Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2023, Az. AnwZ (Brfg) 7/23

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2023, 6797

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs ohne mündliche Verhandlung und Säumniszuschlag zum Rechtsanwaltskammerbeitrag


Tenor

Auf Antrag des [X.] wird die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 12. Dezember 2022 zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Rechtsanwaltskammer. Er wendet sich gegen eine vollstreckbare Zahlungsaufforderung der [X.]eklagten vom 11. Januar 2019 über 30,11 € für einen Säumniszuschlag nebst Zustellkosten für den Mitgliedsbeitrag für das [X.].

2

Die am 17. November 2016 durch die Kammerversammlung beschlossene [X.]eitragsordnung der [X.]eklagten für das [X.] enthielt zur Erhebung des [X.]s und einer Umlage für das besondere elektronische Anwaltspostfach (im Folgenden: beA-Umlage) folgende Regelung:

"a) Der von jedem Mitglied zu zahlende [X.]eitrag für das Geschäftsjahr 2017 beträgt 260,00 € und ist bis spätestens April 2017 zu zahlen. Wird der [X.]eitrag nicht bis zum 30. April 2017 gezahlt, wird ein Säumniszuschlag in Höhe von 10% des fälligen [X.]eitrages erhoben. Für Mitglieder, die erstmals beitragspflichtig werden, entfällt im laufenden Geschäftsjahr der [X.]eitrag.

d) Zusätzlich zum [X.]eitrag a) ist von jedem Mitglied, das zum 01. Januar 2017 der Rechtsanwaltskammer F.      angehört, eine von der Rechtsanwaltskammer F.     an die [X.] zu zahlende Umlage von 67 € für das Geschäftsjahr 2017 ebenfalls bis spätestens 30.04.2017 zu zahlen."

3

Die [X.]eitragsordnung wurde in den Kammermitteilungen der [X.]eklagten "Kammer aktuell" 4/2016, auf der Webseite der [X.]eklagten und im Justizministerialblatt für [X.] vom 1. Februar 2017 (Seite 75 ff.) veröffentlicht.

4

Der Kläger zahlte den [X.] und die beA-Umlage bis zum 30. April 2017 nicht. Unter dem 18. Mai 2018 übersandte ihm die [X.]eklagte eine Zahlungserinnerung über 353 €. Auf Nachfrage des [X.] erläuterte sie, dass die Forderung aus dem [X.] resultiere, und übermittelte ihm die Zweitschrift eines Schreibens vom 20. Februar 2017, mit dem er unter Hinweis auf den andernfalls anfallenden Säumniszuschlag zur Zahlung des [X.]s und der beA-Umlage für das [X.] in Höhe von insgesamt 327 € bis zum 30. April 2017 aufgefordert worden war. Der Kläger, der den Zugang der [X.] dieses Schreibens bestreitet, überwies daraufhin 327 €.

5

Nach wiederholten vergeblichen Aufforderungen an den Kläger, auch den geltend gemachten Säumniszuschlag in Höhe von 26 € zu begleichen, erließ die [X.]eklagte am 11. Januar 2019 eine vollstreckbare Zahlungsaufforderung gemäß § 84 [X.] über 30,11 € für den Säumniszuschlag von 26 € [X.] Zustellkosten in Höhe von 4,11 €. Die Zahlungsaufforderung, die keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, wurde dem Kläger am 15. Januar 2019 zugestellt, der daraufhin den titulierten [X.]etrag zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung der Rechtspflicht zahlte.

6

Am 16. Dezember 2021 hat der Kläger beim [X.]               Klage gegen die [X.]eklagte auf Rückzahlung des [X.]etrages von 30,11 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten erhoben. Das Amtsgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten mit [X.]eschluss vom 2. Juni 2022 für unzulässig erklärt, weil es sich bei der vollstreckbaren Zahlungsaufforderung um einen Verwaltungsakt handele, und den Rechtsstreit an den [X.] verwiesen.

7

[X.]eim [X.] hat der Kläger beantragt, die vollstreckbare Zahlungsaufforderung vom 11. Januar 2019 aufzuheben und die [X.]eklagte zur Rückzahlung von 30,11 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu verurteilen. Er hat geltend gemacht, die Regelung in der [X.]eitragssatzung 2017 habe noch keine Fälligkeit des [X.]s begründen können; hierfür sei vielmehr ein gesonderter [X.]eitragsbescheid, zumindest aber eine vorherige Zahlungsaufforderung erforderlich. Darüber hinaus sei der in der Satzung festgesetzte Säumniszuschlag in Höhe von 10 % unverhältnismäßig hoch.

8

Auf Anfrage des [X.]s haben die Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO erklärt, der Kläger allerdings verbunden mit dem Zusatz: "Dabei setze ich jedoch voraus, dass, falls das Gericht beabsichtigt, die Klage ganz oder teilweise abzuweisen, [X.] vor Verkündung einer Entscheidung die Erwägungen des Gerichts mitgeteilt werden und ich Gelegenheit zu Stellungnahme erhalte."

