Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 34/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7877

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Ankündigung der Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses als geschäftliche Handlung; Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf als Marktverhaltensregelungen; Vorrangregelung im Unterlassungsklagengesetz - Gewährleistungsausschluss im Internet


Leitsatz

Gewährleistungsausschluss im Internet

1. Die Ankündigung der Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses ist eine geschäftliche Handlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG .

2. § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB zählt zu den Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln .

3. Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 15. Januar 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien handeln mit gebrauchten Elektroartikeln, die sie über das [X.] vertreiben.

2

Der Beklagte, der als gewerblicher Verkäufer bei [X.] registriert ist, bot über diese [X.]plattform im Juni 2006 gebrauchte Software und medizinische Geräte mit dem Hinweis an: "Ob eine Umlizenzierung bzw. Umschreibung möglich ist, wissen wir nicht, daher verkaufen wir die Software wie oben beschrieben ohne Garantie und Gewährleistung".

3

Die Klägerin hat den Gewährleistungsausschluss wegen eines Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für unwirksam gehalten. Sie hat behauptet, vom Beklagten aufgrund seines Angebots vom 23. November 2005 bei [X.] unter ihrer nicht als Gewerbetreibende registrierten Benutzerkennzeichnung "G." einen Telefonapparat "Siemens optiset E Standard" erworben zu haben. In dem Angebot habe der Beklagte ebenfalls einen Gewährleistungsausschluss vorgesehen.

4

Die Klägerin hat den Beklagten deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

5

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, er verkaufe nur an Gewerbetreibende und weise auf diesen Umstand in seinen Angeboten hin.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten nach dem Unterlassungsantrag verurteilt ([X.], [X.]. v. 15.1.2008 - 20 U 108/07, juris).

7

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils begehrt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für zulässig und gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 [X.] (2004) i.V. mit § 475 Abs. 2 [X.] für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

9

Ein missbräuchliches Verhalten der Klägerin [X.] von § 8 Abs. 4 [X.] im Hinblick auf ihre Abmahntätigkeit liege nicht vor. Die Klägerin sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 [X.] aktivlegitimiert. Zwischen den [X.]en bestehe ein konkretes [X.]verhältnis.

Der im Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 über einen Telefonapparat vorgesehene Gewährleistungsausschluss verstoße gegen § 475 Abs. 2 [X.]. Das Angebot richte sich auch an Verbraucher. Die Klägerin habe das Telefon unter ihrer Benutzerkennzeichnung "G. " erworben, die nicht für eine gewerbliche Teilnahme bei [X.] registriert gewesen sei. Das Verhalten des [X.]n sei wettbewerbswidrig. Er habe durch den Verstoß gegen § 475 Abs. 2 [X.] einer gesetzlichen Vorschrift [X.] von § 4 Nr. 11 [X.] zuwidergehandelt. Der Verstoß sei auch nicht als eine nur unerhebliche Beeinträchtigung zu werten. Der Unterlassungsanspruch sei nicht verjährt. Der [X.] habe die Verjährungseinrede nicht wirksam erhoben.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die Feststellungen, nach denen der Klägerin der Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 [X.] 2004 i.V. mit § 475 [X.] zusteht, nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterlassungsklage nicht wegen missbräuchlicher Geltendmachung des Abwehranspruchs nach § 8 Abs. 4 [X.] unzulässig ist. Im Streitfall sind keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung durch die Klägerin vorhanden. Sie hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich drei Abmahnungen gegen Dritte ausgesprochen. Das reicht für eine massenhafte Abmahntätigkeit nicht aus, die in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur eigenen gewerblichen Tätigkeit des Gläubigers steht und eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung [X.] von § 8 Abs. 4 [X.] begründen kann. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünde der Unterlassungsanspruch aufgrund des Angebots des [X.]n vom 23. November 2005 über den Telefonapparat der Marke [X.] aufgrund des vorgesehenen [X.] zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der [X.] hat zwar mit diesem Angebot eine geschäftliche Handlung [X.] des § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorgenommen (dazu unter [X.]), die der Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuwiderläuft (dazu unter [X.]). § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist eine gesetzliche Vorschrift [X.] von § 4 Nr. 11 [X.], die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (dazu unter [X.]). Das Verhalten des [X.]n war auch zum [X.]punkt der Verletzungshandlung im November 2005 unlauter (dazu unter [X.] e) und stellt keinen Bagatellverstoß dar (dazu unter [X.] f). Das Berufungsgericht hat jedoch verfahrensfehlerhaft die vom [X.]n erhobene Einrede der Verjährung nach § 11 [X.] unberücksichtigt gelassen (dazu unter [X.] g).

a) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch darauf gestützt, dass das Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 einen wettbewerbsrechtlich unzulässigen Gewährleistungsausschluss vorsah. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum [X.]punkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Soweit der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, besteht er allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur [X.] seiner Begehung wettbewerbswidrig war ([X.], 188 [X.]. 18 - Jugendgefährdende Medien bei [X.]; 175, 238 [X.]. 14 - ODDSET).

