Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 14/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 432

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 14/12
Verkündet am:

12. Dezember 2012

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 309 Nr. 9 Buchst.
a
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Energieversorgungsunterneh-men in [X.] mit Endverbrauchern verwendet, verstößt die [X.]
"Der Vertrag hat eine Erstlaufzeit von einem Jahr. Die Erstlaufzeit be-ginnt mit dem in der Auftragsbestätigung genannten Lieferbeginn."
nicht gegen § 309 Nr. 9 Buchst. a [X.].
[X.], Urteil vom 12. Dezember 2012 -
VIII ZR 14/12 -
[X.]

[X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom
12. Dezember
2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Milger, [X.] Achilles, die Richterin [X.] und
[X.]
Bünger
für Recht erkannt:

Auf die Revision
des [X.] wird -
unter Zurückweisung der Re-vision im Übrigen -
das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 9. Dezember 2011
im Kostenpunkt und inso-weit aufgehoben, als die Berufung des [X.] gegen das Urteil
der 25. Zivilkammer des [X.] vom 14. Januar 2011 hinsichtlich der Untersagung der Verwendung der [X.] in Ziffer 7
Satz 3
(Zutrittsgestattung) der [X.] Naturstrom der [X.] zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil der 25. Zivilkammer des [X.] vom 14. Januar 2011
teilweise dahin-gehend abgeändert, dass die Beklagte auch verurteilt wird, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzuset-zenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000

d-nungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an dem Vorstand, zu unterlassen, bei [X.], die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgende
-
nicht in eckige Klammern gesetzte -
Bestimmung
oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Ver-träge, geschlossen nach dem 1. April 1977, wie geschehen in dem

-
3 -
Antragsformular nebst Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] für den Tarif R.

,
zu berufen:
"[7
Wie wird mein Zählerstand abgelesen?

Bitte lesen Sie auf schriftliche Anfrage der R.

Ihren Zähler-stand selbst ab. Werden die Messeinrichtungen von Ihnen nicht abgelesen, kann R.

auf Ihre Kosten die Ablesung selbst vor-nehmen, den Verbrauch schätzen oder einen Dritten mit der Able-sung beauftragen.] Zu diesem Zweck müssen Sie R.

oder dem Beauftragten den Zutritt zu Ihren Räumen gestatten."
Die Kosten der ersten beiden Rechtszüge haben
die Beklagte zu ¾ und der Kläger zu ¼ zu tragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach §
4 Abs.
1 [X.] eingetragener [X.]. Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie legt [X.] mit Endverbrauchern ihre "Allgemeinen Geschäftsbedingungen R.

Naturstrom"
zugrunde. Der Kläger hält -
soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeu-tung
-
die nachfolgenden Bestimmungen mit Ausnahme der in eckige Klammern gesetzten Teile für unwirksam.
1

-
4 -
"[2 Wie kommt mein Vertrag zustande und ab wann bekomme ich Strom von R.

?
2.3]
Der Stromliefervertrag kommt zustande, sobald R.

Ihnen in ei-nem weiteren Schreiben (bzw. bei Auftragserteilung gemäß 2.2 ggf. auch per E-Mail) das Zustandekommen bestätigt und den verbindlichen Lieferbeginn mitteilt. [Wenn Ihr Auftrag bis zum 15. eines Monats bei R.

eingegangen ist, beginnt die Stromlieferung in der Regel am 1.
des übernächsten Monats. Voraussetzung ist allerdings, dass [X.] vor Lieferbeginn beendet werden konnte.]
[4 Wie lang ist die Laufzeit meines Vertrages?]
Der Vertrag hat eine Erstlaufzeit von einem Jahr. Die Erstlaufzeit beginnt mit dem in der Auftragsbestätigung
genannten Lieferbeginn.
[7 Wie wird mein Zählerstand abgelesen?
Bitte lesen Sie auf schriftliche Anfrage der R.

