Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2013, Az. IX ZR 161/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 9116

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX ZR 161/11

Verkündet am:

10. Januar 2013

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 129, 130, 131; BGB § 242 D
Zur Anfechtbarkeit der Befriedigung von Altverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters.

[X.], Urteil vom 10. Januar 2013 -
IX ZR 161/11 -
OLG Nürnberg

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013
durch den Vorsitzenden
Richter
Prof. Dr. Kayser,
[X.], die Richterin [X.], [X.]
Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird
das
Urteil
des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 12. Oktober 2011
aufge-hoben.

Die Berufung gegen das Urteil
der 1. Zivilkammer
des Landge-richts Weiden in der Oberpfalz vom 25. August 2008 wird [X.].

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Schuldnerin betrieb ein Unternehmen, das sich mit dem
Straßen-
und Pflasterbau
beschäftigte. Zwischen ihr und der [X.], die ein
Granit-werk unterhält, bestand ein
Vertrag über die Lieferung von Natursteinen
für ei-nen Auftrag, den die [X.] K.

der Schuldnerin erteilt hatte.

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-

3

-

Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 teilte die Beklagte der [X.] K.

mit, dass die Schuldnerin sich mit der Bezahlung von Rechnungen über 92.843,04

,
und forderte diese gemäß § 16 VOB/B
vergeb-lich
auf, Direktzahlungen auf diese Rechnungen an die Beklagte zu leisten. Am 4.
März
2009
stellte die Schuldnerin
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfah-rens über ihr
Vermögen. Am 5. März 2009 ernannte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt.
Zu diesem Zeit-punkt hatte die Beklagte
von dem nicht bezahlten Material
Steine zum Preis
von 38.843,04

Auf der Auftragsbestätigung und den Lieferscheinen der [X.] war
jeweils
folgende
Klausel aufgedruckt:

"Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises Eigentum der G.

GmbH. Zusätzlich gilt als ausdrücklich vereinbart, dass der G.

GmbH für alle Lieferungen und Leistungen die [X.] in umfassender Form, nämlich neben dem einfachen Eigentumsvor-behalt insbesondere der erweiterte und verlängerte
Eigentums-vorbehalt mit Kontokorrent und Saldoklausel zustehen."

Mit Telefax vom 9. März 2009 kündigte die Beklagte vorsorglich den [X.] mit der Schuldnerin und verlangte unter Berufung auf den zu ihren Gunsten bestehenden Eigentumsvorbehalt Bezahlung der Steine. Nach [X.] zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter und der [X.]
schlossen die
Schuldnerin und die Beklagte
mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters
eine
von der [X.] entworfene
Vereinbarung, die auf den 16. März 2009 datiert war.
Hierin bestätigten sie
den bestehenden Eigen-2
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-

4

-
tumsvorbehalt
und
verständigten sich auf die Fortsetzung der Lieferbeziehung
zu bestimmten Bedingungen.
Ferner erklärte
die Beklagte für den Fall der Erfül-lung der Vereinbarung die Rückabtretung
der
auf sie im Rahmen des verlänger-ten Eigentumsvorbehalts übergegangenen
Ansprüche für Lieferungen aus der Vergangenheit.
Die Schuldnerin verpflichtete sich,
bis zum 23. März 2009 den

Hinsichtlich dieser Zahlung, die am letzten Tag der Frist
erfolgte, war in die Vereinbarung folgende Regelung aufgenom-men
worden:

"Diese Zahlung erfolgt anfechtungsfrei, d.h. unter Verzicht auf jeg-liche Art von Anfechtung jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt."

Bei Übersendung der von der Schuldnerin und dem vorläufigen [X.] unterzeichneten Vereinbarung an die Beklagte zur Gegenzeich-nung am 16. März 2009 wies der Kläger darauf hin, dass er als vorläufiger Ver-walter nicht auf Anfechtungsrechte der Insolvenzmasse verzichten könne und ein späterer Insolvenzverwalter gleichwohl zur Anfechtung berechtigt sei. In einem Telefongespräch nach Zugang dieses Schreibens sagte der Kläger dem Geschäftsführer der [X.] vor
Rücksendung der von der [X.] gegen-gezeichneten Vereinbarung am 18. März 2009
zu, dass er nicht anfechten [X.], wenn er als Insolvenzverwalter bestellt würde.
Am 1.
Mai 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009
hat der Kläger die
Zahlung
vom 23.
März 2009 in Höhe eines Teilbetrages von 38.843,04

im Wege der [X.] zurückverlangt.
Das [X.] hat die Klage
abgewiesen. Auf die Berufung des [X.]
hat
das Oberlandesgericht die Beklagte
antragsgemäß
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-