9

Der [X.] hat die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2022 ohne vorherigen Hinweis und (weiterer) Gelegenheit zur Stellungnahme für die Parteien ohne mündliche Verhandlung nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 2 VwGO abgewiesen. Zur [X.]egründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unzulässig, weil es sich bei der [X.] der [X.]eklagten um einen Verwaltungsakt handele, der auf ihre Aufhebung gerichtete Klageantrag daher als Anfechtungsklage nach § 112c Abs. 1 [X.], § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO zu verstehen sei und der Kläger damit die (mangels Rechtsmittelbelehrung in der [X.]) einjährige Anfechtungsfrist gemäß § 112c Abs. 1 [X.], § 58 Abs. 2 VwGO versäumt habe. Infolge der Rechtskraft der Zahlungsaufforderung der [X.]eklagten komme auch keine Rückerstattung des vom Kläger darauf geleisteten [X.]etrages oder Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten in [X.]etracht ([X.], vgl. § 112c [X.], § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Übrigen hätte die Klage auch bei Einhaltung der Klagefrist keinen Erfolg gehabt. Der Säumniszuschlag sei durch die Kammerversammlung ordnungsgemäß beschlossen, der Höhe nach nicht zu beanstanden und auch angefallen, weil der Kläger den [X.] nicht bis zu dem in der [X.]eitragssatzung wirksam bestimmten Fälligkeitszeitpunkt geleistet habe. Einer gesonderten Zahlungsaufforderung durch die [X.]eklagte oder eines gesonderten [X.]eitragsbescheids habe es nicht bedurft.

Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.]s.

II.

Der nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung ist begründet. Der Kläger macht mit Erfolg geltend, dass der [X.] mit der Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einen [X.] begangen hat, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; dazu unter 1.). Die übrigen [X.] des [X.] greifen dagegen nicht durch (dazu unter 2. bis 4.).

1. Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung

a) Der Kläger rügt zu Recht, dass der [X.] verfahrensfehlerhaft (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gegen den Mündlichkeitsgrundsatz (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], 101 Abs. 1, Abs. 2 VwGO) verstoßen und den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem er die Klage ohne entsprechendes Einverständnis des [X.] (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 2 VwGO) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen hat.

aa) Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seine Entscheidung grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung zu treffen. Eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung bedarf nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 2 VwGO des Einverständnisses der [X.]eteiligten. Dieses Einverständnis muss als Prozesshandlung mit Gestaltungswirkung grundsätzlich klar, eindeutig und unbedingt bzw. vorbehaltlos erklärt werden (vgl. [X.], NVwZ-RR 2014, 740 Rn. 11; NVwZ-RR 2021, 87 Rn. 9; [X.] VwGO/[X.], § 101 Rn. 8 [Stand: 1. April 2023]; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 101 Rn. 24; Riese in [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, § 101 VwGO Rn. 29 [Stand: August 2022]; jeweils [X.]). Zulässig, weil der prozessualen Klarheit nicht abträglich, sind allerdings sogenannte innerprozessuale [X.]edingungen, die die Wirksamkeit der abgegebenen Erklärung allein von einem im Prozess stattfindenden Ereignis abhängig machen (vgl. [X.], [X.] 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 4; [X.], [X.]eschluss vom 20. Mai 2020 - 11 A 1053/19.A, juris Rn. 8; [X.] VwGO/[X.], § 101 Rn. 9 [Stand: 1. Juli 2022]; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 101 Rn. 24; Riese in [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, § 101 VwGO Rn. 29 [Stand: August 2022]). Ein Verstoß gegen den Grundsatz der mündlichen Verhandlung verletzt zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 108 Abs. 2 VwGO; vgl. [X.], [X.], 59 Rn. 10 [X.]). Die irrtümliche Annahme eines Gerichts, dass ein wirksames Einverständnis vorläge, ist für einen [X.] ohne [X.]edeutung (vgl. [X.], [X.], 59 Rn. 10 [X.]).

[X.]) Danach liegt hier ein Verstoß gegen § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 1 VwGO vor, weil es entgegen der Annahme des [X.]s an einem Einverständnis des [X.] gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 101 Abs. 2 VwGO mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung fehlte.

