Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.04.2015, Az. 1 ABR 66/13

1. Senat | REWIS RS 2015, 12769

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Gegenstand

Tarifpluralität - Eingruppierung


Leitsatz

Hat ein Arbeitgeber mit unterschiedlichen Gewerkschaften zwei sich in ihrem Geltungsbereich überschneidende Tarifverträge über eine betriebliche Vergütungsordnung abgeschlossen, liegt eine Tarifpluralität vor, bei der beide Tarifverträge im jeweiligen Betrieb nebeneinander gelten.

In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gehalten, die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats den Entgeltgruppen beider Vergütungsordnungen zuzuordnen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 19. Februar 2013 - 2 TaBV 16/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung zur Einleitung von Zustimmungsverfahren.

2

Die Arbeitgeberin betreibt ein [X.]chienenverkehrsunternehmen. Bei ihr ist der antragstellende Betriebsrat gebildet.

3

Die [X.] ([X.]) und die Arbeitgeberin schlossen unter dem 21. April 2011 eine als 2. Änderungstarifvertrag (2. [X.]) bezeichnete Vereinbarung ab. [X.]egenstand von dessen Nr. 3 war die Änderung des [X.]nverzeichnisses im Entgelttarifvertrag ([X.]) mit [X.]irkung zum 1. November 2011. Die dazu angebrachte [X.]rotokollnotiz lautet:

        

„Im Zuge der Einführung des neuen Entgeltsystems in der [X.]ystematik des [X.] [X.][X.]NV wurde die zwischen den [X.]arteien abgestimmte und als Anlage beigefügte neue Eingruppierung-/stufung aller zum 1. April 2011 bei der [X.] tariflich Beschäftigten vorgenommen. Diese Eingruppierungs-/stufungsliste ist Bestandteil dieser Tarifeinigung vom 21. April 2011.“

4

Nach der in Nr. 4 2. [X.] enthaltenen Regelung der Betriebs- und [X.]anchenzugehörigkeit umfasst die [X.] anstatt zwei [X.]tufen künftig eine Einstiegsstufe und fünf weitere Entgeltstufen. Bei der Berechnung der für die Einstufung maßgebenden [X.]anchenzugehörigkeit werden Zeiten beim unmittelbar vorhergehenden Arbeitgeber im Falle eines [X.]echsels nach § 14 [X.]anchentarifvertrag [X.][X.]NV voll und in anderen Fällen zu einem Drittel angerechnet (§ 6 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]).

5

Am 26. Mai 2011 vereinbarten die [X.] und die Arbeitgeberin als Anlage zu einem Ergebnisprotokoll die namentliche Zuordnung von 58 Triebfahrzeugführern, 30 [X.]undenbetreuern und 10 Mitarbeitern der Verwaltung zu einer [X.] und ihre Einstufung in die geänderten [X.]n. Diese Anlage war auch dem unter dem 21. April 2011 unterzeichneten Tarifvertrag zur [X.]ystemänderung ([X.]) beigefügt. Dessen § 2 lautet:

        

„Mit [X.]irkung zum 1. November wird das Tarifsystem des [X.] für die Arbeitnehmer der [X.] durch Einführung eines neuen [X.]nverzeichnisses und neuer [X.] mit sieben [X.]n und sechs Entgeltstufen gemäß 2. ÄTV-[X.] umgestellt.

        

[X.]erzu ist eine entsprechende Neueingruppierung und Einstufung aller zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages bei der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer vorzunehmen.

        

Diese Neueingruppierung und -stufung wird durch die Tarifvertragsparteien vollzogen und in der zu diesem Tarifvertrag beigefügten Anlage festgehalten. Etwaige durch die Neueingruppierung und -stufung sich ergebenden Ausgleichszulagen sind gesondert auszuweisen.“

6

Der zuvor von der [X.] gegengezeichnete [X.] wurde vom [X.]eschäftsführer der Arbeitgeberin am 9. August 2011 unterschrieben.

7

In den Monaten Juli und August 2011 unterzeichneten fast alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin eine von dieser vorformulierte Erklärung, nach der die Tarifeinigung vom 21. April 2011 auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

8

Die Arbeitgeberin ist seit dem 1. Januar 2013 auch an den mit der [X.] ([X.]) abgeschlossenen [X.]austarifvertrag vom 9. August 2012 ([X.]) gebunden.