Ihren Zählerstand selbst ab. Werden die Messeinrichtungen von Ihnen nicht abgelesen, kann R.

auf Ihre Kosten die Ablesung selbst vornehmen, den Verbrauch schätzen oder einen Dritten mit der Ablesung beauftragen.] Zu diesem Zweck müssen Sie R.

oder dem Beauftragten den Zutritt zu Ihren Räumen gestatten."
Der Kläger wendet sich also
gegen die [X.]n in Ziffer 2.3
Satz 1
(im Folgenden: [X.] 1), Ziffer 4 (im Folgenden: [X.] 2) und Ziffer 7 Satz 3 (im Folgenden: [X.] 3).
Er
hat
die Beklagte
darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die vorstehend bezeichneten drei [X.]n sowie fünf weitere [X.]n als All-gemeine Geschäftsbedingungen in mit Verbrauchern geschlossene [X.] einzubeziehen sowie sich bei der Abwicklung derartiger, nach dem 1. April 1977 geschlossener Verträge auf diese Bestimmungen zu berufen.
Hinsichtlich der vorstehend bezeichneten [X.]n ist die Klage in beiden [X.] erfolglos geblieben.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren
weiter. Die Beklagte, die beim Berufungsgericht hinsichtlich der übrigen fünf [X.]n unterlegen ist, 2
3

-
5 -
hat ihrerseits Revision eingelegt, diese aber vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat zum Teil
Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht
([X.], [X.] 2012, 548 ff.)
hat zur Begrün-dung seiner Entscheidung
-
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse -
im Wesentlichen ausgeführt:
Die Berufung des [X.] hinsichtlich der [X.]n 1, 2 und 3 sei unbe-gründet.
Keine dieser drei [X.]n sei nach §§ 307 ff. [X.] unwirksam.
[X.] Nr. 1 verstoße weder gegen § 308 Nr. 1 [X.] noch gegen §
307 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit § 147 Abs. 2 [X.], da sie keine Regelung zur
Annahmefrist
treffe, sondern lediglich das
Zustandekommen des Vertrages
regele. Sie
bestimme nicht ausdrücklich, dass der Kunde bis zur Auftragsbestä-tigung an sein Angebot gebunden bleibe. Ein derartiger Inhalt ergebe sich auch
nicht bei
verbraucherfeindlichster
Auslegung. Der
rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde, auf dessen Horizont bei der Auslegung abzustellen sei,
verstehe die [X.] lediglich dahingehend, dass ein Vertragsschluss eine [X.]sbestätigung der [X.] (schriftlich oder per E-Mail) voraussetze. Hierfür spreche auch die eindeutige Überschrift "Wie kommt mein Vertrag zustande und ab wann bekomme ich Strom von der
R.

?".
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Verwendung des Begriffes "sobald". Anders als [X.] die Konjunktion "solange"
bedeute die Konjunktion "sobald"
nicht, dass 4
5
6
7

-
6 -
bis zu dem Eintritt eines Ereignisses ein Zustand (hier die Bindung des Kunden) perpetuiert werde.
Sie sei vielmehr vergleichbar mit der Konjunktion "wenn", die lediglich eine Bedingung setze.
Auch aus einer Zusammenschau mit dem wei-teren Inhalt der [X.], wonach die Stromlieferung bei einem Auftragseingang bis zum 15. eines Monats in der Regel am 1. des übernächsten Monats begin-ne, ergebe sich keine abweichende Deutung. Denn diese Regelung beziehe sich
nach ihrem eindeutigen Wortlaut und aus der Sicht eines durchschnittli-chen Haushaltskunden nur auf den Beginn der Leistung, nicht aber auf den [X.].
[X.] Nr. 2 verstoße nicht gegen § 309 Nr. 9
Buchst. a [X.]. Die Aus-legung
des
[X.], aus dieser [X.] könne sich eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren ergeben, weil es denkbar sei, dass die Stromlieferung erst mehr als zwölf Monate nach Vertragsschluss beginne und die daran angeknüpfte Vertragslaufzeit von einem Jahr dann insgesamt den zulässigen Rahmen von zwei Jahren ab Vertragsschluss überschreite, sei lebensfremd. Jedem durch-schnittlichen Haushaltskunden
sei die existentielle Bedeutung von Strom für seinen Haushalt und seine Lebensführung bewusst. Ihm sei weiter klar, dass ein Stromversorger bereits aus ureigensten
Interessen
so bald als
möglich mit der Stromlieferung beginnen werde und dass ein [X.]raum von mehr als einem Jahr zwischen Vertragsschluss und Stromlieferung schlichtweg nicht denkbar sei. Angesichts dessen könne dahinstehen, ob einem Verstoß gegen §
309 Nr.
9
Buchst. a [X.] das seitens der [X.] eingeräumte zweiwöchige Wi-derrufsrecht entgegenstehe.
[X.] Nr. 3 verstoße nicht gegen § 307 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit Art. 13 GG.
Sie könne auch bei kundenfeindlichster Auslegung nicht [X.] verstanden werden, dass der Kunde der [X.] jederzeit und auch ohne vorherige Anmeldung Zutritt zu seinen Räumlichkeiten zu gewähren habe. 8
9