Das zur [X.] der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise des [X.]n geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.] I, S. 1414; nachfolgend [X.] 2004) ist Ende 2008, also nach der Verkündung des Berufungsurteils, geändert worden. Diese - der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken dienende - Gesetzesänderung ist für den Streitfall im Ergebnis ohne Bedeutung.

Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des [X.] geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie; [X.], [X.]. v. 14.1.2010 - [X.]/08, [X.], 244 [X.]. 41 = [X.], 232 - Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.]/[X.]). Sie regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend ([X.], [X.]. v. 23.4.2009 - [X.]/07 und 299/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 599 [X.]. 51 - [X.]/[X.]). Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 [X.] grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffende Regelung - hier die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] - eine Grundlage im Unionsrecht hat (vgl. Erwägungsgrund 15 Satz 2 der Richtlinie 2005/29/[X.]). Dies ist hinsichtlich der Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Fall.

Die Vorschrift des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzt Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ([X.]. Nr. L 171, [X.]) um. Sie hat somit ihre Grundlage im Unionsrecht. Die Anwendung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird durch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken daher nicht berührt (vgl. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Zudem wi[X.]pricht eine Geschäftspraxis, die der in Umsetzung des Unionsrechts erlassenen nationalen Vorschrift des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] entgegensteht, regelmäßig den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt (Art. 5 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/29/[X.]). Unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2005/29/[X.] ist eine derartige Geschäftspraxis daher unlauter.

b) Der [X.] hat mit der angekündigten Vereinbarung eines [X.] eine geschäftliche Handlung [X.] des § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorgenommen. Er hat mit dem Ziel gehandelt, zugunsten seines Unternehmens den Absatz von Waren zu fördern, ohne dass es darauf ankommt, ob sich dieses Verhalten vor, bei oder nach Geschäftsabschluss auswirkt. Die Vereinbarung eines [X.] ist geeignet, dem Unternehmer Kosten zu ersparen, indem er Verbraucher durch einen - wenn auch nicht durchsetzbaren - Gewährleistungsausschluss davon abhält, seine Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Der Unternehmer kann dadurch in die Lage versetzt werden, günstigere Preise zu kalkulieren. Die angegriffene Klausel ist deshalb geeignet, den Absatz der Waren zu fördern.

c) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der in dem Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 vorgesehene Gewährleistungsausschluss auf eine Vereinbarung gerichtet ist, die zwingenden Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht entspricht.

aa) Nach § 474 Abs. 1 Satz 1 [X.] gilt § 475 [X.], wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft (Verbrauchsgüterkauf). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich das Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 auch an Verbraucher [X.] von § 13 [X.] richtete. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

(1) Der [X.] hat zwar geltend gemacht, nur an Gewerbetreibende zu verkaufen und in seinen Angeboten auf diesen Umstand hinzuweisen. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 einen entsprechenden Hinweis enthielt. Es hat den Hinweis des [X.]n zu Recht schon deshalb nicht als ausreichend angesehen, weil der [X.] im [X.] an die Angabe, nur an Gewerbetreibende zu verkaufen, den Zusatz angebracht hat "Für [X.] gilt das handelsübliche 30-tägige Widerrufs- und Rückgaberecht". Daraus konnte das durch das Angebot angesprochene Publikum den Schluss ziehen, der [X.] sei gleichwohl bereit, auch an Privatpersonen zu verkaufen.

