Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.11.2022, Az. 1 WB 40/22

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2022, 8032

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Gegenstand

Anfechtung einer Versetzung


Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antrag betrifft die örtliche Versetzung eines [X.]offiziers.

2

Der [X.] geborene Antragsteller ist Berufssoldat, führt seit Dezember [X.] den Dienstgrad eines Oberstleutnants (Besoldungsgruppe [X.]) und besitzt die Ausbildung zum [X.]offizier [X.] Er wurde zuletzt als [X.]offizier in die [X.] im [X.] versetzt. Der Soldat ist verheiratet, wohnt in [X.] (Landkreis [X.]) und hat zwei schulpflichtige Kinder, die in den Jahren 2006 und 2009 geboren wurden. Die Eheleute leben in Scheidung. Für das [X.] bestand zugunsten des Soldaten aufgrund seiner familiären Situation eine Teilzeitregelung. Vor diesem Hintergrund wurde er seit Dezember 2020 in den [X.] ([X.]) kommandiert und dadurch aus dem Schichtbetrieb in der Staffel herausgelöst.

3

Mit Schreiben des [X.] vom 14. Dezember 2021 erhielt der Antragsteller eine Vororientierung für die Versetzung zum 1. April 2022 in das Kommando [X.] in [X.] Der vorgesehene Dienstposten im Referat [X.] ([X.], Wirkung und Sensorik) ist mit der Besoldungsgruppe [X.]/14 dotiert und erfordert nach der [X.]beschreibung das Analysieren, Bewerten und Einbringen von Fähigkeiten gemäß Integriertem Planungsprozess für den Bereich fliegende Luftverteidigung/[X.], ferner das Vertreten der [X.] im bundeswehr-gemeinsamen [X.] insbesondere in integrierten Projektteams. Schließlich wird das Verfolgen und Bewerten von Trends/Impulsen im Integrierten Planungsprozess erwartet und ggf. das Einbringen dieser Neuerungen in den Forschungs- und Technologieprozess, den "[X.] sowie das Verwerten der Erkenntnisse für den Bereich fliegende Luftverteidigung/[X.] und für das [X.]. Als Sprachleistungsprofil wird [X.] mit der Leistungsstufe 3332 vorausgesetzt sowie die Zuerkennung der Kompetenz [X.] Eurofighter.

4

Mit fünf Schreiben erhob der Antragsteller gegen die angekündigte Versetzung militärfachliche Bedenken und familiäre Einwendungen. Ferner beantragte er die Beteiligung der Vertrauensperson. Diese gab die Empfehlung ab, den Sachverhalt erneut unter Berücksichtigung der Vorgabe "Vereinbarkeit von Familie und Dienst" zu betrachten, im Fall des Festhaltens an einer Versetzung einen heimatnahen Einsatzort zu prüfen und die sechsmonatige Schutzfrist einzuhalten.

5

Auf Anfrage äußerte der Referatsleiter [X.] im Kommando [X.] am 26. Januar 2022 gegenüber dem [X.], dass er den Soldaten nach Durchsicht des [X.] als geeignet für den Dienstposten ansehe. Später erläuterte er, dass auf dem Dienstposten keine speziellen [X.] zu bearbeiten seien. Hauptaufgabe werde insbesondere das Projekt "Erhalt Luft-/Bodenfähigkeit 2025+" inklusive der Nachfolge [X.] sein. Eine Ausbildung zum [X.]flugzeugführer Eurofighter sei seines Erachtens nicht erforderlich.

6

Mit Verfügung Nr. [X.] vom 2. Februar 2022 versetzte das [X.] den Antragsteller zum 1. Oktober 2022 auf den Dienstposten (ID [X.]) im Kommando [X.], nach [X.] Ein Ausdruck der Verfügung wurde dem Antragsteller am 21. Februar 2022 per E-Mail übersandt. Die Aushändigung erfolgte am 14. März 2022, wobei der Antragsteller die Unterschrift für den Empfang verweigerte.

7

Gegen die Versetzung erhob der Antragsteller am 17. März 2022 Beschwerde, und verwies im Wesentlichen auf die in seinen fünf Stellungnahmen vorgetragenen Einwände. Nachdem keine Beschwerdeentscheidung erging, legte er am 6. Mai 2022 "weitere Beschwerde" wegen Untätigkeit ein. Das [X.] wertete das Begehren als Antrag auf Entscheidung des [X.] und legte ihn dem Senat mit seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2022 zur Entscheidung vor.

