung 5. Aufl. § 213 [X.] Rn. 46; HK-[X.]/[X.], 3.
Aufl. § 213 [X.] Rn. 22; [X.] in Looschel[X.]/[X.]ohlmann, [X.] 3.
Aufl. §
213 [X.] Rn.
7; Wolf in Looschel[X.]/[X.]ohlmann, [X.] 2. Aufl. §
213 [X.] Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29. Aufl. § 213 Rn. 30; [X.] in Langheid/[X.], [X.] 5. Aufl. § 213 Rn. 13; [X.], [X.] durch Versicherungsun-ternehmen bei [X.] gemäß §
213 [X.] unter Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 2011 S.
135 f.; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 21 Rn. 32; [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. [X.] Rn. 33; [X.], [X.], 410, 412; [X.], [X.], 297, 299 f.; [X.], r+s 2008, 89, 93; [X.], [X.], 556; jedenfalls soweit konkreter Anfangsverdacht vorliegt: [X.] in [X.], 9.
Aufl. § 213
[X.] Rn. 36; [X.]/[X.], Das Neue [X.] kompakt 4. Aufl. Rn. 1460 f.; a.[X.], [X.], 810, 813; [X.].,
[X.], 553, 554; [X.]., [X.], 1304, 1306; [X.]., [X.], 1209, 1211).
54
-
23
-

Zwar
wird in der Literatur vereinzelt gefordert,
zwischen der als Versicherungsfall geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigung und dem Informationsbegehren des Versicherers müsse eine kausale Verbindung bestehen ([X.], [X.], 810, 813; [X.]., [X.], 1304, 1307; [X.]/[X.], [X.] 2009, 1370, 1375 f.). Dem kann aber schon deshalb
nicht gefolgt werden, weil eine solche Einschränkung der Datenerhebung im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze
findet und
jeden-falls das Recht des Versicherers, den Versicherungsvertrag im Fall
einer arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss nach §
123 BGB anzufechten, eine solche Kausalität
nicht voraussetzt.

(c) Soweit die Revision darauf verweist, der Versicherer
könne dann, wenn ihm konkrete, greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen [X.] Anzeigeobliegenheitsverletzung vorlägen, ohnehin von "seinem Recht Gebrauch machen und den Vertrag anfechten bzw. den Rücktritt erklären",
so dass er keiner weiteren Auskünfte mehr bedürfe, überzeugt dies bereits
deshalb nicht,
weil
es den Interessen beider [X.]arteien des Versicherungsvertrages
wi[X.]präche, dem
Versicherer eine fundierte Überprüfung des Sachverhalts im Wege der Datenerhebung zu verweh-ren und ihn auf diese Weise zu einem Rücktritt oder einer Arglistanfech-tung aufgrund eines bloßen Verdachts zu drängen.

(d) Ein die
Datenerhebung rechtfertigendes schutzwürdiges Inte-resse des Versicherers
lässt sich auch nicht mit der Erwägung vernei-nen, er könne durch Gestaltung der Antragsfragen und Umorganisation seines Vertriebs bereits die vorvertragliche Beschaffung der für ihn risi-korelev[X.]n Informationen mitgestalten. Eine [X.]flicht des Versicherers,
die Richtigkeit sämtlicher bei der Vertragsanbahnung erteilten Auskünfte des
Versicherungsnehmers -
so sie nicht ersichtlich unklar oder unvoll-55
56
57
-
24
-

ständig sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 5. März 2008 -
IV ZR 119/06, [X.], 668 Rn. 10
m.w.[X.]) -
bereits vor Vertragsschluss zu über-prüfen, sieht das Gesetz nicht vor.

(e) Der so verstandenen
Mitwirkungsobliegenheit des [X.] aus § 31 Abs. 1 [X.] steht auch nicht der allgemeine pro-zessuale Grundsatz
entgegen, dass derjenige, der aus
einer Rechtsnorm für sich günstige Rechtsfolgen herleiten möchte, deren Voraussetzungen darlegen und beweisen muss (a.[X.], [X.], 810, 818 f.; [X.]., [X.], 1209, 1218).
Diese Regel ist hier nicht einschlägig.

Denn im Unterschied zum Zivilprozess
wird das außergerichtliche Leistungsprüfungsverfahren des Versicherers vom Gedanken der koope-rativen Regulierung des Versicherungsfalles
getragen (vgl. [X.] in [X.], 9.
Aufl. § 31 [X.] Rn. 2 m.w.[X.]), der unter ande-rem in der gesetzlichen Informationsobliegenheit des Versicherungs-nehmers seine Ausprägung findet und seine Grundlage darin hat, dass
sich
das Versicherungsverhältnis in besonderem Maß auf das wechsel-seitige Vertrauen beider Vertragspartner gründet (vgl. Senatsurteil vom
13. März 2013

IV ZR 110/11, [X.], 609 Rn. 26).