(2) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der [X.] im November 2005 auch keine Vorkehrungen dagegen getroffen, dass Verbraucher Kaufangebote auf für Gewerbetreibende bestimmte Artikel abgaben. Das Berufungsgericht hat dies daraus gefolgert, dass die Klägerin nach ihrer Behauptung das Telefon der Marke [X.] unter ihrer nicht für eine gewerbliche Teilnahme registrierten Benutzerkennzeichnung "G. " vom [X.]n bei [X.] erworben hatte. Der [X.] hatte diesen Vortrag der Klägerin zwar mit Nichtwissen bestritten. Das Bestreiten des [X.]n mit Nichtwissen war jedoch gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, weil der Vertragsschluss mit der Klägerin eine eigene Handlung des [X.]n betraf (vgl. [X.], [X.]. v. 19.4.2001 - I ZR 238/98, [X.], 190, 191 = [X.], 1328 - [X.], m.w.N.).

bb) Dem in dem Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 enthaltenen Gewährleistungsausschluss steht die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] entgegen. Danach kann sich der Unternehmer nicht auf eine Vereinbarung berufen, durch die die Rechte des Käufers bei Mängeln der Sache aus § 437 [X.] ausgeschlossen worden sind. Davon ist das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls ausgegangen. Es hat zwar auf die Vorschrift des § 475 Abs. 2 [X.] abgestellt, der die Erleichterung der Verjährung durch Rechtsgeschäft beim Verbrauchsgüterkauf regelt. Für die Beurteilung der Rechtsfolgen des [X.] in dem in Rede stehenden Angebot des [X.]n ist dies jedoch ohne Bedeutung. Die Revision erinnert in diesem Zusammenhang auch nichts.

d) Die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] zählt zu den Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln.

aa) Die Vorschrift des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht eine einem Klauselverbot jedenfalls vergleichbare Regelung vor. Zwar enthält § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht ausdrücklich ein Verbot einer von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften abweichenden Vereinbarung. Nach dem Wortlaut des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann sich der Unternehmer nur auf eine entgegen § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] getroffene Vereinbarung nicht berufen. Das ändert aber nichts daran, dass eine § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] entgegenstehende Vereinbarung nicht zulässig ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 475 [X.] 5; [X.]/[X.], [X.] [2004], § 475 [X.] 37). Die Formulierung in § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach der Unternehmer sich auf eine abweichende Vereinbarung nicht berufen kann, ist lediglich gewählt worden, um klarzustellen, dass der Kaufvertrag mit seinen sonstigen Pflichten wirksam bleibt (vgl. [X.]ussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/7052, S. 199).

In der Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Klauselverbote enthalten, zu den Marktverhaltensregeln [X.] des § 4 Nr. 11 [X.] zu zählen sind. Im Vordergrund der Erörterung steht die Frage der Unlauterkeit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. [X.] nicht standhalten. Die Überlegungen gelten aber auch für § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsprechend.

bb) Teilweise wird angenommen, es handele sich um Bestimmungen, die erst nach Vertragsschluss bei der Abwicklung des Vertrags anwendbar seien und die nur auf die Regelung von [X.] gerichtet seien. Für diese wird - jedenfalls unter Geltung des [X.] 2004 - im Regelfall eine das Marktverhalten bestimmende Funktion verneint (vgl. [X.], 287, 288; [X.] [X.], 285; [X.] in Piper/[X.]/Sosnitza, [X.], 5. Aufl., § 4 [X.] 11.78; zurückhaltend auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 [X.] 82; [X.], GRUR 2003, 817, 823 [X.]. 59; [X.], [X.], 1307, 1314).

Die Gegenansicht sieht die Klauselverbote der §§ 307 ff. [X.] regelmäßig als das Marktverhalten regelnde Vorschriften [X.] von § 4 Nr. 11 [X.] an und verneint eine abschließende Regelung durch das Unterlassungsklagengesetz ([X.], [X.]. v. 30.3.2006 - 4 U 3/06, juris; [X.], [X.]. v. 5.6.2007 - 20 U 176/06, juris; [X.], 308; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 28. Aufl., § 4 Nr. 11 [X.] 11.156e; [X.]., [X.], 177, 181; Fezer/[X.], [X.], 2. Aufl., § 4-11 [X.] 159; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 Nr. 11 [X.] 69; [X.] in [X.], jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 [X.] 190; MünchKomm.[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 [X.] 30; [X.] in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 4 Nr. 11 [X.] [X.] 11; [X.], [X.], 257, 258; [X.], [X.], 1035, 1042).