8

In seiner Antragsbegründung vom 22. Juli 2022 führt der Antragsteller aus, die Versetzungsverfügung sei rechtswidrig, da seine Auswahl ohne dienstlichen Grund und damit willkürlich erfolgt sei. Die Aufgabenbeschreibung des Dienstpostens erfordere eine Ausbildung als [X.]flugzeugführer Eurofighter sowie ein Sprachleistungsprofil [X.] in der Ausprägung 3332. Beide Anforderungen erfülle er als [X.]flugzeugführer [X.] nicht. Ein gültiges Sprachleistungsprofil weise er nicht auf. Er besitze somit die erforderliche Befähigung nicht und hätte gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausgewählt werden können. Zwar habe sein Vorgänger ausnahmsweise ebenfalls die Kompetenz [X.]flugzeugführer [X.] besessen, dies habe den Bedarfsträger jedoch nicht dazu veranlasst, das Dienstpostenprofil generell für [X.]piloten zu öffnen. Eine anderslautende Stellungnahme des Bedarfsträgers sei erst nach der Versetzungsverfügung eingeholt worden und demnach unerheblich.

9

Hintergrund der Versetzung sei vielmehr seine Beschwerde bei der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages über ein dienstliches Fehlverhalten eines Staffelführers des Geschwaders. Die Versetzung sei eine Reaktion auf die Eingabe mit dem Ziel, ihn vom Standort zu entfernen. Hierfür spreche die verwunderte Äußerung des [X.] im Kommando [X.], was mit ihm als ausgewiesenem Flieger eigentlich langfristig geplant sei. Dies sei als Reaktion auf eine Mitteilung über die Notwendigkeit seiner Entfernung von seiner bisherigen Dienststelle zu bewerten. Die Ankündigung der Versetzung sei für ihn kurz vor [X.] 2021 völlig unerwartet gekommen, obwohl er zuvor bei der Abfrage zur Besetzung vakanter Dienstposten Fehlanzeige gemeldet habe. Fehlanzeige sei nach seiner Kenntnis auch durch das Geschwader gemeldet worden. Konkret sei ihm eine Dienstpostenwahrnehmung in [X.] aufgrund privater Umstände nicht möglich. Er lebe in Scheidung und kämpfe um den Umgang mit seinen beiden minderjährigen Kindern. Seine frühere Frau leide unter einem Erschöpfungssyndrom. Es sei zu befürchten, dass sie die Betreuung der Kinder nicht alleine sicherstellen könne. Im Fall eines unterwöchigen Aufenthaltes in [X.] wäre es ihm nicht möglich, [X.] einzuhalten. Die Versetzung würde ferner seine neue Beziehung zerstören. Eine heimatnahe Versetzung in den Großraum [X.] sei nicht betrachtet worden. Als [X.]pilot am Standort [X.] sprächen letztlich sicherheitspolitische Aspekte im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Befähigung zur atomaren Teilhabe gegen seine Versetzung.