5

-
verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihr Abweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der [X.]
mit folgenden Erwägungen begründet:

Die Anfechtungsvoraussetzungen des §
131
Abs.
1 Nr.
1 Alt.
2
[X.] sei-en
gegeben, soweit der Kläger als
vorläufiger
Insolvenzverwalter den Betrag von 38.843,04

vor Insolvenzantragstellung
bereits verbauten Pflastersteine bezahlt habe.
Die [X.] habe den Betrag ohne kongruente Gegenleistung erhalten. Sie
könne sich nicht
darauf berufen, im Gegenzug zur
Bezahlung der Steine auf sie auf-grund der von ihr verwendeten Eigentumsvorbehaltsklausel übergegangene [X.] gegen die [X.] K.

auf die Schuldnerin zurück-übertragen zu haben. Die von ihr formularmäßig verwendete Klausel
sei
wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam. Auf-grund des Fehlens einer Freigabeklausel
liege eine Übersicherung vor, die zur Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung
führe.

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6

-

Der vom Kläger erklärten Anfechtung stehe nicht entgegen, dass er in der Vereinbarung vom 16. März 2009 auf die spätere Anfechtung verzichtet ha-be. Zwar könne der vorläufige Insolvenzverwalter durch bestimmte Erklärungen einen unter Umständen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand schaffen, der ihn als späteren Insolvenzverwalter binde. Ein Verstoß gegen [X.] und Glauben sei aber nicht anzunehmen, wenn der Erklärungsempfänger den Verzicht bei anfänglichem
Widerstand des Verwalters nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung durchsetze. Dieser Fall sei gegeben, weil der Kläger ausweislich eines Aktenvermerks und seines Schreibens vom 16. März 2009 an die [X.] den Widerstand gegen die Bezahlung der Altforderung nur aufgegeben habe, weil er sich in einer Zwangslage befunden habe. Die [X.] K.

habe [X.] bestanden, dass Steine der [X.]
verlegt würden. Er habe befürchten müssen, dass es bei Auswechselung des Lieferanten zu Farb-
und Qualitäts-abweichungen kommen könne. Außerdem habe die Beklagte mit Preiserhö-hungen für künftige Lieferungen gedroht, sofern die schon gelieferten Steine nicht vollständig bezahlt werden würden.
Auch damit habe die Beklagte ihre wirtschaftliche Machtstellung in die Waagschale geworfen.

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts begegnet Bedenken, soweit es von einer
objektiven Gläubigerbeeinträchtigung (§ 129 Abs. 1 [X.]) ausgeht.

a) Eine ausdrückliche Freigaberegelung
für den Fall der Übersicherung
ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die formularmäßige Vereinbarung eines 10
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-
verlängerten oder erweiterten Eigentumsvorbehaltes
([X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 27. November 1997 -
GSZ 1/97
und 2/97, [X.]Z 137, 212, 221
f; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
449 Rn.
87, 81). Die für die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts herangezogene
Entscheidung des [X.]. Zivilsenats vom 8. Oktober
1986
([X.] [X.], [X.]Z 98, 303) ist durch die genannte Entscheidung des [X.] überholt (vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 2011 -
IX
ZR 63/10, [X.]Z 189, 1 Rn.
30).

b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im kaufmännischen Verkehr ein verlängerter Eigentumsvorbehalt grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden kann ([X.], Urteil vom 20. März 1985
-
[X.]
ZR 342/83, [X.]Z
94, 105,
111
f; vgl.
[X.]/[X.], aaO
Rn.
87 mwN;
Palandt/[X.], BGB,
72.
Aufl.,
§
307 Rn.
85
f mwN). Voraussetzung ist allerdings, dass ein derartiger Eigentumsvorbehalt dem Bestimmtheitsgebot genügt ([X.], Urteil vom 16.
Dezember 1957 -
VII
ZR 49/57, [X.]Z 26, 185, 189;
vom 8. Oktober 1986 -
[X.] [X.], [X.]Z 98, 303, 311
f; vom 11.
Mai 2006 -
VII
ZR 261/04, [X.]Z 167, 337 Rn.
15; vom 17.
März 2011, aaO Rn.
29;
Erman/[X.], 13.
Aufl., §
398 Rn.
18;
[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
398 Rn.
138
ff).