cc) Für die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Vorschrift eine Marktverhaltensregelung [X.] des § 4 Nr. 11 [X.] darstellt. Die Bestimmungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dienen neben der Stärkung des Vertrauens der Verbraucher und der Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus dem Abbau von [X.]verzerrungen und der besseren Nutzung der Vorzüge des Binnenmarkts und der neuen Fernkommunikationstechniken (Erwägungsgründe 1 und 3 bis 5). Diesen Zwecken dient § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.], der Art. 7 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie umsetzt. Die Vorschrift des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat daher eine auf die Lauterkeit des [X.] bezogene Schutzfunktion. Gleiche Zielsetzungen verfolgt nach dem Erwägungsgrund 4 auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Zu Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang weiter darauf abgestellt, dass die Vereinbarung eines [X.] geeignet ist, dem Unternehmen Kosten zu ersparen, indem der Verbraucher durch einen - wenn auch nicht wirksamen - Gewährleistungsausschluss davon abgehalten werden kann, seine Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Derartige Klauseln sind daher grundsätzlich geeignet, den Verbraucher daran zu hindern, eine informationsgeleitete Entscheidung zu treffen.

dd) Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 11 [X.] ist nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen. Danach kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zuwiderhandelt. Anspruchsberechtigt sind nach § 3 Abs. 1 [X.] näher bestimmte Einrichtungen, Verbände oder Kammern und nicht Mitbewerber des in Anspruch genommenen Unternehmens. Eine ausdrückliche Vorrangregelung lässt sich aber weder dem Unterlassungsklagengesetz noch dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb entnehmen. Das Unterlassungsklagengesetz stellt kein in sich geschlossenes Rechtsschutzsystem dar. Aus ihm ergibt sich auch nichts dafür, dass Mitbewerber von der Bekämpfung von Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze, die im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen stehen, ausgeschlossen sein sollen (vgl. [X.], 283; KG [X.], 291, 292; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 4 [X.] 11.17; [X.]., [X.], 177, 178; Fezer/[X.] aaO § 4-11 [X.] 159; MünchKomm.[X.]/Schaffert, § 4 Nr. 11 [X.] 30; [X.], [X.], 257, 258; a.A. [X.], 287, 288).

ee) Die für den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] erforderliche Wiederholungsgefahr liegt ebenfalls vor. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin auf der Grundlage des Angebots des [X.]n vom 23. November 2005, das einen Gewährleistungsausschluss enthielt, das Telefon der Marke [X.] erworben hat. Dem Kaufvertrag der [X.]en über dieses Telefon liegt damit ein Gewährleistungsausschluss zugrunde, der der Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V. mit § 437 [X.] zuwiderläuft. Diese Vereinbarung und nicht erst ein Verhalten, mit dem sich der [X.] auf den Gewährleistungsausschluss entgegen § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] beruft, stellt eine Verletzungshandlung dar, die die Vermutung der Wiederholungsgefahr begründet.

e) Das Verhalten des [X.]n ist auch nach dem zum [X.]punkt der Verletzungshandlung im November 2005 geltenden Recht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 [X.] 2004 i.V. mit § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] wettbewerbsrechtlich unlauter. Das Angebot vom 23. November 2005 mit der Klausel über den Gewährleistungsausschluss ist auf den Absatz eines Produkts der [X.]n gerichtet. Es ist eine [X.]handlung [X.] von § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.] 2004. Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Unabdingbarkeit von Gewährleistungsvorschriften regelt, die in erster Linie die Abwicklung bereits geschlossener Verträge betreffen. Derartige Klauseln sind - auch wenn sie nicht durchsetzbar sind - geeignet, den Absatz der Waren des [X.]n durch eine kostengünstige Kalkulation zu fördern (dazu [X.]). Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 [X.] 2004 i.V. mit § 475 Abs. 1 Satz 1 [X.] gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend (dazu [X.] und d).

f) Das danach sowohl nach dem [X.] 2004 als auch nach den zur [X.] maßgeblichen Bestimmungen des [X.] verbotswidrige Verhalten des [X.]n ist im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen kein Bagatellverstoß [X.] von § 3 [X.] 2004, § 3 Abs. 1 und 2 [X.].

g) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung nicht gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnet und den [X.]n dadurch daran gehindert hat, die Einrede der Verjährung im Prozess geltend zu machen.

aa) Das Berufungsgericht hat seine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO verletzt. Nach dieser Vorschrift sind Hinweise so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Das Berufungsgericht hat den [X.]n jedoch erst in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, der Entscheidung das Angebot vom 23. November 2005 und den darin enthaltenen Gewährleistungsausschluss zugrunde zu legen, und dass das Bestreiten des [X.]n mit Nichtwissen zum Vortrag der Klägerin unbeachtlich gewesen sei.