Der Kläger hat zwar auf die Nachfrage des [X.]s mit [X.] vom 23. August 2022 mitgeteilt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 112c Abs. 1 [X.], § 101 Abs. 2 VwGO einverstanden zu sein, allerdings verbunden mit dem im Tatbestand genannten Zusatz. Ob man seine Einverständniserklärung wegen dieses Zusatzes bereits als unklar und damit unwirksam ansieht, oder den Zusatz als unschädliche, weil rein innerprozessuale [X.]edingung ("setze ich voraus") versteht (vgl. etwa [X.], [X.] 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 4 zu der [X.]edingung, eine Erklärungsfrist bewilligt zu erhalten), kann dahinstehen. Auch wenn man ein wirksam bedingtes Einverständnis des [X.] annimmt, hat der [X.] der [X.]edingung des [X.] jedenfalls nicht genügt, sondern hat die Klage ohne vorherigen Hinweis auf die von ihm angenommene Verfristung des [X.] und daraus folgende Unbegründetheit des [X.] ohne Stellungnahmemöglichkeit für den Kläger abgewiesen. Für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf dieser [X.]asis lag aber kein Einverständnis des [X.] vor.

b) Es ist auch davon auszugehen, dass die Entscheidung des [X.]s auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), ohne dass es darauf ankommt, was der Kläger schriftlich oder in einer mündlichen Verhandlung hätte vortragen wollen und ob dieser Vortrag erheblich gewesen wäre.

Eine Verletzung von § 101 Abs. 1 VwGO beschränkt sich nicht auf einzelne tatrichterliche Ausführungen und Feststellungen, sondern erfasst das angegriffene Urteil insgesamt. In diesem Fall, in dem die Verletzung des rechtlichen Gehörs den gesamten [X.] erfasst, bedarf es bereits formal keiner Ausführungen im Zulassungsantrag nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO dazu, was ohne den Gehörsverstoß zusätzlich noch vorgetragen worden und dass dies entscheidungserheblich gewesen wäre; auch eine Ablehnung des Zulassungsantrags in entsprechender Anwendung von § 144 Abs. 4 VwGO kommt nicht in [X.]etracht (vgl. Senat, [X.]eschlüsse vom16. Dezember 2011 - [X.] ([X.]) 52/11, juris Rn. 4 und vom 18. Mai 2020 - [X.] ([X.]) 63/18, juris Rn. 18; [X.], NJW 1998, 2377, 2378; [X.], 59 Rn. 11; [X.]eschluss vom 26. Juni 2009 - 8 [X.]/09, juris Rn. 13; [X.], NVwZ-RR 2007, 718, 719; [X.] VwGO/[X.], § 101 Rn. 19 [Stand: 1. April 2023]; [X.] VwGO/[X.], § 124a Rn. 79.1[Stand: 1. April 2023]; [X.]/[X.], VwGO, 16. Aufl., § 124a Rn. 74; [X.]/[X.], VwGO, 16. Aufl., § 138 Rn. 8 und 38; Rudisile in [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, § 124a VwGO Rn. 114 [Stand: August 2022] unter Verweis auf [X.]ier, aaO, § 133 VwGO Rn. 41 [Stand: August 2022]; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 124a Rn. 218, § 124 Rn. 223; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 101 Rn. 51). Ob die übrigen Einwände, die der Kläger in der [X.]egründung seines Zulassungsantrags gegen die Entscheidung des [X.]s erhoben hat, im Ergebnis keinen Erfolg haben, ist daher für die Zulassungsentscheidung ohne [X.]elang.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO) bestehen nicht.

a) Der [X.] hat den Antrag des [X.] auf Aufhebung der vollstreckbaren Zahlungsaufforderung zu Recht wegen Versäumung der Klagefrist gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 74 Abs. 1, § 58 Abs. 2 VwGO als unzulässig abgewiesen.

aa) Der [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der vollstreckbaren Zahlungsaufforderung der [X.]eklagten um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. [X.], Urteil vom 5. Februar 1971 - I ZR 118/69, [X.]Z 55, 255, 259; [X.]eschlüsse vom 30. November 1992 - [X.] ([X.]) 31/92, juris Rn. 4 und vom 25. Februar 2022 - [X.] ([X.]) 22/21, juris Rn. 9), der mit der Anfechtungsklage anzugreifen ist und damit der Anfechtungsfrist des § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 74 Abs. 1, § 58 Abs. 1 und 2 VwGO unterliegt. Das wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.

[X.]) Da die dem Kläger am 15. Januar 2019 zugestellte vollstreckbare Zahlungsaufforderung keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, galt gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO grundsätzlich eine Klagefrist von einem Jahr, die am 15. Januar 2020 abgelaufen ist. Die erst [X.] Dezember 2021 beim [X.]              eingereichte Klage konnte damit keine Fristhemmung mehr bewirken.

[X.]) Dagegen macht der Kläger ohne Erfolg geltend, dass im vorliegenden Fall die Ausnahmeregelung des § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO eingreife.

Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO gilt die einjährige Anfechtungsfrist ausnahmsweise dann nicht, wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische [X.]elehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. [X.]eide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Auch eine analoge Anwendung der Ausnahmeregelung kommt entgegen der Ansicht des [X.] nicht in [X.]etracht.

(1) [X.] gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 VwGO liegt nicht vor.