Ob diesem Gebot hier Genüge getan ist, erscheint
zweifelhaft. Die von der [X.] verwendete
Vertragsklausel enthält nur den Begriff des [X.] Eigentumsvorbehalts. In welchem Umfang und unter welchen Voraus-setzungen der
Vorbehaltskäufer
seine Forderungen gegenüber Dritten
an die Beklagte abtritt,
ist der Formulierung nicht zu entnehmen. Die [X.] wäre deshalb nur dann
ausreichend bestimmt, wenn man sie unter Hinzunahme 14
15
-

8

-
der Vereinbarung der Lieferung von Steinen für das
Bauprojekt der [X.] K.

gemäß der Auftragsbestätigung vom 24. Oktober 2008
dahingehend auslegen könnte,
dass sämtliche aus diesem Bauvorhaben entstehenden
For-derungen der Schuldnerin in
vollem
Umfang
zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Bezahlung der von ihr gelieferten Steine abgetreten werden soll-ten.

2. Der Senat braucht
das
aber letztlich nicht zu entscheiden. Eine
[X.] der Befriedigung der Altverbindlichkeit der Schuldnerin mit Zustim-mung des [X.] als vorläufigem Insolvenzverwalter nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 oder §
130 Abs. 1
Satz 1
Nr. 2 [X.] kommt schon im Hinblick auf die Bindung des [X.] als vorläufiger Insolvenzverwalter
an seine Zusage, die Erfüllung der Vereinbarung vom
16. März 2009 nicht anzufechten, nicht in Betracht. Die nach Verfahrenseröffnung gleichwohl erklärte Anfechtung verstößt gegen [X.] und Glauben. Ein Fall, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter berechtigt ist, aufgrund der wirtschaftlichen Machtstellung des Gläubigers trotz des zunächst aufgegebenen Widerstands gegen die Befriedigung einer Altforderung diese später als endgültiger Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren anzufechten, ist nicht gegeben.

a) Der Insolvenzverwalter
ist
grundsätzlich berechtigt,
die Erfüllung von Altverbindlichkeiten nach den Regeln der Deckungsanfechtung auch dann an-zufechten, wenn er einer Rechtshandlung des Schuldners zugestimmt hat, durch die gesetzliche Ansprüche oder Altverbindlichkeiten erfüllt werden, ohne dass dies mit einer künftig
zu erbringenden eigenen Leistung des Gläubigers in Zusammenhang steht
([X.], Urteil vom 9.
Dezember 2004 -
IX
ZR 108/04, [X.]Z 161, 315, 318; vom 15. Dezember 2005 -
IX
ZR 156/04, [X.]Z 165, 283). Dies wird insbesondere damit begründet, dass §
55 Abs.
2 [X.] auf den 16
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-

9

-
vorläufigen Insolvenzverwalter ohne allgemeine Verwaltungs-
und Verfügungs-befugnis keine entsprechende Anwendung findet. Dieser hat -
ebenso wie der [X.] nach altem Recht
-
keine den Befugnissen des endgültigen [X.]s derart angenäherte Rechtsstellung, dass eine Anfechtung der Rechtshandlungen des Schuldners, denen er zugestimmt hat, von vornherein ausscheidet. Die Anfechtung ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hat und der Empfänger der Leis-tung demzufolge nach [X.] und Glauben (§
242 BGB) damit rechnen durfte, ein auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben. Dies trifft grundsätzlich auch für Rechtshandlungen zu, [X.] die Tilgung von Altverbindlichkeiten zum Gegenstand haben ([X.], Urteil
vom
9.
Dezember 2004, aaO S.
320
ff; vom 15. Dezember 2005, aaO S.
286
f). An dieser Rechtsauffassung, der
im
Grundsatz auch das Berufungsgericht ge-folgt ist,
hält der Senat fest.