(1) Ob der Hinweis - wie die Revision geltend macht - schon nicht ordnungsgemäß aktenkundig gemacht und deshalb nicht verfahrensfehlerfrei erteilt wurde, kann offenbleiben. Das Berufungsgericht hatte den Hinweis an den [X.]n weder protokolliert noch lässt sich den [X.]eilsgründen entnehmen, warum dies versehentlich unterblieben ist (vgl. hierzu [X.]Z 164, 166, 172 f.).

(2) Jedenfalls hätte das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnen müssen.

Gemäß § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO sind Hinweise grundsätzlich so frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung zu erteilen, dass die [X.] Gelegenheit hat, ihre Prozessführung hierauf einzurichten. Erteilt das Gericht den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der [X.] Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren. Kann eine sofortige Äußerung nach den Umständen nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht geschlossen werden. Das Gericht muss dann die mündliche Verhandlung vertagen, in das schriftliche Verfahren übergehen oder der [X.] auf ihren Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist einräumen. Unterlässt das Gericht die gebotene prozessuale Reaktion und erkennt es aus einem nicht nachgelassenen Schriftsatz der betroffenen [X.], dass diese sich offensichtlich in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend hat erklären können, ist gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (st. Rspr.; [X.], [X.]. v. 7.10.1992 - [X.], NJW 1993, 134; [X.]. [X.] - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124 f.; [X.]. v. 15.2.2005 - XI ZR 144/03, [X.], 700; [X.]. v. 18.9.2006 - [X.], NJW-RR 2007, 412 [X.]. 4; [X.], [X.]. v. 18.12.2008 - VII ZR 200/06, [X.], 681 [X.]. 7).

bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Es hat den [X.]n nicht so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Klägerin zu dem Angebot vom 23. November 2005 rechtserheblich und das Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig war. Eine Äußerung in der mündlichen Verhandlung zu dem mehr als zwei Jahre zurückliegenden Angebot konnte vom [X.]n angesichts der geringen wirtschaftlichen Bedeutung des Angebots und der in einem Unternehmen vielfach vorkommenden Geschäftsvorfälle nicht erwartet werden. Zudem waren Grundlage des landgerichtlichen [X.]eils nur vermeintliche Verletzungshandlungen des [X.]n aus dem [X.]raum Juni und Juli 2006. Auf das Angebot des [X.]n vom 23. November 2005 war die Klägerin in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz nur als Indiz dafür eingegangen, dass der [X.] Verbrauchern gebrauchte Ware unter Ausschluss der Gewährleistung anbot. Es war daher auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht auszuschließen, dass der [X.] weiterhin davon ausging, dass nur [X.]verstöße aus dem [X.]raum Juni und Juli 2006 Gegenstand des Streits der [X.]en waren. In einer solchen Situation musste sich dem Berufungsgericht aufdrängen, dass es die mündliche Verhandlung nicht schließen durfte, ohne sich zu vergewissern, dass der [X.] nicht - auch nicht innerhalb nachgelassener Schriftsatzfrist - weiter vortragen wollte. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass dies nicht geschehen ist. Denn nach Meinung des Berufungsgerichts ist es nach einem in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis allein Sache der betroffenen [X.], sich die Möglichkeit weiteren Vortrags durch Stellung eines Antrags auf Gewährung einer Schriftsatzfrist nach § 139 Abs. 5 ZPO offenzuhalten.

Hätte das Berufungsgericht, wie dies danach geboten war, auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des [X.]n vom 18. Dezember 2007 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, hätte er die Einrede der Verjährung angebracht. Diese wäre nach § 11 Abs. 1 und 2 [X.] auch begründet gewesen, weil der Lauf der Verjährung des Unterlassungsanspruchs nach § 11 Abs. 2 [X.] am 23. November 2005 begann und nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 11 Abs. 1 [X.] gehemmt wurde und die Verjährungsfrist auch nicht erneut nach § 212 [X.] zu laufen begann.

III. Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dem [X.] ist eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt, weil die Einrede der Verjährung nicht erstmals in der Revisionsinstanz erhoben werden kann ([X.]Z 1, 234, 239).

[X.]     

        

Pokrant     

        

Büscher

        

Bergmann     

        

Koch     

        

Meta

I ZR 34/08

31.03.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 15. Januar 2008, Az: I-20 U 108/07, Urteil

§ 2 Abs 1 Nr 1 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 8 Abs 4 UWG, § 475 Abs 1 S 1 BGB, § 139 Abs 4 ZPO, § 156 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 2 Abs 1 S 1 UKlaG, § 2 Abs 2 Nr 1 UKlaG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 34/08 (REWIS RS 2010, 7877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7877

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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