Der Antragsteller beantragt,

die Versetzungsverfügung vom 2. Februar 2022 auf den Dienstposten [X.][X.] (DP-ID [X.]) für den Antragsteller aufzuheben.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrag sei unbegründet, da die Versetzungsverfügung des [X.] vom 2. Februar 2022 rechtmäßig sei. Soldaten könnten versetzt werden, wenn für die Versetzung ein dienstliches Erfordernis besteht. Ein dienstliches Erfordernis gemäß Nr. 205 der [X.] liege regelmäßig vor, wenn ein freier Dienstposten zu besetzen sei. Maßgeblich für das Anforderungsprofil des Dienstpostens sei die konkrete Anforderung des Bedarfsträgers - hier des Kommando [X.] - und nicht die in den [X.] hinterlegten Dienstposteninformationen. Die laufenden Projekte erforderten allgemeinfliegerische sowie fachspezifische Kenntnisse zum Waffensystem [X.]. Diese Projekte seien bereits durch den Vorgänger, der ebenfalls auf diesem Waffensystem ausgebildet worden sei, begonnen worden. Die fachliche Befähigung des Antragstellers habe deshalb zu keinem Zeitpunkt in Frage gestanden. Unerheblich sei, dass der Antragsteller die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht nachweisen könne. Auch auf seinem derzeitigen Dienstposten sei ein Sprachleistungsprofil von 3332 gefordert und er nehme die Aufgaben ausweislich seiner aktuellen Beurteilung mit überdurchschnittlichem Erfolg wahr. Auch stehe es im Ermessen der [X.] Behörde bei einer Querversetzung von einzelnen Anforderungen zeitweise Abstand zu nehmen. Schwerwiegende persönliche Gründe gemäß Nr. 206 und [X.] der [X.] stünden einer Versetzung nicht entgegen. Die familiäre Situation des Antragstellers sei bei der Entscheidung berücksichtigt worden, ihr habe jedoch kein Vorrang vor den dienstlichen Interessen eingeräumt werden können. Schließlich habe die Versetzung auf den Dienstposten auch nichts mit der Eingabe des Antragstellers bei der Wehrbeauftragten zu tun.

Der Senat hat mit Beschluss vom 22. September 2022 den Antrag des Soldaten auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Versetzung im Verfahren 1 W-VR 14.22 abgelehnt. Ferner hat er eine dienstliche Stellungnahme des Leiters des [X.] zu den Hintergründen der Versetzung eingeholt. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Antrag auf Anfechtung der Versetzung hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Nachdem mehr als einen Monat nicht über die Beschwerde des Antragstellers vom 17. März 2022 entschieden worden ist, konnte der Soldat aufgrund dieser Untätigkeit nach § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]O eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen. Seine "weitere Beschwerde" ist als Untätigkeitsantrag mit dem Ziel der Anfechtung der Versetzungsverfügung zu werten.

2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 25. September 2002 - 1 [X.] 30.02 - [X.] 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m. w. N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 [X.]O) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O i. V. m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom [X.] im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften festgelegten Maßgaben und Verfahrensregeln eingehalten sind (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 [X.] 57.02 - [X.]E 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus der Allgemeinen Regelung (AR) [X.]/37 zur "Versetzung, Dienstpostenwechsel und Kommandierung von Soldatinnen und Soldaten" ergeben.

a) Die Versetzung ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Der Antragsteller hatte im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG hinreichend Gelegenheit, sich zu der Versetzung zu äußern. Gemäß Nr. 211 AR [X.]/37 müssen Soldaten zu den Gründen für beabsichtigte Versetzungen angehört werden und es ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Von diesem Recht hat der Antragsteller in vier Stellungnahmen gegenüber seiner Personalführung Gebrauch gemacht und seine Bedenken gegen die Versetzung dargelegt.

Auch die Vertrauensperson des Antragstellers wurde nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ordnungsgemäß angehört. Die protokollierte Anhörung erfolgte durch den Kommodore als zu diesem Zeitpunkt zuständigen [X.] am 27. Januar 2022.

Das [X.] hat schließlich die sechsmonatige Schutzfrist eingehalten (Nr. 226 AR [X.]/37). Die Schutzfrist beginnt mit der Bekanntgabe der Versetzungsverfügung. Die Bekanntgabe erfolgt nach Nr. 225 AR [X.]/37 grundsätzlich durch Aushändigung. Die Aushändigung an den Antragsteller mit dem Zeitpunkt der Versetzung zum 1. Oktober 2022 erfolgte am 14. März 2022.

b) Die Versetzung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Für die Versetzung des Antragstellers besteht ein dienstliches Erfordernis im Sinne von [X.] Buchst. a AR [X.]/37. Dabei ist für die Frage, ob ein dienstliches Erfordernis besteht, im Ausgangspunkt nicht die Einschätzung des Antragstellers, sondern diejenige des Dienstherrn bzw. der für ihn handelnden, den Haushalt bewirtschaftenden und das Personal führenden Stellen maßgeblich. Ebenso wenig ist das Gericht befugt, sich über die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus an die Stelle der Personalführung zu setzen ([X.], Beschluss vom 25. Juni 2020 - 1 [X.] 7.20 - juris Rn. 20).