9

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei wegen der Änderungen des [X.] zur Durchführung von Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] in Bezug auf [X.] der im Antrag genannten Arbeitnehmer verpflichtet.

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]e, M, [X.], [X.], [X.], [X.]r und [X.] gem. dem 2. Änderungstarifvertrag ([X.]) vom 21. April 2011 und dem gleichzeitig abgeschlossenen Angleichungstarifvertrag einzuholen und im Falle der Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten;

        

hilfsweise

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat [X.] zu erteilen, welche Zeiten der [X.]anchenzugehörigkeit bei vorangegangenen Arbeitgebern gemäß § 6 Abs. 2 [X.] (gültig ab 1. November 2011) sie bei der [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]e, M, [X.], [X.], [X.], [X.]r und [X.] berücksichtigt hat und ob und in welchem Ausmaß es zu einer [X.]ürzung der zu berücksichtigenden Vordienstzeiten gekommen ist.

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt.

Das Arbeitsgericht hat den [X.]auptanträgen entsprochen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das [X.] die Anträge insgesamt abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die [X.]iederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]auptanträge und den [X.]lfsantrag zu Recht abgewiesen.

I. Die auf Durchführung von Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] gerichteten [X.]auptanträge sind unbegründet.

1. Die Anträge sind zulässig.

a) Anders als vom Beschwerdegericht angenommen handelt es sich bei diesen nicht um einen auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] gerichteten Antrag. Vielmehr sind die in Bezug auf die dort genannten Arbeitnehmer in subjektiver Antragshäufung erhobenen Anträge nach ihrem [X.]ortlaut und der dazu vom Betriebsrat gegebenen Begründung dahingehend auszulegen, dass die Arbeitgeberin zur Einleitung und Durchführung von Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] für [X.] der im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer in die durch den 2. [X.] geänderten [X.]n und -stufen des [X.] verpflichtet werden soll. Mit diesem Inhalt sind die Anträge hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O).

b) Als Leistungsantrag bedarf das Begehren des Betriebsrats keiner Darlegung eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses. Dieses folgt bereits aus der Nichterfüllung des geltend gemachten Anspruchs (BA[X.] 30. [X.]eptember 2014 - 1 [X.] - Rn. 13).

2. Die Anträge sind unbegründet. Die Arbeitgeberin ist nicht in entsprechender Anwendung von § 101 BetrV[X.] zur Durchführung von Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] hinsichtlich der im Antrag beschriebenen personellen Einzelmaßnahmen verpflichtet.

a) Nach § 101 [X.]atz 1 BetrV[X.] kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme i[X.]d. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] ohne seine Zustimmung durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, diesem aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben (BA[X.] 30. [X.]eptember 2014 - 1 [X.] - Rn. 15). Nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in Unternehmen mit mehr als zwanzig Arbeitnehmern ua. vor jeder Ein- und Umgruppierung unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen. [X.]ersonelle Einzelmaßnahmen i[X.]d. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] können daher nur nach Zustimmung des Betriebsrats oder deren rechtskräftiger Ersetzung in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrV[X.] vorgenommen werden.

b) Eine „Aufhebung“ im wörtlichen [X.]inn ist bei Ein- und [X.] allerdings nicht möglich. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich nicht um konstitutive Akte des Arbeitgebers, sondern jeweils um einen mit der [X.]undgabe einer Rechtsansicht verbunden Akt der Rechtsanwendung. Der Anspruch des Betriebsrats aus § 101 [X.]atz 1 BetrV[X.] geht bei Ein- und [X.] daher dahin, dem Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] oder - nach dessen Abschluss - die Durchführung eines [X.] nach § 99 Abs. 4 BetrV[X.] aufzugeben (BA[X.] 30. [X.]eptember 2014 - 1 [X.] - Rn. 16).