Eine schriftliche oder elektronische [X.]elehrung, dass gegen die vollstreckbare Zahlungsaufforderung kein Rechtsbehelf möglich sei, hat die [X.]eklagte nicht erteilt. Soweit der Kläger geltend macht, er habe das Verhalten der [X.]eklagten in der vorgerichtlichen Korrespondenz nur als konkludente [X.]elehrung in diesem Sinne verstehen können, wäre damit bereits den formellen Anforderungen des § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO an die fehlerhafte [X.]elehrung nicht genügt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 58 VwGO Rn. 20 a.E.: auch mündliche Auskünfte reichen nicht aus).

Darüber hinaus war das Verhalten der [X.]eklagten aber auch nicht als konkludente [X.]elehrung in dem vom Kläger geltend gemachten Sinne zu verstehen. Der Kläger beruft sich hierzu darauf, dass er die [X.]eklagte mit E-Mail vom 19. Januar 2019 unter Hinweis auf das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung aufgefordert hatte, ihm umgehend mitzuteilen, mit welchen Rechtsmitteln er vor dem Hintergrund der von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung vorgehen könne. Darauf habe die [X.]eklagte trotz seiner [X.] vom 20. Februar 2019 (mit Fristsetzung zum 7. Oktober 2019) nicht reagiert, weswegen er am 16. Dezember 2021 Klage erhoben habe. Aus diesem vollständigen Schweigen der [X.]eklagten lässt sich schwerlich die konkludente Erklärung ableiten, es gebe keinen Rechtsbehelf gegen ihre Zahlungsaufforderung.

(2) Der Kläger kann sich auch nicht auf höhere Gewalt im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Fall 1 VwGO berufen.

Als Fälle höherer Gewalt im Sinne dieser Vorschrift gelten außergewöhnliche Ereignisse, die unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem [X.]etroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnten (vgl. etwa [X.], Urteil vom 10. Dezember 2013 - 8 C 24.12, juris Rn. 29 [X.]). Zwar werden in Rechtsprechung und Literatur auch Fälle höherer Gewalt bejaht, wenn eine fehlerhafte Rechtsbelehrung erfolgt ist, die ursächlich für die Fristversäumung war und die zumutbare Sorgfalt von dem [X.]etroffenen gewahrt wurde (vgl. [X.], NJW 1980, 1480; OVG [X.]erlin, NJW 1965, 1151; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 58 Rn. 81), oder die [X.]ehörde den [X.]etroffenen durch treuwidriges Verhalten arglistig um seine Klagemöglichkeit gebracht hat (vgl. [X.], NJW 1980, 1480 a.E.). Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Allein der Umstand, dass die [X.]eklagte auf die Frage des [X.] nach möglichen Rechtsbehelfen gegen die Zahlungsaufforderung nicht reagiert hat, reicht dafür nicht aus. In Anbetracht der juristischen Ausbildung und anwaltlichen [X.]erufstätigkeit des [X.] war von ihm zu erwarten, dass er sich selbst über mögliche Rechtsbehelfe und deren Voraussetzungen informierte. Da die [X.]eklagte ihn gerade nicht durch eine fehlerhafte [X.]elehrung davon abgehalten hat, ist für die Annahme höherer Gewalt kein Raum.

(3) Eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Fall 2 VwGO kommt entgegen der Ansicht des [X.] nicht in [X.]etracht.

Nach der gesetzlichen Konzeption handelt es sich bei der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO um keine Rechtsbehelfs- sondern eine Ausschlussfrist und damit eine absolute zeitliche Grenze für die Einlegung von Rechtsbehelfen, die nur in den in der Vorschrift ausdrücklich genannten Ausnahmefällen durchbrochen werden kann (vgl. [X.] VwGO/[X.], § 58 Rn. 23 [Stand: 1. Juli 2022]; [X.] in [X.]n/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 58 Rn. 74; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, § 58 VwGO Rn. 65 [Stand: August 2022]; [X.]/[X.]e/W.-R. [X.]e, VwGO, 28. Aufl., § 58 Rn. 16). § 58 Abs. 2 VwGO beruht auf dem Gedanken, dass die [X.]etroffenen jedenfalls innerhalb eines Jahres Gelegenheit haben, sich über mögliche Rechtsbehelfe zu informieren, und will verhindern, dass Rechtsbehelfe trotz fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung zeitlich unbegrenzt möglich bleiben (vgl. [X.] VwGO/[X.], § 58 Rn. 23 [Stand: 1. Juli 2022]). Die in der Vorschrift geregelten Ausnahmen sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit bzw. der Rechtsschutzgewährleistung (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. April 2011 - 2 [X.] 17/10, juris Rn. 9 [X.]; [X.], [X.]ayV[X.]l 2017, 170, 172). Sie stellen eine abschließende gesetzgeberische Entscheidung dar, so dass weitere Ausnahmen von der Ausschlussfrist unzulässig sind. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass das Interesse an Rechtssicherheit, das nach der Wertung des Gesetzgebers nach einem Jahr Vorrang vor der Einzelfallgerechtigkeit bzw. Rechtsschutzgewährleistung genießt, unterlaufen würde (vgl. [X.], NJW 1967, 591, 592; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 58 Rn. 79). Das schließt eine erweiternde Auslegung oder entsprechende Anwendung auch im Fall des [X.] aus.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen auch hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten [X.]etrags und Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers.