Das dienstliche Erfordernis für die Versetzung des Antragstellers zum Kommando ... nach ... liegt vor. Die Voraussetzungen sind nach Nr. 205 Buchst. b AR [X.]/37 regelmäßig erfüllt, wenn ein freier Dienstposten zu besetzen ist. Der verfügte Dienstposten im Kommando ..., Referat ..., ist auch vakant gewesen.

Eines weiteren dienstlichen Erfordernisses für die [X.] bedurfte es nicht. Für die Rechtmäßigkeit der Versetzung ist unerheblich, ob auch am bisherigen Dienstort die Möglichkeit einer (Weiter-)Verwendung des Antragstellers besteht. Denn die Entscheidung darüber, welcher Soldat an welchem Dienstort eingesetzt wird, ist grundsätzlich Sache des Dienstherrn ([X.], Beschluss vom 25. Juni 2020 - 1 [X.] 7.20 - juris Rn. 24). Schließlich wird das zum Zeitpunkt der [X.] bestehende dienstliche Erfordernis auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Dienstherr nunmehr aufgrund einer geänderten Sachlage eine Vororientierung für einen anderen Dienstposten ausgesprochen hat.

Der Antragsteller besitzt auch eine ausreichende fachliche Qualifikation für den Dienstposten. Er kann dem Dienstherrn nicht mit Erfolg entgegenhalten, ihm fehle die in den [X.] geforderte Ausbildung "... Flugzeugführer [X.]". Der Dienstherr hat seinen Ermessensspielraum bei der Besetzung des Dienstpostens mit dem Antragsteller als ... Flugzeugführer [X.] nicht überschritten. Das [X.] der Bundeswehr hat sich am 22. Februar 2022 eigens beim Kommando ... nach der Relevanz dieser Qualifikation für die konkrete Aufgabenerfüllung erkundigt und in Erfahrung gebracht, dass die [X.]-Ausbildung aktuell nicht erforderlich ist und dass schon der Vorgänger des Antragstellers auf dem Dienstposten die Ausbildung zum Flugzeugführer [X.] besessen hat.

Dass im Informationssystem [X.] etwas Anderes hinterlegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der Versetzung ohne Bedeutung. Denn das Informationssystem [X.] hat keine normativ steuernde Funktion (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27. Mai 2020 - 1 [X.] 71.19 - juris Rn. 41 und vom 11. März 2021 - 1 [X.] 16.20, 1 [X.] 17.20 - juris Rn. 45). Für das Auswahlverfahren maßgeblich sind die vom jeweiligen Bedarfsträger - hier dem Kommando ... - festgelegten Anforderungen. Der Bedarfsträger kann dabei eine anstehende Neubesetzung des Dienstpostens auch zum Anlass nehmen, von der Beschreibung in den [X.] abzuweichen, solange er sich - wie hier - in den Grenzen des ihm zustehenden Ermessens hält ([X.], Beschluss vom 27. Mai 2020 - 1 [X.] 71.19 - juris Rn. 41).

Unerheblich ist, dass die diesbezügliche Nachfrage beim Bedarfsträger erst nach der Versetzungsverfügung erfolgte. Das beschriebene Tätigkeitsprofil knüpft an die Projekte des Vorgängers auf dem Dienstposten an und stellt die Qualifikationserfordernisse auch zum Zeitpunkt der konkreten Verfügung dar. Eine Gesamtschau der zu übertragenden Aufgaben lässt keinen Schluss darauf zu, dass der Dienstposten zwingend mit einem ... Flugzeugführer [X.] zu besetzen ist. Die als Luftfahrzeugführer erworbenen Grundqualifikationen genügen bei der Ausfüllung des Dienstpostens. Diese für den Dienstposten notwendige fachliche Qualifikation hat der Antragsteller als Luftfahrzeugführer [X.] erworben.