-
7 -
Es sei [X.], dass ein Stromversorger einen Ablesetermin entweder schriftlich ankündige oder bei einem Besuch ohne vorherige Ankündigung die Räumlichkeiten gegen den Willen des [X.]/Vertragskunden nicht betreten
dürfe, sondern sich auf einen anderen Termin verweisen lassen [X.].
Jede andere Auslegung sei lebensfremd.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht hat
die [X.] Nr. 3 rechtsfehlerhaft als wirksam beurteilt. Zu
Recht hat es dagegen angenommen, dass die [X.]n Nr. 1 und 2 nicht zu beanstanden sind; insoweit ist die Revision zurückzuweisen.
1. [X.] 1

Ohne Erfolg rügt die Revision, die [X.] 1 verstoße gegen §
308
Nr. 1 [X.], weil sich der Verwender nicht hinreichend bestimmte Fristen für die [X.] oder Ablehnung des Vertragsangebots
des Kunden
vorbehalte. Das ist
-
wovon das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgeht
-
nicht der Fall. Die [X.] ist
auch nicht gemäß
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit §
147 Abs. 2 [X.]
unwirksam.
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und [X.] Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise be-teiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismög-lichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (Senatsurteile vom 21. Oktober 2009 -
VIII ZR 244/08, [X.], 27
Rn.
11; vom 24. März 2010 -
VIII ZR 122/08, [X.], 1283 Rn. 19; [X.], Urteil vom 29.
April 2008 -
KZR 2/07, [X.]Z 176, 244 Rn. 19). Zweifel bei der 10
11
12
13

-
8 -
Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 [X.] zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel führt im [X.] dazu, dass bei einer mehrdeutigen [X.] von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der [X.] führt ([X.], Urteile vom 21. April 2009 -
XI [X.], [X.]Z 180, 257 Rn. 31; vom 29. April 2008 -
KZR 2/07, aaO; [X.] vom 27. September 2000 -
VIII ZR 155/99, [X.]Z 145, 203, 223).
b) Entgegen der Auffassung der Revision
verstößt die [X.]
1
nicht gegen § 308 Nr. 1 [X.]. Dabei kann dahin stehen, ob die [X.] -
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
nach kundenfeindlichster Auslegung eine zeitliche Bindung des Kunden an sein Belieferungsangebot voraussetzt. Denn selbst in diesem Fall beschränkte sich die [X.] -
wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für eine im Wesentlichen inhaltsgleiche [X.] entschie-den hat (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, [X.], 2064 Rn. 17 ff.)
-
bei der gebotenen Zusammenschau mit den übrigen in Ziffer 2.3 der [X.] Geschäftsbedingungen der [X.] getroffenen Regelungen
auf eine