(f) Schließlich greifen auch die in Teilen der Literatur erhobenen Bedenken nicht
durch, wonach es dem Versicherungsnehmer nicht [X.] sei, am Entzug seiner Ansprüche und Rechtsposition mitzuwir-ken (so: [X.], [X.], 1209, 1217).
Der im Strafprozessrecht be-deutsame Grundsatz, dass niemand sich selbst bezichtigen muss,
kann grundsätzlich nicht auf das Versicherungsvertragsrecht übertragen wer-den (vgl. Looschel[X.] in Looschel[X.]/[X.]ohlmann,
[X.] 2. Aufl. § 31 Rn.
15). Der Versicherungsnehmer hat auf entsprechendes Verlangen 58
59
60
-
25
-

des Versicherers
ihm bekannte Tatsachen selbst dann wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, wenn das
seinen eigenen Interessen wi-[X.]treitet, weil diese Tatsachen
es
dem Versicherer
erst ermöglichen, seine Leistungspflicht sachgerecht zu prüfen und sich gegebenenfalls auf Leistungsfreiheit zu berufen (Senatsurteile vom 13. Dezember 2006 -
IV ZR 252/05, [X.], 389 Rn. 14; vom 16. November 2005

[X.], [X.], 258 Rn. 13 m.w.[X.]).

b)
Seiner
nach all
dem bestehenden
Mitwirkungsobliegenheit hat der Kläger nicht genügt, weil
er sich weigerte, der [X.] die Be-schaffung der zur [X.]rüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverlet-zungen erforderlichen Gesundheitsdaten zu ermöglichen.
Dies
war nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte mehr verlangt hätte, als dem Kläger nach Maßgabe von §
22 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 der [X.] [X.]. § 31 Abs. 1 [X.] tatsächlich oblag.

[X.]) Entgegen der Auffassung der Revision ist es im Streitfall aus-nahmsweise ohne Belang, dass die Einholung aller bei den Krankenkas-sen des [X.] gespeicherten Behandlungsdaten, die bis in den Juni 2002 zurückreichen,
erheblichen Bedenken
begegnet. Nachdem
sich der Kläger ernsthaft und
endgültig geweigert
hatte, bei jedweder Erhebung von Gesundheitsdaten mitzuwirken, die nicht der Klärung des Versiche-rungsfalles, sondern der [X.]rüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheits-verletzungen dient,
erschien
ein gesondertes,
enger gefasstes Mitwir-kungsverlangen
der [X.], die in der vorgerichtlichen Korrespon-denz mit dem Kläger die Bereitschaft gezeigt hatte, über den Umfang der erforderlichen Schweigepflichtentbindung eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen,
letztlich
aussichtslos.
Insofern
kommt es hier aus-nahmsweise auch nicht darauf an, dass die Beklagte den Kläger nicht 61
62
-
26
-

auf die Möglichkeit der schrittweisen Schweigepflichtentbindung hinwies (vgl. oben [X.] (4) (c)), weil der Kläger durch sein Verhalten unzwei-felhaft zum Ausdruck brachte, dass er eine Datenerhebung zur Aufklä-rung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzungen grundsätzlich zurückweise.

bb) Gleiches gilt in Bezug auf die Frage, ob die geforderte Mitwir-kungshandlung dem Kläger im Sinne
des
§ 31 Abs.
1 Satz 2 [X.]
nicht zumutbar war, weil
die Beklagte
ihm
kein Verfahren ermöglicht hat, in dessen Rahmen er die begehrten Informationen selbst hätte beschaffen und an die Beklagte weiterleiten können
(vgl. hierzu: [X.] [X.], 1669 Rn. 60).
Auch insoweit war eine Aufforderung zur wahlwei-sen Mitwirkung des [X.] entbehrlich, weil er jegliche Datenerhebung zum Zwecke der [X.]rüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverlet-zungen ernsthaft und endgültig abgelehnt hatte.

c)
Anderes ergibt sich schließlich weder aus den "Verhaltensregeln für den Umgang mit personenbezogenen Daten durch die [X.]", die vom [X.] ([X.]) aufgestellt wurden, noch infolge einer von der [X.] während des Rechtsstreits in erster Instanz versandten "[X.] zur Erhebung und Verwendung von Gesundheitsdaten sowie zur Schweigepflichtentbindung".

Die Datenschutzregeln des [X.] sind für den Streitfall bereits [X.] ohne Belang, weil
sie erst im Revisionsverfahren vorgelegt worden sind und es daher an entsprechenden Feststellungen des Berufungsge-richts zu ihrem Inhalt fehlt (§ 559 Z[X.]O). Bei der
von der [X.] ver-sandten
Kundeninformation handelt es sich nach den
revisionsrechtlich 63
64
65
-
27
-

nicht zu beanstandenden Feststellungen des
Berufungsgerichts
um eine allgemein gehaltene Information ohne Bezug zur konkreten [X.].
Ein Verzicht der [X.] auf die hier beabsichtigte Datener-hebung ergibt sich daraus nicht.

[X.]

[X.]Harsdorf-Gebhardt

[X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2013 -
23 O 341/12 -

KG Berlin, Entscheidung vom 08.07.2014 -
6 [X.] -

Meta

IV ZR 289/14

22.02.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2017, Az. IV ZR 289/14 (REWIS RS 2017, 15192)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15192

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 289/14 (Bundesgerichtshof)

Berufsunfähigkeitsversicherung: Prüfung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheitsverletzung im Rahmen der Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs …


IV ZR 121/15 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 121/15 (Bundesgerichtshof)

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Zulässigkeit so genannter allgemeiner Schweigepflichtentbindungen; Arglistanfechtung des Versicherers bei Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage


IV ZR 292/14 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 551/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 289/14

IV ZR 292/14

IV ZR 353/14

IV ZR 242/13

I ZR 59/13

IV ZR 110/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.