Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.09.2010, Az. X R 33/08

10. Senat | REWIS RS 2010, 3390

STEUERRECHT STEUERN EUROPA- UND VÖLKERRECHT STUDIUM BUNDESFINANZHOF (BFH) STIPENDIUM

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Gegenstand

(Steuerfreiheit eines Stipendiums einer gemeinnützigen EU/ EWR-Institution - Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 3 Nr. 44 EStG - Kapitalverkehrsfreiheit)


Leitsatz

Eine in der EU oder dem EWR ansässige gemeinnützige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG kann unabhängig von einer inländischen Steuerpflicht Stipendien vergeben, die nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Ärztin. [X.] bewilligte ihr die [X.] ein Stipendium über 35.000 $ pro Jahr für ein Forschungsprojekt im [X.]ereich der [X.]. Das [X.], bei dem die Klägerin angestellt war, gewährte der Klägerin daraufhin antragsgemäß vom 15. November 2000 bis zum 14. November 2002 Sonderurlaub unter Wegfall der Vergütung.

2

Die [X.] zahlte am 1. Juli 2000 und am 1. Juli 2001, dem Streitjahr, jeweils 35.000 $ auf ein [X.] der U ein, das die Klägerin auf Anforderung der [X.] durch U einrichten ließ. [X.] über das [X.] war eine Sachbearbeiterin der U, der die Klägerin Weisungen hinsichtlich der Mittelverwendung erteilen konnte. Die Klägerin vereinbarte mit der Sachbearbeiterin der U, dass diese ihr monatlich jeweils 1/12 von 35.000 $ auszahlt.

3

Die [X.] ist ein Verein gemäß dem [X.] vom 1. Juli 1901 mit Sitz in [X.] ([X.]). Gemäß Art. 2 der Statuten ist Zweck der [X.] die Prävention, die [X.]rkennung und die Handhabung von [X.]rkrankungen des Herzens und der [X.]lutgefäße voranzubringen und das Verständnis der Physiologie und Pathophysiologie des Herzens und des Vaskularsystems zu verbessern.

4

In ihrer [X.]inkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin die Zahlungen als sonstige [X.]inkünfte. Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte die [X.]inkommensteuer erklärungsgemäß fest. Gegen diesen [X.]escheid erhob die Klägerin mit Zustimmung des [X.]. Sie trug vor, das Stipendium der [X.] sei gemäß § 3 Nr. 44 Satz 2 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) in der im Streitjahr gültigen Fassung steuerfrei. [X.]ine [X.]eschränkung der Steuerfreiheit auf Stipendien von gemeinnützigen Organisationen mit Sitz im Inland sei [X.] unzulässig. Sowohl die [X.] als auch die Klägerin würden dadurch in der Ausübung ihrer [X.]en Grundfreiheiten, namentlich der Niederlassungsfreiheit, der Kapitalverkehrsfreiheit sowie der Freizügigkeit behindert. Der Steuerfreiheit stehe auch nicht entgegen, dass die U das Stipendium ausbezahlt habe. Die Leistungsgewährung im Streitfall sei als unmittelbar anzusehen, weil die Klägerin durch eine Sachbearbeiterin der U über das [X.] habe verfügen können. Außerdem setze § 3 Nr. 44 Satz 2 [X.]StG --anders als dessen Satz 1-- eine Unmittelbarkeit nicht voraus.

5

Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage mit dem in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2008, 670 veröffentlichten Urteil stattgegeben.