Wiedergabe der vorliegend für die Bestimmung der Annahmefrist nach §
147 Abs. 2 [X.] maßgeblichen Umstände und bindet dadurch den Kunden weder unangemessen lange noch für eine nicht hinreichend bestimmte [X.]-dauer.
Insofern benachteiligt die
[X.] die Kunden der [X.] auch nicht unangemessen im Sinne des §
307 Abs. 2 Nr. 1
[X.].
aa) Eine die Annahme eines Angebots behandelnde [X.] kann nicht nach §
308 Nr. 1 [X.] als zu unbestimmt beanstandet werden, wenn sie sich auf eine Wiedergabe des [X.] des § 147 Abs. 2 [X.] beschränkt und die Annahmefrist davon abhängig macht, wann der Antragende den [X.] der Antwort unter den ihm bekannten oder in der [X.] bekannt [X.] regelmäßigen Umständen erwarten darf (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn. 18
mwN).
Dazu sind alle die Antwort möglich-14
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-
9 -
erweise verzögernden Umstände zu berücksichtigen, die dem Antragenden [X.] sind oder mit denen er zumindest rechnen muss (Senatsurteil vom 18.
Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO; [X.], Urteil vom 19. Dezember 2007
-
XII ZR 13/06, [X.], 849 Rn. 21 mwN). Solche Umstände können sich auch aus dem Zusammenhang eines Gesamtklauselwerks -
hier insbesondere aus den übrigen Bestimmungen in der Ziffer 2.3 der [X.] -
ergeben. Denn auch in dem Verfahren nach dem [X.] ist eine [X.] vor dem Hintergrund des gesamten [X.] auszulegen und darf nicht aus einem ihre Beurteilung mit beeinflussenden Zusammenhang gerissen werden (Senatsurteil vom 14. März 2012 -
VIII ZR 202/11, [X.], 1036 Rn. 19).
Hier sind für den Kunden aus den Bestimmungen in Ziffer 2.3 der [X.] Geschäftsbedingungen die wesentlichen
Voraussetzungen und der re-gelmäßige zeitliche Ablauf des [X.] nach § 14 der Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen ([X.] -
StromNZV) vom 25.
Juli 2005 ([X.]l. [X.]) ersichtlich. Damit wird ihm vor Augen geführt, wann die Vertragsbestätigung der [X.]
erfolgen wird und wie lange er daher in diesem Regelfall an seinen Antrag ge-bunden ist (Senatsurteil vom 18.
Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO).
bb) Die so konkretisierte Bindungsfrist ist hinreichend bestimmt. An einer hinreichenden Bestimmtheit fehlt es zwar, wenn der Kunde nicht in der Lage ist, die Bindungsfrist zu berechnen, weil ihr Beginn oder Ablauf ausschließlich oder zusätzlich von einem Ereignis abhängt, das in der Einfluss-
oder Kenntnissphä-re des Verwenders liegt ([X.], Urteile vom 6. Dezember 1984 -
VII ZR 227/83, [X.], 199 unter [X.]; vom 24. März 1988 -
III ZR 21/87, [X.], 607 un-ter [X.]; vom 23. Februar 1989 -
VII ZR 89/87, [X.]Z 107, 75, 79). Hier sind es aber Umstände aus der Sphäre des Kunden, nämlich die Bedingungen des 16
17

-
10 -
[X.] des Kunden mit seinem Vorlieferanten,
die den ent-scheidenden Einfluss auf den Lauf und damit die Bemessung der Bindungsfrist haben (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn. 20).
cc) Die Beklagte hat sich in der [X.],
soweit diese
eine Aussage zur Antragsbindung des Kunden enthält, auch keine unangemessen lange Frist für die Annahme oder die Ablehnung des Angebots des Kunden vorbehalten. Denn die Annahmefrist, die sich in der Regel zusammensetzt aus der [X.] an den Empfänger, für dessen Bearbeitungs-
und Überlegungszeit sowie für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden, ist nicht starr, sondern kann sich bei Vorliegen absehbarer Verzögerungen, die ein verständiger Antragsteller billigerweise in Rechnung zu stellen pflegt, verlän-gern (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn. 21; [X.], Urteil vom 11. Juni 2010 -
V [X.], [X.], 1514 Rn. 11 f. mwN).
Diese Umstände, die der [X.] eine Entscheidung über die
Erfüll-barkeit des
ihr angetragenen
Versorgungsvertrags erst ermöglichen, hat die Beklagte dem Kunden in der [X.]
durch Darlegung der Besonderheiten des [X.] nach §
14 StromNZV mitgeteilt. Dass sie sich eine noch darüber hinaus gehende Frist ausbedingen wollte, um über eine [X.]sannahme entscheiden zu können, liegt nach der [X.]gestaltung fern und wird von den an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten verständi-gerweise auch nicht ernstlich in Betracht gezogen. Denn die [X.] soll nach dem Gesamtzusammenhang der [X.]
unmittelbar nach [X.] der
beschriebenen Voraussetzungen für das Zustandekommen des [X.] erfolgen. Der Kunde hat keinen Anlass zu der [X.], die Beklagte hätte sich ohne erkennbaren Sinn noch einen zusätzlichen [X.]raum für ihre Entscheidung über eine Annahme des Vertragsangebots und 18
19