b)
Einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründet der vorläufige Verwalter in der Regel dann, wenn er Verträgen vorbehaltlos zustimmt, die der Schuldner mit dem Gläubiger nach Anordnung von Sicherungsmaßnahmen [X.] und in denen er im Zusammenhang mit an das Schuldnerunterneh-men zu erbringenden Leistungen des Gläubigers Erfüllungszusagen für Altver-bindlichkeiten gegeben hat. Wegen der Einbindung des vorläufigen Verwalters in den Vertragsschluss darf der Gläubiger davon ausgehen, die als Erfüllung geleisteten Zahlungen endgültig behalten zu dürfen. Sie können ihm daher auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr im Wege der Anfech-tung entzogen werden ([X.], Urteil
vom
9.
Dezember 2004, aaO
S. 321; vom 15.
Dezember 2005, aaO
S.
286).

18
-

10

-

Im Streitfall
hat der Kläger einen entsprechenden schutzwürdigen [X.] geschaffen, indem er
an
der Vereinbarung der Schuldnerin mit der [X.] über die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen
vom 16.
März 2009
mitgewirkt hat. Der Kläger
hat zwar in seinem Begleitschreiben vom 16. März 2009
noch
darauf hingewiesen, keine Verzichtserklärung für den endgültigen Insolvenzverwalter abgeben zu können.
Dies entbindet ihn aber nicht von seiner Zustimmung zu der Vereinbarung vom 16. März 2009.
Der
Klä-ger
hat darüber hinaus eingeräumt, in einem späteren Telefongespräch dem Geschäftsführer der [X.] vor dessen Unterzeichnung der Vereinbarung vom 16. März 2009 erklärt zu haben, nicht anzufechten, wenn er selbst zum Insolvenzverwalter bestellt werde.
Jedenfalls durch die
Erläuterung
des Begleit-schreibens in dem Telefonat wurde
bei der [X.] ein schutzwürdiges Ver-trauen darauf begründet, dass sie die erhaltene Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wieder zurückgewähren müsse.
Die Beklagte hat sich auf diese Erklärung verlassen, indem sie die Belieferung des [X.] zu den ursprünglich vereinbarten Preisen fortgesetzt und einer Reduzierung des [X.] der zu liefernden Steine zugestimmt hat.

c)
Der Insolvenzverwalter, der die Erfüllung von Altverbindlichkeiten [X.], die mit neuen Leistungen des Gläubigers an den Schuldner vertraglich verknüpft worden sind, handelt allerdings
nicht treuwidrig, sofern der Gläubiger die Zustimmung des vorläufigen Verwalters nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung gegen dessen zunächst erklärten Widerstand durchsetzen konn-te. Ein solcher Fall liegt hier nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor.

aa) Hat der vorläufige Verwalter vor Erteilung der Zustimmung deutlich zum Ausdruck gebracht, er halte den vom Gläubiger erstrebten
Vorteil
nicht für gerechtfertigt, weil dem kein über die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen 19
20
21
-

11

-
hinausgehender zusätzlicher Nutzen der Masse gegenüber stehe, und war der Verwalter im Hinblick darauf, dass ihm zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbe-triebs keine andere Wahl blieb, letztlich gezwungen, dem Begehren des ande-ren Teils nachzugeben, so ist kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand [X.] worden. In einem solchen Fall darf der Gläubiger nach [X.] und Glau-ben keinen Vorteil daraus ziehen, dass der vorläufige Verwalter den zunächst entgegengebrachten Widerstand ersichtlich allein aus wirtschaftlichen Zwängen aufgegeben hat. Eine allein durch Ausnutzung besonderer Marktstärke bewirkte Zustimmung des vorläufigen Verwalters führt daher unter dem Gesichtspunkt von [X.] und Glauben nicht dazu, die Anfechtung nach Eröffnung des [X.] auszuschließen. Entsprechende Tatsachen muss der [X.] darlegen und beweisen. Da er durch seine Zustimmung zum [X.] regelmäßig einen Vertrauenstatbestand begründet, liegt es an ihm, die Umstände vorzutragen, die dem Vertragspartner im Einzelfall eine Berufung auf [X.] und Glauben verwehren
([X.], Urteil vom 15. Dezember 2005, aaO
S.
287
f).