6

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung des § 3 Nr. 44 [X.]StG. Die Auffassung des [X.] sei zweifelhaft, wonach die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 44 [X.]StG unabhängig von einer inländischen Steuerpflicht der [X.] gewährt werden müsse. Die Stiftung werde im Inland nicht benachteiligt, da es für die [X.] keinen Unterschied mache, ob sie das Stipendium einem [X.] oder einem [X.] Stipendiaten auszahle. Auch sei zweifelhaft, ob die Klägerin als Forscherin eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habe, die zudem grenzüberschreitend sein müsse. [X.]eide Voraussetzungen lägen bei der Forschungstätigkeit der Klägerin nicht vor, sie habe weder eine entgeltliche Leistung erbracht noch habe die [X.] oder die Klägerin, sondern lediglich das Stipendium die Grenze überschritten. [X.]s könne damit allenfalls die Kapitalverkehrsfreiheit betroffen sein. Deren Schutzbereich eröffne sich der Klägerin nicht, da das Stipendium nicht die Frucht einer wie auch immer gearteten wirtschaftlichen [X.]etätigung im [X.] Ausland sei. Die vier Freiheiten sollten als reine Wirtschaftsgrundrechte lediglich das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sicherstellen, nicht aber jegliche differenzierende [X.]ehandlung verbieten.

7

Der Feststellung des [X.], für die Ungleichbehandlung von aus dem [X.] Ausland zufließenden und inländischen Stipendien seien keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich, könne man sich nicht anschließen. [X.]in anerkannter Rechtfertigungsgrund von Ungleichbehandlungen sei die steuerliche Kontrolle. Im Veranlagungsverfahren bedürfe das Deklarationsverfahren aus verfassungsrechtlichen Gründen der [X.]rgänzung durch das Verifikationsprinzip. Diesen Grundsatz habe der Gerichtshof der [X.]uropäischen Union ([X.]uGH) nicht ausdrücklich in Frage gestellt, er habe anerkannt, dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allgemeinwohls sei, der eine [X.]inschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen könne. Der [X.]uGH habe aber andererseits die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen und die Möglichkeiten der Amtshilfe als ausreichende Maßnahmen für die Durchführung der Steueraufsicht angesehen. Die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen könnten jedoch die [X.] nicht ersetzen. [X.]ine Amtshilfe könne allenfalls dann zu einer ausreichenden Verifikation führen, wenn die Finanzbehörden des ersuchten Mitgliedstaats verpflichtet wären, auch solche Prüfungen vorzunehmen, die denen der [X.] Außenprüfung entsprächen. [X.]ine derartige Verpflichtung sei jedoch zweifelhaft, da die Amtshilfe lediglich in ergänzenden [X.]eiträgen zu einem fremden Verfahren bestehe.

8

Im Unterschied zum Sachverhalt in der Rechtssache Centro di Musicologia [X.] ([X.]uGH-Urteil vom 14. September 2006 Rs. [X.]/04, [X.]. 2006, [X.]) gebe es zwischen dem in [X.] ansässigen Stipendiengeber und [X.] keine steuerlichen [X.]eziehungen. Dehnte man die in diesem [X.]uGH-Urteil entwickelten Grundsätze auf ausländische Stipendiengeber aus, müssten die [X.] Finanzbehörden die steuerlichen Verhältnisse eines in [X.] nicht steuerpflichtigen Rechtsträgers prüfen. Sie müssten umfänglich ermitteln, ob eine ausländische [X.]inrichtung, die in keiner [X.]eziehung zu [X.] stünde, die Voraussetzungen erfüllt, um nach [X.] Recht als gemeinnützig anerkannt zu werden.

9

Zudem verlange auch § 3 Nr. 44 Satz 2 [X.]StG die Unmittelbarkeit des Stipendiums.

Das [X.] beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass das von der [X.] gezahlte Stipendium bei der Klägerin zu steuerfreien [X.]innahmen gemäß § 3 Nr. 44 [X.]StG geführt hat.

1. [X.] steht nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom [X.]inkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 ([X.] 1961, 397) in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 ([X.] 1970, 717) und des [X.] vom 28. September 1989 ([X.] 1990, 770) --DBA-[X.]-- das Besteuerungsrecht für die Bezüge aus dem Stipendium zu. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es sich um [X.]inkünfte [X.] des Art. 12 (selbständige Tätigkeit) oder um sonstige [X.]inkünfte [X.] des Art. 18 DBA-[X.] handelt; in beiden Vorschriften wird [X.] das ausschließliche Besteuerungsrecht für die [X.]inkünfte zugewiesen.