c) [X.]egenstand des [X.]s nach § 101 [X.]atz 1 BetrV[X.] ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der [X.] dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 [X.]atz 1 BetrV[X.] stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im [X.] haben nur [X.]irkung für die Zukunft; es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Der Antrag nach § 101 [X.]atz 1 BetrV[X.] wird daher unbegründet, wenn die antragsgegenständliche personelle Einzelmaßnahme etwa durch Zeitablauf geendet hat. Diese [X.]rundsätze gelten auch für Ein- und [X.] (BA[X.] 11. [X.]eptember 2013 - 7 [X.] - Rn. 24).

d) Die Verpflichtung zur Einleitung des Verfahrens nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] setzt bei Ein- und [X.] eine im Betrieb geltende [X.] voraus.

aa) Eingruppierung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine betriebliche [X.]. Eine Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung. Über eine solche muss der Arbeitgeber nicht nur beim [X.]echsel der einem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben, sondern auch dann befinden, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit die betriebliche [X.] ändert und infolge dieser Änderung eine Entscheidung über eine „Neueingruppierung“ des Arbeitnehmers erforderlich wird (BA[X.] 30. [X.]eptember 2014 - 1 [X.] - Rn. 21).

bb) [X.] i[X.]v. § 99 Abs. 1 BetrV[X.] ist ein kollektives - und jedenfalls bei [X.]eltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes [X.], das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. [X.]oraus sich die [X.]eltung der [X.] ergibt, ist unerheblich. [X.]ie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund vertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (BA[X.] 11. [X.]eptember 2013 - 7 [X.] - Rn. 20).

e) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrV[X.] besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Die korrekte Einreihung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende [X.] ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrV[X.] soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden. [X.]ie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der [X.] und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der Vergütungspraxis.

f) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] reicht allerdings nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.]s besteht für die Durchführung des Zustimmungsverfahrens bei [X.] kein Raum, wenn die Tarifvertragsparteien selbst die ansonsten den Betriebsparteien obliegende Umgruppierungsentscheidung getroffen haben (BA[X.] 3. Mai 2006 - 1 [X.] - Rn. 26 f., BA[X.]E 118, 141). Dies folgt aus einer am Normzweck orientierten Auslegung der Vorschrift. [X.]egenstand von Ein- und [X.] ist die Anwendung der abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer [X.] auf die vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit. Diese Zuordnung obliegt dem Arbeitgeber, der hierzu nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. [X.]aben sich die Tarifvertragsparteien über die Einstufung von Arbeitnehmern in die [X.]n einer von ihnen geschaffenen [X.] verständigt, besteht kein Erfordernis an einer erneuten Beurteilung der Rechtslage durch die Betriebsparteien. Der tarifgebundene Arbeitgeber ist betriebsverfassungsrechtlich zur Anwendung einer tariflichen [X.] verpflichtet (BA[X.] 18. Oktober 2011 - 1 [X.] - Rn. 28, BA[X.]E 139, 332). Dies umfasst auch die von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Zuordnung zu den [X.]n der [X.], selbst wenn die Anwendung ihrer abstrakten Tätigkeitsmerkmale zu einem anderen Ergebnis führen würde (BA[X.] 19. April 2012 - 7 [X.] - Rn. 50; 12. Januar 2011 - 7 [X.] - Rn. 18, BA[X.]E 136, 359).

bb) Durch die von den Urhebern der [X.] getroffene Zuordnungsentscheidung wird die [X.]ompetenz der Betriebsparteien bei Ein- und [X.] nach § 99 BetrV[X.] nicht in rechtswidriger [X.]eise beschnitten (BA[X.] 6. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 17). Diese haben bei solchen Maßnahmen gegenüber den Tarifvertragsparteien keinen Anspruch auf Belassung eines bestimmten, durch [X.]ubsumtion auszufüllenden Rechtsanwendungsbereichs. Ihnen wird insoweit durch das [X.] kein bestimmter Mindestumfang für die Ausübung des [X.] garantiert. Vielmehr ist dessen Umfang abhängig vom [X.]rad der [X.]onkretisierung, mit der die Tarifvertragsparteien selbst die erforderlichen Zuordnungsentscheidungen getroffen haben. Diesen ist es auch angesichts des Mitbeurteilungsrechts des Betriebsrats nach § 99 BetrV[X.] unbenommen, zusätzlich zu einer [X.] mit abstrakten Vergütungsmerkmalen konkretere Regelungen zu treffen, die den andernfalls vorhandenen Beurteilungsspielraum von Arbeitgeber und Betriebsrat einengen oder gänzlich ausschließen (vgl. BA[X.] 3. Mai 2006 - 1 [X.] - Rn. 39, BA[X.]E 118, 141).