-
11 -
eine damit einhergehende Verlängerung der Bindungsfrist des Kunden vorbe-halten wollen (Senatsurteil vom 18.
Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO).
2. [X.] 2
Die Revision rügt ohne Erfolg, die [X.]
verstoße gegen §
309 Nr. 9
Buchst. a [X.], weil sich hieraus eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren ab Vertragsschluss ergebe. Dies trifft -
wie das Berufungsgericht zu Recht ausge-führt hat
-
nicht zu.
a) Im Ausgangspunkt weist die Revision allerdings zutreffend darauf hin, dass die den anderen Vertragsteil bindende Laufzeit eines [X.] im Sinne des § 309 Nr. 9
Buchst. a [X.] bereits mit dem Abschluss des Vertrages beginnt und nicht erst mit einem etwa vereinbarten späteren Beginn der Leistungserbringung (Senatsurteil vom 17. März 1993 -
VIII ZR 180/92, [X.]Z 122, 63,
67 f.). Schutzzweck des genannten [X.]verbots
ist es, eine übermäßig lange Bindung des Kunden zu verhindern, die dessen [X.] beeinträchtigt. Ein Vertrag bindet jedoch bereits ab seinem Abschluss und nicht erst ab Beginn des Leistungsaustauschs.
b) Davon ausgehend
käme bei der vorliegenden [X.] eine mit der ge-setzlich zulässigen
Höchstbindungsdauer von zwei Jahren nicht zu vereinba-rende Vertragslaufzeit
dann
in Betracht, wenn
der Stromlieferungsvertrag durch eine Auftragsbestätigung der [X.] zustande kommt, der Lieferbeginn -
der eine einjährige Bindung auslöst -
aber erst mehr als
zwölf Monate später erfolgt
(vgl. OLG
Naumburg, [X.] 2011, 455 f.). Einer solchen zeitlichen Abfolge
steht Ziffer 2.3
Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] nicht entgegen. Dieser enthält zwar die Voraussetzung, dass der bisherige Stromliefervertrag des Kunden vor dem Beginn der Lieferung durch die [X.] beendet ist. Er schließt aber nicht aus, dass die Auftragsbestätigung der Be-20
21
22
23

-
12 -
klagten und damit der Abschluss des neuen [X.] bereits vor der Beendigung des Altvertrages erfolgt
und sich daher der Lieferbeginn durch die Beklagte auf die [X.] nach dem Auslaufen des bisherigen Versorgungsver-trags hinauszögert.
c) Das Berufungsgericht hat aber eine solche zeitliche Abfolge, die zu [X.] unzulässigen Vertragsbindung von mehr als zwei Jahren führen könnte, zu Recht als
lebensfremd betrachtet.
Im Hinblick auf die Volatilität der Strompreise haben weder die Stromver-sorgungsunternehmen noch deren Kunden ein vernünftiges Interesse daran,
einen Vertrag für einen über zwölf Monate in der Zukunft liegenden Lieferbeginn zu schließen. Der Kunde wird versuchen, von dem Wettbewerb im Strommarkt zu profitieren und gegebenenfalls einen günstigeren Tarif zu erhalten. Der Stromversorger wird sich nicht ohne konkreten Vorteil auf das Risiko einlassen, einen Strompreis zu vereinbaren, der möglicherweise deutlich unter dem bei Lieferbeginn geltenden
Preisniveau
liegt, zumal dieser Preisunterschied nicht ohne weiteres durch -
häufig ohnehin umstrittene -
Preisanpassungen ausgegli-chen werden
kann.
Hinzu kommt, dass das Stromversorgungsunternehmen, das einen [X.] bestätigt, obwohl der Lieferbeginn
erst über zwölf Monate später erfolgen kann, sich in diesem [X.]raum einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand ausgesetzt
sehen kann, ohne hierfür eine Gegenleistung in Form eines Entgelts zu erhalten. Es müsste beispielsweise -
die Wirksamkeit einer Preisanpas-sungsklausel unterstellt -
Preisanpassungen individuell ankündigen. Weiter müsste es
eventuelle Änderungsmitteilungen der Kunden, etwa
bezüglich der Anschrift oder der Bankverbindung, bearbeiten.