2. [X.]s kann ebenfalls dahinstehen, ob nach [X.] Recht in dem Bezug des Stipendiums [X.]inkünfte aus wiederkehrenden Bezügen [X.] des § 22 Nr. 1 Satz 1 [X.]StG oder [X.]inkünfte aus selbständiger Arbeit [X.] des § 18 [X.]StG zu sehen sind, da das Stipendium der Klägerin, das von der [X.] gezahlt wurde, gemäß § 3 Nr. 44 [X.]StG nicht der [X.]inkommensteuer unterliegt.

3. Die [X.] konnte trotz fehlender inländischer Steuerpflicht der Klägerin ein Stipendium gewähren, das nach § 3 Nr. 44 [X.]StG bei den [X.]mpfängern steuerfrei ist.

a) Nach dieser Vorschrift sind Stipendien steuerfrei, die unmittelbar aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen [X.]inrichtungen, denen die Bundesrepublik [X.] als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden. Das gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer [X.]inrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des [X.] ([X.]) gegeben werden.

aa) Aufgrund des durch das Jahressteuergesetz 2009 ([X.] 2009) vom 19. Dezember 2008 ([X.], 2794) neu gefassten § 5 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind beschränkt steuerpflichtige Gesellschaften aus [X.] der [X.]uropäischen Union und des [X.]uropäischen Wirtschaftsraums [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] n.F. den inländischen steuerbegünstigten Institutionen gleichgestellt, soweit es sich um Gesellschafen [X.] des Art. 48 des Vertrags zur Gründung der [X.]uropäischen Gemeinschaft --[X.]G-- (jetzt Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.]uropäischen Union --A[X.]UV--) handelt und soweit mit dem Ansässigkeitsstaat ein Amtshilfeabkommen besteht. Die Neuregelung ist gemäß § 34 Abs. 5a [X.] n.F. auch auf Veranlagungszeiträume vor 2009 anzuwenden, um den Anforderungen des Urteils des [X.]uGH --Centro di Musicologia Walter Stauffer-- in [X.]. 2006, [X.] nachzukommen, wonach es geboten ist, "ausländische steuerbegünstigte Körperschaften, die in der [X.]U oder in Teilen des [X.]WR-Raums ansässig sind, den inländischen Körperschaften gleichzustellen" (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum [X.]ntwurf eines [X.] 2009, BTDrucks 16/11108, 29).

bb) Ob in den [X.] vor 2009 eine steuerbegünstigte ausländische Körperschaft vorliegt, richtet sich nicht nach der ebenfalls durch das [X.] 2009 erfolgten Neuregelung der [X.] der §§ 51 ff. der Abgabenordnung ([X.]), sondern nach den für den betreffenden Veranlagungszeitraum --im Streitfall 2001-- jeweils geltenden Vorschriften (vgl. BTDrucks 16/11108, 29).

cc) Das [X.] hat --den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindend-- festgestellt, dass die [X.] als rechtsfähiger gemeinnütziger Verein (Art. 6 und 10 des Gesetzes vom 1. Juli 1901, Art. 1 der Satzung der [X.]) eine Körperschaft [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] i.V.m. § 51 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]) in der vor dem [X.] 2009 gültigen Fassung ist, die mit der Förderung von Wissenschaft und Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens im Inland und im Ausland selbstlos, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke [X.] des § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] verfolgt. Die [X.] erfüllt damit insoweit die Voraussetzungen, die an einen gemeinnützigen Stipendiumsgeber gemäß § 3 Nr. 44 [X.]StG gestellt werden.

dd) Dadurch, dass in § 5 Abs. 2 Nr. 2 [X.] n.F. auf die beschränkt Steuerpflichtigen [X.] des § 2 Nr. 1 [X.] Bezug genommen wird, setzt die Neuregelung im [X.] 2009 jedoch das Bestehen einer beschränkten Steuerpflicht der [X.]U/[X.]WR-Körperschaft voraus (vgl. dazu kritisch [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 2009, § 5 [X.] [X.] J 08-5; Winheller/[X.], [X.] 2009, 193, 195; siehe auch [X.], Internationales Steuerrecht --IStR-- 2010, 118). Diese Voraussetzung erfüllt die [X.] nicht, da sie keine inländischen [X.]inkünfte erzielt.