g) Danach hat das [X.] die [X.]auptanträge zu Recht abgewiesen. Diese sind allerdings nicht schon deshalb unbegründet, weil die Arbeitgeberin auf einen Teil der im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer den mit der [X.]ewerkschaft [X.] abgeschlossenen [X.] anwendet. Die Arbeitgeberin ist betriebsverfassungsrechtlich zur Anwendung der von ihr mit der [X.] und der [X.] vereinbarten [X.]en verpflichtet. Die nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] gemeinsam mit dem Betriebsrat vorzunehmende Zuordnung der Tätigkeiten der Arbeitnehmer zu den geänderten [X.]n und -stufen des [X.] ist aber wegen der mit der [X.] getroffenen Einigung vom 26. Mai 2011 nicht mehr erforderlich.

aa) Die antragsgegenständliche Zuordnung zu den [X.]n des [X.] ist nicht durch das Bestehen einer weiteren betrieblichen [X.] entbehrlich geworden.

(1) Die Arbeitgeberin ist seit dem 1. Januar 2013 an zwei Tarifwerke gebunden, in denen jeweils eine [X.] enthalten ist. Nach Teil A § 5 iVm. Teil B § 26 des am 9. August 2012 mit der [X.] abgeschlossenen [X.] bestimmt sich die Eingruppierung der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Lokomotivführer und Zugbegleiter nach den Tätigkeitsgruppenverzeichnissen der Anlagen 1 und 2 zum [X.]. Diesem haben die Betriebsparteien mit [X.]irkung ab dem 1. Januar 2013 einen Teil der im Antrag genannten Arbeitnehmer zugeordnet.

(2) Bei tariflichen [X.]en handelt es sich nicht um Betriebsnormen i[X.]v. § 3 Abs. 2 TV[X.], die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden sind (BA[X.] 18. Oktober 2011 - 1 [X.] - Rn. 16, BA[X.]E 139, 332). Eine Tarifkonkurrenz, bei der einer der miteinander konkurrierenden Tarifverträge verdrängt wird, liegt nicht vor. Die Existenz von zwei tariflichen [X.]en führt zu einer Tarifpluralität, bei der die jeweiligen Tarifnormen unabhängig voneinander auf die jeweils tarifgebundenen Arbeitnehmer Anwendung finden. Allerdings werden die betriebsverfassungsrechtlichen [X.]flichten des Arbeitgebers durch das Bestehen von zwei unabhängig voneinander geltenden [X.] erweitert. Da für die [X.]flicht zur Ein- und Umgruppierung i[X.]d. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] der individualrechtliche [X.]eltungsgrund ohne Bedeutung ist, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats den [X.]n beider [X.]en zuzuordnen. Ob diese einen Anspruch auf die Anwendung der Tarifverträge haben, ist für die gegenüber dem Betriebsrat bestehende [X.]flicht des Arbeitgebers aus § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] ohne Bedeutung (BA[X.] 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 21 ff., BA[X.]E 138, 39).

(3) Durch eine Zuordnung eines Teils der im Antrag genannten Arbeitnehmer zu den Tätigkeitsgruppenverzeichnissen des [X.] wäre daher eine etwaige [X.]flicht der Arbeitgeberin zu deren Umgruppierung in das geänderte Entgeltsystem des [X.] nicht entfallen. Aus diesem [X.]rund musste der [X.]enat nicht darüber befinden, für welche Arbeitnehmer eine Zuordnung in den [X.] bereits erfolgt ist.

h) Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Durchführung eines Zustimmungsverfahrens zu den geänderten [X.]n/-stufen des [X.] besteht nicht. Aufgrund dessen Änderung mit [X.]irkung ab dem 1. November 2011 hätte die Arbeitgeberin, die mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, zwar eine Entscheidung über die Umgruppierung der in den Anträgen bezeichneten Arbeitnehmer treffen müssen. Der Durchführung eines Verfahrens nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.] bedarf es jedoch nicht, weil die Tarifvertragsparteien diese Zuordnung bereits vorgenommen haben. Dies hat das [X.] zutreffend erkannt. Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen [X.]achrügen sind unbegründet.