24
25
26

-
13 -
Die Beklagte hat dementsprechend unwidersprochen vorgetragen, in den Fällen einer erheblichen Verzögerung des Lieferbeginns aufgrund der vertragli-chen Kündigungsfristen im Rahmen des bestehenden Liefervertrags des [X.] bereits keine Vertragsbestätigung zu versenden.
Zwar kommt es beim [X.] nicht darauf an, wie der Verwender die [X.] tatsächlich hand-habt, sondern allein darauf, wie er sie nach dem Regelungsgehalt, der ihr bei kundenfeindlichster Auslegung zukommt, handhaben könnte ([X.], Urteile vom
28. Januar 1987 -
IV ZR 173/85, [X.]Z 99, 374,
376; vom
23. Januar 2003
-
III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 unter II 3 a).
Auch nach der kundenfeindlichsten Auslegung scheiden jedoch solche Auslegungsmöglichkeiten aus, die
-
wie die vorliegend in Rede stehende zeitliche Abfolge -
von den an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht in Betracht gezogen werden ([X.], Urteile vom 5. April 1984 -
III ZR 2/83, [X.]Z 91, 55, 61; vom 21. April 2009 -
XI [X.], aaO
Rn. 11).
Die von der Revision befürchtete Konstellation ist letztlich zwar theoretisch denkbar, aber nach der Lebenserfahrung auszuschließen.
Eine un-zulässige Vertragsbindung des Kunden über einen [X.]raum von mehr als zwei Jahren sieht daher die [X.] bei der gebotenen Betrachtung nicht vor.
d) Auf die Auswirkungen des vorliegend im Vertrag enthaltenen [X.] kommt es damit -
wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat -
nicht an.
3. [X.] 3

Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungs-gerichts, die [X.] sei wirksam.
Wie der Senat -
nach Erlass des Berufungsurteils
-
zu einer inhaltsglei-chen [X.]
entschieden hat,
ist diese
nach der maßgeblichen kundenfeind-lichsten Auslegung dahingehend zu verstehen, dass dem Versorger
ein von 27
28
29
30
31

-
14 -
einer vorherigen Benachrichtigung unabhängiges Zutrittsrecht eingeräumt wird. Mit diesem Inhalt hält die [X.] einer Inhaltskontrolle nach §
307 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht stand (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn.
25 ff.).
a) Ein durchschnittlicher Vertragspartner kann die [X.] so verstehen, dass sie der [X.] auch dann ein Zutrittsrecht zu den Räumen des Kunden gewährt, wenn dieser zuvor nicht benachrichtigt
worden ist
(Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn. 26). Denn eine Pflicht zur Benachrichti-gung ist in der [X.] nicht geregelt. Sie begrenzt nur das Zutrittsrecht der [X.] auf den damit verfolgten [X.]. Es
mag zwar sein, dass
-
wovon das Berufungsgericht als "[X.]"
ausgeht -
auch der rechtlich nicht vorgebildete Kunde weiß, dass ein Stromversorger entweder einen Ableseter-min schriftlich anzukündigen pflegt
oder bei einem unangemeldeten Besuch die Wohnung nur bei entsprechender Gestattung betreten darf. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die [X.], die diese Beschränkungen gerade nicht enthält,
von einem durchschnittlichen
Vertragspartner so verstanden werden
kann, dass sie
abweichend von der sonst geltenden Rechtslage ein jederzeitiges Zutritts-recht der [X.]
regelt. Dieses Verständnis ist im Rahmen der kundenfeind-lichsten Auslegung zugrunde zu legen.
b) In dieser Auslegung hält die [X.] einer Inhaltskontrolle nach §
307 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht stand.
Sie benachteiligt den Vertragspartner der [X.] entgegen den Gebo-ten von Treu und Glauben unangemessen, da sie von der durch den [X.] in §§ 9, 11 StromGVV getroffenen Regelung zur Verbrauchsablesung und dem dazu erforderlichen Zutrittsrecht abweicht. Diese Regelung gilt zwar für Sonderkundenverträge weder unmittelbar noch analog. Ihr kommt aber auch für 32
33
34