Der Auswahl des Antragstellers steht auch nicht das Fehlen eines aktuellen Sprachleistungsprofils ([X.]) [X.] der Höhe 3332 entgegen. Diese Anforderung im Informationssystem [X.] ist gleichfalls für die Rechtmäßigkeit der Versetzung nicht entscheidend. Denn das Kommando ... hat dem aktuellen Nachweis eines entsprechenden Sprachleistungsniveaus keine Bedeutung für die Effektivität der Auftragserfüllung auf dem Dienstposten beigemessen. Welche Qualifikationen für die Effektivität der Auftragserfüllung auf einem Dienstposten erforderlich sind, entscheidet der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen und personalwirtschaftlichen Ermessens (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. Januar 2017 - 1 [X.] 8.16 - Rn. 32 und vom 7. Juni 2018 - 1 [X.] 32.17 - [X.] 450.1 § 17 [X.]O Nr. 100 Rn. 32). Dabei kann er von einzelnen Anforderungen bei einer Querversetzung auch Abstand nehmen ([X.], Beschluss vom 30. Juni 2016 - 1 [X.] 28.15 - juris Rn. 33). Dass dies im vorliegenden Fall auf sachfremden Erwägungen beruhte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen dürfte dem Antragsteller als ausgebildetem [X.]piloten nur der aktuelle formale [X.]-Nachweis, nicht aber die entsprechende tatsächliche sprachliche Befähigung fehlen.

bb) Die Versetzungsverfügung ist auch nicht deswegen ermessensfehlerhaft, weil ihr ein schwerwiegender persönlicher Grund im Sinn von [X.] Buchst. a oder d AR [X.]/37 entgegenstehen würde. Nach diesen Bestimmungen liegt ein schwerwiegender persönlicher Grund insbesondere vor, wenn aufgrund militärärztlicher Bewertung der Gesundheitszustand eines in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kindes bzw. dessen ebenfalls mit in der häuslichen Gemeinschaft lebenden anderen Elternteils einen Verbleib am Standort notwendig macht. Ferner kann von einer Versetzung abgesehen werden, wenn durch die Versetzung wegen der Eigenart des Dienstes die Betreuung eines mit dem Soldaten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kindes unter 14 Jahren nicht sichergestellt werden kann.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar hat der Antragsteller einen ärztlichen Bericht mit der Diagnose eines Erschöpfungssyndroms und einer mittelgradigen depressiven Episode seiner Ehefrau vorgelegt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine aktuelle militärärztliche Bewertung des Gesundheitszustandes seiner Ehefrau. Außerdem leben der Antragsteller und seine Ehefrau in Scheidung, sodass eine häusliche Gemeinschaft zwischen ihnen nicht besteht. Auch die beiden 2006 und 2009 geborenen Kinder leben aktuell nicht mit ihm in einer häuslichen Gemeinschaft.

cc) Die vom Antragsteller angeführten "anderen Gründe" im Sinn von Nr. 208 AR [X.]/37 führen gleichfalls nicht zur Feststellung eines Ermessensfehlers. Nach Nr. 208 AR [X.]/37 sind auch andere Gründe, die der Person oder den privaten Lebensumständen des Betroffenen zugerechnet werden müssen, bei der [X.] zu berücksichtigen. Ein Absehen von der Versetzung kann erfolgen, wenn dies mit den dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Zu den von dieser Bestimmung erfassten sonstigen (gewichtigen) privaten Gründen kann im Einzelfall auch die Notwendigkeit der Betreuung eigener Kindern außerhalb der häuslichen Gemeinschaft gehören. Denn das von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Ehe und Familie genießt besonderen Schutz. Daher muss der Staat als Dienstherr auf bestehende familiäre Betreuungspflichten Rücksicht nehmen, auch wenn eine häusliche Lebensgemeinschaft nicht besteht (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - [X.] 11 Art. 6 GG Nr. 189 Rn. 37 zur Betreuung von Großeltern).

Diesen Grundsatz hat der Dienstherr im vorliegenden Fall nicht in Abrede gestellt, sodass insoweit kein Ermessensfehler vorliegt. Das Vorliegen eines solchen [X.] ist nach dem Vorlageschreiben des [X.] vom 25. Mai 2022 im Beschwerdeverfahren nicht anerkannt worden, weil der Antragsteller trotz Aufforderung die Voraussetzungen eines solchen [X.] nicht ausreichend dargelegt hat.

Zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau bestand nach seinen Angaben zunächst die Vereinbarung, die Betreuung der gemeinsamen Kinder in einem Zwei-Wochen-Turnus abwechselnd sicherzustellen. Diese wechselseitige Kinderbetreuung, bei der seine Kinder auch turnusgemäß unter der Woche bei ihm lebten, findet aber nach Angaben des Antragstellers seit einiger Zeit nicht mehr statt. Seine Ehefrau versuche, den Kontakt zwischen ihm und seinen Kindern ganz zu verhindern. Der Antragsteller hat dem Dienstherrn zwar mitgeteilt, vor dem Familiengericht um den Umgang mit seinen Kindern zu kämpfen. Die beiden schulpflichtigen Kinder würden durch ein komplexes und aufwendiges Betreuungssystem, zu dem auch Absprachen und Treffen mit ihm unter der Woche gehörten, versorgt. Diese Angaben sind aber völlig vage geblieben. Zuletzt hat er mit Schreiben vom 2. November 2022 mitgeteilt, seine (Noch-)Ehefrau habe den Kontakt abgebrochen und Unterstützung von dritter Seite (Familiengericht, Jugendamt etc.) erhalte er nicht, da seine Kinder als "nicht mehr klein" betrachtet werden. Diese Angaben lassen auf einen Kontaktabbruch schließen und können einen Anteil an der Betreuung der Kinder unter der Woche nicht belegen.

Die mangelnde Berücksichtigung der Kinderbetreuung kann nicht als ermessensfehlerhaft gewertet werden. Zum einen obliegt dem Antragsteller - wie § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG zeigt - eine Mitwirkungspflicht bei der Darlegung und Aufklärung schwerwiegender persönlicher Gründe sowie anderer privater Gründe im Sinne der [X.] und 208 AR [X.]/37, weil deren nähere Kenntnis dem Dienstherrn regelmäßig fehlt. Daher muss die mangelnde Darlegung konkreter Umstände ähnlich wie die mangelnde Vorlage von Unterlagen zu medizinischen Einschränkungen zu Lasten des Antragstellers gehen (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Februar 2015 - 1 [X.] 3.14 - juris Rn. 40). Der Antragsteller hat aber vor der Versetzungsverfügung nicht konkret dargetan, in welcher Form er an der außerhäuslichen Kinderbetreuung beteiligt ist. Soweit der Antragsteller nunmehr ausführt, seine Kinder und seine Ehefrau hätten im Hinblick auf die Versetzung den Kontakt abgebrochen, behebt dies den Darlegungsmangel nicht.

Auch mit dem Vortrag des Antragstellers, die Versetzung zerstöre die Beziehung zu seiner neuen Partnerin, wird kein gewichtiger "anderer Grund" im Sinne von Nr. 208 AR [X.]/37 dargelegt. Dem Vorbringen sind nur subjektive Befürchtungen, aber keine objektiven Umstände zu entnehmen, die über das bei beruflichem Pendeln übliche Maß an Belastungen hinausgehen. Generell ist der Dienstherr nicht verpflichtet, privaten Beziehungen außerhalb des Schutzbereiches von Art. 6 GG Vorrang gegenüber dienstlichen Belangen einzuräumen.

Soweit sich der Antragsteller auf die Zentrale Dienstvorschrift ([X.]) [X.]/6 "Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst" beruft, ist deren Außerachtlassung ebenfalls nicht konkret dargetan. Im Übrigen enthält diese Dienstvorschrift an verschiedenen Stellen nur personalpolitische Programmsätze, aus denen sich keine subjektiven Rechtspositionen ableiten lassen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Februar 2015 - 1 [X.] 3.14 - juris Rn. 42 m. w. N. und vom 29. Januar 2020 - 1 [X.] 65.19 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 98 Rn. 24).

dd) [X.], er werde aufgrund seiner Zusatzqualifikation für Krisenfälle im nuklearen Bereich beim ... dringend benötigt, betrifft eine Frage der militärischen Zweckmäßigkeit der Versetzung und ist damit gerichtlich grundsätzlich nicht überprüfbar (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2021 - 1 [X.] 26.20 - juris Rn. 39). Die Frage, ob zur Sicherstellung des militärischen Auftrages am Standort ... eine Anwesenheit des Antragstellers erforderlich ist, stellt eine organisatorische Entscheidung dar, die dem Bereich der militärischen Zweckmäßigkeit unterfällt und deren Festlegung und Einschätzung dem [X.] obliegt.