b) Die Vorschrift des § 3 Nr. 44 [X.]StG fordert jedoch nicht, dass eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] tatsächlich im konkreten Fall steuerbefreit sein muss. [X.]s muss sich lediglich um eine Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] handeln. [X.]s reicht bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung aus, wenn eine Körperschaft, würde sie inländische [X.]inkünfte erzielen, von der Körperschaftsteuer befreit wäre. [X.]ine andere Auslegung, die die Steuerfreiheit eines Stipendiums bei dem Stipendiaten von dem --zufälligen-- Vorhandensein inländischer [X.]inkünfte des [X.] abhängig machen würde, verstieße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 [X.]G (jetzt Art. 63 A[X.]UV).

aa) Der [X.]uGH hat in den letzten Jahren verstärkt die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen herausgearbeitet, die an die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Gemeinnützigkeit zu stellen sind (vgl. z.B. Urteile --Centro di Musicologia Walter Stauffer-- in [X.]. 2006, [X.], und vom 18. Dezember 2007 Rs. [X.]/06 --Jundt--, [X.]. 2007, [X.], jeweils m.w.[X.]). Dies gilt insbesondere für die nach der Revisionsbegründung und -erwiderung ergangene [X.]ntscheidung des [X.]uGH vom 27. Januar 2009 Rs. [X.]/07 --Persche-- ([X.]. 2009, [X.]).

Der Rechtsstreit --Persche-- in [X.]. 2009, [X.] hatte zwar die Abzugsfähigkeit von Sachspenden an eine nach dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat steuerbefreite Organisation zum Inhalt, während es im Streitfall um die zweckentsprechenden Zahlungen von einer gemeinnützigen Institution geht. Der Sachverhalt unterscheidet sich daher dadurch, dass die in dem anderen [X.]U-Mitgliedstaat ansässige gemeinnützige Organisation einmal der [X.]mpfänger und einmal der Zuwendende eines grenzüberschreitenden Kapitaltransfers ist. Dieser Unterschied ist jedoch für die Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit unerheblich, da die Kapitalverkehrsfreiheit ein objekt- oder produktbezogener Tatbestand ist ([X.]/[X.], in [X.], Das Recht der [X.]uropäischen Union, Kommentar, Art. 56 [X.] 137; so auch [X.]/[X.], [X.]UV/[X.]GV, Art. 56 [X.] 16; [X.], [X.] unter dem [X.]influss der Grundfreiheiten, 2009, 96 f.; siehe auch Schön, [X.]uropäische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht; Gedächtnisschrift [X.], 1997, 743, 753).

bb) In diesem Urteil --Persche-- in [X.]. 2009, [X.] hat der [X.]uGH entschieden, dass der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit nicht nur dann betroffen sei, wenn [X.] in Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen würden, sondern auch bei einem Kapitaltransfer, der aus einer altruistischen Motivation heraus geleistet werde. Zwar werde die "Kapitalverkehrsfreiheit" nicht im [X.]G (jetzt A[X.]UV) definiert; der [X.]uGH erkennt jedoch erneut der Nomenklatur im Anhang der Richtlinie 88/361/[X.]WG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages --dieser Artikel wurde durch den [X.] (Amtsblatt der [X.]uropäischen Gemeinschaften Nr. L 178/5) Hinweischarakter zu, wobei die in ihr enthaltene Aufzählung gemäß ihrer [X.]inleitung nicht erschöpfend sei ([X.]uGH-Urteil --Persche-- in [X.]. 2009, [X.], [X.] 24; vgl. auch u.a. [X.]uGH-Urteile vom 23. Februar 2006 Rs. [X.]/03 --van [X.] der [X.], [X.]. 2006, [X.], [X.] 39; --Centro di Musicologia Walter Stauffer-- in [X.]. 2006, [X.], [X.] 22). Schenkungen und Stiftungen sind in der Rubrik [X.] der Richtlinie 88/361/[X.]WG (Richtlinie 88/361/[X.]WG) unter der Überschrift "Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter" aufgeführt.