Dies kommt etwa in Betracht, wenn
ohne die Leistung des Lieferanten mit Mitteln der zukünftigen Masse bereits geschaffene
Werte vernichtet werden -
etwa weil ein kurz vor der Fertigstellung stehendes Werk wegen eines [X.] Teils nicht vollendet werden kann, das
nur der Vertragspartner liefern kann
-
und dadurch für die
Gesamtheit der
Gläubiger ein erheblicher Verlust entsteht. Geht es hingegen nur darum, Erschwernisse für eine Betriebsfortfüh-rung abzuwenden, die beispielsweise daraus resultieren, dass ein anderer Lie-ferant gesucht oder mit dem Auftraggeber über eine Vertragsänderung verhan-delt werden muss, sind die bereits erbrachten Leistungen des Schuldners aber im Übrigen -
sei es auch als Teilleistungen
-
abrechenbar und bewirkt der Aus-fall des [X.] ansonsten keine nachhaltige Schädigung der 22
-

12

-
(künftigen) Insolvenzmasse, ist eine Durchbrechung des Vertrauensschutzes,
den der vorläufige Insolvenzverwalter mit seiner Zustimmung zu einer Befriedi-gung von Altforderungen geschaffen hat, nicht gerechtfertigt.
Dies gilt in beson-derem Maße dann, wenn er
zur Frage der Anfechtung nicht nur geschwiegen, sondern
dem [X.] ausdrücklich erklärt hat, in keinem Fall [X.] zu wollen, wenn er selbst zum Insolvenzverwalter bestellt werde.
Unter diesen Voraussetzungen ist eine Anfechtung allenfalls dann denkbar, wenn der Verzicht auf die Leistungen des [X.] zu einem für die Gesamt-heit der Gläubiger unerträglichen Ergebnis geführt hätte.

bb) Der
Vortrag des
[X.] reicht nicht aus, um eine entsprechende
Zwangslage darzutun. Allein die Befürchtung, eine Auswechselung des [X.] könnte zu abweichenden Farb-
und Qualitätsmerkmalen und in deren Folge zu Schwierigkeiten mit der Auftraggeberin, der [X.] K.

, führen, genügt nicht, um dem Kläger das Recht einzuräumen, trotz der erklärten Zu-stimmung zu der auf besonderer vertraglicher Absprache beruhenden Erfüllung der Altverbindlichkeiten diese ausnahmsweise nachträglich
anzufechten.
[X.] gilt, soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung darauf stützt, der Kläger habe unter dem Druck der Drohung der [X.] gehandelt, die Preise im Fall einer weiteren Belieferung mit Steinen zu erhöhen. Hierin sind allenfalls Erschwernisse der Betriebsfortführung zu sehen, die es nicht rechtfertigen, den Kläger von seiner Zusage zu entbinden, die Befriedigung der Altverbindlichkei-ten nicht anzufechten.

Soweit der Kläger vorgetragen hat, andere Steinbruchunternehmen, die den mit der [X.] K.

vereinbarten

Granit hätten liefern können, seien hierzu nicht bereit gewesen, kommt es hierauf nicht an. Schon aus dem Umstand, dass es andere Lieferanten gab, die für die Beklagte hätten 23
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13

-
einspringen können, folgt, dass diese keine marktbeherrschende Stellung
hatte, die es für die Masse unabdingbar erscheinen ließ, den Vertrag mit der [X.]n auch unter Inkaufnahme der Befriedigung von Altverbindlichkeiten aufrecht-zuerhalten. Notfalls hätte der Kläger auch die Möglichkeit gehabt, die von der Schuldnerin
schon
erbrachten Leistungen abzurechnen und auf eine [X.] der Arbeiten zu verzichten. Eine vollständige Entwertung der Arbeiten der Schuldnerin wäre selbst in diesem Fall nicht eingetreten.

III.

Die Aufhebung des Urteils
erfolgt
nur wegen Rechtsverletzung bei An-wendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis.
Nach letzterem ist

25
-

14

-
die Sache zur Endentscheidung reif.
Das Revisionsgericht hatte
deshalb
in der Sache selbst zu entscheiden

563 Abs.
3 ZPO).

Kayser
Vill
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.08.2010 -
11 O 198/10 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 12.10.2011 -
2 U 2027/10 -

Meta

IX ZR 161/11

10.01.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2013, Az. IX ZR 161/11 (REWIS RS 2013, 9116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9116

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 161/11

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