-
15 -
diese Verträge eine "Leitbildfunktion im weiteren Sinne"
zu
(Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn. 29).
aa) Mit der
in § 9 Satz 1 StromGVV
enthaltenen
Regelung, den Kunden zu benachrichtigen, bevor Zutritt zu dem Grundstück und
den Räumen begehrt wird, werden verfassungsrechtliche
Vorgaben gewahrt. Das Bundesverfas-sungsgericht hat es wegen des engen Zusammenhangs zwischen dem Grund-recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und dem verfassungsrechtlichen Gebot unbedingter Achtung der Privatsphäre des Bürgers für erforderlich erachtet, dass dem Betroffenen vor Durchführung von Messungen in seiner Wohnung ausreichendes rechtliches Gehör gewährt wird und er zudem Gelegenheit hat, andere, ihn weniger belastende Modalitäten der Durchführung des Betretungs-rechts anzubieten ([X.] 75, 318, 328 f.). Ein sachlicher Grund, vorliegend anders zu verfahren und abweichend vom Tarifkundenbereich, für den diese Anforderungen in § 9 Satz 1 StromGVV aufgegriffen und näher ausgestaltet worden sind, einem Energieversorgungsunternehmen im [X.] zu [X.]en ein erleichtertes Zutrittsrecht in die Wohnung des Kunden zuzubilligen, ist nicht ersichtlich
(Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII
ZR 337/11, aaO Rn. 30).
bb) Die Revisionserwiderung
ist demgegenüber der Auffassung, eine un-angemessene Benachteiligung des Kunden scheide schon deshalb
aus, weil die [X.] im Gegensatz zu § 9 StromGVV nur ein Betretungsrecht für den Fall regele, dass der Kunde seine Ableseverpflichtung trotz vorheriger Aufforderung durch die Beklagte nicht erfüllt habe. Der Kunde müsse daher mit dem Besuch eines Mitarbeiters der [X.] zum Zweck der Ablesung rechnen. Dies trifft indessen nicht zu
(Senatsurteil vom 18. Juli 2012 -
VIII ZR 337/11, aaO Rn.
32 f.).

35
36

-
16 -
Welche vorrangigen Interessen der [X.] Anlass geben könnten, ihr allein wegen einer Verletzung der
([X.] zum [X.] der Verbrauchsablesung ein an keine Einschränkungen gebundenes Zu-trittsrecht in dessen Wohnung zuzubilligen, zeigt die Revisionserwiderung
nicht auf; sie sind auch sonst nicht ersichtlich
(Senatsurteil vom 18.
Juli 2012
-
VIII ZR 337/11, aaO
Rn. 33).

III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben
und ist aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit es die [X.] 3 betrifft; im Übrigen ist die Revision unbegründet. Im Umfang der Aufhebung kann
der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die

37
38

-
17 -
Berufung des [X.] ist das Urteil des [X.] teilweise abzuändern und der Klage auf Untersagung der Verwendung der [X.] 3 stattzugeben.
[X.]
Dr. Milger
[X.]

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.01.2011 -
25 [X.]/11 -

[X.], Entscheidung vom 09.12.2011 -
I-19 [X.] -

Meta

VIII ZR 14/12

12.12.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 14/12 (REWIS RS 2012, 432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 432

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