[X.]ine altruistische Vermögensübertragung liegt ebenfalls vor, wenn ein Stipendium zur Förderung eines gemeinnützigen Zwecks --wie im Streitfall der Wissenschaft und Forschung-- vergeben wird. Damit sind Stipendien, selbst wenn sie in der Rubrik [X.] der Richtlinie 88/361/[X.]WG nicht genannt sind, durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt.

Da an der Grenzüberschreitung der [X.] der [X.] von [X.] nach [X.] kein Zweifel besteht, ist der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit [X.] des Art. 56 [X.]G (jetzt Art. 63 A[X.]UV) im Streitfall betroffen.

cc) [X.]ine nationale Steuerregelung, die in § 3 Nr. 44 [X.]StG zwischen Stipendien inländischer und in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger [X.]inrichtungen unterscheidet und damit Stipendien, die von [X.]U/[X.]WR-Institutionen gezahlt werden, steuerlich schlechter behandelt, stellt eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar. Diese ist gemäß Art. 56 [X.]G (jetzt Art. 63 A[X.]UV) grundsätzlich verboten. Sie kann nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn die Beschränkung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu gewährleisten, gerechtfertigt ist ([X.]uGH-Urteil --Persche-- in [X.]. 2009, [X.], [X.] 41). Zudem ist die unterschiedliche Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zum [X.]rreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. [X.]uGH-Urteile --Centro di Musicologia Walter Stauffer-- in [X.]. 2006, [X.], [X.] 32; vom 18. Dezember 2007 Rs. [X.]/05 --Skatteverket--, [X.]. 2007, [X.], [X.] 55 und 56, und --Persche-- in [X.]. 2009, [X.], [X.] 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Der [X.]rhalt eines Stipendiums von einem [X.]U-ansässigen Stipendiumsgeber ohne inländische [X.]inkünfte unterscheidet sich für den Stipendiaten nicht von dem [X.]rhalt eines Stipendiums, das ihm entweder eine inländische oder eine [X.]U-ansässige Organisation mit inländischen [X.]inkünften gewährt; es handelt sich um eine objektiv vergleichbare Situation. Von den vom [X.]uGH genannten zwingenden Gründen des Allgemeinwohls könnte jedoch die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen eine unterschiedliche Behandlung der grenzüberschreitenden [X.] rechtfertigen.

[X.]s ist aber zu beachten, dass eine beschränkende Maßnahme nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt, also geeignet ist, die [X.]rreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das dazu [X.]rforderliche hinausgeht. Der [X.]uGH hat in der Rechtssache --Persche-- in [X.]. 2009, [X.], [X.] 60 in einer mit dem Streitfall vergleichbaren Konstellation, in der die ausländische Institution in [X.] ebenfalls nicht steuerpflichtig war, ausdrücklich festgestellt, dass sich der Besteuerungsmitgliedstaat für die Rechtfertigung einer nationalen Regelung auf das [X.]rfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten, nicht berufen kann, wenn es dem Steuerpflichtigen völlig verwehrt ist, ausreichende Nachweise zu erbringen, anhand derer die Steuerbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats eindeutig und genau prüfen können, ob die entsprechenden Voraussetzungen für die nationale Steuerregelung, die der Steuerpflichtige beansprucht, --hier das Vorliegen der Voraussetzungen der [X.] tatsächlich vorliegen.