ee) Das Vorbringen, andere ... Flugzeugführer [X.] seien für den Dienstposten nicht betrachtet worden, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Versetzung. Der Dienstherr hat vor der Besetzung des Dienstpostens eine Umfrage durchgeführt mangels freiwilliger Interessenten in Ausübung seines personalwirtschaftlichen Ermessens darüber entschieden, mit welchem von mehreren geeigneten Soldaten er den Dienstposten besetzt. Den insoweit bestehenden militärfachlichen Einschätzungsspielraum verkennt der Einwand des Antragstellers. Das dienstliche Interesse an einer inländischen Verwendung des Antragstellers entfällt nicht dadurch, dass auch andere Soldaten einen konkreten Dienstposten besetzen können ([X.], Beschluss vom 15. Juni 2022 - 1 [X.] 48.21 - juris Rn. 50).

ff) Der Antragsteller dringt auch nicht mit dem Vortrag durch, die Versetzung beruhe auf seiner Eingabe an die Wehrbeauftragte des [X.] und sei damit rechtswidrig. Zwar folgt aus § 7 Satz 2 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des [X.] vom 26. Juni 1957 ([X.]), zuletzt geändert mit Gesetz vom 5. Februar 2009 ([X.] [X.]), dass ein Soldat wegen der Tatsache der Anrufung des Wehrbeauftragten nicht dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden darf. Eine [X.] gegen den Willen des Soldaten ist auch als Benachteiligung zu werten, wenn sie wegen einer Beschwerde und nicht wegen interner Spannungen erfolgt (vgl. Dau/Scheuren, [X.]O, 7. Aufl. 2020, § 2 Rn. 5; [X.], Beschluss vom 30. August 1977 - 1 [X.] 29.77 - juris Rn. 60).

Im vorliegenden Fall liegt jedoch nur ein zeitlicher, aber kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Eingabe des Antragstellers bei der Wehrbeauftragten und der Versetzung vor. Die Vororientierung zu der Versetzung vom 14. Dezember 2021 erfolgte etwa ein halbes Jahr nach seiner Beschwerde vom 8. Juni 2021, in der er die Wehrbeauftragte über seinen Verdacht einer Dienstpflichtverletzung eines Staffelkapitäns seines Geschwaders informiert hat. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kommodore seines Geschwaders deswegen seine [X.] betrieben und dass der [X.] ihn deswegen für den Dienstposten im ...kommando ausgewählt hat. Vielmehr hat der Antragsteller zunächst selbst ausgeführt, sein Geschwader habe für den Dienstposten - ihn somit eingeschlossen - Fehlanzeige gemeldet. Der Führer seines Geschwaders habe seine [X.] auch nicht befürwortet.

Soweit er später gleichwohl vorgetragen hat, sein Kommodore habe die [X.] wegen der Beschwerde betrieben, haben die gerichtlichen Nachforschungen dafür nichts ergeben. Der Kommodore des Geschwaders hat in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 9. November 2022 das ursprüngliche Vorbringen bestätigt, dass er für den Dienstposten Fehlanzeige erstattet und dass das [X.] mangels freiwilliger Bewerbung den Antragsteller aus dem Kreis der potentiell geeigneten Bewerber ausgesucht hat.

Da sich die Beschwerde des Antragstellers an die Wehrbeauftragte nicht gegen das [X.] gerichtet hat, ist auch ein Motiv der Personalführung, ihn wegen der Eingabe wegzuversetzen, nicht erkennbar. Vielmehr war die Personalführung bei der Nachbesetzung der Stelle mangels freiwilliger Interessenten gezwungen, eine dienstliche Verpflichtung auszusprechen. Sie hat die Auswahl des Antragstellers gegenüber dem Referatsleiter beim [X.] nicht mit der Notwendigkeit einer [X.] begründet. Die vom Antragsteller berichtete Äußerung des [X.] über den ziellosen Verwendungsaufbau des Soldaten rechtfertigt einen solchen Rückschluss nicht. Daher ist nicht erkennbar, dass sich das [X.] bei seiner Entscheidung, den Antragsteller zu versetzen, von sachfremden Erwägungen leiten ließ.

Meta

1 WB 40/22

23.11.2022

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

Art 6 Abs 1 GG, § 17 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO, § 7 S 2 WehrbBTG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.11.2022, Az. 1 WB 40/22 (REWIS RS 2022, 8032)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8032

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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