Das Fehlen einer § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrV[X.] vergleichbaren Einschränkung im Bereich der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 Abs. 1 [X.]atz 1 BetrV[X.]) steht der namentlichen Zuordnung der Arbeitnehmer zu den geänderten [X.]n und Einstiegsstufen nicht entgegen. Die Arbeitgeberin ist an die Eingruppierungsentscheidung der Tarifvertragsparteien gebunden. Aufgrund der namentlichen Zuordnung der Arbeitnehmer zu den [X.] und -stufen des [X.] bestehen für die Arbeitgeberin keine Beurteilungsspielräume mehr. Das Ergebnisprotokoll vom 26. Mai 2011 mit den dazugehörigen Eingruppierungslisten regelt die Zuordnung abschließend und beschränkt sich nicht auf eine bloße Interpretationshilfe für die Betriebsparteien.

II. Das [X.] hat auch den [X.]lfsantrag, der dem [X.]enat aufgrund der uneingeschränkten Rechtsbeschwerdezulassung zur Entscheidung anfällt, zu Recht abgewiesen.

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist dahingehend auszulegen, dass der Betriebsrat eine Mitteilung über die von den Tarifvertragsparteien im Ergebnisprotokoll vom 26. Mai 2011 berücksichtigten Zeiten bei anderen Arbeitgebern (§ 6 Abs. 2 [X.]) verlangt. Daneben möchte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin wissen, welche dieser Vordienstzeiten bei der vorgenommenen Berechnung der Entgeltstufen nicht in vollem Umfang, sondern nur mit dem in § 6 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.] bestimmten Faktor berücksichtigt worden sind. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt i[X.]d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O.

2. Der [X.]lfsantrag ist unbegründet. Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 2 [X.]atz 1 BetrV[X.] keinen Anspruch auf die verlangten Informationen.

a) Nach § 80 Abs. 2 [X.]atz 1 BetrV[X.] hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach [X.]atz 2 [X.]albs. 1 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Zu den Aufgaben des Betriebsrats i[X.]v. § 80 Abs. 2 [X.]atz 1 BetrV[X.] gehört es auch, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrV[X.] darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden [X.]esetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu [X.] Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim [X.] noch vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte abhängig. [X.]eraus folgt eine zweistufige [X.]rüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer [X.]ahrnehmung erforderlich ist (BA[X.] 7. Februar 2012 - 1 [X.] - Rn. 7, BA[X.]E 140, 350).

b) Danach fehlt es bereits an dem nach § 80 Abs. 2 [X.]atz 1 BetrV[X.] erforderlichen Aufgabenbezug.

Der Betriebsrat kann die geforderten Auskünfte nicht aufgrund seiner gesetzlichen Überwachungsaufgabe verlangen. Es kann dahin stehen, ob es sich bei der am 26. Mai 2011 erstellten Anlage über die Zuordnung der in den Anträgen genannten Arbeitnehmer zu den [X.]n und -stufen des [X.] überhaupt um einen Tarifvertrag i[X.]d. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrV[X.] handelt. Ebenso bedarf keiner Entscheidung, ob diese durch ihre Aufnahme in das Regelwerk des [X.] normative [X.]irkung erlangt hat. Das sich aus dieser Vorschrift ergebende Überwachungsrecht umfasst nicht die inhaltliche Überprüfung oder Erläuterung einer zwischen Tarifvertragsparteien getroffenen Vereinbarung.

        

    [X.]chmidt    

        

    [X.]. [X.]chmidt    

        

    [X.]och    

        

        

        

    Dr. [X.]lebe    

        

    [X.]losterkemper    

                 

Meta

1 ABR 66/13

14.04.2015

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Magdeburg, 9. Januar 2012, Az: 2 BV 76/11 HBS, Beschluss

§ 99 Abs 1 S 1 BetrVG, § 101 S 1 BetrVG, § 80 Abs 2 S 1 BetrVG, § 80 Abs 1 Nr 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.04.2015, Az. 1 ABR 66/13 (REWIS RS 2015, 12769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12769

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