aa) Der [X.] hat zutreffend angenommen, dass die nach den obigen Ausführungen bestandskräftige Zahlungsaufforderung der [X.]eklagten den rechtfertigenden Grund für die Zahlung des [X.] darstellt und damit dem geltend gemachten Rückzahlungsbegehren ebenso wie dem Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten entgegensteht. Anderes würde nur gelten, wenn die Zahlungsaufforderung nichtig wäre und deswegen nicht in [X.]estandskraft erwachsen sein könnte (vgl. etwa [X.], Urteil vom 18. August 1999 - 5 UE 2660/98, juris Rn. 31; OVG [X.]erlin, [X.]eschluss vom 16. Juli 2004 - 2 S 28.04, juris Rn. 13; VGH [X.]aden-Württemberg, [X.]eschluss vom 22. April 2013 - 2 S 598/13, juris Rn. 13; VG Schwerin, Urteil vom 7. März 2016 - 4 A 152/15, juris Rn. 63; Emmeneger in [X.]/[X.]/[X.], Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 113 VwGO Rn. 78).

[X.]) Dafür besteht aber entgegen der Auffassung des [X.] kein Anhalt. Es liegt weder ein Fall der Nichtigkeit gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung (fortan: [X.]), § 44 Abs. 2 VwVfG vor, noch leidet die Zahlungsaufforderung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 44 Abs. 1 VwVfG an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in [X.]etracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(1) [X.] VwVfG liegt nur dann vor, wenn der Mangel den Verwaltungsakt schlechterdings unerträglich, also mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in einem so erheblichen Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 21. Januar 2016 - 4 [X.] 36.15, juris Rn. 10 [X.]). Der Fehler muss zudem für einen verständigen [X.]ürger offensichtlich sein. Das ist nur dann der Fall, wenn die schwere Fehlerhaftigkeit für einen unvoreingenommenen, mit den in [X.]etracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen [X.]eobachter ohne weiteres ersichtlich ist (vgl. etwa [X.], NVwZ 1987, 230 [X.]). Ein Verwaltungsakt ist daher insbesondere nicht schon deshalb als nichtig anzusehen, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.], NVwZ-RR 2008, 154 Rn. 20 [X.]).

(2) Danach liegt hier kein Fall des § 44 Abs. 1 VwVfG vor. Die Erhebung des [X.] mit vollstreckbarer Zahlungsaufforderung der [X.]eklagten gemäß § 84 [X.] ist vielmehr, wie der [X.] zutreffend ergänzend ausgeführt hat, weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlich zu beanstanden. Die vom Kläger dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

(a) Der [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der [X.] für das [X.] bereits mit dem in der von der Kammerversammlung beschlossenen [X.]eitragssatzung bestimmten Termin am 30. April 2017 fällig war, ohne dass es zur Herbeiführung der Fälligkeit noch eines gesonderten [X.]eitragsbescheids oder einer individuellen Zahlungsaufforderung durch die [X.]eklagte bedurfte.

(aa) Nach § 89 Abs. 2 Nr. 2 [X.] obliegt der Kammerversammlung insbesondere die [X.]estimmung der Höhe und der Fälligkeit des von den Mitgliedern zu erhebenden [X.]s, die sie demnach durch [X.]eschluss gemäß §§ 87 f. [X.] - wie hier durch die am 17. November 2016 beschlossene [X.]eitragssatzung - für die [X.]er verbindlich festlegen kann. Dass es für die Erhebung dieses [X.]eitrags durch die Kammer noch einer Festsetzung durch gesonderten [X.]escheid oder einer individuellen Zahlungsaufforderung bedürfte, ist der [X.]undesrechtsanwaltsordnung nicht zu entnehmen. Aus dem Zusammenspiel des § 89 Abs. 2 Nr. 2 [X.] mit der Regelung über die Einziehung der [X.]eiträge in § 84 Abs. 1 [X.] ergibt sich vielmehr, dass bereits die [X.]estimmung des [X.]eitrags durch die Kammerversammlung ohne gesonderten Umsetzungsakt der Kammer eine unmittelbare Zahlungspflicht der [X.]er begründet. Nach § 84 Abs. 1 [X.] werden "rückständige" [X.]eiträge aufgrund einer von dem Schatzmeister ausgestellten, mit der [X.]escheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen Zahlungsaufforderung beigetrieben. Der Erlass eines [X.]escheids bzw. eine Zahlungsaufforderung durch die Kammer ist demnach nach der gesetzlichen Systematik erst vorgesehen, wenn der [X.]eitrag (bereits) "rückständig" ist, d.h. zu dem von der Kammerversammlung beschlossenen Fälligkeitstermin nicht geleistet wurde (vgl. Senat, [X.]eschluss vom 25. Februar 2022 - [X.] ([X.]) 22/21, juris Rn. 8 f.; [X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 2004 - [X.] 8/02, juris Rn. 10, 24; [X.] Hamm, [X.]RAK-Mitt 2019, 104, 106; [X.] in [X.]/ Wolf/Göcken, [X.], 3. Aufl., § 84 Rn. 3b).

