Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2003, Az. VII ZR 216/02

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3165

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:8. Mai 2003Heinzelmann,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein BGB § 242 ([X.])Wird in einem Vergleich ein Teilverzicht unter der Voraussetzung vereinbart, daßRatenzahlungen zu bestimmten Terminen zu leisten sind, kann sich der [X.] und Glauben nicht auf Fristüberschreitungen berufen, wenn er einen [X.] geschaffen hat, nach dem der Schuldner sich darauf verlassendurfte, daß der Gläubiger aus einer Fristüberschreitung nicht die vereinbarten Folgenherleiten werde (im Anschluß an [X.], Urteil vom 19. Dezember 1979 - [X.], [X.], 1043, 1044).[X.], Urteil vom 8. Mai 2003 - [X.]/02 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.], [X.], [X.],Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] [X.] vom 8. Mai 2002 wirdzurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.Von Rechts [X.]:Die Klägerin begehrt, die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil für [X.] zu erklären.Die Beklagte hatte wegen einer Werklohnforderung ein Urteil des [X.] erwirkt, in dem die Klägerin zur Zahlung von 75.722,63 DMnebst Zinsen verurteilt worden war. Die Klägerin hatte Berufung eingelegt. [X.] des Berufungsverfahrens verglichen sich die Parteien am 29. März 2000außergerichtlich dahin, daß die Klägerin die Berufung zurücknimmt. Die Kläge-rin sollte, eingehend beim Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, bis zum10. April, 21. April, 20. Mai und 15. Juni 2000 jeweils 10.000 DM zahlen. [X.] sollte erlassen werden.- 3 -Die Klägerin nahm ihre Berufung zurück. Sie übergab je einen Schecküber 10.000 DM am 30. März, 28. April, 23. Mai und 19. Juni 2000. [X.] wurden von der Beklagten eingelöst. Nach Erhalt des zweiten [X.] die Beklagte am 28. April 2000, daß "nach Einhaltung" der [X.] die zu ihren Gunsten eingetragenen Sicherungen im Grundbuchgelöscht würden.Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß die erlassene Forderung [X.] sei, weil die Klägerin die vereinbarten Zahlungstermine nicht [X.] habe. Sie betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des [X.] in Höhe von 61.143,93 DM.Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt. [X.] ist erfolglos geblieben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer zugelassen Re-vision ihren Klageabweisungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision ist unbegründet.Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der biszum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1EGBGB).- 4 -I.Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagten sei es nach [X.] Glauben verwehrt, sich auf die Überschreitung der Zahlungsfristen zu be-rufen. Sie habe durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen, [X.] dessen sich die Klägerin darauf habe verlassen dürfen, daß die gering-fügigen Fristüberschreitungen nicht dazu führen würden, daß die Beklagte [X.] titulierte Forderung geltend machen werde.Zwar könne sich nach der Rechtsprechung der verspätet zahlendeSchuldner nicht allein deshalb auf einen Verstoß gegen [X.] und Glauben be-rufen, weil die Zahlungsfrist nur geringfügig überschritten sei. Dennoch seienFälle denkbar, in denen die Nichteinhaltung der Zahlungsfristen wegen eines zuGunsten des Schuldners wirkenden Vertrauenstatbestandes nicht zum Wieder-aufleben der Hauptforderung führe. Ein solcher Fall liege vor. Die Beklagte ha-be stets akzeptiert, daß abweichend vom [X.] bezahlt werde,was zu einer unvermeidlichen Verzögerung bei der Einlösung und damit Frist-überschreitung führe. Sie habe zudem den verspäteten Zahlungen nicht wider-sprochen. Vielmehr habe sie die Schecks ohne Beanstandungen eingelöst. [X.] zudem mit ihrem Schreiben vom 28. April 2000 den Eindruck erweckt, daßdie Abwicklung des Vergleichs ihren geordneten Gang gehe. Die Klägerin [X.] darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte die geringfügigen Fristüber-schreitungen nicht zum Anlaß nehmen werde, sich auf das Aufleben der Forde-rung zu berufen. Die Beklagte hätte das bei der Klägerin entstandene Vertrauendurch einen Hinweis zerstören [X.] 5 -II.Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil der Frage, ob [X.] eines Vergleichs mit auflösend bedingtem Teilerlaß und Ratenzahlungs-vereinbarung durch wiederholte widerspruchslose Hinnahme geringfügig ver-späteter Ratenzahlungen ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des [X.] geschaffen wird, grundsätzliche Bedeutung zukomme. Diese Be-gründung rechtfertigt die Zulassung nicht. Die vom Berufungsgericht abstraktformulierte Rechtsfrage stellt sich nicht. Das Berufungsgericht leitet den [X.] gegen [X.] und Glauben aus einem Bündel von Umständen her. Die wi-derspruchslose Hinnahme der Ratenzahlungen ist nur einer dieser Umstände.Die Frage, ob in dem vom Berufungsgericht entschiedenen Einzelfall ein [X.] gegen [X.] und Glauben vorliegt, ist nicht grundsätzlich. Der Senat istgleichwohl an die Zulassung gebunden, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.III.Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.1. Die Parteien haben nach den unangefochtenen Feststellungen [X.] einen Vergleich geschlossen, nach dem der der Beklagtenzustehende Betrag in Höhe von 75.722,63 DM nebst Zinsen durch [X.] Berufung gegen das Urteil des Landgerichts [X.] rechtskräftig tituliertwurde und die Beklagte auf den 40.000 DM übersteigenden Betrag verzichtete.Dieser Teilverzicht sollte unter der Bedingung entfallen, daß die Klägerin [X.] nicht zu den vorgesehenen Zeitpunkten zahlte.2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß es bei einer [X.] Fallgestaltung grundsätzlich verfehlt ist, die an den Eintritt der [X.] -geknüpften nachteiligen Folgen für den Schuldner über eine Anwendung von§ 242 BGB nur deshalb wieder aufzuheben, weil die Fristüberschreitung ge-ringfügig ist ([X.], Urteil vom 19. Dezember 1979 - [X.], [X.],1043, 1044; Urteil vom 8. Juli 1981 - [X.], NJW 1981, 2686, 2687).Damit ist der Einwand des Schuldners, der Gläubiger verstoße gegen [X.], wenn er sich auf die geringfügige Fristüberschreitung berufe, nichtgenerell ausgeschlossen. Der Gläubiger kann sich nach [X.] und Glauben(§ 242 BGB) nicht auf eine Fristüberschreitung berufen, wenn er selbst einenVertrauenstatbestand geschaffen hat, nach dem der Schuldner sich daraufverlassen durfte, daß der Gläubiger aus einer Fristüberschreitung nicht die [X.] Folgen herleiten werde (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1979- [X.], [X.], 1043, 1044). Ob der Gläubiger einen Vertrauenstat-bestand geschaffen hat und die Berufung auf die Fristüberschreitung sich [X.] als Verstoß gegen [X.] und Glauben darstellt, kann nur unter Berücksich-tigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese vomTatrichter vorzunehmende Beurteilung ist in der Revision nur eingeschränktüberprüfbar (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 1993 - [X.], [X.]Z 122,308, 314; Urteil vom 7. Juli 1965 - [X.], [X.], 799, 780).3. [X.] ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die [X.] verstoße gegen [X.] und Glauben, wenn sie sich angesichts ihres vorhe-rigen Verhaltens bei der Abwicklung des Vergleichs auf die geringfügigen Über-schreitungen der vereinbarten Fristen berufe, nicht zu beanstanden. Die [X.] hat keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten aufgezeigt.a) Soweit sie sich dagegen wendet, daß die Klägerin aufgrund der fest-gestellten Umstände ein Vertrauen nicht habe bilden können, versucht sie er-folglos, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene zu ersetzen. Die [X.] vorgenommene Würdigung ist hinzunehmen. Sie hält sich in- 7 -den Grenzen des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums. Daraus,daß die Beklagte Scheckübergaben trotz des Umstandes akzeptierte, daß [X.] die Zahlung im Sinne des Vertrages nicht rechtzeitig eingegangen ist, siedie Schecks einlöste, die Fristüberschreitungen nicht rügte und im Schreibenvom 28. April 2000 den Eindruck erweckte, die bereits erfolgte geringfügigeFristüberschreitung sei für die Durchführung des Vergleichs ohne Belang,konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler herleiten, die Klägerin [X.] darauf verlassen dürfen, die Beklagte werde sich auf geringfügige Frist-überschreitungen, auch bei der letzten Rate, nicht berufen. Dieser Schluß ver-stößt entgegen der Auffassung der Revision weder gegen die [X.] gegen § 286 ZPO.b) Unbegründet ist die [X.], das Berufungsgericht lege den [X.] dahin aus, daß allein die Scheckübergabe keine bei der Beklagten imSinne des Vertrages "eingehende" Zahlung darstelle und die Fristen allein [X.] nicht gewahrt seien, sondern es auf die Einlösung der Schecks [X.]. Die dem Tatrichter vorbehaltene Auslegung durch das Berufungsgericht istmöglich. Die Beklagte selbst hat den Vergleich so ausgelegt. Das Berufungsge-richt konnte deshalb ohne Rechtsfehler die tatsächliche Handhabung als einenden Vertrauenstatbestand mit bildenden Umstand würdigen.c) Ohne Bedeutung ist entgegen der Auffassung der Revision, ob [X.] der Klägerin von der Beklagten am 28. April 2000 darauf [X.] ist, daß der Inhalt des den Vergleich vom 29. März 2000 bestätigendenSchreibens vom 30. März 2000 maßgebend sei. Dieser von der Beklagten be-hauptete Hinweis war auf der Grundlage der tatrichterliche Würdigung nicht [X.], den vom Berufungsgericht angenommenen Vertrauenstatbestand zuverhindern. Denn er bestätigte lediglich den Inhalt des Vergleichs in der [X.] vorgenommen Auslegung.- 8 -IV.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.ThodeWiebelKuffer[X.]Bauner

Meta

VII ZR 216/02

08.05.2003

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2003, Az. VII ZR 216/02 (REWIS RS 2003, 3165)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3165

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