Die Wirksamkeit der Steuerkontrolle kann damit dann eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, wenn die Finanzbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats nicht daran gehindert sind, von einem Steuerpflichtigen, der eine bestimmte steuerliche Behandlung fordert, die Vorlage stichhaltiger Belege zu verlangen, und es sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass der Steuerpflichtige die notwendigen Belege vorlegen kann, um nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Behandlung nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfüllt sind und die steuerliche Behandlung dementsprechend gewährt werden kann (vgl. auch [X.]uGH-Urteile vom 8. Juli 1999 Rs. [X.]/97 --Société [X.] u.a.--, [X.]. 1999, [X.], [X.] 20, und vom 10. März 2005 Rs. [X.]/04 --Laboratoires [X.], [X.]. 2005, [X.], [X.] 25; in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2002 Rs. [X.]/00 --Danner--, [X.]. 2002, [X.], [X.] 50, und vom 26. Juni 2003 Rs. [X.]/01 --Skandia und [X.], [X.]. 2003, [X.], [X.] 43).

dd) Diese Grundsätze zugrunde gelegt, kann § 3 Nr. 44 Satz 2 [X.]StG nur so ausgelegt werden, dass auch Stipendien von einer gemeinnützigen [X.]U/[X.]WR-Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] ohne inländische [X.]inkünfte steuerfrei sind, sofern nachgewiesen werden kann, dass die Gemeinnützigkeitsanforderungen der §§ 51 ff. [X.] erfüllt sind. Die grundsätzliche Verweigerung der Steuerfreiheit dieser Stipendien im Unterschied zu Stipendien gemeinnütziger inländischer Institutionen oder gemeinnütziger [X.]U/[X.]WR-ansässiger Institutionen mit inländischen [X.]inkünften ist nicht zu rechtfertigen [X.] in [X.], [X.]StG § 3 Nr. 44 [X.] 2; v. Proff, [X.], 371, 376; im [X.]rgebnis wohl auch [X.] in [X.], [X.]StG, § 3 [X.]StG [X.] 324).

[X.]s ist im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig, dass die [X.] mit der Förderung von Wissenschaft und Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens im Inland und im Ausland selbstlos, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke [X.] des § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] verfolgt und auch die weiteren Voraussetzungen der §§ 51 ff. [X.] erfüllt. Damit ist es dem [X.] verwehrt, die Steuerbefreiung der von der [X.] gewährten Stipendien mit der Begründung zu verweigern, die Gemeinnützigkeit der [X.] sei schwer überprüfbar bzw. nicht nachgewiesen.

4. Die Steuerfreiheit des Stipendiums scheitert nicht daran, dass die [X.] der Klägerin das Stipendium über die U ausgezahlt hat. Dabei kann im Streitfall dahinstehen, ob im Falle des § 3 Nr. 44 Satz 2 [X.]StG ebenso wie bei Stipendien, die gemäß § 3 Nr. 44 Satz 1 [X.]StG gewährt werden, eine unmittelbare Gewährung des Stipendiums erforderlich ist. Die im Streitfall gewählte konkrete Abwicklung kann bereits als eine unmittelbare Stipendiumsgewährung angesehen werden. Das Drittmittelkonto der U diente lediglich der Abwicklung der Auszahlung des der Klägerin zustehenden Stipendiums. Die Modalitäten der Zahlungen waren im [X.]invernehmen mit ihr festgelegt worden und konnten nicht ohne ihre Zustimmung geändert werden. Die Klägerin besaß damit bereits eine solche Verfügungsmöglichkeit über die Mittel des Stipendiums, dass sie als "unmittelbar gewährt" anzusehen sind.

5. Auch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 Satz 3 [X.]StG liegen vor. In dem [X.]rörterungstermin vor dem [X.] am 5. Dezember 2007 wurde übereinstimmend festgestellt, die Vergabe des Stipendiums sei nach den Richtlinien der [X.] erfolgt, die Höhe des Stipendiums habe im Streitfall nicht den für die [X.]rfüllung der Forschungsaufgabe sowie für die Bestreitung des Lebensunterhalts der Klägerin erforderlichen Betrag überschritten und die Klägerin habe sich nicht zu einer bestimmten Gegenleistung verpflichtet.

Meta

X R 33/08

15.09.2010

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 12. Dezember 2007, Az: 3 K 209/03, Urteil

§ 3 Nr 44 EStG 1997, Art 63 AEUV, Art 56 EG, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002 vom 19.12.2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.09.2010, Az. X R 33/08 (REWIS RS 2010, 3390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3390

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