([X.]) Damit greift auch der Einwand des [X.] nicht, bei der [X.]eitragsordnung der [X.]eklagten handele es sich um eine von der Kammerversammlung erlassene Rechtsnorm mit abstrakt generellem Charakter, die als solche im Allgemeinen keine unmittelbaren Zahlungspflichten begründe, sondern nur eine Ermächtigungsgrundlage für die Exekutive zur Einforderung von Zahlungen darstelle. Dabei mag dahinstehen, ob dies - wie der Kläger meint - "im Allgemeinen" der Fall ist. Denn jedenfalls für die [X.]eiträge nach der [X.]undesrechtsanwaltsordnung ist dies mit § 89 Abs. 2 Nr. 2, § 84 [X.] gesetzlich anders geregelt. Keinen Anlass zu einer anderen [X.]eurteilung gibt daher auch der weitere Einwand des [X.], in der Verwaltungspraxis, insbesondere auch bei Mitgliedsbeiträgen für mit der [X.]eklagten vergleichbare öffentlich-rechtliche Körperschaften (wie etwa Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern), sei die Einforderung durch gesonderten [X.]escheid üblich, da insoweit stets die für die jeweilige Körperschaft geltenden gesetzlichen Vorgaben maßgeblich sind (siehe etwa § 3 Abs. 2 bis 4, Abs. 8 Satz 1, § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und4 [X.]; § 61 Abs. 2 Nr. 2, § 73 Abs. 3 und 4, § 106 Abs. 1 Nr. 5, § 113 Abs. 2 und 3 HwO).

([X.]) Entgegen der Ansicht des [X.] ist der Formulierung in der [X.]eitragsordnung der [X.]eklagten für das [X.] auch klar zu entnehmen, dass es sich nicht nur um eine Ermächtigungsgrundlage für die [X.]eklagte zum Erlass von [X.]eitragsbescheiden handelte, sondern eine unmittelbare Zahlungspflicht der Mitglieder begründet werden sollte. Der von jedem Mitglied zu leistende [X.]etrag wurde mit der beschlossenen [X.]eitragsordnung ebenso wie der Fälligkeitstermin der Zahlung eindeutig bestimmt und war danach "bis spätestens 30. April 2017 zu zahlen". Dass es zuvor noch einer vorherigen Zahlungsaufforderung oder gar -festsetzung durch die Kammer bedürfte, war dem nicht ansatzweise zu entnehmen.

([X.]) Schließlich stellt es keine unzumutbare [X.]elastung, geschweige denn einen Verstoß gegen die Grundrechte des [X.] aus Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG dar, dass er sich als [X.] der [X.]eklagten über die von der Kammerversammlung gefassten [X.]eschlüsse (deren Gegenstand im Übrigen bereits in der mit der Einberufung anzugebenden Tagesordnung zu entnehmen ist, § 87 Abs. 1 [X.]) anhand von deren Veröffentlichung in den Kammermitteilungen, auf der Webseite der [X.]eklagten oder im Landes-Justizministerialblatt informieren muss(te). Dass dem [X.] eine solche Informationspflicht zumutbar ist, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass die Monatsfrist zur Anfechtung von [X.]eschlüssen der Kammerversammlung gemäß § 112f Abs. 3 [X.] auch dann mit dem [X.] beginnt, wenn das klagende [X.] nicht an der Versammlung teilgenommen hat (vgl. [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 5. Aufl., § 112f Rn. 22 [X.]). Soweit der Kläger außerdem moniert, die beschlossene [X.]eitragsordnung habe keine Angabe über das [X.] für die [X.]eitragszahlung enthalten, dürfte auch dessen Ermittlung jedenfalls einem Rechtsanwalt durchaus zumutbar sein.

(b) Die Festsetzung des [X.] auf 10 % des fälligen [X.]eitrags führt entgegen der Ansicht des [X.] ebenfalls nicht zur Nichtigkeit der Erhebung.

Der Kläger meint, die [X.]erechnung der [X.]eklagten sei wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nichtig. Der feste Prozentsatz sei mit 10 % völlig übersetzt und übersteige den bei der [X.]eklagten durch die Säumnis entstehenden Mehraufwand "exorbitant". Richtigerweise werde allgemein eine proratarische [X.]emessung unter [X.]erücksichtigung der zeitlichen Komponente vorgenommen, um nicht bei kurzer Säumnis übermäßig belastend und bei langer Säumnis ungerechtfertigt entlastend zu sein.

Damit dringt der Kläger nicht durch.

(aa) Die Kammerversammlung ist grundsätzlich in der Art und Weise der [X.]eitragsgestaltung bis zur Grenze der Ermessensüberschreitung oder des Ermessensmissbrauchs frei. Dabei hat sie zwar das Äquivalenzprinzip, wonach der materielle und immaterielle Nutzen, den das [X.] aus der Existenz und dem Wirken der Kammer hat, der Höhe des [X.]eitrags entsprechen soll, sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu wahren (vgl. [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 5. Aufl., § 89 Rn. 14 ff. [X.]). Hierbei darf sie jedoch pauschalieren und typisieren. Maßgebend ist deshalb für die Einhaltung des Äquivalenzprinzips nicht der [X.] bei dem einzelnen Mitglied durch die Kammerzugehörigkeit eintretende messbare Vorteil, sondern der allen Kammerangehörigen durch die Tätigkeit der Kammer erwachsende Vorteil, weil die Kammer Aufwendungen für die Wahrung der Gesamtbelange des [X.]erufsstands hat (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 8. Juli 2002 - [X.] 25/01, [X.], 3026 für die Notarkammer [X.]). Auch durch den allgemeinen Gleichheitssatz wird eine Grenze erst dort gezogen, wo die gleiche oder ungleiche [X.]ehandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten [X.]etrachtungsweise vereinbar ist, also ein einleuchtender Grund für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt. Dabei können auch Typisierungen und Pauschalierungen auch durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein, soweit die dadurch entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den durch den [X.]eitrag erlangten Vorteilen steht (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 8. Juli 2002 - [X.] 25/01, [X.], 3026, 3027 für die Notarkammer; [X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 2004, [X.] 8/02, Rn. 20 zwar in [X.] 2005, 82 abgedruckt; aber Vorschlag: einheitliche Zitierweise (s. S. 14 Abs. 1) juris Rn. 20 [X.]).

([X.]) Danach ist die Festsetzung eines einmalig anfallenden [X.] in Höhe von 10 % des fälligen [X.]eitrags unabhängig von der Dauer der Säumnis jedenfalls in Anbetracht der geringen Höhe des Jahresbeitrags von nur 260 € nicht zu beanstanden. Das gilt in [X.]ezug auf das Äquivalenzprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht nur im Hinblick auf den für die [X.]eklagte infolge der Säumnis und [X.]eitreibung entstehenden Verwaltungsaufwand (so sieht etwa § 288 Abs. 5 [X.]G[X.] mit 40 € eine deutlich höhere pauschale Entschädigung für den [X.]eitreibungs- und Mahnaufwand des Gläubigers auch schon bei Verzug mit nur einer Abschlags- oder Ratenzahlung vor), sondern auch im Hinblick darauf, dass der Säumniszuschlag der Durchsetzung der fristgerechten [X.]eitragszahlung und dem Ausgleich der durch die Nichtzahlung entstehenden Nachteile im Interesse aller [X.]er dienen soll (vgl. auch [X.]FH, [X.], 1120 Rn. 22 [X.] zu steuerlichen Säumniszuschlägen). Auch unter [X.] ist der Ansatz eines zwar nicht von der Dauer der Säumnis, aber von der Höhe des rückständigen [X.]etrages prozentual abhängigen [X.] unter [X.]erücksichtigung der damit verbundenen Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität nicht zu beanstanden.

3. Verfahrensmängel

Die vom Kläger mit seinem Zulassungsantrag außerdem geltend gemachten Verfahrensmängel wegen Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) wegen seiner Ansicht nach ungenügender [X.]efassung des [X.]s mit seinem Vorbringen zur Anwendbarkeit von § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und zur Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit der Erhebung des [X.] liegen nicht vor.

[X.]eide [X.] betreffen eine Gehörsverletzung, die - anders als die obige Rüge des Verstoßes gegen § 101 Abs. 1 VwGO - nicht das gesamte Urteil erfassen, sondern sich auf einzelne tatsächliche Feststellungen und daran anknüpfende Rechtsfragen beschränken würde und damit entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO unerheblich wäre, wenn sich das Urteil im Ergebnis als richtig erweist (vgl. [X.]E 109, 283, 285; [X.]E 110, 40, 48 f.; [X.]/[X.], VwGO, 16. Aufl., § 138 Rn. 38). Das ist hier - wie oben ausgeführt - sowohl hinsichtlich der vom [X.] angenommenen Verfristung des [X.] nach § 74 Abs. 1, § 58 Abs. 2 VwGO der Fall, als auch hinsichtlich der vom [X.] mit seiner ergänzenden [X.]egründung bejahten Rechtmäßigkeit der Erhebung des [X.] in der Sache. Diesbezüglich hat der [X.] die Einwände des [X.] zudem ausweislich deren Wiedergabe im streitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und ihrer [X.]ehandlung in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Dass er dabei nicht im Einzelnen auf die Argumente des [X.] eingegangen und der rechtlichen Wertung des [X.] nicht gefolgt ist, begründet keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

4. Grundsätzliche [X.]edeutung

Schließlich hat die Rechtssache entgegen der Ansicht des [X.] auch keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Dass die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO anwendbar ist, wenn eine [X.]ehörde der Aufforderung zur Angabe des einschlägigen Rechtsbehelfs nicht nachkommt, in Rechtsprechung und/oder Literatur umstritten und deswegen höchstrichterlich klärungsbedürftig wäre, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Frage lässt sich vielmehr bereits anhand der oben angegebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten. Damit handelt es sich lediglich um die einzelfallbezogene Anwendung der bereits existierenden Grundsätze, die von den jeweiligen konkreten Umständen abhängig und damit einer generellen Klärung auch nicht zugänglich ist.

Keine grundsätzliche [X.]edeutung ergibt sich auch aus den Einwänden des [X.] gegen die Erhebung des [X.] und dessen Höhe. Dass die [X.]eitragspflicht nach § 89 Abs. 2 Nr. 2, § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] unmittelbar mit der wirksamen [X.]eschlussfassung der Kammerversammlung entsteht und - jedenfalls bei klarer [X.]estimmung von Höhe und Fälligkeit des [X.]eitrags - keines weiteren Umsetzungsakts der Kammer in Form eines [X.]eitragsbescheids oder einer individuellen Zahlungsaufforderung bedarf, entspricht allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. Senat, [X.]eschluss vom 25. Februar 2022 - [X.] ([X.]) 22/21, juris Rn. 8 f.; [X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 2004 - [X.] 8/02, juris Rn. 10, 24; [X.] Hamm, [X.]RAK-Mitt 2019, 104, 106) und wird - soweit ersichtlich - auch in der einschlägigen Literatur nicht in Frage gestellt (vgl. [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 3. Aufl., § 84 [X.] Rn. 3b; [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 5. Aufl., § 84 Rn. 4 f.; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 84 Rn. 1, 4). Anderes zeigt auch der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht auf. Das Gleiche gilt für die vom Kläger aufgeworfene Frage der zulässigen [X.]emessung und Höhe des [X.], zu deren [X.]eantwortung auf die bereits existierenden, oben wiedergegebenen höchstrichterlichen Grundsätze zur [X.]emessung von [X.] zurückgegriffen werden kann. Ob die [X.]emessung des [X.] danach im konkreten Fall nicht zu beanstanden ist, hängt von der jeweiligen Regelung im Einzelfall ab.

III.

Das Verfahren wird als [X.]erufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer [X.]erufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Die [X.]erufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des [X.]eschlusses über die Zulassung der [X.]erufung zu begründen. Die [X.]egründung ist beim [X.]undesgerichtshof, [X.] 45a, 76133 [X.] einzureichen. Die [X.]egründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die [X.]egründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung ([X.]erufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im [X.]erufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung [X.]ezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die [X.]erufung unzulässig.

Schoppmeyer     

  

Grüneberg     

  

Ettl

  

Lauer     

  

Niggemeyer-Müller     

  

Meta

AnwZ (Brfg) 7/23

22.08.2023

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt, 12. Dezember 2022, Az: 1 AGH 6/22

§ 112c Abs 1 S 1 BRAO, § 112e Abs 2 S 1 BRAO, § 101 S 1 VwGO, § 108 Abs 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, Art 103 GG, § 288 Abs 5 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2023, Az. AnwZ (Brfg) 7/23 (REWIS RS 2023, 6797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6797

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 22/21 (Bundesgerichtshof)

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Anfechtung eines Kammerbeitragsbescheids


AnwZ (Brfg) 43/16 (Bundesgerichtshof)

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Beteiligung des Rechtsanwalts mit Kammerbeitrag an der Umlage für die Einrichtung des besonderen …


AnwZ (Brfg) 23/18 (Bundesgerichtshof)

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Verpflichtung eines Rechtsanwalts zur Zahlung einer Umlage zur Finanzierung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs


AnwZ (Brfg) 82/13 (Bundesgerichtshof)

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Pauschalierte Beanstandung der Höhe des Kammerbeitrags durch einen Rechtsanwalt


AnwZ (Brfg) 11/22 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 A 152/15

2 B 17/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.